Auch wenn einige Kritiker unterstellen, Heinrich Mann habe mit seinem Roman „Der Untertan“ lediglich ein literarisches Pamphlet geschaffen, so ist es dem Autor zweifellos gelungen, mit seiner Hauptfigur einen Typus, „der für die deutsche Geschichte so repräsentativ wie verhängnisvoll war, treffsicher auf die literarische Bühne zu stellen.“ Was von der Wirkung des Werks für die Zukunft bleibt, ist „das Denkmal einer Übergangszeit, unerbittlicher, aber auch stärker, als alle anderen Denkmäler, die sie geschaffen hat“, wie Paul Block im Berliner Tageblatt 1918 erklärt.
Während Heinrich Mann in einem Brief an Ludwig Ewers 1894 betont, dass ihm nichts über „richtig gesehene, eindrucksvolle Frauengestalten“ gehe und sie der „Prüfstein für jeden Dichter“ seien, haben seine Frauenfiguren in der Forschung – im Gegensatz zur Figur Diederich Heßlings oder dem Strukturprinzip der Satire – auffallend wenig Beachtung gefunden. Dies überrascht, denn es sind gerade die Frauen, die die hierarchische Ordnung in Netzigs Männergesellschaft stützen, und es ist Guste Daimchen, die spätere Frau Generaldirektor Heßling, die unter zeitkritischer Perspektive nicht weniger satirisch gezeichnet ist als Diederich Heßling selbst. Dass Heinrich Mann Guste Daimchen ganz im Klischee ihrer zeitgenössischen Geschlechterrolle konzipiert, sie auffällig sorgfältig an die Kaisergattin Auguste Viktoria anlehnt und nur durch ihre Person ermöglicht, dass die Hauptfigur zum „ökonomisch wie politisch mächtigsten Mann von Netzig“ avanciert, spricht zweifellos für ihre wichtige Bedeutung im Roman. Ihr Wesen und ihre Beziehung zu Diederich Heßling sollen daher in dieser Arbeit im Fokus der Betrachtung stehen.
Um die Figur von Guste Daimchen näher zu untersuchen, wird zunächst auf die gesellschaftliche Rolle der Frau im Roman eingegangen und gezeigt, dass die Ehe nicht als Liebesvermählung, sondern als profitables Geschäft verstanden wird. Darauf aufbauend werden Parallelen zwischen der Kaisergattin Auguste Viktoria und der Figur Guste Daimchens aufgedeckt.
Im anschließenden Teil werden die wichtigsten Begegnungen bzw. das spätere Ehe- und Familienleben der Heßlings analysiert. Es wird sich zeigen, dass Heinrich Mann mit der berechnenden Guste Daimchen ein perfektes Gegenstück zu Diederich konzipiert, da beide gleichermaßen auf Prestige, Geld und bloße Körperlichkeiten fixiert sind. Ihre Heirat, weit entfernt von Gründen einer echten Zuneigung, wird sich für beide als gewinnbringe
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ansatzpunkte für die Bedeutung von Guste Daimchen
- Die gesellschaftliche Rolle der Frau im Roman
- Die Ehe als profitables Hochzeitsarrangement
- Die Kaisergattin Auguste Viktoria als Bezugsquelle für Guste Daimchen
- Das Wesen von Guste Daimchen und die Beziehung zu ihrem Gatten Diederich Heßling
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Figur der Guste Daimchen im Roman „Der Untertan“ von Heinrich Mann. Ziel ist es, die Bedeutung dieser Figur in Bezug auf ihre gesellschaftliche Rolle, ihre Beziehung zu ihrem Mann Diederich Heßling und ihre Verbindung zur Kaisergattin Auguste Viktoria zu beleuchten.
- Die gesellschaftliche Rolle der Frau im Kaiserreich und im Roman
- Die Ehe als Geschäft und die Rolle von Guste Daimchen als Ehefrau
- Die Verbindung zwischen Guste Daimchen und der Kaisergattin Auguste Viktoria
- Die Beziehung zwischen Guste Daimchen und Diederich Heßling
- Die satirische Darstellung von Guste Daimchen im Kontext der gesellschaftlichen Normen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Guste Daimchen im Kontext des Romans „Der Untertan“ und ihrer Rolle in der Geschichte des deutschen Kaiserreichs. Im zweiten Kapitel wird die gesellschaftliche Rolle der Frau im Roman und im Kaiserreich im Allgemeinen beleuchtet. Es wird gezeigt, dass die Ehe als ein Geschäft verstanden wird, und dass Guste Daimchen in ihren Entscheidungen von dieser Logik geleitet wird. Darüber hinaus werden Parallelen zwischen Guste Daimchen und der Kaisergattin Auguste Viktoria aufgezeigt. Das dritte Kapitel analysiert die Beziehung zwischen Guste Daimchen und Diederich Heßling, wobei herausgestellt wird, dass sie beide durch Prestige, Geld und körperliche Bedürfnisse motiviert sind.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Figur der Guste Daimchen in Heinrich Manns „Der Untertan“. Es werden Themen wie die gesellschaftliche Rolle der Frau im Kaiserreich, die Ehe als Geschäft, die Kaisergattin Auguste Viktoria als Vorbild für Guste Daimchen und die Beziehung zwischen Guste Daimchen und Diederich Heßling behandelt.
- Arbeit zitieren
- M. Sc. Lorraine Möller (Autor:in), 2014, Die Figur der Guste Daimchen in Heinrich Manns Roman "Der Untertan", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279616