Der Begriff Lobbying oder Lobbyismus ist nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland häufig negativ besetzt. Wenn von Lobbying die Rede ist, dann meist im negativen Kontext, wie bei Betrugsvorwürfen, Machtmissbrauch oder zweifelhaftem Einfluss durch die Industrie und Wirtschaft. Dass Lobbying legal und seitens der EU-Institutionen sogar erwünscht ist und ein wichtiger Bestandteil eines demokratischen Systems wie der EU zu sein scheint, bleibt in der öffentlichen Diskussion zumeist außen vor.
Da mittlerweile auch die Mehrheit der Gesetze in Brüssel verabschiedet wird, steigt die Bedeutung von Lobbyismus auf EU-Ebene und wissenschaftliche Beiträge nehmen zu: Allein zwischen 1998 und 2004 wurden bereits 84 % unserer Gesetze in Brüssel beschlossen. Dem gegenüber stehen lediglich 16 % der Gesetze, die im Bundestag in Berlin verabschiedet wurden (RP Online 2007).
Vor diesem Hintergrund ist es dennoch verwunderlich, dass der Forschungsstand bzgl. Einfluss und Rolle von Lobby-Gruppen auf der Ebene der Europäischen Union – auch wenn in den letzten Jahren eine Reihe an Publikationen erschienen sind – nach wie vor recht dünn ist.
Seit Anfang der 19990er Jahre kann man von einer verstärkten Diskussion um die Reglementierung von Lobbying sprechen, „die bis heute u.a. aufgrund der institutionellen Weiterentwicklung der EU nicht abgeschlossen ist“ (Biedermann 2004, S. 7).
Immer wieder dann, wenn ein neuer Fall von ungerechtfertigter Einflussnahme oder fragwürdiger Verstrickungen zwischen Wirtschaft und Politik bekannt wird, ist der Ruf nach Regulierung oder gesetzlicher Regelung von Lobbying-Tätigkeiten groß: Welche Rolle spielen Lobbyisten in der europäischen Politik? Wird der Staat durch die Lobbyisten unterwandert? Existiert ein Machtungleichgewicht zwischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen? Wie sind die Lobbying-Aktivitäten aus demokratietheoretischer Perspektive zu beurteilen?
In der vorliegenden Arbeit wird u.a. versucht, diesen Fragen eine Antwort zu geben. Kapitel 2 beschäftigt sich mit dem Terminus Lobbyismus bzw. Lobbying und die damit assoziierten Begriffe. Anschließend werden rechtliche Grundlagen und die Akteure im Zusammenhang mit Lobbying in der EU dargelegt. Das darauffolgende Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen Funktionen von Lobbying. Den Hauptteil bildet Kapitel 6, welches sich mit der Frage auseinandersetzt, wie sich Lobbying auf EU-Ebene demokratisch legitimieren lässt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsklärung: Lobbying
- Rechtliche Grundlagen
- Die Akteure
- Lobby-Organisationen, Verbände, Interessengruppen
- Die Adressaten von Lobbying in der EU
- Funktionen von Lobbying
- Probleme und Legitimation von EU-Lobbying
- Politikberatung und Entlastung des Staates
- Demokratiedefizit aufgrund von Partikularinteressen bei der Entstehung von Gesetzen
- Transparenzdefizit
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Phänomen des Lobbyings auf EU-Ebene, insbesondere mit dessen rechtlichen Grundlagen, Akteuren, Funktionen sowie den damit verbundenen Problemen und der Legitimation. Es soll untersucht werden, inwieweit Lobbying einen demokratischen Beitrag zur Entscheidungsfindung leistet und wie Transparenz und die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen im Kontext von Lobbyismus gewährleistet werden können.
- Rechtliche Grundlagen und Entwicklungen von Lobbying in der EU
- Akteure des Lobbying auf EU-Ebene: Lobby-Organisationen, Verbände, Interessengruppen und ihre Ziele
- Funktionen und Auswirkungen von Lobbying auf die europäische Politik
- Probleme und Herausforderungen im Zusammenhang mit EU-Lobbying: Transparenz, Einflussnahme und Demokratiedefizit
- Legitimation von Lobbying in der EU: Demokratische Verfahren und die Berücksichtigung verschiedener Interessen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Relevanz des Themas Lobbying, insbesondere in Bezug auf die Gesetzgebung in der EU. Es werden die Debatte um die Regulierung von Lobbying und die Bedeutung der Forschung in diesem Bereich thematisiert.
- Begriffsklärung: Lobbying: Dieses Kapitel definiert den Begriff "Lobbying" und erläutert seine historische Entwicklung. Verschiedene Begriffsbezeichnungen wie "Lobbyismus", "Interessengruppe" und "Pressure Group" werden abgegrenzt.
- Rechtliche Grundlagen: Der Fokus dieses Kapitels liegt auf den rechtlichen Grundlagen von Lobbying in der EU. Es wird die historische Entwicklung der Rechte von Verbänden und Interessenvertretungen in der EU dargestellt.
- Die Akteure: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Akteure im Lobbyingprozess in der EU, darunter Lobby-Organisationen, Verbände, Interessengruppen und die Adressaten ihres Einflusses.
- Funktionen von Lobbying: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Funktionen von Lobbying, darunter die Informationsvermittlung, die Mobilisierung von Interessen und die Einflussnahme auf politische Entscheidungen.
- Probleme und Legitimation von EU-Lobbying: Dieses Kapitel setzt sich mit den Problemen und Herausforderungen des EU-Lobbying auseinander. Es behandelt Themen wie Transparenzdefizit, Einflussnahme durch Partikularinteressen und die Frage der demokratischen Legitimation.
Schlüsselwörter
EU-Lobbying, Lobbyismus, Interessengruppe, Verband, Druckgruppe, Transparenz, Demokratiedefizit, Partikularinteressen, Einflussnahme, Rechtliche Grundlagen, Europäische Union, Gesetzgebungsprozess, Politikberatung, Entlastung des Staates.
- Arbeit zitieren
- BA Joschka Metzinger (Autor:in), 2014, EU-Lobbying. Rechtliche Grundlagen, Probleme, Legitimierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279721