Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. „Behinderung“ - Begriffsdefinition und -differenzierung
1.1 Begriffsdefinition nach der WHO
1.1.1 Körperliche Behinderung
1.1.2 Geistige Behinderung
1.2 Gehörlosigkeit
1.2.1 Spätertaubte
1.2.2 Schwerhörige
1.2.3 Menschen mit Cochlea-Implantat
1.2.4 Gehörlose
2. „Switched at Birth“
2.1 Seriendaten
2.2 Struktur und Aufbau
2.3 Charaktere
2.4 Inhalt
2.5 Konflikte und behandelte Thematiken
3. Darstellung von Behinderung in „Switched at Birth“
3.1 Nähere Beschreibung der Charaktere mit einer Behinderung
3.1.1 Daphne
3.1.2 Emmett
3.1.3 Melody
3.2 Die Diskussion zum Cochlea-Implantat
3.3 Untertitelung der Gebärdensprache
3.4 Mittel zur Darstellung von Gehörlosigkeit
3.5 Auseinandersetzung mit dem Thema Behinderung bzw. Gehörlosigkeit in „Switched at Birth“
3.6 Ein Lernprozess für den Rezipienten?
Schluss
Literaturverzeichnis
Einleitung
Auf der Suche nach Unterhaltung bin ich ganz zufällig über die Serie „Switched at Birth“ gestolpert. Als ich die erste Folge anschaute und mir klar wurde, dass es nicht nur eine normale Familienserie war, sondern dass es sich auch um das Thema der Gehörlosigkeit drehte, überlegte ich kurz, ob ich nicht doch lieber etwas Leichteres anschauen sollte. Mir stand nicht der Sinn nach tiefgründigen Betroffenheits-Thematiken. Doch ich schaute weiter und merkte schnell, dass „Switched at Birth“ anders war. Diese Serie war nicht auf Mitleid aus, sondern wollte einfach nur eine Geschichte erzählen – und das auf eine sehr kluge und meiner Ansicht nach wertvolle Art und Weise. Ich merkte, wie ich mich in der Gebärdensprache zurecht zu finden begann, mich mit dem Thema der Gehörlosigkeit unbewusst im Alltag auseinandersetzte, mir einfach mal vorstellte nichts hören zu können.
In meiner Arbeit ist es mir ein Anliegen die Affekte der Serie auf den Zuschauer darzustellen. Hierzu möchte ich mich auch mit Behinderungen und im Speziellen mit dem Thema der Gehörlosigkeit auseinandersetzen. Zu wenig werden wir in unserem Alltag damit konfrontiert. Die Gemeinschaft der Gehörlosen scheint nicht in unserer „normalen Welt“ sichtbar zu sein. Wichtig ist mir auch, eine Definition der verschiedenen Arten von Hörschädigung zu liefern und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass jemand nicht einfach nur „taub“ ist. Die im ersten Teil gegebenen Definitionen und Informationen zum Thema Behinderung und Gehörlosigkeit werden dann später im dritten Teil aufgegriffen und in einen Zusammenhang mit der Serie gestellt. So sind Begrifflichkeiten und die verschiedenen Kategorisierungen, die später wichtig werden, schon vorab geklärt.
Des Weiteren werde ich der Frage auf den Grund gehen, wie die im ersten Teil genauer definierte Gehörlosigkeit im Besonderen in der US-amerikanischen TV-Serie „Switched at Birth“ dargestellt wird. Was bekommt der Zuschauer für ein Bild von dem Leben mit dieser Behinderung? Was gibt es für Kontroversen rund um das Thema des Cochlea-Implantats, die vermeintliche Wunderheilung der Gehörlosigkeit? Wie kann der Zuschauer überhaupt einer Serie folgen, in der ein Großteil der Personen des Hauptcasts überhaupt nicht sprechen können, sondern sich „nur“ durch Gebärdensprache ausdrücken können? Was für eine Rolle spielen hier die Untertitel? Gibt es eventuell einen Lernprozess für die Rezipienten?
All das sind Fragen, die ich versuchen möchte in meiner Arbeit näher zu beleuchten und auf eine Serie und somit auf eine Thematik aufmerksam machen, die viel zu selten Berücksichtigung findet.
1. „Behinderung“ – Begriffsdefinition und -differenzierung
Für meine Arbeit möchte ich zunächst versuchen, den Begriff der „Behinderung“ (versuchen) näher zu definieren und Formen von Behinderung weiter auszuführen. Des Weiteren werde ich hinsichtlich der späteren Untersuchung der US-amerikanischen TV-Serie „Switched at Birth“ auf ihre Thematik der Gehörlosigkeit im Speziellen eingehen.
1.1 Begriffsklärung
Bei der Klärung des Begriffs der „Behinderung“ ist zu beachten, dass je nachdem, wie weit der Begriff gefasst wird, ein unterschiedlicher Personenkreis erfasst wird. Es hat sich herauskristallisiert, dass es sich bei dem Begriff vielmehr um eine soziale, als um eine individualmedizinische Kategorie handelt. [Vgl. [2], S.41)
Die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organisation) unterscheidet drei Typen von Behinderung:
- impairment (Schädigung),
- disability (Beeinträchtigung)
- handicap (Behinderung)
Diese drei Typen gliedern sich in die folgenden vier Hauptteile der Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten und Teilhabe und der Umweltfaktoren. ([2], S. 43)
„Impairment“ bezeichnet hier „Mängel oder Abnormitäten der anatomischen, psychischen oder physiologischen Funktionen und Strukturen des Körpers“ [behinderung.org], „disability“ bedeutet eine „Funktionsbeeinträchtigung oder -mängel aufgrund von Schädigungen, die typische Alltagssituationen behindern oder unmöglich machen“ und „handicap“ steht für die „Nachteile einer Person aus einer Schädigung oder Beeinträchtigung“ ([1]). Somit wird von der WHO der Begriff der Behinderung vielmehr als eine „Integrationsstörung“ bzw. soziale Beeinträchtigung definiert, was vor allem bei meiner Analyse der Darstellung von Menschen mit Behinderung in TV-Serien eine Rolle spielt. ([2], S. 41)
Ulrich Bleidick, Hochschullehrer im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg, sieht bei der Bezeichnung „Behinderung“ vor allem die gesellschaftliche/soziale Dimension. Von einer Behinderung spricht er, wenn der Betroffene aufgrund einer seelischen, geistigen und/oder körperlichen Beeinträchtigung in bestimmten Bereichen der Gesellschaft einer bestimmten Norm nicht mehr entsprechen kann und somit in gewisser Weise benachteiligt ist.
Ebenfalls ein erheblicher Faktor ist, dass es sich nicht nur um eine temporäre Einschränkung handelt, sondern um eine in den meisten Fällen langfristige Einschränkung. Dennoch wird davon abgeraten, den Begriff der „chronischen Krankheit“ zu verwenden, da es bisher keine überzeugenden Begriffsdifferenzierungen (bisher) gibt. ([2], S.45)
Eine Behinderung kann sich in einem Prozess befinden. Sie kann sich entweder durch Operationen zum Positiven wenden oder auch durch verschiedene Faktoren verschlimmern. ([1])
Verschiedene Berufsgruppen versuchen, eine Behinderung durch folgende Kategorisierung näher zu definieren und vor allem zu differenzieren:
Man unterscheidet:
- verschiedene Ursachen (Unfall, angeboren, Kriegs-/Wehrdienstbeschädigung, sonstige Ursachen)
- verschiedene Arten der Behinderung (geistige Behinderung, körperliche Behinderung), Hörschädigung (Gehörlosigkeit + Schwerhörigkeit), Körperbehinderung, Lernbehinderung, Mehrfachbehinderung, Schwerbehinderung, Schwerstbehinderung, Sehschädigung (Blindheit + Sehbehinderung), Sprachbehinderung, Verhaltensstörung
- verschiedene Folgen (Sonderschulbedürftigkeit, Hilflosigkeit, Wohnbehinderung, Rehabilitationsbedürftigkeit). (vgl. [1])
Es gilt zu beachten, dass eine Behinderung vom Betroffenen jeweils ganz anders wahrgenommen werden kann. Hinzu kommen auch psychologische Folgen für Menschen, die nicht von Geburt an mit einer Behinderung leben müssen.
1.1.1 Körperliche Behinderung
Nach §2, Absatz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) IX wird unterschieden zwischen einer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderung. Auf seelische Behinderungen werde ich in dieser Arbeit nicht weiter eingehen, da diese für mein Thema irrelevant sind.
Die körperliche Behinderung lässt sich nach SGB in motorische und organische Behinderung unterteilen:
- motorische Behinderung: „Einschränkung der Funktion des Bewegungsapparates“
- organische Behinderung: „Einschränkung oder […] Ausfall der Funktion eines Körperorgans, z.B. Blindheit, Schwerhörigkeit.“
([3], S.2)
1.1.2 Geistige Behinderung
Nach dem SGB spricht man dann von einer geistigen Behinderung, wenn „bei körperlicher Unversehrtheit eine Fehlfunktion des Geistes vorliegt, z.B. epileptische Anfälle.“ ([3], S.3)
Man unterscheidet hier drei Intensitäten der geistigen Behinderung:
- „hochgradigen Schwachsinn“ (Idiotie)
- „mittelgradigen Schwachsinn“ (Imbezillität)
- „leichten Schwachsinn“ (Debilität)
Allerdings kann auch schon bei geringen Intelligenzrückständen von einer geistigen Behinderung die Rede sein, z.B. bei Lernbehinderungen. (vgl. [3], S.3)
1.2 Gehörlosigkeit
Unter dem Begriff der „Hörgeschädigten“ fasst man insgesamt alle Menschen zusammen, die unter einem geringen bis zu einem totalen Hörverlust leiden. Die Ursachen und Folgen sind jeweils sehr verschieden und von unterschiedlicher Intensität.
Man unterscheidet zwischen Gehörlosen, Spätertaubten, Schwerhörigen und Trägern von Cochlea-Implantaten.
In meiner ausgewählten TV-Serie „Switched at Birth“ wird es noch öfter um diese Unterscheidung gehen und darum, inwiefern sich Ursachen, Folgen und Auswirkungen im Alltag, in der Gesellschaft und im Miteinander äußern.
1.2.1 Spätertaubte
Bei Spätertaubten spricht man von Menschen, die erst im Erwachsenenalter ertaubt sind. Die Sprachfähigkeit ist bei Spätertaubten zumeist vollständig entwickelt, doch können sich durch die fehlende auditive Rückkopplung Fehler in der Sprache einschleichen wie falsche Betonungen oder zu lange/kurze Pausen zwischen den Wörtern. ([4], S.4).
1.2.2 Schwerhörige
Schwerhörigkeit kann sowohl angeboren, als auch zu jeder sonstigen Zeit im Leben auftreten. Art und Ausmaß einer Schwerhörigkeit unterscheiden sich meist immens. Geräusche und Sprache können beispielsweise verzerrt, zu leise oder nur bruchstückhaft aufgenommen werden.
Man unterscheidet hier drei Kategorien:
- Schalleitungs-Schwerhörigkeit (Leiseres und gedämpfteres Hören)
- Schallempfindungs-Schwerhörigkeit (Laute werden leiser und verzerrt wahrgenommen)
- Zentralneural-Schwerhörigkeit (Akustische Signale können oftmals nur schwer von anderen Geräuschen unterschieden werden, gestörtes Richtungshören, oft nur bruchstückhaftes Verstehen von Geräuschen)
Hörhilfen können für Schwerhörige im Alltag eine Hilfe darstellen und können so durch die (verbesserte) auditive Rückkopplung ihr Sprechen kontrollieren. Doch auch wie schon oben im Kapitel über Behinderungen allgemein erwähnt, ist bei Schwerhörigen jedes einzelne Schicksal sehr individuell, und Ursachen, Auswirkungen und Folgen sind unterschiedlich stark ausgeprägt und äußern sich auf ganz verschiedene Weise. ([4], S. 6-7)
1.2.3 Menschen mit Cochlea-Implantat
Das Cochlea-Implantat wird auch in „Switched at Birth“ thematisiert, da dieses Implantat doch nicht nur Besserung verspricht, sondern auch weitreichende Folgen haben kann.
Das Cochlea-Implantat wird bei Gehörlosen, deren Gehörnerv noch funktioniert, in das Knochenbett hinter der Ohrmuschel eingesetzt. Es werden Reizelektroden in die Hörschnecke (Cochlea) eingesetzt, die elektrische Impulse an die Nervenfasern abgeben. Dieses elektrische Reizmuster wird ins Gehirn weitergeleitet und ermöglicht somit das Wahrnehmen von akustischen Signalen. Zu dem Cochlea-Implantat (kurz: „CI“) gehört auch eine Apparatur, der Sprachprozessor, der außen am Körper getragen werden muss.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Cochlea-Implantat ([5])
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