Der König als Lehnsherr geistlicher Fürsten nach dem Wormser Konkordat von 1122


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Das Reichskirchensystem vor dem Wormser Konkordat

3 Gründe für das Wormser Konkordat
3.1 Die Investitur der Bischöfe nach dem Wormser Konkordat
3.2 Möglichkeiten der königlichen Einflussnahme auf die Bischofs- bzw. Abtsinvestitur

4 Zu den Regalien
4.1 Zum Regalienbegriff
4.2 Zur Bedeutung der Regalienleihe

5 Rechte und Pflichten des Königs als Lehnsherr
5.1 Allgemeingültige Rechte und Pflichten des Königs als Lehnsherr
5.2 Dem Lehnsverhältnis zwischen König und Prälaten spezifische königliche Rechte

6 Zur Fahnenbelehnbarkeit geistlicher Fürsten

7 Zur Egalisierung der Zepter- und Fahnenlehen

8 Ausblick

9 Quellen

10 Literatur

1 Einleitung

Diese Hauptseminararbeit setzt sich zum Ziel, die lehnrechtlichen Beziehungen zwischen Königtum und dem geistlichen Fürstenstand nach dem Wormser Konkordat von 1122 näher zu untersuchen

Das Wormser Konkordat besiegelte das Ende des alten Reichskirchensystems und bildete u.U. die entscheidende Grundlage für die Eingliederung der geistlichen Fürsten in das Lehnssystem. Hiermit wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt die sich nicht in einem geänderten Investiturritus der Bischöfe erschöpft, sondern vielmehr einen verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt für die Schaffung mächtiger geistlicher Fürstentümer darstellt, die sich bereits ab dem 14. Jahrhundert rechtlich und strukturell kaum noch von Laienfürstentümern unterscheiden lassen, da geistliche Fürsten nun auch vermehrt nicht nur mit dem Zepter, sondern auch mit Fahnen, die eigentlich den Laien vorbehalten waren, investiert wurden.

Zunächst scheint es geboten, einige Begriffe näher zu umreißen: Spieß schreibt, dass man unter Lehenswesen „die Gesamtheit der rechtlichen Bestimmungen für das Verhältnis zwischen Lehnsherr und Vasall und deren Auswirkungen auf die staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen“ versteht.1

Der König als Lehnsherr vergab also Reichslehngut, zu dem auch das Reichskirchengut zählte. Hierbei muss es sich nicht zwangsläufig um die Vergabe von Land gehandelt haben, auch bestimmte Regalien und Ämter wurden, den geistlichen Fürsten bis in das 12. Jahrhundert hinein sogar ausschließlich, als Lehen vergeben. Lehnsbeziehungen lassen sich also nach dinglichen und personalen Elementen bestimmen, wobei davon auszugehen ist, dass der Leihe in der Regel ein den Eigennutz des Vasallen überwölbender Auftrag des Lehnsherren innewohnte, die verliehene Berechtigung pfleglich und im Interesse des Lehnsherren auszuführen.2

Die für eine orale, auf mündlichem Gewohnheitsrecht und symbolischer Kommunikation beruhende Gesellschaft zu erwartende schlechte Quellenlage macht die Anfänge der Lehensbeziehungen zwischen geistlichem Fürstenstand und Königtum, die zwischen Wormser Konkordat und der Zeit Friedrichs I. zu verorten wären, für uns schwer fassbar. Dilcher vertritt die These, dass im Rechtsgeltungswillen der Rechtsgemeinschaft die Voraussetzung des Gewohnheitsrechtes besteht;3 schließt man sich dem an, so müsste man die im Anschluss näher zu betrachtende neue Ausgestaltung des (Lehns-)Verhältnisses zwischen Königtum und geistlichem Fürstenstand als eine Entwicklung, die beiderseits in concordia vollzogen wurde, betrachten, da m.E. keine Quellen vorliegen, die es rechtfertigen würden, von einem verfassungsgeschichtlichen Dissens bei der Ausgestaltung der Lehnsbeziehungen zwischen beiden Parteien auszugehen.

Prinzipiell scheint es auf Grund des Flusses der lehnrechtlichen Entwicklung gewinnbringender eher von einer Rechtsgewohnheit, als von einem Gewohnheitsrecht zu sprechen, schließlich „handelt (es) sich nicht um eine juristische Geltungstheorie, wie wir sie hinter dem modernen Gewohnheitsrecht gefunden haben, sondern um eine Theorie für einen Problembereich empirischer Rechtssoziologie.“4

2 Das Reichskirchensystem vor dem Wormser Konkordat

Das alte Reichskirchensystem reicht bis in die Zeit der Karolinger zurück; damals wurde die Kirche zum ersten Mal auf allgemeinerer Grundlage zu Hof- und Heeresdiensten verpflichtet. Deshalb versuchte man, kirchliche Anstalten und Ämter organisch in die neu geschaffene Staatsordnung einzubauen. Doch durch die fortschreitende Machtentfaltung und wachsende Unabhängigkeit kirchlicher Organe im Reich, schien es geboten nachzuweisen, was an wesentlichen, unveräußerlichen Bestandteilen des Reiches über Jahrhunderte an die Kirche gelangt war und was ergo bei einer Lostrennung beider Machtsphären an das Reich zurückfallen müsse.5

Diese „unveräußerlichen Bestandteile“ als Reichsgut auffassend, wurde es spätestens unter den Ottonen Usus, dass Bischöfe in ihr Amt mit Ring und Stab vom König investiert, ergo auch ausgesucht wurden, ohne dass sich hieraus lehnrechtliche Beziehungen im eigentlichen Sinn ableiten ließen.

So erlaubte es das sogenannte ottonisch-salische Reichskirchensystem den Herrschern, ein Gegengewicht gegen das Erblichwerden der Laienämter zu bilden. „So blieb ihnen (den Herrschern M.M.) bei ihrer weitgehenden Verfügungsgewalt über das Reichskirchengut sowie bei dem maßgebenden Einfluss, den sie auf die Besetzung der Prälaturen übten, die notwendige Einwirkung auf die lokale Verwaltung gewahrt.“6

3 Gründe für das Wormser Konkordat

„Die Einbettung der Investitur in das sonst rein geistliche Bedeutungsfeld, das den Bischofs- und Amtsstab umgab, war naturgemäß problembeladen. Zum einen konnte die Übergabe des mit theologischer Bedeutung geladenen Stabes durch einen Laien so verstanden werden, dass der Laie sich Handhabung sacerdotaler Gewalt anmaßte. Zum Anderen vermengte der diesseitig- rechtliche Charakter der Investitur sich in einer Weise mit der sakralen Würde des Investitursymbols, die massiven Widerspruch hervorrief.“7

Die Diskussion, ob ein König bei einer Investitur die bischöflichen Symbole Ring und Stab verwenden dürfe, kam gegen Mitte des 11. Jahrhunderts auf,8 wobei schon hier unter dem Deckmantel der Symbolik wohl eher die grundsätzlichere Frage impliziert wurde, ob es einem König überhaupt zustehe, einen Bischof zu investieren.

Nicht unwesentlich zum Verständnis des ausbrechenden Streits ist ein einsetzender Autoritätsverlust des Königtums. Bis dato wurde der König als Gesalbter des Herren selbst, als christus domini oder als Stellvertreter des himmlischen Königs, als vicarius christi, betrachtet. Diese politische Ordnung, die vollkommen mit der religiös-kirchlichen Ordnung verschmolzen schien, wurde zum einen durch die aufkommende Diskussion über die Rechtmäßigkeit der königlichen Investitur, zum anderen durch die von Gregor VII. veranlasste Eidlösung aller Reichsangehörigen gegenüber Heinrich IV. 1076 empfindlich erschüttert.9

Das Prinzip des heiligen Eides wurde hier zum ersten Mal durch eine offizielle Lossprechung seitens des Papstes erschüttert und allein dies machte, neben den aufkommenden Kompetenzfragen des Königs, eine neue Investitursymbolik nötig, da bis dato der Eid, „der in der Person des Königs im Grunde Gott selbst geleistet wurde, der deshalb als unauflöslich und als Fundament der gesamten Ordnung galt“10 einen empfindlichen Bedeutungsverlust erlitten hatte. In diesen Vorgängen ist also der Beginn für die in einzelne Bestandteile des Belehnungsaktes zerfallende Investitur zu verorten, da das hochmittelalterliche „Ganzheitsdenken“, bei dem nicht zwischen weltlichen und kirchlichen Normen und Werten unterschieden wurde, erschüttert war.

3.1 Die Investitur der Bischöfe nach dem Wormser Konkordat

Die Bischofsinvestitur wurde nun in einen säkularen und einen sakralen Bereich aufgeteilt. Dem König, da ihm die Stellvertreterschaft Christi auf Erden bestritten wurde, oblag es nun nur noch, den Bischof in die weltliche Herrschaft einzusetzen. Durch diese Zweiteilung der Investitur mussten die einzelnen Bestandteile der selbigen stärker ins Bewusstsein der Beteiligten rücken. Von nun an wurden die Bischöfe, nach Kanonischer Wahl, vom König mit dem Zepter, anstatt mit den sakralen Symbolen Ring und Stab, investiert. Der Zepter, als Symbol des Lehnsherren soll ein Ranggefälle verdeutlichen, das zur Hierarchisierung des lehnrechtlichen Ordnungssystems beitragen und die Freundschafts- und Treuebündnisse der Zeit vor 1076 ersetzen soll.11

Doch auch nach dem Wormser Konkordat soll ein besonderes Treueverhältnis zwischen beiden Parteien geschaffen werden, wobei nun symbolisch das Ranggefälle hervorgehoben wird. Der Vasall hat nun den Hingebungsakt, das hominium zu leisten, in dem er seine gefalteten Hände in die des Lehnsherren legt Hierbei hat er das Treueversprechen, die fidelitas, zu leisten. Der Handgang soll den Eid, der über sakralen Gegenständen zu leisten ist, noch verstärken und so ein besonderes Treueverhältnis begründen. So wird der Eid zu einer quasireligiösen Handlung. Würde der Vasall nun Treuebruch gegenüber seinem Herren begehen, käme dies einem Eidbruch und damit einer Todsünde gleich.

Wichtig für die Arbeit mit den Quellen ist jedoch Dendorfers Feststellung, dass nicht jedes Leisten von hominium et sacramentum oder von fidelitas lehnrechtlich zu deuten sei, vielmehr waren zu Beginn des 12. Jahrhunderts drei Bedeutungskontexte bekannt. So könne es von Untergebenden bei beim Herrschaftsantritt eines neuen Herren - mit oder ohne neuer Lehenvergabe -, als Bekräftigung einer Abmachung oder eben als Teil des Belehnungsaktes verstanden werden.12 Dem schließt sich auch Spieß an, wenn er betont, dass Kommendation und Handgang nicht zwingend ein Vasallitätsverhältnis begründen müssen, da sie auch Zeichen der Huldigung sein können.13

3.2 Möglichkeiten der königlichen Einflussnahme auf die Bischofs- bzw. Abtsinvestitur

In welchem Maße die nun einsetzende Entwicklung die Verfassungsgeschichte des hoch- bzw. spätmittelalterlichen Reiches prägte, kann wohl nur klar werden, wenn man sich bewusst macht, dass quantitative das Verhältnis der geistlichen Fürsten zu den Laienfürsten ungefähr drei zu eins betrug.14 Geht man grundsätzlich damit konform, dass das Ende des ottonisch-salischen Reichskirchensystems die königliche Machtstellung empfindlich traf, stellt sich nun die Frage, ob das Königtum nun jeglicher Stütze beraubt war oder ob es doch noch in der Lage war, die ungefähr 92 Bischöfe und Äbte des Reichsfürstenstandes15 für sich „nutzbar zu machen“.

Zwar konnte der König Reichskirchengut nicht einfach einbehalten, da das Prinzip der Kanonischen Wahl einem Leihezwang gleichkam, doch müssen die verbliebenen Einflussmöglichkeiten des Königs wohl doch positiver bewertet werden, als dies die alte Forschung getan hat.16

Immerhin wurde Heinrich V. von Papst Calixt II. das Recht auf persönliches Beiwohnen der Bischofswahl zugestanden: „Ego [...] tibi delecto [...] concedo electiones epsicorum et abbatum Teutonici regni, qui ad regnum pertinent, in presentia tua fieri [...].“17 Weiter durfte der König dem Wahlgremium auch seine Wünsche vortragen.

Da nach Kanonischem Recht eine Wahl in discordia ungültig wäre, stand dem König für diesen Fall ein Entscheidungsrecht zu: „[...] si qua inter partes discordia emerserit, metropolitani et comprovincialium consilio vel iudicio saniori parti assensum et auxilium prebeas.“18 Weiter stand dem König ein Wahlprüfungsrecht zu, d.h. der Kandidat musste noch vor Konsekration um eine Regalienbelehnung beim König nachsuchen.

Es bleibt fraglich, in wie weit das Königtum von diesen Rechten überhaupt Gebrauch machen konnte, wenn man bedenkt, dass hierbei immer das persönliche Engagement des Königs vor Ort bei jeder einzelnen Bischofs- oder Abtswahl vorausgesetzt werden muss.

Doch auch diese königlichen Rechte gingen im Laufe des staufisch-welfischen Thronstreits verloren: Otto IV. verzichtete 1209 auf sein königliches Anwesenheits- und Entscheidungsrecht und auch Friedrich II. gab 1213 eine gleichlautende Erklärung ab.19

Auch das Wahlprüfungsrecht des Königs wurde in der Praxis vom Papsttum unterminiert: das dritte kanonische Element der Bischofsinvestitur ist neben Wahl und Konsekration die vorzunehmende Konfirmation, also ein Wahlprüfungsrecht des zuständigen Metropoliten oder Papstes, dem sich der Bewerber zeitlich eher unterzog, als dem Wahlprüfungsrecht des Königs - so konnte der König die Wahl nur schwerlich anfechten, wenn sie u.U. sogar schon vom Papst anerkannt wurde. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als die Regalien binnen Jahr und Tag zu verleihen.20

So war das Königtum seit dem 13. Jahrhundert im Bereich der Reichskirchen dem Ausgang der kanonischen Wahlverfahren unterworfen. Der König musste also u.U. mit Personen, die ihm überhaupt nicht genehm waren, in eine Lehnsbeziehung treten.

Doch gelang es dem Königtum vermehrt wieder im 14. Jahrhundert seine Wunschkandidaten durchzusetzen, indem man sich mit einer der beiden Wahlparteien, dem Papst oder den Wahlgremien arrangierte: Ludwig der Bayer arbeitete mit den Wahlgremien gegen die Interessen des Papstes und Karl IV. arrangierte sich mit dem Papsttum gegen die lokalen Wahlgremien.21 Der König konnte also immer noch Einfluss üben, da das Papsttum mit seiner Politik der Provisionen und Reservationen in Konflikt mit den Wahlgremien geriet und so eine Allianz gegen die Partei des Königs faktisch ausgeschlossen war.

Manchmal musste es dem Königtum aber auch darum gehen, einen bestimmten Geistlichen in seinem Amt zu behalten: dieser Umstand sollte nicht zu gering geschätzt werden, da der Forschung allein für den Zeitraum zwischen Wormser Konkordat und Alexandrinischem Schisma 18 Amtsenthebungen, bzw. mehr oder weniger freiwillige Rücktritte deutscher Bischöfe bekannt sind.22 Bemerkenswert hierbei ist, dass viele Bischöfe ihr Amt erst verloren, nachdem der König seine weitere Unterstützung versagte, so musste z.B. 1135 Bischof Lietard v. Cambrai sein Amt aufgeben, nachdem er den Rückhalt bei Lothar III. verloren hatte. Es scheint aber, dass ein Bischof, solange er den Schutz des Königs genoss, nicht abgesetzt werden konnte.23

Arbeitete ein König nun auf die Absetzung eines Prälaten hin, so konnte er immer darauf hoffen, bei der Neubesetzung Nutzen aus lokalen Machtkämpfen ziehen zu können, in dem er sich klar für einen Kandidaten positioniert oder eine Wahl in discordia nach seinem Gusto entscheidet. Fasst man die verschiedenen Einwirkungsmöglichkeiten des Königtums bei der Wahl der geistlichen Fürsten zusammen und bedenkt dabei den Umstand, dass ein König ein umstrittenen Vertreter der Kirche durch Loyalitätsentzug zu Fall bringen, einen ihm genehmen aber wiederum in jedem Fall halten konnte, so scheint der grundsätzliche Unterschied der königlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf Bischofsbesetzungen nach dem Wormser Konkordat im Vergleich mit den Bestimmungen aus der Zeit des Reichskirchensystems wohl in der mangelnden Institutionalisierung des königlichen Einflusses zu liegen. Es scheint alles von der Person des Herrschers abzuhängen; einem starken, selbstbewussten Herrscher mag es mit den ihm gegebenen Spielräumen durchaus gelungen sein, die kirchlichen Güter mit ihm ergebenen Vasallen zu besetzen, wohingegen ein schwacher Herrscher, der die verbliebenen Spielräume nicht zu gestalten vermag, seinen Einfluss unweigerlich verlieren muss.

Keiner verstand diese Spielräume so zu nutzen, wie Friedrich I., in dem er kraft eigener Machtvollkommenheit den Elekten Heinrich von Basel (1133) und Otto von Cambrai (1136) die Regalieninvestitur verweigerte und die Kandidaten zurückwies.24 Außerdem entschied er 1152 eine Bischofswahl in discordia in seinem Sinne indem er sich auch hier wieder über den ihm eigentlich zugestandenen Spielraum hinwegsetzte: er akzeptierte nämlich keinen der beiden Kandidaten und entschied sich, gegen den Protest des Papstes, für einen dritten, Bischof Wichmann von Naumburg. Ein Jahr später erreichte er, dass der Erzbischof von Mainz, der gegen seine Königswahl opponierte, von einem päpstlichen Legaten abgesetzt wurde - Friedrich setzte hier einen Mainzer Ministerialen ein, der auf Grund mangelnder Machtbasis auf die Gunst des Königs angewiesen war.25

Er restaurierte sogar z.T. die präkonkordialen Verhältnisse, in dem er für sich das Spolien- und Regalienrecht in Anspruch nahm. Da er aber auch die territoriale Integrität der geistlichen Lehen wahrte, so z.B. 1157 die des Bistums Bremen gegenüber Heinrich dem Löwen und Geistliche für treue Dienste auch gut entlohnte, wie z.B. 1158 den Erzbischof von Trier mit den Silbergruben der Abtei Maximin, gelang es ihm, die Geistlichen Fürsten überdurchschnittlich stark für seine nötige Heeresfolge, v.a. in Italien, zu gewinnen.26

4 Zu den Regalien

Wurde nun ein Bischof in sein Amt investiert, so musste der König binnen Jahr und Tag diesem die Regalien aushändigen, doch was schließt der Begriff der Regalien eigentlich alles ein?

4.1 Zum Regalienbegriff

Pöschl definiert Regalien als „dem Staate wesentliche, von ihm herrührende, nur unter seiner Kontrolle zu benützende und auszuübende Güter und Rechte“, die von der Kirche genutzt werden.27

In der Vertragsurkunde Papst Paschalis' II. mit Kaiser Heinrich V. werden Regalien laut Krieger allgemein als Güter, die seit der Herrschaft Karls des Großen aus der Besitzmasse des Reiches in den Besitz der Kirche gelangt waren, definiert. Regalien beschränken sich nicht auf den mobilen Besitz, wie die noch zu erläuternden Spolien, sie konnten vielmehr ganze Städte, Herzogtümer, Grafschaften, aber auch Münz-, Zoll- oder Marktregale, so wie Reichsvogteien, Reichsburgen oder das Recht des Wehraufgebotes umfassen.28

Minninger geht in ihren Darstellungen nicht so weit, die Regalien per se als Reichsgut aufzufassen, sie sieht in ihnen „Glieder des Reiches“, die weder Eigentum des Reiches noch des Königs waren, vielmehr sind ihre Treuhänder, also die Äbte und Bischöfe, schon durch ihre Funktion ebenfalls „Glieder des Reiches“.29 Minningers Standpunkt soll hier im Weiteren nicht verfolgt werden, da sich unter den frühen Staufern eine Anschauung über die Regalien durchsetzte, die mit der von Minninger vorgetragenen Zwitterstellung der Regalien als unabhängige „Glieder des Reiches“ schwer vereinbar ist.

Regalien sind aber in keinem Fall mit dem Gesamtgüterbestand der Kirche zu verwechseln, diese verfügte auch über Eigengut.

4.2 Zur Bedeutung der Regalienleihe

Ab der Zeit Friedrichs I. war die Leihe der Regalien für die Geistlichen die Grundvoraussetzung für die Ausübung weltlicher Herrschaft überhaupt. Verweigerte der König nun die Ausgabe der Regalien, regierte der König nicht nur treuhänderisch über dieses Reichskirchengut, sondern über das mit den Regalien zusammenhängende gesamte, z.T. eben auch kirchliche Eigengut.30 So konnte sichergestellt werden, dass die weltliche Herrschaft der geistlichen Fürsten als vom König abgeleitet zu verstehen ist und so die lehnrechtliche Bindung an den König klar erkennbar wird.

[...]


1 Spieß, Karl-Heinz: Das Lehenswesen in Deutschland im hohen und späten Mittelalter, (2., verbesserte und erweiterte Auflage) Stuttgart 2009, S. 16.

2 Droege, Georg: Landrecht und Lehnrecht im hohen Mittelalter, Bonn 1969, S. 74.

3 Dilcher, Gerhard: Mittelalterliche Rechtsgewohnheit als methodisch-theoretisches Problem, in: Schulze, Reiner; Wadle, Elmar; Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Gewohnheitsrecht und Rechtsgewohnheiten im Mittelalter (Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte Bd. 6), Berlin 1992, S. 21.

4 Ebd., S. 30.

5 Pöschl, Arnold: Die Regalien der mittelalterlichen Kirche, Graz 1928, S. 12.

6 Ebd., S. 20.

7 Töbelmann, Paul: Stäbe der Macht. Stabssymbolik in Ritualen des Mittelalters (Historische Studien Bd. 502), Husum 2011, S. 123.

8 Weinfurter, Stefan: Lehnswesen, Treueid und Vertrauen, in: Dendorfer, Jürgem; Deutinger, Roman (Hrsg.): Das Lehnswesen im Hochmittelalter (Mittelalterforschungen Bd. 34), Ostfildern 2010, S. 451.

9 Ebd.; S. 449 ff.

10 Ebd.; S. 451.

11 Ebd.: S. 459 f.

12 Dendorfer, S. 315 ff.

13 Spieß, S. 21.

14 Töpfer, Bernhard; Engel, Maria Eva: Vom staufischen Imperium zum Hausmachtkönigtum, 1976, S. 14.

15 Krieger, Karl-Friedrich: Die Lehnshoheit der deutschen Könige im Spätmittelalter, 1979, S. 166.

16 Vgl.: Töpfer, Bernhard; Engel, Maria Eva, S. 14 ff.

17 Wormser Konkordat, zitiert nach: Spieß, S. 70 f.

18 Wormser Konkordat, zitiert nach: Spieß, S. 71.

19 Krieger, S. 365.

20 Ebd., S. 366.

21 Ebd., S. 366 ff.

22 Meyer-Gebel, Marlene: Bischofsabsetzungen in der deutschen Reichskirche vom Wormser Konkordat (1122) bis zum Ausbruch des Alexandrinischen Schismas (1159), (Bonner Historische Forschungen Bd. 55), Siegburg 1992, S. 2.

23 Ebd., S. 302.

24 Ebd., S. 279.

25 Töpfer, Berhnard; Engel, Eva Maria, S. 111.

26 Ebd.; S. 111 ff.

27 Pöschl, S. 13.

28 Krieger, S. 237.

29 Minninger,Monika: Von Clermont zum Wormser Konkordat. Auseinandersetzungen um den Lehnsnexus zwischen König und Episkopat, 1978, S. 59.

30 Krieger, S. 243.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der König als Lehnsherr geistlicher Fürsten nach dem Wormser Konkordat von 1122
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Historisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V279747
ISBN (eBook)
9783656735458
ISBN (Buch)
9783656735427
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
könig, lehnsherr, fürsten, wormser, konkordat
Arbeit zitieren
Martin Mühlenberg (Autor:in), 2012, Der König als Lehnsherr geistlicher Fürsten nach dem Wormser Konkordat von 1122, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279747

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