Let´s play English. Konzeptionelle Überlegungen zum Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Münster.


Examensarbeit, 2004

47 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

TEIL I GRUNDLAGEN DER KONZEPTIONELLEN ÜBERLEGUNGEN

1 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE
1.1 Aufgaben und Bereiche
1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung
1.3 Methodische Prinzipien
1.4 Verbindliche Anforderungen
1.5 Leistungsbewertung

2 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER PRIMARSTUFE FÜR KINDER MIT FÖRDERBEDARF IM BEREICH SPRACHE
2.1 Englisch im Primarbereich von Sonderschulen
2.2 Die Frage nach dem Sinn des Englischunterrichts für Schüler mit Förderbedarf im Bereich Sprache
2.3 Gibt es sie, die sprachheilpädagogische Didaktik für den Englischunterricht?
2.4 Formen therapieimmanenten Englischunterrichts

TEIL II LET´S PLAY ENGLISH

Entwicklung eines Konzepts für den Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe der

Erich Kästner-Schule (SfSB) in Münster

3 ZUR AUSGANGSLAGE
3.1 Organisatorisches
3.1.1 Personelle Ressourcen
3.1.2 Räumliche Ressourcen
3.1.3 Mediale Ressourcen
3.1.4 Zeitplan
3.2 Beschreibung der Lernvoraussetzungen der Schüler einer dritten Jahrgangsstufe

4 KONZEPTIONELLE ÜBERLEGUNGEN ZUM ENGLISCHUNTERRICHT EINER DRITTEN JAHRGANGSSTUFE
4.1 Reflexion und Adaption bestehender Konzepte für die Grundschule
4.1.1 Aufgaben und Bereiche des Faches Englisch
4.1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung
4.1.3 Methodische Prinzipien
4.1.4 Verbindliche Anforderungen am Ende der dritten Klasse
4.1.5 Möglichkeiten zur Leistungsbewertung
4.2 Möglichkeiten der sprachheilpädagogischen Förderung im Englischunterricht
4.2.1 Sprachliche Bereiche
4.2.2 Sprachtragende Bereiche
4.3 Planung von Englischunterricht
4.3.1 Planung eines Themas
4.3.2 Auswahl von – aus sprachheilpädagogischer Sicht – geeignetem Material
4.4 Evaluation
4.4.1 Evaluation der Lernstände von Englisch und Sprachenlernen
4.4.2 Evaluation sprachlicher Förderung

SCHLUSSBETRACHTUNG & A USBLICK

BIBLIOGRAFIE

Zitierte Literatur

Abbildungsverzeichnis

Kommentierte Grundlagenliteratur

ANHANG

EINLEITUNG

EINLEITUNG

Seit dem 1. August 2003 ist es soweit: Auch in NRW ist der flächendeckende Englischunterricht in den Grundschulen1

NRWs angekommen und mit ihm eine Vielzahl von Veröffentlichungen, wie dieser zu konzeptionieren und

strukturieren ist.

In die Primarschule für Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache als zielgleich unterrichtende Sonderschule hat

der Englischunterricht dementsprechend auch Einzug gehalten. Was hier allerdings fehlt, ist ein entsprechendes

Konzept!

Die Leitfrage muss also lauten: Wie kann man Kinder mit sprachlichen Beeinträchtigungen Englisch lehren, ohne

sie zu überfordern? Geht das überhaupt?

Motivation dieser Arbeit ist es, diesen Fragen nachzugehen und ein brauchbares Konzept für die Erich Kästner-

Schule zu erstellen, das in Zukunft als Leitfaden und als Grundlage weiterer Überlegungen dienen soll. Teile dieser

Arbeit werden der entsprechenden Aktualisierung des Schulprogramms dienen.

Als Leitfaden steht diese Arbeit zwei Adressaten zur Verfügung: Zum einen können sich Fachlehrerinnen1 der Erich

Kästner-Schule hieran orientieren. Dies ist vor allem mit Blick auf den anstehenden personellen Wechsel im nächsten

Schuljahr, wie er in Kap. 3.1 beschrieben wird, sinnvoll. Zum anderen richtet sich diese Arbeit auch an die weiteren

Lehrerinnen der Schule. Auf Grund des geschäftigen Alltags an der Erich Kästner-Schule hat das Fach Englisch

trotz Interesses noch keine Öffnung erfahren, weshalb viele Kolleginnen nicht recht wissen, wie „moderner“

Englischunterricht aussehen kann. Diese Arbeit soll für sie eine Einführung darstellen, die durch Transparenz eine

Basis für die Zusammenarbeit von Klassen- und Fachlehrerinnen bietet und fächerverbindenden Englischunterricht,

wie er im Kollegium erwünscht ist, erlaubt.

Form beschrieben, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Diese steht dann stellvertretend für beide Geschlechter. Um beiden Formengerecht

zu werden, wurde je nach Verhältnis in der Wirklichkeit die entsprechende Form gewählt: So wird bspw. von Lehrerinnen geschrieben,

da die Anzahl der weiblichen Kollegen die der männlichen überwiegen. Dies steht im Gegensatz zu den Schülern, bei denen

es an der Schule für Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache mehr männliche gibt.

Diese Arbeit teilt sich in einen literaturgestützten und einen eigenverantwortlichen Teil. Bis auf wenige Ausnahmen,

die dann explizit markiert wurden, sind diese streng voneinander getrennt.

Der erste Teil beschäftigt sich mit den Veröffentlichungen, welche in Bezug auf Englischunterricht in der Primarstufe

zu finden sind. Im ersten Kapitel ist der Blick dabei auf die Grundschule mit ihrem Lehrplan gerichtet, während

im zweiten Kapitel erläutert wird, welche Erkenntnisse es bzgl. der Primarschule für Kinder mit Förderbedarf im

Bereich Sprache gibt.

Im zweiten Teil wird schließlich das Konzept für die Erich Kästner-Schule entwickelt. Hierzu werden vorangehend

die organisatorischen Bedingungen und die Lernvoraussetzungen der Schüler einer dritten Jahrgangsstufe beschrieben

(Kap. 3). Im anschließenden Kapitel 4 werden die in Teil I beschriebenen Konzepte aus der Literatur, die

auch für die Erich Kästner-Schule Verbindlichkeit besitzen, reflektiert und zu großen Teilen adaptiert sowie erweitert.

Da in diesem Bereich bis dato noch keine Grundlagen zur Verfügung stehen, leistet die Erarbeitung dieses

Konzepts Basisarbeit. In Form eines Exkurses wird die Frage behandelt, ob es möglich ist, noch einen Schritt weiter

zu gehen und den Englischunterricht sprachheilpädagogisch zu nutzen.

Im abschließenden Ausblick werden weiterführende Gedanken nochmals gesammelt und konkretisiert.

TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 2

TEIL I GRUNDLAGEN DER KONZEPTIONELLEN ÜBERLEGUNGEN

Im Rahmen dieser Arbeit ist es unmöglich, auf sämtliche Aspekte des Englischunterrichts an der Grundschule

einzugehen, ohne in Oberflächlichkeit zu verfallen. Dementsprechend werden in diesem theoretisch grundlegenden

Teil nur jene Aspekte ausführlicher vorgestellt, die propädeutisch für den zweiten, praktischen Teil sind. Am

Rande wird auf weitere Gesichtspunkte des Themas verwiesen, um der Vielfältigkeit von Englischunterricht gerecht

zu werden. Bei Interesse ist auf weiter- und tieferführende Literatur verwiesen, wenn es sie dazu gibt.

1 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE

Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die Darstellungen in der Fachliteratur, die zu diesem Thema verfasst

wurden. Da die Veröffentlichungen in den letzten Jahren stark angestiegen sind, kann der Überblick in diesem

Rahmen nur sehr komprimiert stattfinden.

Die Orientierung erfolgt dabei primär am aktuellen Lehrplan2 für Englisch an der Grundschule in NRW (MSJK

2003a). Kapitel 1.3 ist eine Erweiterung, die dieser Arbeit einen über den Lehrplan hinausgehenden Bezug zur

Praxis gibt.

auftreten (Prinzip der Chancengleichheit).

1.1 Aufgaben und Bereiche des Faches Englisch

In den 70er Jahren bedeutete ´Frühbeginn´ die einfache Vorverlegung des Anfangsunterrichts einer Fremdsprache

in der Grundschule ohne Berücksichtigung der besonderen Lernbedingungen. Heute definiert sich das Konzept

´Frühbeginn´ anders: Mit der Struktur des Englischunterrichts, den wir persönlich noch aus der Sekundarstufe I

und II kennen, hat dieser nur noch wenig gemein. Ein tabellarischer Überblick dieses Paradigmenwechsels findet

sich ausführlich und anschaulich bei Kubanek-German (2003, 72ff).

Der moderne Englischunterricht an der Grundschule ist zwar ergebnisorientiert, allerdings weit gehend frei von

Leistungsdruck. Er erlaubt elementare interkulturelle Erfahrungen und fördert Kreativität und spielerisches Lernen

(vgl. Klippel 2000,13). Die folgenden Aufgaben und Ziele geben einen Überblick.

TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE

A positive mind-set 3 für das Fremdsprachenlernen3

Die Schüler sollen eine positive Einstellung zur fremden Sprache, zum Fremdsprachenlernen und zum Weiterlernen

von dieser oder einer anderen fremden Sprache erreichen. Dieses wichtige Ziel des Englischunterrichts an der

Grundschule ist gleichzeitig ein Beispiel für ein sog. affektives Lernziel. Das moderne Verständnis von Lernen

rechtfertigt auch solche Ziele, die schwer zu definieren und operationalisieren sind (vgl. Schmid-Schönbein 2001,

51ff). Nach Wolfe und Brandt (1998) wird dieses Ziel erreicht, wenn u.a. die Lerner sich im Unterricht emotional

angenommen fühlen, Herausforderung, aber kein Druck aufgebaut wird und möglichst viele Sinne aktiviert werden

(vgl. Wolfe/ Brandt 1998 zit. nach Bleyhl 2003, 16).

Dieses Prozedere soll in dieser Arbeit übernommen werden und als Chance gesehen werden, dieses Vokabular als Leserin zu erwerben.

Die englischen Begriffe werden kursiv gekennzeichnet.

Cultural awareness

Was ist heute in Deutschland noch ausschließlich deutsch? Nicht nur die Anglizismen in unserer Sprache oder die

Sendungen im Fernsehen, schon der Alltag im Kindergarten und in der Grundschule konfrontiert die heutigen

Kinder mit vielen Kulturen.

Sprache ist immer eingebettet in die Kultur ihrer Sprecher. Somit muss der Englischunterricht genutzt werden, um

kulturspezifisches Wissen zu vermitteln und auch die kulturelle Bewusstheit zu fördern. Eine wissenschaftliche

Untersuchung hat gezeigt, dass Kinder, die sich früh mit einer Fremdsprache auseinandersetzen, flexibler das

Leben in einer multikulturellen Gesellschaft meistern (vgl. Hermann-Brennecke 1994 zit. nach Klippel 2000, 17f).

Im besten Falle erlaubt diese Förderung schließlich einen Rückblick auf die eigenen Werte und Traditionen (vgl.

Schmid-Schönbein 2001, 58ff). Als Slogan gilt: Act locally – Think globally!

Mit dem 15. Februar d.J. trat aus diesem Grund ein Neuerlass des Ministeriums in Kraft, der zu „Begegnung mit

Sprachen“ im Unterricht – auch an Sonderschulen – auffordert (vgl. MSJK 2003b). Hierzu gibt es eine entsprechende,

empfehlenswerte Handreichung (s. Bibliografie).

Language awareness

Ein weiteres Lernziel im affektiven Bereich ist die Stärkung des Selbstkonzepts in Bezug auf Sprachenlernen und

die language awareness. „Language awareness is a person´s sensitivity to and conscious awareness of the nature

of language and its role in human life.” (Donmall 1985 zit. Schmid-Schönbein 2001, 56). Englisch soll als Schlüsselsprache

in der modernen Medienwelt und im zusammenwachsenden Europa erkannt werden (vgl. MSJK

2003a).

Während Klippel (2000) schreibt, dass wissenschaftlich nicht geklärt ist, ob die Sprachbewusstheit nun wirklich Ziel

des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule sein sollte (vgl. ebd., 37f), sehen Gründemann und Welling

(2002) hierin eine wesentliche sprachdidaktische Begründung für den Frühbeginn – sicherlich nicht nur für Kinder

mit sprachlichen Beeinträchtigungen (vgl. ebd., 110ff).

TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 4

Language learning awareness

Ebenso wesentlich ist es, die Schüler erkunden zu lassen, wie man Sprachen lernt und die Techniken und Methoden

herausfinden zu lassen, die für das eigene Lernen besonders erfolgreich sind. De Leeuv merkt hierzu an, dass

Lernstrategien normalerweise nur bei älteren Fremdsprachenlernern ein Thema sind, aber wenn Grundschulkinder

über diese Strategien reflektieren können und es auch tun, sollte die Lehrerin gut zuhören und lernen, „den Unterricht

noch differenzierter durch die Augen der Schüler zu sehen.“ (de Leeuv 1997, 204 zit. nach Schmid-Schönbein

2001, 103)

Das Junior-Portfolio steht als Idee, „dass auch schon Grundschüler ihre Art zu lernen und ihre Lernstufen einschätzen

können“ (Kubanek-German 2003, 87). Hierauf wird weiter in Kapitel 1.5 eingegangen.

1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung

Nachdem in Kapitel 1.1 ein knapper didaktischer Begründungsrahmen gesteckt wurde, sollen an dieser Stelle

wichtige Prinzipien vorgestellt werden.

Prinzip des entdeckenden und experimentierenden Umgangs mit Sprache

Der Englischunterricht wird besonders dann erfolgreich sein, wenn die Gelegenheit geboten wird, die neue Sprache

zu erkunden und mit einzelnen Bausteinen dieser Sprache zu experimentieren. Die Schüler können so wiederkehrende

Muster und auch Parallelen und Unterschiede zur deutschen Sprache erkennen. Dieses Prinzip arbeitet

nahe am Ziel der language awareness (s. Kap. 1.1).

Ein weiteres Prinzip, auf das an dieser Stelle hingewiesen werden muss, da es in sämtliche der anderen Punkte

hineinspielt, ist das des Primats des Mündlichen. Die vier sprachlichen Fertigkeiten Hörverstehen, Sprechen, Lesen

und Schreiben sind im modernen Fremdsprachenunterricht nicht gleich zu gewichten. Wie im muttersprachlichen

ist auch im fremdsprachlichen Lernen das Hörverstehen von grundlegender Bedeutung. So ist zu Beginn des

Fremdsprachenunterrichts eine sog. silent period, eine Zeitspanne, in welcher die Schüler sich scheuen zu sprechen,

aber in einem aktiven Lernprozess rezeptives Wissen aufbauen, nichts Ungewöhnliches (vgl. Schmid-

Schönbein 2001, 63ff). Eng damit verbunden ist natürlich das Sprechen. Die Gewichtung dieser beiden Grundfertigkeiten

im Gegensatz zu den schriftlichen Kompetenzen (Lesen und Schreiben) bilden dann den Primat des

Mündlichen. Wenn also von entdeckendem und experimentellem Umgang mit Sprache die Rede ist, dann ist hier

m.E. primär die mündliche Sprache gemeint.

Prinzip des spielerischen, darstellenden und gestalterischen Lernens

Der Englischunterricht soll die Bereitschaft und Fähigkeit der Schüler aufgreifen, „mit Sprachelementen zu spielen,

sich selbst darzustellen und im Spiel Situationen zu gestalten und Geschichten zu erzählen“ (MSJK 2003, 30).

Prinzip der Einsprachigkeit

„Prinzipiell muss für den Englischunterricht gelten, dass alle Rede- und Verständigungsanlässe [...] genutzt werden,

um das auf Englisch zu regeln. Das einsprachige Geschehen ist die beste Vorbedingung der Bereitschaft der

T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 5

Kinder, sich in der Zielsprache zu äußern“ (Piepho 2000, 45). Laut Lehrplan hingegen sollte schon auf die deutsche

Sprache zurückgegriffen werden, wenn es sonst zu Missverständnissen oder unvertretbaren zeitlichen Belastungen

käme (vgl. MSJK 2003, 30).

Besonders beim code-switching, dem Wechseln von einem code (z.B. Englisch) in einen anderen (Deutsch), das

als ein ganz üblicher Vorgang im fremdsprachlichen Anfangsunterricht auftritt, ist es entscheidend, dass die Lehrkraft

weiterhin im Englischen verbleibt und bspw. eine auf Deutsch gestellte Frage in Englisch beantwortet (vgl.

Schmid-Schönbein 2001, 123f).

Prinzip des Themen- und Situationsbezugs

Die Themen werden aus der Wirklichkeit der Kinder genommen, so dass sie sich trotz relativer Fremdheit der

Sprache mit den Inhalten ´zu Hause´ fühlen. Durch den Situationsbezug werden sie zu einem aktiven Umgang mit

der Sprache herausgefordert. Kubanek-German (2003) nennt diese Kindorientierung ein wichtiges Schlüsselwort

bei der Charakterisierung von Qualitätszuwachs (vgl. ebd., 26).

Prinzip der Authentizität

Der Englischunterricht ist erfolgreich und vermittelt cultural awareness, wenn er „die Wirklichkeit des Englischen

und englischsprachiger Lebenswelten wider[spiegelt], wie sie sich den Schülerinnen und Schülern in den Medien

oder in gelegentlichen Kontakten mit native speakers zeigt“ (MSJK 2003a, 31).

1.3 Methodische Prinzipien

Wie bereits erwähnt, wird auf verschiedene methodische Prinzipien im aktuellen Lehrplan nicht explizit eingegangen.

Im Hinblick auf die konzeptionellen Überlegungen im zweiten Teil sind sie aber eine wichtige Grundlage für

die Adressaten dieser Arbeit.

Lehrwerke als Fundgrube

Lehrwerke erleichtern die Entscheidungen bzgl. der möglichen Inhalte, Ziele und Methoden im Englischunterricht.

Ein Team von Fachleuten hat diese Entscheidungen dafür bereits getroffen. Zusätzlich werden unterstützende

Medien wie Illustrationen, Audio-CDs mit Musik oder Aufnahmen von native-speaker, sog. activity-books und

Handpuppen als „Begleiter“ zum Überwinden der ersten Sprechscheu gleich mit angeboten, wodurch wertvolle

Vorbereitungszeit gespart werden kann.

Total Physical Response -Ansatz (TPR)

Mimik, Gestik und Körpersprache sind gefordert, wenn es gilt, fremdsprachliche Inhalte zu verdeutlichen und zu

vermitteln.

In diesem Zusammenhang wird immer wieder auf den Ansatz der Total Physical Response zurückgegriffen, der

besonders das Hörverstehen (s. Kap. 1.2) schult und somit den Bedürfnissen mancher Kinder in der anfänglichen

T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 6

silent period nachkommt. Die – wörtlich übersetzt – gesamtphysische Reaktion erfolgt von den Schülern auf die

Aufforderung der Lehrerin.

„Imperative wie Put your hands in back of your head werden die Schülerinnen und Schüler nach dem Bewegungsvorbild

der Lehrkraft zunächst stumm ausführen, in Variationen erleben wie Put only your right hand in

back of your head oder Put your left hand in back of your neighbour´s head und dabei die Struktur und Lexik

verstehen lernen und speichern“ (Schmid-Schönbein 2001, 103).

Allein durch TPR kann allerdings keine kommunikative Kompetenz aufgebaut werden, da der input auf Aufforderungen

beschränkt und somit viel zu einseitig ist. Schmid-Schönbein (2001, 104) empfiehlt deshalb einen Einsatz

von maximal fünf Minuten pro Unterrichtseinheit.

Storytelling

Nichts hat so viel Kraft wie das Wort. Richtig eingesetzt ist das Erzählen von Geschichten ein effektives Mittel auch

im Fremdsprachenunterricht, um Aufmerksamkeit, Zuhören und Hörverstehen zu üben und somit – in diesem Falle

– Englisch zu lernen. „Schon im Vorschulalter erwerben Kinder die story schemata, so daß der frühe Fremdsprachenunterricht,

selbst wenn er zukünftig bereits in Klasse 1 beginnt, mit dem Vorhandensein zumindest der Kompetenzen

zum Verstehen von Geschichten rechnen kann“ (Kubanek-German 2003, 79f).

Nichtsdestotrotz müssen beim storytelling eine Vielzahl von Fakten bedacht werden, wie z.B. die wesentlichen

Strukturelemente und deren zielorientierte Wiederholung, damit die Zielstrukturen anschließend von den Schülern

handlungsorientiert in eine aktive Sprachproduktion umgesetzt werden. Eine Orientierung bietet in diesem Fall eine

Übersicht der grammatischen Strukturen und allgemeinen Redemittel, die am Ende der Grundschulzeit erreicht

sein sollen: Sie befindet sich im Anhang der Richtlinien (vgl. MSJK 2003a, 40ff).

An dieser Stelle muss auf weiter- und tieferführende Literatur verwiesen werden.

Rollenspiel

Eine Möglichkeit, die Zielstrukturen und das Verstehen einer Geschichte zu vertiefen, ist das Rollenspiel. Mit seiner

Kombination von dialogischem Handeln und Sprache ist das Rollenspiel für die Schüler meist sehr motivierend.

Die Inhalte müssen allerdings sowohl sprachlich als auch spielerisch an die Lernvoraussetzungen angepasst

sein.

Schmid-Schönbein (vgl. 2001, 115ff) verweist auf die enorme Wichtigkeit von Requisiten – nicht nur beim Rollenspiel

– als Motivation und auch semantische Hilfe (s. Kap. 4.3.1).

Einsatz des Schriftbildes

Dieses Thema wird in der Fachliteratur viel diskutiert, und zwar nicht erst seit dem bereits erwähnten Paradigmenwechsel

in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts: Wurde die Schriftsprache zuvor nämlich als rein fakultatives

Lernangebot für leistungsstarke Schüler gesehen, wird sie heute als Lernerleichterung für die schwächeren Schüler

eingesetzt, da auf diese Weise das Segmentieren einzelner Wörter erleichtert wird (vgl. Klippel 2000, 23).

Piepho gilt als Vorreiter im Einsatz des Schriftbildes. Bereits im ersten Lernjahr lässt er in seinen Lehrwerken (wie

z.B. in Bausteine Magic 3) die Schüler konsequent lesen. Dies sieht er als Vorbereitung auf das Schreiben (vgl.

Piepho 2003).

T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 7

Nach Schmid-Schönbein (2001) sollte die englische Schriftsprache erst nach Sicherung der deutschen eingeführt

werden als Schutz vor störenden Interferenzen. Sie weist jedoch auch auf die Gefahr des zu langen Wartens hin:

„Wenn den Lernenden bis dahin [Anm.: gemeint ist der Übergang in die weiterführende Schule] das korrekte englische

Schriftbild vorenthalten worden ist, so haben sie inzwischen mit Sicherheit selbst eigene Vorstellungen davon

entwickelt, dies aber auf der Basis ihrer Muttersprache, in der sie yellow als „jelo“ und pencil als „pensil“ schreiben

würden. Damit ist aber niemandem gedient“ (ebd., 128).

Computereinsatz im Englischunterricht

Der Einsatz von Computern im Englischunterricht richtet sich hauptsächlich nach der bereits gewohnten Anwendung

dieses Mediums. Sind die Schüler mit ihm vertraut, kann es auch im Fach Englisch eingesetzt werden. Besonders

zum Üben von Lesen und Schreiben bieten sich viele Möglichkeiten wie z.B. das Beschriften von Gegenständen

im Klassenraum oder das Gestalten oder Beschriften von elektronischen Postkarten, den sog. e-cards. Im

Internet stehen hierfür zahlreiche Service-Adressen zur Verfügung.

Für das multimediale Arbeiten am Computer haben viele Verlage bereits entsprechende Software entwickelt, mit

Hilfe derer die Schüler auch die weiteren zwei Fertigkeiten (Hörverstehen und sogar Sprechen) üben können.

1.4 Verbindliche Anforderungen

Die verbindlichen Anforderungen zum Ende der Grundschulzeit werden durch den aktuellen Lehrplan an das Referenzniveau

A1 des „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen: Lernen, Lehren, Beurteilen“ des

Europarates angelehnt. Danach sollen die Schüler eine Sicherheit in der Anwendung eines Grundinventars kommunikativ

relevanter Strukturen haben, mit denen sie bestimmte Sprechabsichten, wie z.B. jemanden zu begrüßen

und zu verabschieden, verwirklichen können. Eine tabellarische, vereinfachte Inhaltsangabe dieses Referenzrahmens

befindet sich im Artikel von Wember (2002, 8), welcher dieser Arbeit angehängt wurde.

Aber auch Kenntnisse, Einstellungen und Haltungen, wie sie in Kapitel 1.1 vorgestellt wurden, werden gefordert

(vgl. MSJK 2003a, 37f).

Vor wenigen Monaten veröffentlichte Kieweg (2004) einen Eingangstest für die Sekundarstufe I. An diesem können

sich eventuell auch Grundschullehrerinnen gegen Ende der vierten Klasse orientieren. M.E. ist dieser Eingangstest

aber nicht geeignet, da er lediglich sprachliche Kompetenzen abprüft (also wesentliche Ziele, wie sie in

Kapitel 1.1 genannt werden, nicht beachtet) und hier Schwerpunkte auf die schriftlichen und nicht – wie vom Lehrplan

gefordert – auf die mündlichen Kompetenzen legt.

1.5 Leistungsbewertung

Von der dritten Klasse an erhalten die Schüler in NRW Noten für das Fach Englisch im Zeugnis, allerdings sind

diese erstmals mit dem Schuljahr 2007/ 08 versetzungsrelevant (vgl. MSJK 2003a, 38).

Während die Noten im Fach Englisch im dritten Schuljahr an den individuellen Lernfortschritten und der Anstrengungsbereitschaft

der Schüler orientiert sind, treten am Ende des vierten Jahrgangs die anforderungsbezogenen

Kriterien in den Vordergrund.

T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 2. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER SFSB 8

Dass die mündliche Kommunikation stärker gewichtet ist, wird auch in den Vorschlägen des Lehrplans zu den

Beurteilungskriterien deutlich: Entscheidend sollen Kommunikationsbereitschaft und –fähigkeit, Spontaneität und

Verständlichkeit sowie Verfügbarkeit elementarer Redemittel sein (vgl. ebd., 38). Ein weiteres Kriterium, welches in

diese Reihe gehört, ist das der sprachlichen Richtigkeit: Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, ist aber auch

nicht so stark gewichtet im Vergleich zu den anderen.

Vokabeltests und Diktate werden als nicht geeignet eingestuft.

Eine weitere Möglichkeit zur Dokumentation und Bewertung von Lernfortschritten ist das Anlegen eines Portfolios.

„Das Portfolio soll dazu dienen, Kenntnisse in verschiedenen (in und außerhalb der Schule erworbenen) Sprachen

zu dokumentieren, wobei der Selbsteinschätzung des Besitzers zentrale Bedeutung zukommt“ (Legutke 2003,

104). Wie bereits erwähnt, dient es auch der Selbsteinschätzung der Lernenden (s. Kap. 1.1). Ergebnisse eines

Pilotprojekts in Hessen stellt Legutke (2003) vor.

[...]


1 In der gesamten folgenden Arbeit werden die jeweiligen generischen Bezeichnungen ausschließlich in der männlichen oder weiblichen

2 Eine wichtige Maxime dieser Arbeit ist die Orientierung am aktuellen Lehrplan. Der Englischunterricht an der Erich Kästner-Schule (als Durchgangsschule) muss so ausgerichtet sein, dass im Falle der Rückführung eines Schülers möglichst keine Konflikte im Fach Englisch

3 Nicht nur Fachtermini, sondern ganze Artikel werden zum Thema ´Englisch an der Grundschule´ oft in Englisch be- bzw. geschrieben.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Let´s play English. Konzeptionelle Überlegungen zum Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Münster.
Note
1.0
Autor
Jahr
2004
Seiten
47
Katalognummer
V27980
ISBN (eBook)
9783638298827
ISBN (Buch)
9783638715638
Dateigröße
1044 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Seit dem Schuljahr 2004/ 05 ist Englisch ab der dritten Klasse verpflichtend. Dies gilt auch für zielgleich unterrichtende Sonderschule. Englisch an der Schule für Sprachbehinderte? Diese Arbeit setzt sich mit den Grundlagen auseinander, ob und wie Englisch an einer SfSB unterrichtet werden kann und soll.
Schlagworte
Let´s, English, Konzeptionelle, Englischunterricht, Jahrgangsstufe, Erich, Kästner-Schule, Münster
Arbeit zitieren
Rainer Eierdanz (Autor:in), 2004, Let´s play English. Konzeptionelle Überlegungen zum Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Münster., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27980

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