Prävention als Schlüssel zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit in der Bevölkerung unter Betrachtung des Präventionsgesetzes (17/13080)


Bachelorarbeit, 2013

52 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Aktuelle soziale Gesundheitschancen in Deutschland
2.1 Gesundheitszustand in Deutschland
2.2 Zusammenhang sozialer Status und Gesundheit
2.2.1 Einkommen
2.1.2 Bildung
2.1.3 Arbeitslosigkeit
2.1.4 Verhaltensbedingte Risikofaktoren
2.2 Prävention
2.2.1 Ansatzpunkte der Prävention
2.2.2 Methoden der Prävention zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit
2.2.3 Prävention in Deutschland

3. Das Präventionsgesetz
3.1 Einführung
3.2 Politischer Hintergrund
3.3 Festlegungen des Gesetzes
3.4 Stellung der Interessengemeinschaften

4.Beurteilung der Effektivität des Gesetzes im Bezug auf die soziale Ungleichheit von Gesundheitschancen
4.1 Neue Grundlagen des Präventionsgesetzes zur Minimierung der gesundheitlichen Ungleichheit
4.2 Besondere Berücksichtigung von sozial Benachteiligten Gruppen
4.3 Resultat

5. Warum scheiterte das Präventionsgesetz im Bundesrat?

6. Möglichkeit der nachhaltigen Prävention in Deutschland
6.1 Die Prävention aus dem Gesundheitssektor lösen
6.2 Vorschlag für eine Umformulierung des Präventionsgesetz

7. Fazit

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Arten der Prävention

Abbildung 2: Zusammenhang soziale Ungleichheit und gesundheitliche Ungleichheit

Abbildung 3: Wo setzt das Präventionsgesetz an?

Tabelle 1 Häufigkeit von chronischen Krankheiten in den Bildungsgruppen

Tabelle 2: Raucherprävalenz nach Alter und Schulbildung

Tabelle 3: Chronische Krankheiten bei Erwerbstätigen und Arbeitslosen

Tabelle 4: Gesundes Leben im Vergleich 2010-2012

Tabelle 5: GKV Ausgaben für Prävention

Tabelle 5: Subjektive Gesundheit der Bildungsschichten

Tabelle 6: Hauptquellen für Energie aus der Ernährung

1. Einleitung

Das Gesundheitswesen in Deutschland steht vor einer großen Herausforderung: Durch den demographischen Wandel nimmt die Multimorbidität stark zu. Je älter die Menschen werden, um so eher leiden sie an chronischen Krankheiten, die schwer und kostenintensiv zu behandeln sind. Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich verlagert die Konzentration der Morbidität zudem auf die sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen, deren Lebensqualität dadurch stark verschlechtert wird.

Ein Ausbau der Prävention und Gesundheitsförderung ist somit unverzichtbar, um in Zukunft die Funktionalität und Chancengleichheit im deutschen Gesundheitssystem zu gewährleisten. (Klinkhammer & Krüger-Brand, 2013)

Einen weiteren Trend stellt das gesundheitlich riskante Verhalten in sozialen Brennpunkten dar, was zu der Fragestellung führt, wie Bevölkerungsgruppen mit Präventionsleistungen erreicht werden können (Flick & Röhnsch, 2008, S. 17). Besitzt die Prävention überhaupt das Potenzial, das man ihr zuspricht und können durch eine geschickte Präventionsstrategie gute, gerechte und vor allem gleiche Gesundheitschancen in allen Bevölkerungsschichten hergestellt werden? Oder muss die Politik weiter greifen, als das Problem rein gesundheitspolitisch zu lösen, wie zum Beispiel durch eine bessere Bildung?

Trotz der bereits erkannten Relevanz dieser Politikfelder stagnieren die Ausgaben der Krankenkassen für Präventions- und Gesundheitsförderung seit mehreren Jahren bei circa 4 Prozent der Gesamtausgaben für Gesundheit (Statistisches Bundesamt, 2012) Zur Förderung der Präventionsmaßnahmen hat im Juni 2013 der deutsche Bundestag ein Präventionsgesetz auf den Weg gebracht, das Prävention und Gesundheitsförderung als entscheidenden Bestandteil des Gesundheitswesens etablieren sollte und eine fokussierte Ausrichtung auf sozial benachteiligte Gruppen hat. Aus verschiedenen Gründen wurde das Gesetz jedoch im Bundesrat abgelehnt.

In dieser Arbeit wird ein Überblick über den allgemeinen Gesundheitszustand in Deutschland gegeben und aufgezeigt welche chronischen Krankheiten die Bevölkerung belasten. Weiter wird der Zusammenhang zwischen den sozial schwachen Schichten und dem Gesundheitszustand einhergehend analysiert und der aktuelle Status der Prävention in Deutschland beschrieben.

Auf Grundlage der Fakten werden die Ansätze und Ziele des geplanten Präventionsgesetzes unter verschiedenen Fragestellungen analysiert: Entspricht die Gesundheitschancen unter Berücksichtigung des Präventionsgesetzes (17/13080)

Gesetzesvorlage der Idealvorstellung aller Interessensgruppen und vermag es die Ungleichheiten der Gesundheitschancen zu beseitigen? Welche Gründe stehen für das Scheitern im Bundesrat? Denn sowohl eine rein politisch-wahltaktisch Motivation als auch eine Zielverfehlung des Gesetzes könnten die Gründe für die Ablehnung im Bundesrat gewesen sein. Vor den Hintergründen des ‚Ist-Zustands’ der Volksgesundheit, den Präventionsmöglichkeiten und der Entwicklung des Präventionsgesetzes wird in dieser Arbeit die Möglichkeit einer nachhaltigen Prävention in Deutschland erörtert. Reicht ein Präventionsgesetz, um Menschen unterschiedlicher sozioökonomischer Schichten die gleichen Gesundheitschancen zu ermöglichen, oder bedarf es weiterer Schritte?

2. Aktuelle soziale Gesundheitschancen in Deutschland

2.1 Gesundheitszustand in Deutschland

Der Allgemeine Gesundheitszustand in Deutschland ist gut und verbessert sich kontinuierlich. Über 69 Prozent der Frauen und 75 Prozent der Männer bewerten Ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut. Besonders bei den über 65-Jährigen weist dieser Wert eine deutliche Steigerung gegenüber den Selbsteinschätzungen von 2003 auf (circa 5 Prozent Zunahme). (Robert Koch-Institut, 2012). In diesem Zuge ist ebenfalls die Lebenserwartung gestiegen, sowie die Sterblichkeit gesunken. Auffallend ist, dass sich die Lebenserwartung in Ost - und Westdeutschland fast angeglichen haben.

Durch die zunehmende Lebenserwartung und eine im selben Zuge sinkende Geburtenrate hat Deutschland mit der Alterung der Bevölkerung zu kämpfen, dem sogenannten „Demographischen Wandel“. Dieser relativiert die positiven Gesundheitstrends stark. Im steigenden Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit chronische Krankheiten zu erleiden. Zu diesen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie koronare Herzkrankheit und Schlaganfall, Diabetes, Krebs und chronische Atemwegserkrankungen. Krebsleiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind aus diesem Spektrum hervorzuheben. Auch wenn sich die Überlebenswahrscheinlichkeit auf Grund des medizinischen Fortschritts bei beiden Erkrankungen stetig verbessert, machen sie immer noch rund drei Viertel der Todesfälle und circa ein Viertel der Krankheitskosten im deutschen Gesundheitssystem aus. (Statistisches Bundesamt, 2010).

An der Zuckerkrankheit (Diabetes) leiden schätzungsweise über 4 Millionen Menschen. Am häufigsten kommt der Typ-2-Diabetes (Altersdiabetes) vor. Vor allem Bewegungsmangel und Fettleibigkeit begünstigen diese Krankheit. Des Weiteren leiden viele Deutsche an psychischen Erkrankungen. Circa 15% der Frauen und 8% der Männer durchleben pro Jahr eine Depression. Neben einer Beeinträchtigung des Alltags führt diese Erkrankung zu einer starken Lebenszeitverkürzung. (Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006, S. 29)

Durch die alternde Bevölkerung bedingt, nimmt außerdem die Anzahl der Demenzkranken kontinuierlich zu. Die Häufigkeit dieser Krankheit bei der über 90- jährigen Bevölkerung liegt bei 30%. (Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006) Demenzkranke bedürfen eines hohen Pflegeaufkommens und stellen deshalb eine besondere Herausforderung an das Gesundheitssystem.

Neben den chronischen Krankheiten stellen die Infektionskrankheiten einen maßgeblichen Teil der Krankheitslast dar. Jährlich infizieren sich fast 3000 Menschen mit HIV und über 7000 Menschen mit Tuberkulose. Zwischen 7000 und 13000 Menschen sterben jährlich an der Influenza und über 200.000 Bewohner leiden an einer Lebensmittelvergiftung. (Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006).

Aus den unterschiedlichen Erkrankungen resultieren u.a. Behinderungen und chronische Verläufe, die sich aus ökonomischer Sicht in erhöhtem Pflegebedarf, in Arbeitsunfähigkeit und frühem Rentenalter niederschlagen.

Zwar ist der Krankenstand seit Mitte der 90er rückläufig, aber ein Kassenpatient fehlt durchschnittlich krankheitsbedingt zwei Wochen im Jahr. Über 6,6 Millionen haben einen schwerbehinderten Ausweis und knapp 2 Millionen Deutsche beanspruchen Pflegedienste.

Auch wenn das deutsche Gesundheitssystem ohne Zweifel eines der besten der Welt ist, erkranken immer häufiger Menschen (altersbedingt) an chronischen Krankheiten und benötigen intensive Behandlungen sowie umfassende Pflege.

2.2 Zusammenhang sozialer Status und Gesundheit

Der Gesundheitszustand ist ein wichtiger Faktor für die sozioökonomische Entwicklung. Im Umkehrschluss nimmt aber auch der sozioökonomische Status entscheidenden Einfluss auf den Gesundheitszustand. Der sozioökonomische Status kennzeichnet die Position einer Person in der Gesellschaft. Über diese Position werden maßgebliche Determinanten der wesentlichen Gesundheitsprobleme wie körperliche Inaktivität, Drogen, Alkohol- und Tabakkonsum sowie falsche Ernährung beeinflusst. (Flick & Röhnsch, 2008, S. 17)

Im folgenden Abschnitt werden besonders die langzeitigen und meist tödlichen chronischen Krankheiten im Spektrum der unteren Bildungs- und Einkommensschicht untersucht.

2.2.1 Einkommen

Das Einkommen ist der monetäre Ausgangspunkt des täglichen Lebens. Es ermöglicht uns die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse sowie die finanzielle Absicherung, den Besitzerwerb und den Erwerb von Konsumgütern. Ein geringes Einkommen führt im Allgemeinen in verschiedenen Bereichen zur Unterversorgung.

In Deutschland steigt das Durchschnittseinkommen kontinuierlich. Im selben Zug steigt jedoch auch die Zahl der von Einkommensarmut bedrohten Menschen an. „Nach einer auf EU-Ebene erzielten Vereinbarung besteht ein Armutsrisiko, wenn das Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des gesellschaftlichen Mittelwertes (Median) beträgt. Bundesweit stieg der Anteil der von einem Einkommensarmutsrisiko betroffenen Menschen von 11,7 Prozent im Jahr 1993 auf 13,5 Prozent im Jahr 2003. “ (Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006, S. 81). Aktuell ist sogar jeder sechste Deutsche armutsgefährdet. (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2013)

Bezogen auf den Gesundheitsstatus lässt sich feststellen, dass Pflichtversicherte eine höhere Herzinfarkt-Morbidität als die ökonomisch besser gestellten, freiwillig Versicherten aufweisen. In der Altersklasse 60-69 Jahre liegt der Faktor für die Gesundheitschancen unter Berücksichtigung des Präventionsgesetzes (17/13080) Morbiditätsrate der Pflichtversicherten für Männer bei 1,3 und für Frauen bei 3. (Robert Koch-Institut, 2005, S. 25)

Nach dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) von 2009 bewerten Männer und Frauen mit einem niedrigen Einkommen viel häufiger ihren Gesundheitszustand als „weniger gut“ oder „schlecht“ im Vergleich zu den Vielverdienern. So sehen in der Gruppe 45- 64-jährigen 38% der Männer und 34% der Frauen, deren Einkommen unter 60% des Durchschnittseinkommens liegt, ihren Gesundheitsstatus als schlecht an. Bei den Männern und Frauen mit über 150% des durchschnittlichen Einkommens sind es nur 13,9% bzw. 13,3%. (Bundeszentrale für politische Bildung, 2011, S. 247)

Vergleichbar negative Bilder zeichnen sich im Datenreport 2011 auch im Tabak- und Alkoholkonsum und in der sportlichen Aktivität von Geringverdienern gegenüber „Gutverdienern“ ab (Bundeszentrale für politische Bildung, 2011, S. 258). Es ist eindeutig zu belegen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit sowie dem Gesundheitsverhalten besteht.

Die Konzentration von gesundheitlichen Problemen und Risiken bei Geringverdienern resultiert aus der materiellen Deprivation von basalen Gütern wie Wohnung, Kleidung und Ernährung als auch vom Ausschluss von Konsum und Erlebnismöglichkeiten. Zudem erzeugt die Notwendigkeit der Sicherung des Lebensunterhaltes eine psychosoziale Belastung der einzelnen Person, die sich oft in Stress äußert. Die Stressbewältigung äußert sich in der Befriedigung von individuellen, kurzfristig orientierten Interessen wie dem Tabak- und Alkoholkonsum. Auch körperliche Inaktivität und ungesunde Ernährung können als Reaktionen auftreten (Robert Koch- Institut, 2005, S. 35).

2.1.2 Bildung

Das Ausbildungsniveau an sich oder als Proxy-Indikator für den Sozialstatus ist eine wichtige Determinante für das Gesundheitsverhalten und den Gesundheitszustand. Der Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und der persönlichen Gesundheit resultiert aus der assoziierten Lebensqualität. Es ist bildungs- und gesundheitspolitisch unbestritten, dass persönliche Weiterentwicklung und Verwirklichung sowie die Förderung von Wissen und individueller Begabungen sich positiv auf den Gesundheitszustand des späteren Lebens auswirken. Entscheidend ist für diese Korrelation auch der Zusammenhang von Bildung und Einkommen (Robert KochInstitut, 2005, S. 37).

Das Gesundheitssurvey des Robert Koch-Institus von 2012 verdeutlicht den Unterschied zwischen den einzelnen Bildungsschichten in Betracht auf den Gesundheitszustand. So zeigen die chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf Krankheiten (z.B. Schlaganfall), Diabetes, Krebs und chronische

Atemwegserkrankungen, dass besonders im Alter zwischen 30 und 64 Jahren ein extreme Unterschiede zwischen der unteren und der oberen Bildungsgruppe bestehen. Während Frauen der Altersklasse 45-64Jahre mit einem hohen Bildungsstand zu knapp 41 Prozent an einer chronischen Krankheit leiden, sind es im unteren Bildungsstand 61 Prozent chronisch Erkrankte.

Tabelle 1 Häufigkeit von chronischen Krankheiten in den Bildungsgruppen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Robert Koch-Institut, 2012, S. 67)

Des Weiteren fühlen sich Männer und Frauen der oberen Bildungsgruppe gesundheitlich besser als Menschen der mittleren und unteren Bildungsgruppen. In der Altersklasse ab 65 Jahren schätzen mehr als doppelt so viele Menschen der oberen Gesundheitschancen unter Berücksichtigung des Präventionsgesetzes (17/13080) Bildungsgruppe im Gegensatz zu der unteren Bildungsgruppe ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“ ein (siehe Abbildung 1).

Besonderen Einfluss nimmt das Bildungsniveau zudem auf das gesundheitsbezogene Verhalten. Signifikante Merkmale von gesundheitsschädlichem Verhalten sind Rauchen, Alkoholkonsum und sportliche Inaktivität. Es rauchen z.B. 48% der Männer und 40% der Frauen mit einem Hauptschulabschluss gegenüber 25% der Männer und 20% der Frauen mit einem Hochschulabschluss (Helmert, 1998, S. 103). In der Population mit dem niedrigsten Bildungsniveau weist auch der Tabakkonsum eine ähnliche Verteilung auf.

Tabelle 2: Raucherprävalenz nach Alter und Schulbildung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Robert Koch-Institut, 2004, S. 15)

Auch bezüglich der sportlichen Aktivität schlägt sich ein gesundheitsriskantes Verhalten in den Bevölkerungsgruppen mit schlechter Schulbildung nieder. Fast 50 Prozent aller Frauen und Männer mit Volks- oder Hauptschulabschluss sind sportlich inaktiv. Die Bevölkerungsgruppe mit gymnasialem Abschluss ist nur zu knapp 28 Prozent sportlich inaktiv (Robert Koch-Institut, 2004).

Insgesamt ist festzustellen, dass Gesundheit und Bildung miteinander korrelieren. Vor allem im mittleren Lebensalter ( 45-64 Jahre) wird der Bildungsgradient deutlich. Diese Unterschiede zeigen, dass das Potenzial der Gesundheitsprävention noch nicht ausgeschöpft ist und eine umfassende Schulbildung ein unverzichtbares Element einer gesunden Bevölkerung ist.

2.1.3 Arbeitslosigkeit

Es existieren komplexe Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und Gesundheit. Die Folgen der Arbeitslosigkeit können dabei nicht nur wirtschaftlich (materielle Einschränkungen), sondern auch sozial und psychologisch sein.

Ein plötzlicher und unvorhersehbarer Verlust des Arbeitsplatzes führt ebenfalls zu einem Verlust an Sozialstatus sowie den damit verbundenen sozialen Kontakten. Daraus entstehender Stress kann psychologische Probleme hervorrufen.

Einhergehend wird der Zugang zur beruflichen Gesundheitsversorgung und die Gesundheitsleistungen durch den Verlust des Arbeitsplatzes beschnitten. Der eindeutige Nachweis zwischen der Verursachung von Krankheiten durch die Arbeitslosigkeit kann nur schwer geführt werden. Auch wenn es nahe liegt, dass aus der Arbeitslosigkeit gesundheitliche Nachteile resultieren, kann die Krankheit auch umgekehrt der Grund dafür sein, dass betroffene Menschen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und somit seltener eingestellt werden.

Es ist jedoch unverkennbar, dass eine Kumulation von Krankheiten bei Arbeitslosen vorliegt. Manche chronische Krankheiten wie chronische Bronchitis und Depressionen treten bei langzeitarbeitslosen Männern (über 12 Monate arbeitslos) mehr als doppelt so häufig auf wie bei Erwerbstätigen.

Tabelle 3: Chronische Krankheiten bei Erwerbstätigen und Arbeitslosen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Robert Koch-Institut, 2004, S. 78)

Aufgrund des schlechteren Gesundheitszustandes sind Arbeitslose häufiger Klientinnen und Klienten des Gesundheitssystems. Je 1000 Versicherungsjahre ist ein Arbeitsloser circa 2257 Tage im Krankenhaus während ein Erwerbstätiger nur 963 Tage Krankenhauspatient ist. Bei Männern entspricht dies einem Verhältnis von 2,3 : 1 (Bei Frauen liegt dieses Verhältnis bei 1,7 : 1) (Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, 2006, S. 87).

Auch das gesundheitlich riskante Verhalten ist bei Arbeitslosen ausgeprägt. Erwerbstätige rauchen weniger, treiben mehr Sport und leiden zudem seltener an Übergewicht. „Männer, die seit mehr als einem Jahr arbeitslos sind, rauchen demnach 2,7-mal und Männer mit einer Arbeitslosigkeitsdauer von bis zu einem Jahr 1,9-mal häufiger im Vergleich zu erwerbstätigen Männern“ (Robert Koch-Institut, 2005, S. 81).

Insgesamt ist auch hier ein Zusammenhang zwischen Gesundheit und Arbeitslosigkeit unverkennbar. Besonders bei Männern liegt ein signifikanter gesundheitlicher Unterschied vor. Insbesondere diese Gruppe weist dabei die stärksten Einkommensverluste durch den Arbeitsplatzverlust auf. (Robert Koch-Institut, 2005) Fraglich ist es dennoch, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Ursache oder die Folge der Arbeitslosigkeit darstellen. Die Ergebnisse zeigen jedoch auf, dass besonders die Gruppe der Arbeitslosen durch Präventionsmaßnahmen gefördert werden muss, um ihr wieder eine bessere Position auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen.

2.1.4 Verhaltensbedingte Risikofaktoren

Wie bereits analysiert, neigen einkommens- und bildungsschwache Personen zu einem gesundheitlich riskanten Verhalten. Diese verhaltensbedingten Risikofaktoren wie Tabak-, Drogen- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung sind wesentliche Faktoren für einen schlechten Gesundheitszustand. Der Tabakkonsum ist nicht nur für den aktiven Raucher schädigend sondern über das Passivrauchen auch für Mitmenschen. In Deutschland sterben jährlich zwischen 110.000 und 140.000 Menschen an Folgeerkrankungen des Rauchens. Dazu gehören beispielsweise Lungenkrebs, Herzleiden oder Schlaganfälle.

Der exzessive Alkoholkonsum führt in Deutschland jährlich zu über 40.000 Toten. Durch übermäßigen Alkoholkonsum werden unter anderem Mund- und Speiseröhrenkrebs, Bluthochdruck und ischämische Herzkrankheiten begünstigt. Zwar ist der Alkoholkonsum seit dem Jahr 1990 leicht rückläufig, dennoch trinkt immer noch jeder 3. Mann und jede 6. Frau in riskantem Maße.

Eine ausgewogene Ernährung dient der Gesundheits- und Krankheitsprävention. Durchschnittlich ist jeder Deutsche ausreichend mit Vitaminen und Nährstoffen versorgt. Aber schlechterweise bestehen die Hauptenergiequellen der deutschen Bevölkerung aus Brot, Milchprodukten und Süßigkeiten (Siehe Abbildung 2 im Anhang). Durch fett- und kohlenhydrat-reiche Lebensmittel werden vor allem Adipositas und Diabetes begünstigt. Besonders in Kombination mit ungenügender Bewegung werden diese Risiken verstärkt. (Statistisches Bundesamt, 2010, S. 101-110). Die DKV belegte in einer Studie von 2013, dass ein signifikanter Rückgang bei der gesunden Lebensstilführung in der Bevölkerung zwischen 2010 und 2011 nachgewiesen werden konnte. Als Bewertungsparameter wurden körperliche Aktivität, Ernährung, Nikotingenuss, Alkoholkonsum und das Stressverhalten zu Grunde gelegt (DKV, 2013). Dabei wurden die jeweiligen Experten Empfehlungen als sogenannte Benchmarks gesetzt (siehe Tabelle 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Gesundes Leben im Vergleich 2010-2012

(DKV, 2013) Zugriff: 16.10.2013

Die untersuchten Verhaltensdeterminanten treten konzentriert in den unteren Sozialschichten auf. Erhöhter Aufklärungsbedarf besteht in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung.

„Als Prävention werden Maßnahmen bezeichnet, die eine Beeinträchtigung der Gesundheit (Krankheit, Verletzung) verhindern, verzögern kann oder weniger wahrscheinlich werden lässt.“ (DocCheck Medical Services GmbH, 2013) Generell gibt es 3 Arten von Prävention:

Die Primärprävention, die in dieser Arbeit vorwiegend behandelt wird, umfasst die Maßnahmen zu gesundheitsfördernden Lebensweise.

Die Sekundärprävention umfasst die Maßnahmen zu Früherkennung von Krankheiten wie beispielsweise Check-ups.

Die Tertiärprävention beschäftigt sich mit den Maßnahmen zur Minderung von Folgekrankheiten und Verschlimmerungen von Krankheiten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Prävention als Schlüssel zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit in der Bevölkerung unter Betrachtung des Präventionsgesetzes (17/13080)
Hochschule
Technische Universität Berlin
Veranstaltung
Management im Gesundheitswesen
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
52
Katalognummer
V279979
ISBN (eBook)
9783656764281
ISBN (Buch)
9783656764328
Dateigröße
974 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
prävention, schlüssel, reduzierung, ungleichheit, bevölkerung, betrachtung, präventionsgesetzes
Arbeit zitieren
Till Schrader (Autor:in), 2013, Prävention als Schlüssel zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit in der Bevölkerung unter Betrachtung des Präventionsgesetzes (17/13080), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279979

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