Das Leben nach dem Krieg. Traumata und soziale Reintegration von Kindersoldaten


Hausarbeit, 2013

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2 Kindersoldaten
2.1 Definition Kindersoldat
2.2 Der Weg in den Krieg
2.3 Aufgaben der Mädchen und Jungen als Kindersoldaten
2.4 Zahlen und Fakten

3.Psychische Folgen
3.1Traumatisierung
3.1.1 Kriegstraumatisierung
3.1.2 Kindheitstrauma
3.1.3 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

4.Reintegrationsprogramme
4.1 Demobilisierung
4.2 Soziale Reintegration
4.2 Psychotraumatologische Intervention

5.Fazit

6.Literaturverzeichnis

1.Einleitung

„Viele von ihnen können gar nicht mehr sagen, wie viele Menschen sie umgebracht haben. Hätten sie nicht getötet, wären sie selbst umgebracht worden. Eine Wahl gab es für sie nicht“(Heckl, 1999, S. 4). Solche, und noch viele andere erschütternde Artikel habe ich bei meiner Recherche zum Thema Kindersoldaten gefunden. Die UNICEF berichtet, dass alleine in den letzten zehn Jahren ca. 10 Millionen Kinder durch Kriegsereignisse, wie bspw. durch Verfolgung, Vertreibung und Bombardement traumatisiert wurden (Machel, 1996, zit. n. Bianco, 1999,S. 31). Das Kinder in Kriegen eingesetzt werden, ist in der Geschichte nichts Neues. Bereits im Mittelalter und im dreißigjährigen Krieg wurden Kinder als Soldaten eingesetzt. Doch erst seit den 1990er-Jahren, wird darüber vermehrt in den Medien berichtet und Hilfsorganisationen versuchen erstmalig etwas zu unternehmen (vgl. Steudner, zit. n. Prosch, 2007, S. 3). In Ländern, in denen Krieg ein Dauerzustand ist, gelten Massaker, Mord, Vergewaltigungen und sonstige Gewaltanwendung als normal. Kinder, die mit dem Krieg aufwachsen, oder die sogar aktiv daran teilhaben, sind in ihrer Entwicklung für ihr ganzes Leben geprägt. Obwohl eine Internationale Vereinbarung, die „Konvention für die Rechte des Kindes“, den Einsatz von Kindern unter fünfzehn Jahren verbietet, werden in vielen Ländern Kinder oft unter zehn Jahren, zum Kampfeinsatz im Krieg gezwungen. Nur wenige dieser Kinder überleben den Krieg oder können flüchten.

Wie werden Kinder rekrutiert? Wie sieht ein Leben für einen Kindersoldaten nach dem Krieg aus? Mit welchen psychischen Folgen müssen die Kinder leben und welche Reintegrationsprogramme können betroffenen Kindern helfen? Dies sind die Fragen, die in dieser Ausarbeitung thematisiert werden sollen.

Um uns dem Thema zu nähern, wird im ersten Kapitel erst einmal der Begriff Kindersoldat genauer definiert, um dann die Methoden zu erörtern, unter welchen Kinder in den Krieg gelangen. Als nächstes werfen wir einen Blick, auf die Aufgaben die an Jungen und Mädchen im Krieg gestellt werden. Anschließend verdeutlichen Zahlen und Fakten die Dimension des Einsatzes von Kindersoldaten im Kriegseinsatz. Im zweiten Kapitel werden exemplarisch, psychische Folgen (speziell Traumatisierung), mit denen Kindersoldaten zu leben haben, aufgezeigt und näher erläutert. Im vierten Kapitel geht es um Reintegrationsprogramme, die den Kindern helfen sollen, wieder zu einem kindgerechten Leben zurück zu finden. Im letzten Schritt werde ich zu dem Thema Stellung beziehen, indem ich die am Anfang gestellten Fragen aufgreife.

2 Kindersoldaten

2.1 Definition Kindersoldat

„Der Child Soldiers Global Report definiert einen Kindersoldaten als jede Person unter 18 Jahren, die Mitglied einer staatlichen Streitkraft oder in einer sonstigen legalen oder illegalen bewaffneten Gruppe ist unabhängig davon, ob ein bewaffneter Konflikt existiert oder nicht“ (Suàrez, 2009, S. 8).Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen von 1989 definiert Kindersoldaten jedoch, als aktive Kämpfer, die unter 16 Jahren sind. Es ist aber strittig, bis zu welchem Lebensjahr ein Soldat als Kindersoldat gilt (vgl. Gohn & Goodwin-Gill, 1997, zit. n. Efraime Junior, 2007, S. 77). In der Genfer Konvention wurde festgelegt, dass Kinder unter 15 Jahren nicht als Kindersoldaten rekrutiert werden dürfen (Ruhle, zit. n. Prosch, 2007, S. 5). Im Jahre 1999 wurde, mit der „African Charter on the Rights and the Welfare of the Child“, die Altersgrenze auf 18 Jahre angehoben. Ebenfalls seit 1999 gilt laut der „International Labour Organization“, das Rekrutieren von Soldaten unter 18 Jahren, als eine der schwersten Formen der Kinderarbeit. Seit dem Jahre 2002 hat auch die VN-Kinderrechtskonvention das Mindestalter für Kindersoldaten auf 18 Jahre angehoben (vgl. Suàrez, 2009, S. 2). „In der gegenwärtigen Zeit gehören Mädchen und Jungen, zur Realität zahlreicher Kriegsplätze der Welt“(Pittwald, 2004, zit. n. Efraime Junior, 2007, S. 77).

Michael Pittwald (2008), definiert Kindersoldaten weitläufiger. Für ihn zählen nicht nur Kinder welche aktiv am Krieg teilnehmen als Kindersoldaten, sondern auch Kinder, die ihre festen Aufgaben innerhalb der Soldaten-Gruppe haben, auch wenn sie nicht an Kampfhandlungen teilnehmen (vgl. Pittwald, 2008, S. 23). Dieser Punkt lässt sich aus den oben genannten Definitionen nicht explizit entnehmen.

2.1 Der Weg in den Krieg

Historisch gesehen ist das Phänomen Kindersoldaten altbekannt. Bereits z. B. während des dreißigjährigen Krieges und innerhalb des dritten Reiches wurden Kinder als Soldaten eingesetzt. Heute werden in vielen Ländern Kindersoldaten eingesetzt.

Micheal Pittwald (2008), zufolge, sind Kinder bspw. in Afghanistan, im Sudan, in England, in den USA und sogar in Deutschland an Kriegen beteiligt (vgl. Pitwald, 2008, S. 23). Es gibt verschiedene Methoden, wie Kinder für den Krieg rekrutiert werden. In den meisten Fällen werden Kinder zwangsrekrutiert, d. h. sie werden aus Heimatdörfern, meist nachts, oder aus ihrer Schule verschleppt (Singer,(2005),zit.n.Suàrez,2009,S.11). Nachdem sie entführt worden sind, wird ihnen eine Wiederaufnahme in ihre ursprüngliche Gemeinschaft und damit eine Rückkehrperspektive schier unmöglich gemacht. Gerade in Afrika passiert es häufig, dass entführte Kinder ihre eigene Familie oder Verwandte, unter Zwang der Soldaten umbringen müssen, oder dabei zusehen müssen, wie sie getötet werden. So wird jegliche Form der Rückkehr zu ihrer Familie oder zu ihrem Heimatdorf verhindert, da sie entweder keine Familie mehr haben, oder sie von den Dorfbewohnern oder Familienangehörigen nicht mehr aufgenommen werden würden (Cohn/Goodwin-Gill, (1994), zit. n. Suàrez, 2009, S.12).

Vorstellbar wäre, dass durch dieses Verfahren auch sogleich die Abhängigkeit zu der Soldaten-Gruppe gestärkt wird, da die Kinder nun auf ihre Gruppenmitglieder angewiesen sind. Die Kinder entwickeln unvermeidlich ein gewisses Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Gruppe, da sie sich sonst niemandem mehr zugehörig fühlen können. Unter diesen Bedingungen stellt zudem die Gruppe der sie angehören, die einzige Überlebensmöglichkeit für sie dar.

Immer häufiger werden Mädchen als Soldaten im Krieg eingesetzt. In Uganda, Sierra Leone, Angola und Mosambik wurden viele Mädchen entführt und im Krieg eingesetzt. In Angola wurden den Kindern von der UNITA (Uniao Nacional pela Indenpendencia total da Angola) sogenannte Zaubertränke, die mit Drogen oder Alkohol versetzt sind, verabreicht und sie wurden unter Drohungen und Schlägen einer regelrechten Gehirnwäsche unterzogen, um ihren Willen zu brechen. Sie sollen nichts mehr hinterfragen und auf Befehl ihres Anführers töten. Weigern sie sich Befehle zu befolgen, werden sie selbst getötet. Amphetamine, Beruhigungsmittel und andere Drogen werden den Kindern verabreicht, um sie schmerzunempfindlicher zu machen und ihnen die Angst zu nehmen (Bianco, 1999, S. 33). Ebenfalls die auf einer gesetzlichen Wehrpflicht beruhende Einberufung, fällt unter die Zwangsrekrutierung. Hier erfolgt der Zwang durch das Gesetz (Cohn/Goodwin-Gill, 1994, zit. n. Suàrez, 2009, S. 12).

Eine andere Art, der Rekrutierung, ist die Selbstmeldung. In dem Fakultativprotokolls zur VN- Kinderrechtskonvention von 2000, Artikel 3, Absatz 3, heißt es: „ Vertragsstaaten, die die Einziehung von Freiwilligen unter 18 Jahren zu ihren nationalen Streitkräften gestatten, wenden Sicherheitsmaßnahmen an, durch die mindestens gewährleistet wird, dass

a) die Einwilligung tatsächlich auf freiwilliger Grundlage erfolgt;
b) die Eltern beziehungsweise der gesetzliche Vormund des Betreffenden der Einziehung in Kenntnis der Sachlage zustimmen;
c) der Betreffende über die mit dem Militärdienst verbundenen Pflichten umfassend aufgeklärt ist;
d) der Betreffende vor Aufnahme in den staatlichen Militärdienst einen verlässlichen Altersnachweis erbringt“(Fakultativprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention von 2000).

Michael Pittwald (2008), beschreibt neben dem Problem der Unfreiwilligkeit, ein weiteres Problem der Selbstmeldung. In vielen Ländern wie bspw. Äthiopien, werden oft keine Geburtsregister geführt. Das heißt, in vielen Fällen wird nur nach dem äußeren Erscheinungsbild und nach der Größe beurteilt, ob der Bewerber alt genug ist. Seit 1991 bedarf es einer Mindestgröße von 160 cm und eines Mindestgewichtes von 50 kg, um als Soldat in den Krieg eingesetzt zu werden. Doch diese Eingrenzungen nach Gewicht und Größe sind unzureichend, da Gewicht und Größe sicherlich nicht immer korrekt festgehalten werden und so „Schlupflöcher“ entstehen (vgl. Pittwald, 2008, S. 27-28). Es ist zu konstatieren, dass die meisten Selbstmeldungen nicht auf freiwilliger Basis erfolgen. Tatsächlich werden viele Kinder bereits durch die politische Überzeugung ihrer Eltern auf den Krieg vorbereitet. Andere bspw. haben ihre Eltern und Angehörige im Krieg verloren und wollen diese durch ihren Einsatz im Krieg nun rächen. Den meisten Kindern bietet der Dienst am Gewehr die einzige Überlebenschance, wenn die Familie umgebracht wurde und/oder sie keine Lebensperspektive mehr haben. Viele Kinder berichteten, dass sie fasziniert gewesen seien von den Uniformen. Sie waren der festen Überzeugung, etwas aus ihrer Sicht, Wichtiges beizutragen, wenn sie sich den Gruppen anschlossen (Bianco, 1999, S. 32).

Margrit und Alice Schmid unterstützen in ihrem Buch „I killed People“ die These, dass sich kein Kind, wirklich freiwillig für den Krieg meldet. Vielmehr werden Kinder zu der freiwilligen Meldung gezwungen (Schmid/Schmid, 2001, S. 16). „ Um mein Leben und das meiner Eltern zu retten, habe ich mich den Soldaten angeschlossen“, erzählt darin Maud, ein Junge aus Liberia (Schmid, 2001, S. 16).

Aus all den Punkten geht klar hervor, dass es die freiwillige Meldung, nicht gibt. Entweder ist Zwang im Spiel oder die Rekrutierung erfolgt aus schierer Not.

Auch Suàrez (2009), beschreibt, dass gerade in Ländern, in denen Bürgerkrieg herrscht, eine hohe Zahl an Kindersoldaten zu verzeichnen ist. Dies ist damit zu erklären, dass in den betroffenen Ländern die sozialen Beziehungen oft nicht intakt sind (Report oft he expert oft he secretary-General, Ms. Graca Machel v. 26. August 1996, paras, 4, 40, zit. n. Suàrez, 2009, S. 14).

Kinder können leichter als Kindersoldaten missbraucht werden, weil sie in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigt sind, was sie empfänglich für Manipulation macht. Durch Belohnungen und auf der anderen Seite harten Drill, werden sie zu zuverlässigen Kämpfern und Tötungsmaschinen geformt. Viele sehen den Krieg als eine Art Spiel an und auch daher ist ihr Vorgehen im Krieg oft sehr grausam (vgl. Pittwald, 2008, S.29). Auch sind die moderneren, viel leichteren und einfacher zu bedienenden Kleinwaffen, selbst von Kindern mit zehn Jahren zu bedienen. Manche Waffen wiegen nicht einmal mehr drei Kilogramm und feuern mehrere hundert Schüsse pro Minute ab, so dass es keines langen Trainings bedarf, um zu lernen mit der Waffe umzugehen (Rühle, 2003, zit. n. Russmann, 2004, S. 206,). Viele eben dieser modernen Kleinwaffen sind wortwörtlich „kinderleicht“ zu bedienen und passen schon in die kleinsten Kinderhände (Bangert, 2004, zit. n. Russmann, 2004, S. 206,).

Des Weiteren sind Kinder kosten günstigere Soldaten als Erwachsene. Sie essen weniger, sie stellen keine hohen Anforderungen und ihnen steht kein Sold zu (Brett/ McCallin, 1998, S. 153-156, zit. n. Pitwald, 2008, S. 29).

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Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das Leben nach dem Krieg. Traumata und soziale Reintegration von Kindersoldaten
Hochschule
Hochschule Hannover
Veranstaltung
Armut und Kindheit
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
24
Katalognummer
V279987
ISBN (eBook)
9783656732495
ISBN (Buch)
9783656732488
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leben, krieg, traumata, reintegration, kindersoldaten
Arbeit zitieren
Dshamila Locke (Autor:in), 2013, Das Leben nach dem Krieg. Traumata und soziale Reintegration von Kindersoldaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279987

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