Die Kultur der Korruption in Politik, Verwaltung und Wirtschaft


Akademische Arbeit, 2007

24 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Die Kultur der Korruption im Bermudadreieck Politk-Verwaltung-Wirtschaft

Korruption in der Politik

Korruption in der Verwaltung

Korruption in der Wirtschaft

Epilog

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Die Kultur der Korruption im Bermudadreieck Politk-Verwaltung-Wirtschaft

Korruption ist mittlerweile als Übel allgemein erkannt. Den Kampf dagegen haben sich Politik, Verwaltung und Wirtschaft erklärtermaßen aufs Panier geschrieben. Dabei wird leicht übersehen, dass es nach wie vor riesige Lücken und Schwachstellen bei der Bekämpfung von Korruption gibt, die auf andere Bereiche ausstrahlen und es auch dort erschweren, energisch gegen Korruption vorzugehen. Für die Korruption besonders anfällige Bereiche sind die Kommunen, generell die Politik und die Wirtschaft. Das hat systematische Gründe: In den Kommunen ist öffentliche Kontrolle ausgesprochen schwach. Bei der Bekämpfung politischer Korruption entscheiden Politiker in eigener Sache. In der Wirtschaft ist der Korrekte oft der Dumme im Wettbewerb. Hinzu kommt die fortschreitende Ökonomisierung von Staat und Verwaltung, einschließlich der neu entdeckten Neigung zum Sponsoring. Dadurch drohen überkommene Hemmungen gegen Korruption abgebaut zu werden. Diese besonders „corruptogenen“ Bereiche werden auch in der wissenschaftlichen Forschung eher stiefmütterlich behandelt.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein neuer Korruptionsfall auffliegt. Dies freilich als Beleg für ein gut funktionierendes Rechtssystem zu werten, hieße die Zustände in der real existierenden Wirtschaft zu verkennen. Ans Licht kommt nur, was entweder die Geschädigten der Justiz offenbaren oder was irgendwelchen Nutznießern in den Kram passt. So war es bei der Berliner Bankgesellschaft und beim Badischen Phantombohrer Flowtex, bei der Kölner Müllverbrennungsanlage wie bei dem westfälischen Springreiter und Pferdehändler. Selbst scheinbar über jeden Zweifel erhabene Institutionen und Firmen geraten ins Zwielicht. In Nürnberg fälschte die Bundesanstalt für Arbeit jahrelang systematisch die Vermittlungsstatistiken, in München frisierten die öffentlichen Alten- und Pflegeheime ihre Leistungsnachweise und das öffentlich-rechtliche Fernsehen taumelte: sieben Milliarden Euro Gebühren – aber kein gebührendes Programm ohne heimliche Hintertür einer undurchsichtigen Schleichwerbung. Der Sport, allen voran ein Schiedsrichter, watete im Wettsumpf, gekrönt von heimlichen Gaben, Bayerns Vorzeige-Fußball-Arena erstellt aus Mauern von Schmiergeld. Weil sie kaum noch mithalten können mit den Leistungen ihrer Konkurrenten rings um den Globus greifen die Täter – wie mancher Spitzensportler – zur Dopingpille, immer häufig zum süßen Gift der Korruption zu Lug und Trug und Täuschungsmanövern. Der einstige Rüstungsstaatssekretär kassierte Millionen für Panzerlieferungen und mutierte zum meistgesuchtesten Mann der Bundesrepublik – mit weltweit recherchierbarem virtuellen Steckbrief auf der Internetseite des Bundeskriminalamts. Deutschlands einstiger Innenminister schlich sich rechtskräftig verurteilt aus einem weiteren Spendenstrudel. Der Krach bei Mercedes, die Affäre um Mannesmann, das Fiasko der Hypo-Vereinsbank. Deutschlands Topmanager stehen am Pranger. Bei Infineon-Manager fand die Staatsanwaltschaft Belege für 259 000 Euro Schmiergeld. Wer sich an solche Meldungen gewöhnt hat, wird kaum mehr etwas Verwerfliches daran finden, wenn sich Banker und Industrie-Bosse Insider-Informationen zuschieben, um ihre Aktienpakete versilbern zu können. Es bleibt kaum ein Bereich verschont, wie der simple Blick vor die eigene Haustür zeigt: Apotheker kungeln mit Kunden auf Kosten der Krankenkasse, Energie-Unternehmen schicken Kommunalpolitiker auf „Bildungsreisen“, wie Pharmafirmen ihnen gewogene Ärzte.

Korruption galt in Deutschland noch bis Ende der 1980-er Jahre als ein exotisches Problem. Nach Aufdeckung zahlreicher Bestechungsfälle im Korruptionsdreieck von Politik, Wirtschaft und Verwaltung, die öffentlichkeitswirksam zu Affären und Skandalen hochstilisiert wurden – was sie wegen der Alltäglichkeit der Korruption tatsächlich nicht sind -, ist es der Wachstumsbranche Korruption in nur wenigen Jahren gelungen, das Bild von den „ordentlichen“ Deutschen weltweit zu beschädigen. Korruption ist in der deutschen Verwaltung weiter verbreitet als bisher befürchtet. Allein im Bad Neustädter Korruptionsfall soll ein Mitarbeiter des Bauamts 1,2 Millionen Euro an Schmiergeldern kassiert haben und Unternehmern zwischen den Jahren 2000 bis 2005 dafür städtische Bauaufträge zugeschanzt haben. Wurde in der Privatwirtschaft schon seit langem die „Pest des Schmierens“ beklagt, hat die „Erosion der Normen“ (Wilfried Hassemer) längst auch den öffentlichen Dienst beklagt. Das Land, das einst bekannt war für Korrektheit und Ehrlichkeit, ist inzwischen zur Heimat von Schmier-Maxen geworden. Und neu daran ist vor allem, von wem die Initiative für das Geben und Nehmen ausgeht. Früher waren es die Geschäftemacher, die sich etwas davon versprachen, wenn sie einen Umschlag voll Geld über den Tisch schoben, um „die Landschaft zu pflegen“ (Parteispendenskandal) oder „zu belüften“ (Kläranlagenbau). Inzwischen ist es häufig umgekehrt: Manche Entscheider in Amt, Behörde oder Partei warten nicht mehr auf ein Angebot, sondern fordern ihren privaten Obulus selbstbewusst ein. Erst dann läuft alles wie geschmiert. Die kleine gegenseitige Gefälligkeit, die augenzwinkernde korrupte Komplizenschaft (vor allem, wenn es gegen das Finanzamt geht) ist längst gesellschaftlich akzeptierter Teil unserer Kultur geworden.

Dass allein in Deutschland der öffentlichen Hand Schäden in Höhe von 6,8 Mrd. Euro durch Wirtschaftsstraftaten pro Jahr entstehen, dürfte den wenigsten bekannt sein. Das Problem „Korruption“ stammt jedoch nicht aus Moskau oder Sizilien – wir haben es selbst erschaffen. Ob in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, kommunalen Betrieben, den Medien oder in Kliniken, Korruption breitet sich metastasenartig aus.[1] „Wir sind Zeitzeugen einer anhaltenden weltweiten Korruptionskonjunktur, die bis vor kurzem noch für undenkbar gehalten wurde. Korruption ist zu einem gravierenden Problem gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung geworden.“[2]

Korruption, ein Phänomen, mit dem man schon vor über dreitausend Jahren in Ägypten und in Babylon zwischen Geschenken und legalen Zahlungen einerseits und Bestechungsgeldern andererseits unterschieden hat.[3] Auch im Deutschen Reich flossen als Gegenleistung für das Anbieten der Kaiserkrone an König Wilhelm von Preußen 1870 aus Bismarcks geheimen Welfen-Fonds an König Ludwig II. von Bayern jährlich 300 000 Goldmark, wobei Graf Max von Holnstein für seine Dienste bereits 10% Provision kassierte. Bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland soll ebenfalls die parlamentarische Entscheidung über den Regierungssitz mit Bestechungsgeldern beeinflusst worden sein.[4]

Und heutzutage? „Korruption hat Konjunktur: Bestechung, Ämterpatronage, Filz, Vorteilsannahme, Verknüpfung privater und dienstlicher Interessen, dubiose Beraterverträge und Rüstungsgeschäfte.[5] In der heutigen Unternehmenspraxis gehören Werbegeschenke und kleine Aufmerksamkeiten zu den allgemeinen Geschäftsgebaren. Dies wird als alltägliche Geschäftspraxis angesehen, denn „auch kleine Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft.“[6] Diese Praxis bedeutet jedoch meist, dass es nicht bei kleinen Geschenken und Aufmerksamkeiten bleibt, sondern diese Zuwendungen nehmen kriminelle Ausmaße an, die dann schließlich in krimineller Korruption enden. Eine Fortentwicklung der Technik, die Öffnung der Grenzen, eine Verbesserung der Infrastruktur, eine globalisierte Welt, alle diese Dinge haben das Zusammenleben der Menschen sicherlich friedlicher und einfacher gemacht, die Straftaten jedoch und darunter besonders die Korruption, ist dadurch aber auch schon lange zu einem internationalen Phänomen und Problem geworden, welches sich auch über Länder und Staatsgrenzen hinweg bewegt.

Korruption geschieht in aktiver und in passiver Form. Unter aktiver Korruption sind Begriffe wie Vorteilsgewährung, Bestechung, Schmiergeldzahlung, Ämter- und Stimmenkauf etc. geläufig („Geber“). Begriffe wie Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vetternwirtschaft, Patronage und Lobbyismus etc. werden der passiven Form der Korruption zugeordnet („Nehmer“).[7]

Weiterhin unterscheidet man bei der Bewertung eines Sachverhaltes situative und strukturelle Korruptionsfälle. Die situative Korruption unterliegt keiner gezielten Planung und Vorbereitung, es handelt sich hierbei um Korruptionshandlungen, denen ein spontaner Willensentschluss zugrunde liegt, d.h. die Tatbestandsverwirklichung erfolgt als unmittelbare Reaktion auf eine dienstliche Handlung (spontane Bestechungsversuche aus aktuellem Anlass). Bei der strukturellen Korruption (Big Corruption; große, langfristig angelegte Korruption) ist eine Spontanität der Handlung ausgeschlossen, da die Korruptionshandlung schon im Vorfeld der Tatbegehung bewusst geplant wurde und längerfristig angelegt ist.[8] Eine kriminelle Energie der Tatverdächtigen ist im Bereich der strukturellen Korruption in der Regel höher zu veranschlagen als in Fällen situativer Korruption.[9]

Letztlich wird auch auf eine dritte Form der Korruption, nämlich die sogenannte endemische Korruption aufmerksam gemacht. Die endemische Korruption stellt eine spezifische, auf einen bestimmten Bereich beschränkte Korruption dar (eine Art „interne“ Korruption). Die Besonderheit daran ist, dass auch der Vorteilsgeber aus dem öffentlichen Raum und nicht aus der Privatwirtschaft bzw. der Gesellschaft stammt und das korrupte Verhalten regelmäßig offen erfolgt, jedoch unter falschem Vorwand oder auf Bestellung.[10]

[...]


[1] Leyendecker, H.: Die Korruptionsfalle, Reinbek 2004, Vorwort

[2] Gehl, G.: Korruption: Krebsgeschwür der demokratischen Gesellschaft, Weimar 2004, S.7

[3] Vgl. Dietz, M.: Korruption – Eine institutionenökonomische Analyse, Berlin 1998, S. 11

[4] Vgl. Bannenberg, B., Schaupensteiner, W.: Korruption in Deutschland, 2004 S. 23

[5] Vgl. Bannenberg, B., Schaupensteiner, W., a.a.O., S.11

[6] Schilling, A., Dolata, U.: Korruption im Wirtschaftssystem Deutschland, Murnau 2004, S.121

[7] Vgl. http://www.payer.de/kommkulturen/kultur083.htm

[8] Vgl. BKA, Bundeslagebild Korruption 2004, (Stand: 14.11.2005), S. 82

[9] Vgl., BKA, a. a. O., S. 82

[10] Ahlf, E.-H.: Korruption, Deutsche Polizeiliteratur 1998, Nr. 13, S.10-11

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Kultur der Korruption in Politik, Verwaltung und Wirtschaft
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V279997
ISBN (eBook)
9783656730224
ISBN (Buch)
9783668137271
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kultur, korruption, politik, verwaltung, wirtschaft
Arbeit zitieren
M. A. Uwe Dolata (Autor:in), 2007, Die Kultur der Korruption in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279997

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