Zusammenfassung und Klausurvorbereitung zur Vorlesung Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht (Aufbaukurs Arbeitsrecht), geeignet für Juristen und andere Teilstudiengänge im Bereich Recht.
Inhaltsverzeichnis
- Ausgangspunkt: Individualarbeitsvertrag
- I. Kollektiver Arbeitnehmerschutz im Überblick
- Arbeitsrecht ist Arbeitnehmerschutzrecht (zwingend bei Verschlechterung, nicht bei Verbesserung der Arbeitskonditionen)
- Arbeitgeber ist in der stärkeren Position, da er das Gut (Arbeitsplatz) besitzt → kann Weisungen erteilen (also keine Gleichordnung beider Vertragspartner); Ausnahme: Gleichordnung bei „seltenen" Berufen mit weniger Nachfrage
- 3 große Schutzbereiche:
- Schutz vorallem im Kündigungsschutzgesetz (Schutz des Arbeitsverhältnisses)
- Arbeitnehmerschutz ist auch Gesundheitsschutz (Gewährleistung eines sicheren Arbeitsumfelds)
- Lohnschutz (Gewährleistung einer angemessenen Vergütung zur Existenzgrundlage)
- außerdem: Gesetz für Arbeitszeitenschutz (keine übermäßige Belastung) + Überforderung → Arbeitszeitrecht
- Arbeitsleistung hat Fixschuldcharakter (Leistungspflicht) nach §275 BGB → „Ohne Arbeit kein Lohn!" (§326 Abs. 1 S. 1 BGB; Krankheit → keine Leistung → keine Gegenleistung); Ausnahme: bspw. Bundesurlaubsgesetz
- Gesetze können nicht alles abdecken, da betriebliche Unterschiede (bspw. Schichtsystem)
- Gewerkschaften als Kollektivorgan zum Kollektivschutz der Arbeitnehmer zum Abdecken aller Eventualitäten → gemeinsam stark (überbetriebliche Ebene)
- Arbeitgeberverbände als Gegenpol (Arbeitsrecht muss manchmal auch Arbeitgeber schützen) → verfassungsrechtlich verankert; Art. 9 Abs. 3 GG + Art. 12 GG
- Betriebsrat zum Arbeitnehmerschutz auf betrieblicher Ebene
- Betriebsrat ist weder rechts- noch vermögensfähig. → Warum dürfen die beiden eine normative Wirkung erzielen? → Gesetzgeber delegiert auf niedrigere Ebene
- Betriebsvereinbarung → Vereinbarung = Vertrag → bindend für Vertragspartner (gelten unmittelbar und zwingend! → §77 Abs. 4 BetrVG),Betrieb
- Betriebsrat
- Betriebsvereinbarung
- Betriebsverfassungsgesetz
- Unternehmen
- Mitbestimmung im Aufsichtsrat
- Mitbestimmungsgesetze
- Überbetrieblich
- Gewerkschaften
- Schnittbereich von Bedeutung!
- Tarifvertragsgesetz (TVG)
- Tarifverträge
- Auch einzelne Arbeitgeber können Tarifvertragspartner sein! → bspw. Firmenverträge (gilt nur für spezielle Branche bzw. großes Unternehmen)
- Tarifvertrag mit Flächencharakter (unterschiedliche Auswirkungen für Unternehmen)
- Zum Überschneidungsbereich 1:
- §77 Abs. 3 BetrVG: Tarifvertrag vorrangig, d.h. alles was im Tarifvertrag bereits geregelt ist, kann nicht in der Betriebsvereinbarung anders geregelt werden
- Art. 9 GG: Gewerkschaftsarbeit in der Verfassung verankert → Schutz der Tarifautonomie (in jede Richtung!)
- §77 Abs. 4 BetrVG: Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend
- Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen Mitglied im Arbeitgeberverband bzw. in der Gewerkschaft sein, damit die Tarifbestimmungen für sie wirksam sind.
- Tarifvertrag unterteilbar in:
- Flächentarifvertrag bzw. Branchentarifvertrag
- Firmentarifvertrag
- → einer muss vorrangig sein, keine zwei zur selben Zeit möglich! Lösung: Betriebsspezifischer Tarifvertrag hat Vorrang und gilt!
- Zum Überschneidungsbereich 2:
- Konzern- oder Gesamtbetriebsrat auf Unternehmensebene zur Arbeitnehmervertretung → Kollektivvertretung,- Tariflohn einklagen: Anspruchsgrundlage = §611 BGB i.V.m. Tarifvertrag (→ Gewerkschaftsmitglied?)
- §1 Abs. 1 BetrVG: Betriebsräte Anzahl
- bei kleinen Betrieben kaum Betriebsräte (Weg zu Arbeitgeber ist kurz) und wenn dann mit geringer Bedeutung
- fast alle (98%) großen Betriebe mit Betriebsräten
- Betriebsrat ab 250 Arbeitnehmern effektiv
- II. Koalitionsrecht
- 1. Bedeutung und Begriff der Koalition
- Koalition: Oberbegriff für Verbände auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Seite (→ wird parteipolitisch verwendet)
- Art. 9 GG: Vereinigungsfreiheit
- Art. 2 Abs. 1 TVG: Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne AG sowie Vereinigungen von AG
- Was ist der Begriff der Koalition?
- Art. 9 Abs. 3 GG: Zusammenschluss von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer (keine generelle Zuständigkeit gegeben)
- Merkmale einer Koalition:
- frei, überbetrieblich, legal, mächtig, gegnerfrei
- freiwilliger Zusammenschluss von AG oder AN → unstrittig (→ Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer usw. fallen raus auf Grund Zwangsmitgliedschaft)
- Vereinigung muss auf Dauer angelegt sein
- Organisation von Bestand der Mitglieder unabhängig → wird gebraucht (wird aber von Mitgliedern getragen) → körperschaftliche Organisation, die nach außen hin in Form von Organen handelt, welche von der Mitgliedschaft gewählt werden
- Organisation muss nicht rechtsfähig sein
- Demokratiegebot innerhalb der Organisation (demokratische Willensbildung)
- 1. TV bindet für alle
- 2. Mitbestimmung,-
- Zum Merkmal „gegnerfrei“ (Gegnerunabhängigkeit):
- es muss für AG und AN Koalitionen geben
- Harmonieverbände gelten nicht als Koalition (AG und AN nicht gemeinsam in einer Koalition)
- wenn es dieses Gebot nicht gäbe, wäre Tarifautonomie so nicht möglich, da gleichstarke Parteien nicht existent wären
- → unabhängig auch vom Staat und anderen Gruppierungen!
- Zum Merkmal „überbetrieblich“:
- Tätigkeitsfeld muss überbetrieblich sein (strittige Meinung)
- Zum Merkmal „mächtig“ (soziale Mächtigkeit)
- Muss eine Vereinigung im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG mächtig sein?
- Ziel: Tarifverträge abschließen (→ schafft Rechtsnorm, für alle Mitglieder geltend; Warum gibt der Staat diese Aufgabe ab? → Er geht davon aus, dass beide Seiten gleichstark sind, um dies zu regeln)
- Mächtigkeit wird als Merkmal benötigt, um TV abzuschließen, denn wenn eine Seite stark ist, wird der Inhalt des TV diktiert und nicht ausgehandelt
- Mächtigkeit für TV und nicht für die Koalition von Bedeutung
- Arbeitskampfbereitschaft: Muss eine Koalition tarifwillig oder Arbeitskampf bereit sein? → Neben Tarifvereinbarungen auch andere Interessen vorhanden
- Gehört Arbeitskampfbereitschaft als Merkmal für Koalition, welche tarifwillig ist? → Nein. Trotzdem aber von Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (Bsp. Öffentlicher Dienst → Beamte dürfen nicht streiken)
- 2. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften
- Wie ist die Verbandsstruktur auf beiden Seiten?
- Organisation nach Industrieverbandsprinzip: TV findet nur für betreffende (z.B. Metallverarbeitung: alle gebunden: Fahrer, Metallverarbeiter, usw.) Industrie Anwendung → vermeidet eine Zersplitterung eines Betriebes in mehrere TV
- Grundsatz der Tarifeinheit: ein Tarifvertrag maßgebend; eine Gewerkschaft maßgebend (kein Berufsverbandsprinzip!) (gefestigt durch Urteile der Arbeitsgerichte; ein Betrieb ein TV)
- =
- ABER: Manche Berufsgruppen fühlen sich dadurch teilweise nicht ausreichend von der Gewerkschaft repräsentiert
- Nur ca. 17% aller AN in Gewerkschaften (Bspw. VAA, IGBCE, Verdi, Polizeigewerkschaft),Struktur der Gewerkschaft:
- nicht rechtsfähiger Verein → wird aber so behandelt
- Mitglieder haften nicht selbständig
- Rechtstellung der Partei durch §10 ArbGG (Parteifähigkeit durch Gesetz)
- 3. Koalitionsfreiheit
- Koalitionsfreiheit und -schutz: Art. 9 Abs. 3 GG → unmittelbare und absolute Drittwirkung laut Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG (Richtet sich gegen alle! + Alles andere führt zu Nichtigkeit.)
- Was beinhaltet die Koalitionsfreiheit?
- Individuelle Koalitionsfreiheit (Schutz einzelner Arbeitnehmer)
- Positive: Jeder kann gründen, beitreten und Mitglied bleiben; gilt für jedermann.
- Negative: Auch Ohne Tarifbindung (OT) → „ganz oder gar nicht"; Recht nicht beizutreten; Nebenwirkungen ohne Klauseln (s. nachfolgender Abschnitt)
- §4 TVG i.V.m. §3 TVG: Tarifgebunden ist, wer Mitglied der Gewerkschaft ist (dynamische Verweisung)
- Kollektive Koalitionsfreiheit (Schutz der Vereinigung der Koalition als solche (Fortbestand))
- Bestandschutz
- Nicht angreifbar, weder durch Staat noch durch Dritte → Bestandssicherung und -erhalt
- Teilgarantien:
- freie Koalitionsbildung
- freier Fortbestand
- Mitgliederwerbung
- Betätigungsschutz
- Satzungsautonomie
- Spannungsfeld zwischen Art. 13 + 14 GG (AG) und Art. 9 Abs. 3 GG (AN); Bsp.: Werben neuer Mitglieder am schwarzen Brett des Arbeitgebers; Geltend machen der Ansprüche Abmahnung rechtens? → Beseitigungs-AGL: §1004 BGB analog; rechtens wenn: Verletzung des Arbeitsverhältnisses
- -Kernbereichsformeln: Gesetzgeber darf nicht in den Kernbereich eingreifen. → Heißt aber nicht, dass kollektive Koalitionsfreiheit nur den Kernbereich abdeckt.
- Bestandschutz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text „Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht“ befasst sich mit dem kollektiven Arbeitnehmerschutz in Deutschland. Er analysiert die rechtlichen Grundlagen und die Rolle von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Betriebsräten im Tarifsystem. Der Fokus liegt auf der Bedeutung der Koalitionsfreiheit und der Tarifautonomie für die Gestaltung von Arbeitsbedingungen.
- Kollektiver Arbeitnehmerschutz und seine Bedeutung
- Rolle von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden
- Tarifautonomie und ihre rechtlichen Grundlagen
- Koalitionsfreiheit und ihre Schutzmechanismen
- Bedeutung des Betriebsverfassungsgesetzes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel des Textes beleuchtet den Ausgangspunkt des kollektiven Arbeitnehmerschutzes: den Individualarbeitsvertrag. Es werden die Ungleichgewichte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie die Notwendigkeit eines zusätzlichen Schutzes durch Kollektivvereinbarungen herausgestellt. Die drei großen Schutzbereiche des Arbeitsrechts – Kündigungsschutz, Gesundheitsschutz und Lohnschutz – werden vorgestellt. Außerdem wird die Rolle von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden als Kollektivorgane zur Abdeckung aller Eventualitäten erläutert.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Koalitionsrecht. Es werden die Bedeutung und der Begriff der Koalition definiert, wobei die Merkmale der Freiheit, Überbetrieblichkeit, Legalität, Mächtigkeit und Gegnerfreiheit im Vordergrund stehen. Die Struktur von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften wird analysiert, und es wird auf den Grundsatz der Tarifeinheit eingegangen. Schließlich wird die Koalitionsfreiheit als ein zentrales Element des Arbeitsrechts behandelt, wobei sowohl die individuelle als auch die kollektive Koalitionsfreiheit betrachtet werden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Tarifvertragsrecht, Arbeitskampfrecht, Kollektiver Arbeitnehmerschutz, Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Betriebsräte, Betriebsverfassungsgesetz, Individualarbeitsvertrag, Kündigungsschutz, Gesundheitsschutz, Lohnschutz, Arbeitszeitrecht, Tarifvertrag, Flächentarifvertrag, Branchentarifvertrag, Firmentarifvertrag, Tarifgebundenheit, Ohne Tarifbindung (OT), Drittwirkung, Kernbereichsformeln, Industrieverbandsprinzip, Tarifeinheit, Arbeitsgerichte.
- 1. Bedeutung und Begriff der Koalition
- Quote paper
- Dario Fischer (Author), 2014, Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht (Kollektives Arbeitsrecht), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280199