Zur Leistung der Ellipse. Empirische Untersuchung gesprochen-sprachlicher elliptischer Äußerungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

13 Seiten, Note: 2

Maria Mendel (Autor:in)


Leseprobe


Gliederung

0) Einleitung: Methodische Überlegungen

1) Zum Begriff der Ellipse

2) „Ereigniskorpus“: Talkshowmitschnitt
2.1) Autonome elliptische Äußerungen: Freie Ellipsen
2.2) Koordinationsellipsen: Kontextkontrollierte Ellipsen
2.3) Expressive Ellipsen: Kurzformen

3) Zusammenfassung

Literaturliste

0) Einleitung: Methodische Überlegungen

Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, den in der einschlägigen Literatur vielfach beschriebenen Begriff der Ellipse für ihre Verwendung in gesprochener Sprache zu problematisieren. Der Fragestellung soll sich dabei mit einem „materialorientierten Vorgehen“ (Brinker 2010, 23) genähert werden. Die vorliegende, materialorientierte Arbeit stützt sich auf den Gesprächsverlauf der SWR Talkshow „Sonntagabend: Vom Babble und Schwätza – Wie der Schnabel gewachsen ist“ (Sendetermin: SWR 29.1.2012, 20:15- 21:45). Nach einer Begriffsdefinition der Ellipse wird versucht werden, am praktischen Beispiel Parameter zu entwickeln, die über den rein grammatischen Beschreibungsaspekt, der „vor allem die Untersuchung syntaktischer Merkmale“ (Brinker 2010, 16) für die Unterscheidung zwischen geschriebener und gesprochener Sprache und ihrer verschiedenen sprachlichen Mittel zugrunde legt, auch „situative und kommunikativ- funktionale Aspekte“ zu berücksichtigen. (Brinker 2010, 16)

Anhand von ausgewählten Textpassagen, die keinen Anspruch an Vollständigkeit angesichts der Länge der Talkshow erheben können, soll in Anlehnung an Brinker ein „Ereigniskorpus“ erstellt werden, (Brinker 2010, 53) da das Analyseinteresse der Arbeit sich auf eng begrenzte Gesprächsereignisse beschränkt; d.h.: die elliptische sprachliche Äußerung. Es werden daher Ausschnitte aus der 90- minütigen Talkshow herangezogen, in denen das „jeweils interessierende Ereignis stattfindet.“ (Brinker 2010, 53) Relevante Passagen sind herausgefiltert und mit Zeitangaben versehen worden.

1) Zum Begriff der Ellipse

Ellipse (griech. é- lleipsis `Auslassung´). Aussparung von sprachlichen Elementen, die auf Grund von syntaktischen Regeln oder lexikalischen Eigenschaften notwendig und rekonstruierbar sind. (Bußmann 2002, 187)

Auch Duden und Wahrig definieren Ellipse als: „Ersparung von Redeteilen (…) Auslassungssatz“ (Duden 2006, 363); „Auslassung von Wort- oder Satzteilen“. (Wahrig 2010, 347) Betont wird die Unvollständigkeit, d.h. die Ellipse wird ausschließlich von einem Defizit her definiert. Stein spricht von einem Dualismus der Erklärungsansätze bei der Ellipsenforschung, (Stein 2003, 89- 90) verweist aber auf Ortner, der wie andere in jüngster Zeit mehrheitlich Stellung bezieht für einen autonomen Status von Ellipsen. Sie werden verstanden „als Realisationen bestimmter Strukturmuster“, (Ortner 1987, 132) bzw. als Phänomen, das in der Erzeugung und in der Verarbeitung „sui generis“ ist. (Hennig 2011, 242- 243) Für Ortner sind elliptische Äußerungen „verfestigte Ergebnisse kommunikativer Tätigkeit (…) in bestimmten Umgebungen erprobt und (…) dort bewährt.“ (Ortner 1987, 132)

Was Brinker als „pragmatische Wende“ bei der Betrachtung von GS bezeichnet, (Brinker 2010, 16) wird auch bei Günthner betont, die fordert, dass man sich grammatischen Strukturen, die in der „kommunikativen Praxis“ existent sind, auf eine neue Art und Weise nähern solle. (Günthner 2011, 1) Ihre Forderung nach einer „umfassenden Theorie der Grammatik gesprochener Sprache“ sieht vor, dass diese Betrachtungsweise „eng mit interaktionalen und kognitiven Aspekten verbunden“ zu sein habe und dass sie „ihren Sitz im Leben“ haben solle. (Günthner 2011, 2)

Mit der Fragestellung, welchen Maßstab man an die Ellipse anzulegen habe, setzt sich Stein auseinander, der die „normativen Vollständigkeitserwartungen“ einer „situationsentbundenen Textproduktion“, die einhergeht mit der Forderung nach grammatisch- syntaktischer Vollständigkeit einer pragmatischen Sichtweise „ausgehend von Ökonomieerwartungen situationsgebundener Textproduktion“ gegenüberstellt. (Stein 2003, 94) Er konstatiert, dass der Unterschied zwischen strukturellem Ansatz (grammatisch- syntaktisch) und semantisch- pragmatischem Ansatz ein grundlegender ist, und bilanziert, dass grammatische bzw. strukturelle Anforderungen in den Hintergrund treten, sobald man „von den textproduktiv wie textrezeptiv relevanten Anforderungen an die Verbalisierung“ ausgeht. (Stein 2003, 95) Hierbei werden vielmehr „gemeinsame Wissensbestände (…) als Verstehensressourcen“ ausschlaggebend. (Stein 2003, 95)

In Anlehnung an diese Überlegungen, die den Dualismus zwischen den sogenannten „Ommissionisten“ bzw. „Autonomisten“ (Ortner 1987, 102) wiedergeben, soll im Folgenden das empirische Material betrachtet werden.

2) „Ereigniskorpus“: Talkshowmitschnitt

Der Moderator der Talkshow, Markus Brock, stellt seine Gäste vor: Sabine Essinger, Komödiantin (Schwäbin), Detlev Schönauer, Komödiant (Saarländer), Hans- Peter Schwöbel, Professor für Sozialkunde (Pfälzer), Stefan Dettl, Frontman der LaBrassBanda (Bayer). Jeder Talkshowgast wird von Herrn Brock als „Experte“ seines Dialekts behandelt, unter den Gästen herrscht Konsens was die identitätsstiftende Bedeutung des Dialekts betrifft.

2.1) Autonome elliptische Äußerungen: Freie Ellipsen

MB: ich hab tolle gäste heute dabei, die allesamt einen überaus heiteren zugang zum dialekt haben. (…) da wüsst ich natürlich gern ihren absoluten lieblingssatz in ihrem dialekt auf schwäbisch, frau essinger.

SE: so isch nu au wieda. da brauche manche philosophe zehn bände. en schwabe kann des wirklich in diesem kurze satz sage: die ganze welt isch … so isch nu au wieda.

MB: da is alles drin.

SE: das … das sagt alles.

„so isch nu au wieda“ kann als autonome, subjektlose Ellipse verstanden werden, da der Ausdruck im Dialekt zumal für den Rezipienten, der den gleichen Dialekt spricht, eine Fülle von Assoziationen hervorruft, die auf geteiltem Weltwissen beruhen. Schwitalla verweist darauf, dass auch bei „Vagheit des gesprochenen Worts“ die Kommunikation nicht zusammenbricht, wenn und je mehr „wir uns in den/die Andere/n hineinversetzen können.“ (Schwitalla 2006, 110) Die Äußerung wird nicht als defizitär, sondern vielmehr als besonders ausdrucksstark und emphatisch aufgefasst, hat somit auch einen gewissen stilistischen Wert. Schwitalla spricht von „Lakonie“ und „Emphase“ als Wirkungsziel des verkürzten Sprechens. (Schwitalla 2006, 106) Bezeichnend ist, dass die autonome Ellipse an den Hauptsatz anschließt, der das Prädikat anführt und dann die elliptische Äußerung den Kontext liefert: „die ganze welt isch … so isch nu au wieda.“ Es handelt sich im Sinne von Schwitalla um eine „freie“ Ellipse, bzw. um eine „autonome Konstruktion“, (Schwitalla 2006, 102/108; Schlobinski 1997, 15) da die elliptische Form nicht unbedingt einen syntaktischen oder semantischen Kontext braucht. Frau Essingers Format kann als „Stoßseufzer“ allein stehen, und sagt soviel wie „zehn Bände“. Als weitere Erklärung für diese Form der freien Ellipse kann auch das Ökonomieprinzip (Schwitalla, 2006, 103) herangezogen werden, das besagt, dass man auf die Versprachlichung dessen verzichtet, was aufgrund „gemeinsamer Orientierung (…) mitverstanden werden kann.“ (Hennig, 2011, 240)

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Zur Leistung der Ellipse. Empirische Untersuchung gesprochen-sprachlicher elliptischer Äußerungen
Hochschule
Universität Trier  (Fachbereich Germanistik)
Veranstaltung
Grammatik des gesprochenen Deutsch
Note
2
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V280247
ISBN (eBook)
9783656737698
ISBN (Buch)
9783656737667
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bitte unter Pseudonym veröffentlichen.
Schlagworte
leistung, ellipse, empirische, untersuchung, äußerungen
Arbeit zitieren
Maria Mendel (Autor:in), 2012, Zur Leistung der Ellipse. Empirische Untersuchung gesprochen-sprachlicher elliptischer Äußerungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280247

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