Einleitung
„Keine Erscheinung behält seine Gestalt: die Verwandlerin aller / Dinge, Natur, schafft stets aus den alten erneuerte Formen. / Nichts geht unter im riesigen Weltall, o schenket mir Glauben, / Sondern es wandelt und neuert die Form.“1 Mit Christoph Ransmayrs Roman Die letzte Welt2 liegt uns ein Werk vor, das in postmoderner Umgebung das klassische Palimpsest, die Metamorphosen des P. Ovidius Naso, in einer Weise wiederauferstehen bzw. weiterleben läßt, daß in der steten Veränderung seiner Figuren und seiner erzählten Welt eine Richtung deutlich wird: die Richtung auf den Tod der letzten Welt zu, die Mündung der Dekadenz und Abstumpfung im endlichen Untergang dieser Welt. In dieser Arbeit soll dieser Untergang näher beleuchtet werden und vor allem die Frage, ob dieses Ende ein tatsächliches Ende ist oder nur die kosmische Metamorphose, das Zeichen dafür, daß die Zivilisation in ihrer Gesamtentwicklung ein großer Zyklus ist und mit dem Sterben ein neues (Wieder-)Entstehen einhergeht,3 das der paradiesischen Welt, die zu Beginn der Ovidischen Metamorphosen geschaffen wird.4 Es soll untersucht werden, wie dieses Szenario abläuft und vor allem, welche symbolträchtige Rolle hierbei die mythische Grundlage spielt und inwiefern die Diegese mir gleicher Motivation mythisch konstruiert ist.
Die Literaturlage zu Ransmayrs Roman ist reichhaltig, handelt es sich doch um einen der populärsten, wenn nicht den populärsten Roman der Postmoderne. Auf diesen Bereich werde ich in dieser Arbeit allerdings nicht eingehen, da dies den Rahmen sprengte. Untersucht man die mythisch konstruierte Diegese, findet sich hingegen sehr wenig unterstützende Literatur, eine beiläufige Behandlung dieses Themas ist hier und da zu finden, und dies muß auch der Grundstock an Sekundärliteratur für diese Arbeit bleiben. Ferner verzichte ich auf eine ausführliche Behandlung der mythischen Erzählstruktur, da dies in einer anderen Arbeit getan werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die mythischen Grundlagen und Motive
- Die mythisch konstruierte Diegese und ihre Bedeutung für das Sterben der letzten Welt
- Der mythische Raum
- Die mythische Zeit
- Die Einwohner Tomis
- Pythagoras
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Funktion der mythisch konstruierten Diegese für die Zivilisationskritik in Christoph Ransmayrs Roman „Die letzte Welt". Sie analysiert, wie die mythischen Grundlagen und Motive des Romans auf den Untergang der letzten Welt hindeuten und inwiefern dieser Untergang als ein Zeichen für einen großen kosmischen Zyklus und die Wiedergeburt einer neuen Welt interpretiert werden kann. Die Arbeit stellt die mythische Konstruktion der Diegese im Kontext von Ovids „Metamorphosen“ dar und analysiert die Rolle der Metamorphosen als Zeichen für das Sterben der Zivilisation und die Rückkehr zur Natur.
- Die Rolle von Ovids „Metamorphosen“ in Ransmayrs „Die letzte Welt“
- Die mythische Konstruktion der Diegese
- Die Funktion der Metamorphosen für die Zivilisationskritik
- Die Rolle des Lichts und der Dunkelheit als mythische Symbole
- Die Bedeutung der mythischen Motive für die Interpretation des Untergangs der letzten Welt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt den Kontext der mythischen Konstruktion in Ransmayrs „Die letzte Welt“ dar. Das zweite Kapitel beleuchtet die mythischen Grundlagen und Motive, die dem Roman zugrunde liegen. Es analysiert die Verwendung von Ovids „Metamorphosen“ und deren Bedeutung für die Darstellung des Untergangs der letzten Welt. Das dritte Kapitel untersucht die mythisch konstruierte Diegese und ihre Bedeutung für die Zivilisationskritik. Es betrachtet den mythischen Raum, die mythische Zeit und die Rolle der Einwohner von Tomi sowie die Figur des Pythagoras.
Schlüsselwörter
Christoph Ransmayr, Die letzte Welt, Ovid, Metamorphosen, mythische Diegese, Zivilisationskritik, Untergang, kosmischer Zyklus, Rückkehr zur Natur, Licht, Dunkelheit, Symbolismus.
- Arbeit zitieren
- Till Hurlin (Autor:in), 2003, Das Sterben der letzten Welt - Über die Funktion der mythisch konstruierten Diegese für die Zivilisationskritik in Christoph Ransmayrs Roman "Die letzte Welt", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28037