Ganztagsschule. Auswirkungen und Chancen für Familien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Auswirkungen auf die Familie
a. Entscheidende Einflussfaktoren
b. Vereinbarkeit von Familie und Beruf
c. Entlastung für Eltern
d. Familienklima
e. Elterliche Erziehungsrechte und -funktionen

3. Kooperationen von Eltern und Schule
a. Notwendigkeit der Zusammenarbeit
b. Möglichkeiten der Kooperation und des Austauschs

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Ganztagsschule hat in Deutschland in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und sich zu einem festen Bestandteil des Schulangebots entwickelt. Während in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Skandinavien die Ganztagsschule so weit verbreitet ist, dass es dafür gar keinen eigenen Begriff gibt, herrschte hierzulande lange Zeit Skepsis ob der Vorteile dieses Schulsystems. Erst nach dem bescheidenen Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler (SuS) am ersten PISA-Test setzte allmählich eine Debatte um Ganztagsschulen in Deutschland ein (vgl. Kuhlmann & Tillmann 2009, 32f.)

Die Ganztagsschule wird von der Kultusministerkonferenz der Länder der Bundesrepublik Deutschland (KMK) definiert als Schule, die an mindestens drei Tagen in der Woche ein ganztägiges Angebot für die SuS bereitstellt, welches täglich mindestens sieben Zeitstunden umfasst. Weitere Kriterien für eine Ganztagsschule sind die Bereitstellung eines Mittagessens sowie ein möglichst enger konzeptioneller Zusammenhang der Ganztagsangebote mit dem Unterricht (vgl. Sill 2010, 63f.).

Die Bundesregierung hat im Rahmen des Investitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) vier Milliarden Euro für den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen zur Verfügung gestellt. Dadurch war es möglich, dass sich die Zahl der Ganztagsschulen in Deutschland von 2002 bis 2009 fast verdreifacht hat (vgl. Stecher et al. 2011). Zum Schuljahr 2011/2012 befanden sich mit 54% bereits mehr als die Hälfte aller Schulen im Ganztagsbetrieb (vgl. Klemm 2011, 8). Das IZBB und die Länderförderprogramme haben darüber hinaus dafür gesorgt, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Wirkungsmöglichkeiten der Ganztagsschule intensiviert werden konnte.

Die Ganztagsschule soll nicht ein Mehr an Schule bereitstellen, sondern muss einen Zuwachs an Bildung gewährleisten. Mit ihr wird in erster Linie die bildungspolitische Hoffnung verbunden, die SuS möglichst individuell fördern und unterstützen zu können, um damit herkunftsbedingte Bildungsdisparitäten auszugleichen (vgl. Steiner & Fischer 2011, 186). Auf diese Weise soll eine Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Chancengleichheit für SuS mit unterschiedlichen Startbedingungen herbeigeführt werden (vgl. Börner 2011: 222).

Neben diesem bildungspolitischen Argument gibt es auch eine Reihe von familienpolitischen Gründen, die für eine Nutzung der Ganztagsschule sprechen. Im Folgenden sollen die Auswirkungen auf die Familie bzw. das Familienleben genauer erläutert werden. Ist die Ganztagsschule in der Lage, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinen? Wie wirkt sich die längere Betreuungszeit der SuS auf das Familienklima aus? Ist eine Auflösung familiärer Strukturen zu befürchten? Und was kann aus Elternsicht getan werden, damit positive Effekte der Ganztagsschule optimiert werden können?

Um diese Fragen nachweislich zu beantworten, stützt sich diese Hausarbeit größtenteils auf zwei Studien, die sich mit dieser Thematik umfassend beschäftigt haben: Die Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) und die Studie zur wissenschaftlichen Begleitung der offenen Ganztagsschule (OGS) im Primarbereich in Nordrhein-Westfalen. Beiden Studien liegen sowohl qualitative als auch quantitative Interviews mit Eltern von Ganztagsschulkindern zugrunde.

2. Auswirkungen auf die Familie

a. Entscheidende Einflussfaktoren

Es gibt eine Reihe von Faktoren, welche die familienbezogenen Auswirkungen beeinflussen. Die Studie zur wissenschaftlichen Begleitung der OGS im Primarbereich hat hierfür eine Faktorenanalyse durchgeführt. Zu den entscheidenden Faktoren zählen u. a. der Sozialstatus, der Migrationshintergrund, die Häufigkeit der Teilnahme am Ganztagsbetrieb, die Anzahl und das Alter der Kinder sowie die Frage, ob es sich um Alleinerziehende handelt oder nicht.

In den Fällen, in denen sich die Teilnahme an den Ganztagsangeboten nicht nur auf wenige Tage in der Woche beschränkt, sind die Auswirkungen auf das Familienleben stärker ausgeprägt. Ein niedrigerer sozialer Status und eine höhere Anzahl von Kindern in der Familie führen ebenfalls dazu, dass Veränderungen in der Familie mehr wahrgenommen werden. Auch Alleinerziehende und Familien mit Migrationshintergrund stellen häufiger Veränderungen fest (vgl. Börner 2011, 229f.).

b. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Viele Eltern streben danach, eine gute Balance zu finden zwischen einer einerseits erfüllenden gemeinsamen Zeit mit ihren Kindern und andererseits der Möglichkeit, sich im Erwerbsleben zu engagieren. Die Halbtagsschule steht diesen Familien dabei häufig im Weg. Mit der Familiengründung sehen sich die Elternteile, vor allem Mütter und Alleinerziehende, zu der Entscheidung gezwungen, die Kinderbetreuung oder die berufliche Tätigkeit zu wählen. Dies schränkt Familien gravierend ein, da sie nicht in gleicher Weise an der Einkommensverteilung in der Gesellschaft teilhaben können. Entweder sie verzichten auf ihren Einkommensanteil oder sie müssen das Geld für eine teure private Betreuung des Kindes ausgeben.

Die Ganztagsschule ist daher in gewisser Weise auch eine Reaktion auf das Bedürfnis der Eltern, Familie und Beruf zu vereinbaren und ggbfs. Armut zu vermeiden. Sie passt sich an das veränderte Modell der Arbeitsteilung in Familien und die zunehmende Erwerbsbeteiligung an (vgl. Andersen et al. 2011, 207). Die Ganztagsschule soll die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, Berufs- und Familienleben miteinander in Einklang zu bringen (vgl. Beher & Rauschenbach 2006, 52). Eltern sehen sich durch den Ganztag darin ermöglicht, einem Beruf in Teilzeit- oder sogar in Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Die Ganztagsschule gibt den Eltern die Sicherheit, dass ihre Kinder während ihrer Arbeitszeit in der Schule gut versorgt sind, und sie können sich daher vollständig auf ihre Arbeit konzentrieren (vgl. Börner 2011, 225). Vor diesem Hintergrund kann das Ganztagsschulsystem ebenfalls dazu beitragen, junge Paare in ihrem Wunsch nach Kindern und einer eigenen Familie zu stärken, da sie frühzeitig die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbstätigkeit erkennen.

Die Bedeutung dieser gesellschaftlichen Herausforderung spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Elternbefragungen beider Studien wider. Insbesondere, aber nicht nur, spielt für Eltern von Grundschulkindern die Betreuung und Erwerbstätigkeit die größte Rolle. Als der häufigste Anmeldegrund wird bei der StEG die verlässliche Betreuung genannt. Im Primarstufenalter gewinnen dann auch Gründe, die auf eine individuelle Förderung ihrer Kinder abzielen, zunehmend an Bedeutung (vgl. Soremski et al. 2011, 62) Auch die Studie zur OGS im Primarbereich weist das Motiv, dass Mütter und Väter berufstätig sein wollen, an erster Stelle aus (vgl. Börner 2011, 225).

Wenig verwunderlich ist, dass den geringsten Anteil an Ganztagsschulkindern diejenigen Familien aufweisen, die dem klassischen Familienerwerbsmodell (Vater als Alleinverdiener) entsprechen. Auffällig ist, dass die Mütter wesentlich stärker als die Väter von der Ganztagsschulbetreuung profitieren. Während die Väter von Ganztagsschulkindern immerhin zu 17% bzw. 20% eine Berufstätigkeit aufnehmen oder ausweiten konnten, waren dies bei den Müttern 36% bzw. 35% (vgl. Soremski et al. 2011, 63)

c. Entlastung für Eltern

Die Eltern erfahren durch den Ganztagsschulbetrieb eine erhebliche Entlastung in ihrem Alltag. Neben der Möglichkeit, dass beide Elternteile einem Beruf nachgehen können, ergibt sich für sie in vielerlei Hinsicht eine Zeitersparnis.

Ganztagsschulen übernehmen am Nachmittag Aktivitäten, für die Eltern sonst andere Lern- und Freizeitorte aufsuchen müssten. Durch das Freizeit- und Förderangebot an den Ganztagsschulen ist es nicht nötig, nach der Schule das Kind beispielsweise noch zum Sportverein oder zur Musikschule zu fahren. Somit entfallen teilweise auch längere Bring- und Abholzeiten (vgl. Börner 2011, 226).

Auch die Hausaufgabenbetreuung, die bei Halbtagsschulen in die Hände der Eltern fällt, ist in Ganztagsschulen mittlerweile flächendeckend integriert (vgl. Schröer 2010, 40). Die Kinder haben ihre Hausaufgaben somit im Regelfall bereits erledigt, wenn sie von der Schule abgeholt werden. Das bedeutet, dass der restliche Tag für sie ausschließlich aus Freizeit besteht (vgl. Börner 2011, 226).

d. Familienklima

Die zeitliche Entlastung kann sich auch positiv auf das Familienklima auswirken. Insbesondere die Hilfe bei den Hausaufgaben führt zwischen Eltern und Kindern häufig zu Konflikten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Ganztagsschule. Auswirkungen und Chancen für Familien
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
13
Katalognummer
V280621
ISBN (eBook)
9783656745365
ISBN (Buch)
9783656745358
Dateigröße
811 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ganztagsschule, Familie, Chancen und Risiken, Ganztagsangebote
Arbeit zitieren
Andreas Posch (Autor:in), 2014, Ganztagsschule. Auswirkungen und Chancen für Familien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280621

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