Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Spiel – Sprachspiel – Sprachlernspiel: Abgrenzung und Charakteristik
3) Wieso? Weshalb? Warum? Zur Bedeutung von Sprachlernspielen im DaZ-Unterricht
4) „Der kleine Sprechdachs“
4.1) Spielbeschreibung
4.2) „Der kleine Sprechdachs“ – Ein Sprachlernspiel?
4.3) Vorstellung und Auswertung der Umfrage
5) Fazit und Ausblick
6) Literatur- und Quellenverzeichnis
7) Echtheitserklärung
1) Einleitung
„Das Spiel ist der Weg der Kinder zur Erkenntnis der Welt, in der sie leben!“[1] – dieser Ausspruch Maxim Gorkis beschreibt einerseits, dass das Spiel eine Methode ist, mit der Kinder neue Erfahrungen machen. Andererseits stehen die neuen Erkenntnisse im Fokus – spielen bedeutet demnach auch lernen. Vielleicht könnte man es auch mit den Worten „learning by doing“ umschreiben. Das Spiel gehört zur kindlichen Erfahrungswelt dazu und kann bis ins hohe Alter – je nach Vorlieben – präsent bleiben.
Im Hinblick auf den Unterricht in Deutsch als Zweitsprache (DaZ)[2] erscheint es lohnenswert das Spiel als einen möglichen Baustein in der Sprachvermittlung, –aneignung und Unterrichtspraxis zu betrachten - auch wenn man dem Spielen im Unterricht noch skeptisch gegenüber steht. Zunächst soll eine Abgrenzung der Begriffe „Spiel“, „Sprachspiel“ und „Sprachlernspiel“ erfolgen, wobei letzteres grundlegend für die weitere Auseinandersetzung sein soll. Anschließend soll eine Verknüpfung stattfinden: Welche Bedeutung haben Sprachlernspiele im DaZ-Unterricht? So sollen unter anderem Vorteile und mögliche Bedenken dargestellt werden. Es erfolgt dann eine Vorstellung des Sprachlernspiels „Der kleine Sprechdachs“, sowie die Vorstellung und Auswertung der durchgeführten Umfrage. Es soll herausgearbeitet werden, in wieweit die Bewertungen und Wahrnehmungen zu Spielen, speziell zu dem des „Der kleine Sprechdachs“ übereinstimmen und auseinandergehen.
Mögliche Kritik soll für eine Verbesserung und Optimierung des Spiels betrachtet werden. Am Ende dieser Arbeit sollte man sich als Leser jedoch über die Wichtigkeit des Einsatzes von Sprachlernspielen bewusst sein, um dann vielleicht auch andere davon zu überzeugen.
2) Spiel – Sprachspiel – Sprachlernspiel: Abgrenzung und Charakteristik
Eine allgemein gültige und prägnante Definition für den Begriff „Spiel“ zu finden erscheint schwierig. In der Literatur ist man sich uneinig - von „Spiel, das nach festgelegten Regeln durchgeführt wird; Gesellschaftsspiel“[3], oder „Tätigkeit, die ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, aus Freude an ihr selbst und an ihrem Resultat ausgeübt wird; das Spielen“[4] bis hin zu „gesellige Veranstaltung, unterhaltsame Beschäftigung“[5] - „Eine allgemein gültige Definition des Begriffs Spiel hat sich bis heute nicht finden lassen. So ist es Konsens, den Spielbegriff über einer Reihe von Struktur- und Verhaltensmerkmalen zu beschreiben …..“ [6] .
Einfacher erscheint es, das Spiel oder auch die Tätigkeit des Spielens anhand von Teilaspekten zu beschreiben, „die auf nahezu alle bekannten Spielformen (vom Skat- und Canasta-Spielen über Computerspiele, Fußball, Puppenspiele bis zum Rollen- und Planspiel) zutreffen:“ [7] .
Beschreibende Teilaspekte von Spielen: [8]
1) Spielen ist zweckfrei und erfordert deswegen einen freien Raum. Man spielt um zu spielen und nicht um beispielsweise zu überleben.
2) „Spielen ist in sich zielgerichtet“ [9] und grundsätzlich unendlich. Auch wenn das Spiel an sich vorbei ist, kann man jederzeit eine neue Runde beginnen.
3) Ein Spiel ist inszeniert. Auch wenn es in der Gegenwart und Wirklichkeit stattfindet, wird dennoch eine symbolische Welt dargestellt.
4) Spielabläufe sind nicht eindeutig vorhersehbar und bleiben somit offen.
5) Im Spiel setzt sich jeder Spieler mit sich selbst, den Mitspielern und dem Spielobjekt auseinander.
6) Jedes Spiel bedarf Spielregeln.
7) Jeder Mitspieler muss die gleichen Rechte und Gewinn- oder Beteiligungschancen haben.
8) „Spiele erfüllen sich in der Gegenwart“ [10] . Das Spiel – die Lösung, das Siegen oder Verlieren - findet in der Spielsituation selbst satt.
9) Spielen soll Spaß machen.
10) Das Spiel soll eine aktive und freiwillige Handlung sein.
11) Im Spiel wird der Spieler geistig, körperlich und gefühlsmäßig beansprucht.
12) Entgegen einiger Meinungen wird beim Spielen, wenn auch zumeist unbewusst, gelernt.
Es gibt zudem Aspekte, nach denen sich Spiele einteilen lassen, wie zum Beispiel nach den Kriterien Spielort, Gruppenorganisation, Spieltätigkeiten, Spielmaterial und Spielform. Weitere Spielkategorien wären Bewegungsspiel, Geschicklichkeitsspiel, Gestaltungsspiel, Symbolspiel, Denkspiel, Mediales Spiel, Gesellschaftsspiel, Glücksspiel, Wahrnehmungsspiel, Selbsterfahrungsspiel, Orakelspiel und Lernspiel. [11]
Der Fokus dieser Arbeit lässt sich der Kategorie des Lernspiels zuordnen. Baer nennt dafür die Form des „Sprachspiels“. An dieser Stelle sollte jedoch klar werden, dass es einen Unterschied zwischen dem genannten „Sprachspiel“ und dem dieser Arbeit zugrunde liegendem „Sprachlernspiel“ gibt. In der Fachliteratur werden diese Begriffe häufig noch synonym verwendet.
Unter der Bezeichnung „Sprachspiel“, welche von dem Philosophen Ludwig Wittgenstein geprägt, versteht man, dass „Sprechhandlungen nach festgelegten Normen“ [12] ablaufen – ebenso, wie auch ein Spiel festgelegte Regeln hat. Nach Kleppin versteht man darunter „das kreative spielerische Umgehen mit der Fremdsprache selbst“ [13] . Bei den Sprachlernspielen dagegen gibt es neben dem Spielziel auch sprachliche Ziele. [14] Der Lerneffekt wird mit der Spieltätigkeit verbunden. [15] Historisch lassen sich die Sprachlernspiele in die Zeit des kommunikativen Ansatzes einordnen, wo zum Beispiel das entdeckende Lernen und die sprachliche Handlung im Unterricht in den Fokus rückten. Auch bei den Sprachlernspielen wurde versucht eine Klassifikation vorzunehmen – eine strukturelle und funktionale Abgrenzung ist jedoch kaum möglich. Dennoch lassen sich Kriterien für Spiele finden, [16] die an einigen Stellen mit den oben beschriebenen Teilaspekten von Spielen übereinstimmen und als Grundlage für die Sprachlernspiele dienen sollten.
1) Neben dem Lernziel steht vor allem das Spielziel im Mittelpunkt.
2) Das Spiel muss zur konkreten Betätigung anregen.
3) Es muss ein Spannungsbogen gegeben sein.
4) Das Spiel muss offen sein, das heißt der Verlauf und Ausgang sollte nicht vorhersehbar sein.
5) Das Spiel kann sowohl Wettbewerbscharakter haben, als auch durch Kooperation bewältigt werden.
6) Eine Möglichkeit zur Selbstevaluation sollte eingeräumt werden.
7) Das Spiel sollte nicht vom Lehrer bewertet werden und zudem sanktionsfrei bleiben.
8) Zusätzlich sollte für das Sprachlernspiel natürlich die Auseinandersetzung mit Teilaspekten der zu erlernenden Sprache stattfinden, um das Lernziel zu erreichen.
Als Grundsatz für ein Sprachlernspiel lässt sich, angelehnt an Kleppin, sagen: Nicht nur das Lernziel ist wichtig, z.B. die Wortschatzerweiterung oder das Üben einer grammatischen Struktur. Bei Sprachlernspielen sollte auch immer ein Spielziel verfolgt werden. Diese Verknüpfung kann zu einer freudigen Auseinandersetzung und Aneignung mit der zu erlernenden Sprache führen.
3) Wieso? Weshalb? Warum? Zur Bedeutung von Sprachlernspielen im DaZ-Unterricht
In wieweit kann der Einsatz von Sprachlernspielen den DaZ-Unterricht bereichern? Oder ist es nur eine nette Abwechslung und dient der Entspannung der Lernenden?
Häufig sind mit dem Einsatz von Spielen Bedenken verbunden: Lehrende, Eltern oder auch die Lernenden selbst befürchten keine Zeit zum Spielen zu haben, was mit der Angst verbunden zu sein scheint, dass spielen nur zur Unterhaltung diene. Diese Bedenken sind teilweise richtig, denn spielen soll Spaß machen! Dennoch lässt sich anhand von Lerntheorien und Erkenntnissen aus der Hirn- und Gedächtnisforschung belegen, „dass Emotionen, die ein wesentliches Charakteristikum von Spielen sind, bei der Informationsverarbeitung eine extrem wichtige Rolle spielen“[17]. Lerninhalte die im sozialen Kontext vermittelt und erworben werden, behält man besser, als wenn sie in einer abstrakten Art vermittelt werden, z.B. durch das Anschreiben an die Tafel. Entgegengesetzt dieser Befürchtung kann aber auch folgende Aussage gemacht werden: „Lehrerinnen, die Methodenvielfalt praktizieren und deren didaktisches Instrumentarium breit gefächert ist, stehen dem Spiel als originärem Element schulischen Unterrichts aufgeschlossen gegenüber.“[18] Bei den Skeptikern müsste demnach Überzeugungsarbeit geleistet werden, welche möglicherweise durch die folgende Argumentation gelingen könnte.
Es gibt zahlreiche Gründe für den Einsatz von Sprachlernspielen im DaZ- Unterricht.[19] Zunächst stimmt sicher jeder damit überein, dass diese „Methode“ der kindlichen Erfahrungswelt und Ausdrucksform am meisten entspricht. Desweitern sind Sprachlernspiele universell und flexibel einzusetzen: Ob als „Warming-up“, zur Vertiefung eines Lerninhalts oder zur Wiederholung. Grundsätzlich sollte nur klar sein, dass Sprachlernspiele eben nicht, wie bereits oben erwähnt, zur Entspannung oder Belohnung eingesetzt werden sollten. Somit würde sich auch die Ausrede, keine Zeit für Spiele zu haben, erübrigen, denn beim Spielen wird gelernt! Auch lassen sich Sprachlernspiele in allen Sozialformen und mit oder ohne Materialien einsetzen und auch die Klassen- oder Gruppengröße ist dabei nicht relevant, da große Gruppen z.B. in kleinere Gruppen aufgeteilt werden können. In Sprachlernspielen können alle Lerninhalte vermittelt und erworben werden, wie z.B. die einzelnen Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen…) oder auch die Teilbereiche der Sprache (Lexik, Phonetik…). Letztlich ist die Motivation und Spielfreude ein weiterer Grund dafür Sprachlernspiele einzusetzen. Durch die emotionale Beteiligung wird der Lernerfolg erhöht. Sprachlernspiele sollten sich an folgenden Zielen orientieren:[20]
1) Inhaltlich sollen die Teilbereiche des sprachlichen Systems „angesprochen“ werden, wie zum Beispiel Phonetik, Pragmatik oder Lexiko-Semantik.
2) Auch die einzelnen Fertigkeiten sollen enthalten sein, also das Sprechen, Hören, Schreiben, Lesen und Übersetzen.
3) Im Spielprozess soll eine positive Einstellung zur erlernenden Sprache aufgebaut werden.
4) Durch die Teilnahme an fiktiven Situationen sollen die Lernenden ihre kommunikativen Fähigkeiten erproben.
5) Kulturelles und landeskundliches Wissen soll erworben werden.
6) Durch die Selbstständigkeit der Lerner in den Spielen, nimmt die Lehrkraft einen passiven Part ein und steht bei Gelegenheit helfend und unterstützend zur Seite.
7) Das soziale Lernen wird gefördert, ebenso wie das Einfühlungsvermögen.
Welche Grundsätze sind nun aber bei Sprachlernspielen zu beachten?[21] Am wichtigsten für den Spielverlauf ist zunächst die Spielregel. Darin sollten genaue Kriterien für das Spielziel, den Spielverlauf und das Gewinnen und/ oder Verlieren definiert sein. Auch die Sozialform lässt sich in der Spielregel bestimmen. Wichtig ist dabei, dass die Spielregeln mit allen Schülerinnen und Schülern[22] besprochen und festgelegt werden, da mögliche Vorerfahrungen verschiedene Regelhaftigkeiten vorgeben können. Auch ist es von Bedeutung den SuS das Lernziel zu verdeutlichen, da sie wissen sollen, worum es sprachlich in dem Spiel geht. Für die Vorbereitung ist es wichtig die Räumlichkeiten zu überprüfen, die Zeitvorgaben zu durchdenken und auch die Materialien zu testen. Auch sollte darauf geachtet werden die Lernenden nicht zu überfordern. Deswegen sollte das Alter der SuS, das Sprach- und Lernniveau und die Herkunft der SuS bedacht werden.
[...]
[1] http://www.spielbox-online.de/spielarchiv/tipps/zitate.php4[11.02.2014].
[2] Im Weiteren wird Deutsch als Zweitsprache mit „DaZ“ abgekürzt.
[3] http://www.duden.de/rechtschreibung/Spiel[12.02.2014].
[4] http://www.duden.de/rechtschreibung/Spiel[12.02.2014].
[5] http://wortschatz.uni-leipzig.de/abfrage/[12.02.2014].
[6] http://www.spieleautorentagung.de/definitionen/eine-kritische-auseinandersetzung-mit-dem-begriff-spiel[12.02.2014].
[7] Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden. S.342.
[8] Vgl. Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden. S.342f. und Baer, Ulrich: Spielpraxis. S. 30f.
[9] Vgl. ebd.
[10] ebd. S.343.
[11] Vgl. Baer, Ulrich: Spielpraxis. S. 35f.
[12] Dauvillier, Christa; Lévy-Hillerich, Dorothea: Spiele im Deutschunterricht. S. 18.
[13] Kleppin, Karin: Sprachspiele und Sprachlernspiele. S. 263.
[14] Vgl. Dauvillier, Christa; Lévy-Hillerich, Dorothea: Spiele im Deutschunterricht. S. 5.
[15] Vgl. ebd.
[16] Vgl. ebd. S.264.
[17] Dauvillier, Christa; Lévy-Hillerich, Dorothea: Spiele im Deutschunterricht. S. 5.
[18] Trautmann, Thomas: Mit Sprache spielen. S. 12.
[19] Vgl. Dauvillier, Christa; Lévy-Hillerich, Dorothea: Spiele im Deutschunterricht. S. 9f.
[20] Vgl. Kleppin, Karin: Sprachspiele und Sprachlernspiele. S. 264f.
[21] Vgl. Dauvillier, Christa; Lévy-Hillerich, Dorothea: Spiele im Deutschunterricht. S. 31-33; Kleppin, Karin: Sprachspiele und Sprachlernspiele. S. 265.
[22] Im Folgenden werden Schülerinnen und Schüler mit „SuS“ abgekürzt.