In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Bild von HIV/Aids in Deutschland stark
verändert. Von der, wie der Spiegel 1983 titelte, „Homosexuellen Seuche“1 AIDS hin zu
der chronischen Krankheit HIV, die zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar ist. Recht früh hatte sich der New Public Health Ansatz in der HIV Prävention durchgesetzt, in dessen Zentrum das Leitmotiv steht: „Wie organisieren wir möglichst schnell, möglichst bevölkerungsweit und möglichst zeitstabil gesellschaftliche Lernprozesse, mit denen sich Individuen, soziale Gruppen, Institutionen und die gesamte Gesellschaft maximal präventiv und ohne Diskriminierung der Betroffenen auf ein Leben mit dem bis auf Weiteres unausrottbaren Virus einstellen können?“.
Um einen geeigneten Rahmen für die vorliegende Arbeit zu setzen, liegt der
Fokus auf der Berliner Aids-Hilfe (BAH) als größtem Akteur unter den freien Trägern in Berlin. In der Arbeit der BAH ist nicht allein zu berücksichtigen, dass sich das tatsächliche Bild von HIV/Aids verändert hat, sondern auch die Aufgaben und der Anspruch der BAH. Ein zentrales Problem der Arbeit der BAH besteht darin, dass durch die unterschiedlichen Vorstellungsbilder zu HIV/Aids in der Bevölkerung auch unterschiedliche Vorstellungsbilder zur BAH in der Berliner Bevölkerung und in den verschiedenen Zielgruppen verankert sind.
Der New Public Health Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit als eine Form des Social Marketings verstanden, das darauf abzielt, spezifischen Zielgruppen neue Handlungsweisen nachhaltig zu vermitteln. Da Social Marketing im Gesamten keinen vom Umfang her geeigneten Rahmen schafft, soll die Bedeutung von Marken, als Vorstellungsbilder eines Produktes, im Fokus der Betrachtung stehen. Dazu wird hergeleitet, was eine Marke ausmacht, wie diese entstehen bzw. gebildet und geführt werden kann. Auf Grundlage eines solchen Konzepts von Markenmanagement wird in einem zweiten Schritt die BAH als Marke betrachtet und eine Markenidentität der BAH
modelliert. Aus der Markenidentität wird im Weiteren eine Positionierung der BAH abgeleitet und der Einfluss von ausgewählten Marketinginstrumenten auf diese analysiert. Zusammenfassend soll die vorliegende Arbeit die Markenidentität und –positionierung der BAH, unter den ausgewählten Aspekten des Marken-Brandings und der
Kommunikationspolitik bewerten.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
I Einführung und theoretische Grundlagen
1 Einführung
1.1 Problembeschreibung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Überblick der Gliederung der Arbeit
2 Grundlagen des Social Marketings und des Markenmanagements
2.1 Social Marketing und seine Besonderheiten
2.1.1 Entstehung und Definition des Social Marketing
2.1.2 Der Marketing-Mix im Social Marketing
2.1.2.1 Definition Marketing-Mix
2.1.2.2 Märkte und Zielgruppen im Social Marketing
2.1.2.3 Die Produktpolitik
2.1.2.4 Die Preispolitik
2.1.2.5 Die Platzierungspolitik
2.1.2.6 Die Promotionpolitik
2.1.2.7 Zusammenfassung der Besonderheiten im Social Marketing-Mix
2.2 Das Markenmanagement
2.2.1 Allgemeine Definition des Markenmanagements
2.2.2 Definition des Markenbegriffes
2.2.2.1 Allgemeine Markendefinition
2.2.2.2 Marken im Social Marketing
2.2.3 Konzepte des identitätsbasierenden Markenmanagements
2.2.3.1 Grundlage der unterschiedlichen Konzepte
2.2.3.2 Identitätsmodell nach Esch
2.2.3.3 Identitätsmodell nach Meffert und Burmann
2.2.4 Entwicklung eines eigenen Identitätsmodells
2.2.4.1 Vergleichende Bewertung zwischen den Modellen von Esch und Burmann/Blinda/Nitschke
2.2.4.2 Entwicklung eines eigenen Modells zur Markenidentität von sozialen Marken
2.3 Die Markenpositionierung auf Grundlage des Identitätsmodells im Social Marketing
2.3.1 Eigenschaften der Markenpositionierung auf Grundlage des Identitätsmodells
2.3.2 Grundlagen zum Positionierungskonzept von (sozialen) Marken
2.3.3 Grundlagen der Positionierungsmechanismen
2.3.3.1 Wirkungsmechanismen der Positionierung bei den Konsumenten
2.3.3.2 Das Involvement als Variable im Positionierungskonzept
2.3.3.3 Adaptionsarten und –prozesse im Social Marketing
2.3.3.4 Eigenschaften der Markenpersönlichkeit in der Positionierung
2.3.4 Umsetzung der Markenpositionierung im Marketing-Mix
2.3.4.1 Allgemeine Betrachtung der Positionierungsumsetzung mit Hilfe des Marketing-Mix
2.3.4.2 Betrachtungsrahmen der Positionierungsumsetzung in der vorliegenden Arbeit
2.3.4.3 Das Markenbranding als Bild der Marke
2.3.4.4 Allgemeine Einführung in die Markenkommunikation
2.3.4.5 Ausgewählte Aspekte der Kommunikation bezogen auf Social Marketing
2.3.4.6 Klassische und Web 2.0-Markenkommunikation – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
2.3.5 Positionierungscontrolling und Handlungsmöglichkeiten
2.3.5.1 Die Notwendigkeit des Positionscontrollings im Markenmanagement
2.3.5.2 Ansatzpunkte zur Bestimmung der Markenposition
2.3.5.3 Gründe für Positionierungsveränderungen und Umsetzungsmöglichkeiten
2.4 Zusammenfassung der Markenmanagementaspekte
3 Grundlagen zu HIV und Aids in Deutschland
3.1 Geschichtlicher Überblick zu HIV und Aids in Deutschland
3.1.1 Die Phase des „alten Aids“: 1981 - 1996
3.1.2 Die Phase des „neuen Aids“: 1996 - Heute
3.2 Zahlen zu HIV und Aids
3.2.1 Zahlen zu HIV und Aids in Deutschland
3.2.2 Zahlen zu HIV und Aids in Berlin
3.3 HIV und Aids Prävention in Deutschland und Berlin
3.3.1 Bundesweite Prävention in Deutschland durch Social Marketing
3.3.2 Gesundheitsprävention zum Thema HIV/Aids in Berlin
3.3.3 Veränderungen und Herausforderungen in der HIV/Aids-Prävention
3.4 Zusammenfassung der Grundlagen zu HIV/Aids in Deutschland und Berlin
II Empirische Erhebung der Markenidentität und Positionierung der Berliner Aids-Hilfe durch Social Marketing
4 Methodisches Vorgehen
4.1 Allgemeine Informationen zum methodischen Vorgehen
4.2 Konzeption des Fragebogens der Online-Umfrage
4.3 Informationen zu den Teilnehmern der Umfrage
5 Ergebnisse der empirischen Erhebung zur Markenidentität und demMarkenimage der Berliner Aids-Hilfe
5.1 Wissensabfrage zu HIV/AIDS und STIs
5.2 Die Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe
5.2.1 Kernkompetenzen der Marke
5.2.2 Leistungen der Marke
5.2.3 Eigenschaften der Marke und der Produkte
5.2.4 Markenbild und Markenpersönlichkeit
5.3 Das Markenimage der Berliner Aids-Hilfe
5.3.1 Daten zur Bekanntheit der Berliner Aids-Hilfe
5.3.2 Daten zu den Markenmerkmalen der Berliner Aids-Hilfe
5.3.3 Daten zum Wissen über das Angebot der Berliner Aids-Hilfe
5.3.4 Daten zur Abfrage von Eigenschaftenzuschreibung der Berliner Aids-Hilfe
5.3.5 Daten zum Markenlogo und zur Widererkennung von BAH Motiven
6 Empirische Erhebung zu ausgewählten Kommunikationsinstrumenten
6.1 Die Kampagne der Berliner Aids-Hilfe „Let´s talk about Sex“
6.1.1 Grundlegende Informationen zur Kampagne
6.1.2 Ziel der Kampagne
6.1.3 Externe Wahrnehmung der BAH-Kampagne
6.2 Der Facebook-Auftritt der Berliner Aids-Hilfe
III Auswertung und Fazit
7 Das Markenmanagement der Berliner Aids-Hilfe
7.1 Social Marketing der Berliner Aids-Hilfe
7.1.1 Der Markt und die Zielgruppen der Berliner Aids-Hilfe
7.1.2 Die Produktpolitik der Berliner Aids-Hilfe
7.1.3 Die Preispolitik der Berliner Aids-Hilfe
7.1.4 Die Platzierungspolitik der BAH
7.1.5 Die Promotion- bzw. Kommunikationspolitik der Berliner Aids-Hilfe
7.2 Das Markenmanagement der Berliner Aids-Hilfe
7.2.1 Herleitung der Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe
7.2.2 Die Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe nach dem entwickelten Modell
7.3 Die Positionierung der Berliner Aids-Hilfe
7.3.1 Einführende Betrachtung zur Positionierung der Berliner Aids-Hilfe
7.3.1.1 Grundlende Aspekte der BAH-Positionierung
7.3.1.2 Mechanismen in der Positionierung der BAH
7.3.1.3 Positionierung auf Grundlage des Involvements der Zielgruppe
7.3.1.4 Positionierte Markenpersönlichkeit der BAH
7.3.2 Der Einfluss des Brandings der Berliner Aids-Hilfe auf ihre Positionierung
7.3.3 Die Kommunikation der BAH über Plakate und Anzeigen
7.3.3.1 Kommunikation über Plakate und Anzeigen
7.3.3.2 Kommunikation über Facebook
7.3.4 Zusammenfassung der Positionierung der BAH und potentielle Veränderungen
8 Zusammenfassung und Ausblick
8.1 Zusammenfassung
8.2 Eigene kritische Würdigung
8.3 Ausblick
Literatur- und Quellenverzeichnis 101
Anhang
Interviewzusammenfassung: Carsten Schatz
Interviewzusammenfassung: Oliver
Interviewzusammenfassung: Thomas Birk
Interviewzusammenfassung: Jens Petersen
Interviewzusammenfassung: Ute Hiller
Interviewzusammenfassung: Ralph Ehrlich
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Markendefinition: Komponenten einer Marke
Abb. 2: Markensteuerrad nach Esch
Abb. 3: Markenidentitätsmodell nach Burmann/Blinda/Nitschke
Abb. 4: Eigenes Markenidentitätsmodell
Abb. 5: Darstellung der Markenwirkung im Selbstkonzeptmodell
Abb. 6: Modell der Konsumenten-Marken-Beziehung nach Fournier
Abb. 7: Modell des funktionalen Markennutzens
Abb. 8: Positionierungsmatrix sozialer Produkte/Markten
Abb. 9: Positionierungsmatrix im Kontext der Kommunikationspolitik
Abb. 10:„Entstehung guter Geschichten“
Abb. 11: Positionierungslücken in Anlehnung an Meffert/Burmann
Abb. 12: HIV Neuinfektionen 2012, nach Geschlecht und Infektionswegen. S. 58
Abb. 13: Schätzung der HIV Neuinfektionen 2012
Abb. 14: HIV Neuinfektionen 2012, Herkunft und Infektionsort nach Infektionswegen
Abb. 15: HIV Neuinfektionen in Berlin, nach Geschlecht und Infektionsweg
Abb. 16: Kampagnenbeispiele der DAH und BZgA
Abb. 17: Kampagnenmotive der BAH
Abb. 18: Umfrageergebnisse zum Wissen über HIV, Aids und STI
Abb. 19: Bekanntheit einzelner Träger
Abb. 20: Umfrageergebnisse zu Markenmerkmalen der BAH
Abb. 21: Umfrageergebnisse zum Wissen über das Angebot der BAH
Abb. 22: Umfrageergebnisse zu den Charaktereigenschaften der BAH
Abb. 23: Umfrageergebnisse zum Logo der BAH
Abb. 24: Abgefragtes Kampagnenmotiv 1 der BAH
Abb. 25: Abgefragtes Kampagnenmotiv 2 der BAH
Abb. 26: Abgefragtes Kampagnenmotiv der BZgA
Abb. 27: Abgefragtes Kampagnenmotiv der DAH
Abb. 28: Abgefragtes Kampagnenmotiv zum WAT
Abb. 29: Abgefragtes Werbemotiv von United Colors of Benetton
Abb. 30: Die Markenidentität der BAH
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Übersicht über Träger in Berlin, die sich mit HIV/Aids beschäftigen
Tab. 2: Interviewpartner
Tab. 3: Zuordnung der Fragen der Online-Umfrage zu den Dimensionen des Identitätsmodells
I Einführung und theoretische Grundlagen
1 Einführung
1.1 Problembeschreibung
In den vergangenen 30 Jahren hat sich das Bild von HIV/Aids in Deutschland stark verändert. Von der, wie der Spiegel 1983 titelte, „Homosexuellen Seuche“[1] AIDS hinzu der chronischen Krankheit HIV, die zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar ist.[2] Recht früh hatte sich der New Public Health Ansatz in der HIV Prävention durchgesetzt, in dessen Zentrum das Leitmotiv steht: „Wie organisieren wir möglichst schnell, möglichst bevölkerungsweit und möglichst zeitstabil gesellschaftliche Lernprozesse, mit denen sich Individuen, soziale Gruppen, Institutionen und die gesamte Gesellschaft maximal präventiv und ohne Diskriminierung der Betroffenen auf ein Leben mit dem bis auf Weiteres unausrottbaren Virus einstellen können?“[3]. Dennoch konnte sich bis heute nicht vollständig das neue Bild der Infektion und Krankheit durchsetzen. Insbesondere unter dem Aspekt der Antidiskriminierung ist es aber notwendig, dass das neue Bild von HIV als chronische Krankheit in den Köpfen der Menschen verankert wird, damit auch neue Präventionsstrategien, die mit dem neuen Bild von HIV einhergehen, genutzt werden können und damit nicht nur eine bessere Prävention, sondern auch eine höhere Lebensqualität für die von HIV/Aids Betroffenen erreicht werden kann.
Da eine vollständige Betrachtung der Durchsetzung des New Public Health Ansatzes in Deutschland nicht im Rahmen der vorliegenden Arbeit möglich ist, soll hier der Fokus auf Berlin gerichtet werden. Aufgrund der Infektionszahlen in Berlin, mit insgesamt ca. 15.000 HIV-positiven Menschen, ca. 450 Neuinfektionen im Jahr 2012 und ca. 2.300 Menschen, die von ihrer Infektion nichts wissen[4] sowie einer großen Landschaft an freien Trägern mit dem Fokus auf HIV-Prävention, mit unterschiedlichen Zielgruppen, scheint aber auch eine Eingrenzung auf das Thema „HIV Präventionsarbeit in Berlin“ noch zu weit und un-spezifisch. Um einen geeigneten Rahmen für die vorliegende Arbeit zu setzen, liegt der Fokusauf der Berliner Aids-Hilfe (BAH) als größtem Akteur unter den freien Trägern. In der Arbeit der BAH ist nicht allein zu berücksichtigen, dass sich das tatsächliche Bild von HIV/Aids verändert hat, sondern auch die Aufgaben und der Anspruch der BAH. Ein zentrales Problem der Arbeit der BAH besteht darin, dass durch die unterschiedlichen Vorstellungsbilder zu HIV/Aids in der Bevölkerung auch unterschiedliche Vorstellungsbilder zur BAH in der Berliner Bevölkerung und in den verschiedenen Zielgruppen verankert sind.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Der New Public Health Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit als eine Form des Social Marketings verstanden, das darauf abzielt, spezifischen Zielgruppen neue Handlungsweisen nachhaltig zu vermitteln. Da Social Marketing im Gesamten keinen vom Umfang her geeigneten Rahmen schafft, soll die Bedeutung von Marken, als Vorstellungsbilder eines Produktes, im Fokus der Betrachtung stehen. Dazu wird hergeleitet, was eine Marke ausmacht, wie diese entstehen bzw. gebildet und geführt werden kann. Auf Grundlage eines solchen Konzepts von Markenmanagement wird in einem zweiten Schritt die BAH als Marke betrachtet und eine Markenidentität der BAH modelliert. Aus der Markenidentität wird im Weiteren eine Positionierung der BAH abgeleitet und der Einfluss von ausgewählten Marketinginstrumenten auf diese analysiert. Zusammenfassend soll die vorliegende Arbeit die Markenidentität und –positionierung der BAH, unter den ausgewählten Aspekten des Marken-Brandings und der Kommunikationspolitik bewerten.
1.3 Überblick der Gliederung der Arbeit
Die Arbeit ist in 3 Abschnitte und 8 Kapitel gegliedert. Nach dem einführenden Kapitel folgen im zweiten Kapitel die Definitionen grundlegender Begriffe und eine Einführung in das Social Marketing und das Markenmanagement. Mithilfe dieser theoretischen Grundlagen werden Kriterien herausgearbeitet, mit denen die Markenidentität und Positionierung der Berliner Aids-Hilfe analysiert und bewertet werden können. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Thema HIV/Aids, bei dem näher auf Zahlen und Fakten zu HIV/Aids eingegangen wird. Diese Informationen zur aktuellen Situationsind elementar für die Betrachtung der Geschichte als auch der aktuellen Entwicklungen derBAH.
Im zweiten Teil der Arbeit wird im vierten Kapitel die Vorgehensweise zur Durchführung der Online-Umfrage und der Experteninterviews beschrieben, mit denen die empirischen Daten erhoben wurden. Daran schließen sich das fünfte und sechste Kapitel mit der Darstellung der empirischen Ergebnisse an.
Im dritten Teil der Arbeit wird im siebten Kapitel das Markenmanagement der BAH im Sinne des Social Marketings hergeleitet, die Markenidentität der BAH modelliert und die Positionierung der BAH sowohl aus der modellierten Identität, als auch durch den Einsatz ausgewählter Marketinginstrumente abgeleitet und bewertet. Daran anschließend werden die Ergebnisse in Kapitel acht zusammengefasst, einer kritischen Würdigung unterzogen und ein Ausblick auf weitere Betrachtungsmöglichkeiten gegeben.
2 Grundlagen des Social Marketings unddes Markenmanagements
2.1 Social Marketingund seine Besonderheiten
2.1.1 Entstehung und Definition des Social Marketing
„Why can´t you sell brotherhood and rational thinking like you sell soap?“[5] Mit dieser Frage begründete Wiebe 1952 die ersten Überlegungen zum Social Marketing.
Im Gegensatz zum generischen Marketing, das von Kotler als„Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen“[6] definiert wird, gibt es für Social Marketing, welches auch als Sozial- oder Sozio-Marketing bezeichnet wird, keine allgemeingültige Definition. Zentes und Swoboda definieren soziales Marketing in ihren Grundbegriffen des Marketings, unter anderem nach Raffée, als Gegenmacht zum kommerziellen Marketing, welches zur Korrektur von (Konsum-)Normen eingesetzt werden kann.[7] Kotler und Roberto leiten Social Marketing über soziale Kampagnen her: Ausgangslage sind soziale bzw. gesellschaftspolitische Kampagnen, die allgemeine Einstellungen und Verhaltensweisen verändern sollen.[8] Bei solchen Kampagnen stellt sich jeweils die Frage, welche Einflussfaktoren darüber entscheiden, ob sie zum Erfolg werden oder nicht. Ausgehend von seiner Frage, warum Nächstenliebe sich nicht wie Waschmittel verkaufen lässt, kommt Wiebe nach der Untersuchung zahlreicher Sozial-Kampagnen zu der Erkenntnis, dass diese Kampagnen umso erfolgreicher sind, je mehr sie einer Produktwerbekampagne ähneln.[9] Daraus definieren Kotler und Roberto Social Marketing als eine Managementtechnik zur Veränderung von Vorstellungen und Verhaltensweisen unter dem Einsatz klassischer Marketinginstrumente.[10]
Auch wenn diese Definition auf den ersten Blick unscharf erscheint, so kann der Prozess des Social Marketing, in Anlehnung an den generischen Marketingprozess nach Kotler, hergeleitet und verdeutlicht werden, was in den nachfolgenden Unterkapiteln erfolgen wird.
2.1.2 Der Marketing-Mix im Social Marketing
2.1.2.1 Definition Marketing-Mix
Als „Marketing-Mix“ beschreiben Kotler et al. alle Instrumente, die im Marketing zur Verfügung stehen, Reaktionen auf dem Markt hervorrufen und damit die Nachfrage beeinflussen. Die zur Verfügung stehenden Instrumente lassen sich nach dieser Definition in vier Kategorien unterteilen: Produkt, Preis, Platzierung und Promotion.[11]
Ausgehend von der Definition des Social Marketings sind die Instrumente des klassischen Marketings also auch hier anzuwenden, wobei die einzelnen Kategorien im Sinne der sozialen Zielsetzung definiert werden müssen und erst darüber die Instrumente beschrieben werden können. Darüber hinausist für das Social Marketing zuerst zu klären, was der Markt und die Nachfrage sind.
2.1.2.2 Märkte und Zielgruppen im Social Marketing
Als Markt wird wirtschaftstheoretisch das Gefüge bezeichnet, in dem Angebot und Nachfrage und damit Anbieter und Nachfrager zusammentreffen.[12] Da das Ziel des Social Marketings „das Aufgeben ungünstiger Vorstellungen oder Verhaltensweisen oder die Annahme neuer Vorstellungen und Verhaltensweisen“[13] ist, ist der Markt der Ort, an dem günstigere oder neue Vorstellungen und Verhaltensweisen angeboten werden. Die (potenziellen) Nachfrager sind damit die Menschen, die von den günstigeren oder neuen Vorstellungen und Verhaltensweisen überzeugt werden und diese letztlich annehmen sollen. Der Markt steht also jeweils für die Vorstellungen und Verhaltensweisen der Menschen, die durch Social Marketing verändert werden sollen.
Vorstellungen und Verhaltensweisen sind nicht bei jedem Menschen gleich und die Gründe dafür sind vielseitig. Der Gesamtmarkt wird auf dieser Grundlage nach unterschiedlichen Zielgruppen segmentiert, wobei Kotler und Roberto drei Kriterien zugrunde legen: Soziodemographische Eigenschaften, das psychologische Profil und charakteristische Verhaltensweisen der Zielgruppe(n).[14] Als Zielgruppe werden hierbei die Menschen auf dem Gesamtmarkt bezeichnet, bei denen die Veränderung erzielt werden soll, welche also als Nachfrager in Frage kommen.
Neben den eigentlichen Zielgruppen sind des Weiteren Stakeholder zu berücksichtigen, die direkten oder indirekten Einfluss auf das Social Marketing ausüben. Kotler und Roberto unterscheiden Stakeholder in vier relevante Gruppen: Genehmigung erteilende, unterstützende, gegnerische und bewertende Gruppen.[15] So wie es das Ziel ist, die Zielgruppen als Nachfrager auf dem Markt zu gewinnen, ist es notwendig die Stakeholder einzubinden bzw. auf deren Ansprüche einzugehen, um zu gewährleisten, dass diese dem Anliegen des Social Marketings maximal positiv gegenüberstehen bzw. dieses nicht behindern und bei Möglichkeit sogar fördern.
2.1.2.3 Die Produktpolitik
Im klassischen Marketing befasst sich die Produktpolitik mit sämtlichen nutzenstiftenden Eigenschaften, die aus den Produkten hervorgehen und Bedürfnisse der Zielgruppe erfüllen. Im Social Marketing ist dies ähnlich. Die Produkte im Social Marketing dienen entweder dazu ein Problem der Zielgruppe zu lösen oder Bedürfnisse und/oder Wünsche zu verwirklichen.[16] Die Produkte im Social Marketing werden von Kotler und Roberto als gesellschaftspolitische Produkte bezeichnet und in drei Kategorien unterteilt:Vorstellungen (Ansichten, Einstellungen und/oder Werte), Verhaltensweisen (Einzelhandlungen oder Verhaltensmuster) und greifbare Gegenstände (Instrumente zum Erreichen bestimmter Verhaltensweisen).[17] Wie bereits in der Definition des Marktes und der Zielgruppen beschrieben, ist im Social Marketing oftmals kein Problembewusstsein oder Bedürfnis zur Veränderung bei den Zielgruppen gegeben. Aus diesem Grund ist die erste Aufgabe des Social Marketings, einen Markt für die gesellschaftspolitischen Produkte zu schaffen, in dem ein Problembewusstsein und bisher nicht erkannte Bedürfnisse bei den Zielgruppen geschaffen werden, bei denen das angebotene Produkt als Lösung wahr- und angenommen wird. Dies wird von Kotler und Roberto als Produkt-Markt-Entsprechung beschrieben, die möglichst hoch sein muss. Sie gehen dabei davon aus, dass Social Marketing deshalb nicht nur ein Instrument für sozialen Wandel ist, sondern vielmehr „eine neue Ideologie oder Einstellung“ darstellt, „deren Übernahme den Boden für größeren und wirksamen sozialen Wandel bereiten kann.“[18]
Im klassischen Marketing wird berücksichtigt, dass sich Bedürfnisse bei der Zielgruppe verändern können. Demnach muss das Produkt in der Lage sein, sich anpassen zu können, wozu es einer Innovationsfähigkeit des Herstellers bedarf. Diese drückt sich darin aus, dass Produkte weiterentwickelt oder neue Produkte auf den Markt gebracht werden. Die Initiierung von neuen Produkten ist maßgeblich davon abhängig zu machen, ob ein Nachfragebedürfnis (market-pull) oder neue technische Erfindungen (technology-push) zur Verfügung stehen.[19] Bei den angebotenen gesellschaftspolitischen Produkten im Social Marketing ist ebenso zu berücksichtigen, in wie weit die angebotenen Produkte angenommen werden und in wie weit sich daraus neue Problemstellungen, Wünsche und/oder Bedürfnisse bei den Zielgruppen entwickeln. Genauso kann aber der technologische und/oder soziale Fortschritt dazu beitragen, dass andere Problemlösungen zur Verfügung stehen und die gesellschaftspolitischen Produkte weiterentwickelt oder gar neu entwickelt werden müssen, um die Zielgruppen weiterhin erreichen zu können. Im Extremfall wurden alle gewählten Zielgruppen vollumfassend erreicht und haben die gewünschte Veränderung im Verhalten angenommen bzw. neue Vorstellungen, Werte etc. übernommen. In diesem Fall muss der Anbieter sein Social Marketing darauf ausrichten eine neue Nachfrage zu schaffen, indem er sich neue Zielgruppen erschließt oder aber sein Produkt findet keinen Absatz mehr auf dem Markt und wird damit überflüssig. Im Gegensatz zum klassischen Marketing wäre hier jedoch das oberste Ziel des Social Marketings erreicht. Ein Beispiel dafür wäre, wenn es durch entsprechende Interventionen keine Raucher mehr geben würde: Die Fortführung eines Social Marketing mit dem Ziel, Menschen davon zu überzeugen, das Rauchen einzustellen, wäre überflüssig. Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass das vollumfassende Erreichen eines Ziels im Social Marketing schwer zu realisieren scheint.
Ein besonderes Feld der Produktpolitik bildet die Markenpolitik. Diese wird von Bruhn als das Herzstück der Produktpolitik bezeichnet, da eine Marke beim Konsumenten zum Synonym für die Leistungsfähigkeit des Produktes wird.[20] Die Markenpolitik wird in der vorliegenden Arbeit ausführlich im Kapitel Markenmanagement behandelt.
2.1.2.4 Die Preispolitik
Im klassischen Marketing befasst sich die Preispolitik mit allen Entscheidungen rund um das Entgelt für die Produktleistung, den Zahlungs- und Kreditbedingungen, sowie den Lieferungsbedingungen, aber auch mit der Preisdurchsetzung am Markt.[21]
Zentes und Swoboda weisen bereits in ihrer Definition des Social Marketings darauf hin, dass Social Marketing-Organisationen ihre Leistungen oftmals unentgeltlich erbringen[22], was Bruhn als Besonderheit des Social Marketing herausstellt, da „kostenlos dem Empfänger zur Verfügung gestellte Leistungen Interpretationsschwierigkeiten des Preises bzw. der Gegenleistungspolitik“ bedeuten.[23] Diese Überlegung führt bei Bruhn zu einer allgemeinen Definition der Preispolitik: „Die Preispolitik beschäftigt sich mit der Festlegung der Art von Gegenleistung, die die Kunden für die Inanspruchnahme der Leistung des Unternehmens zu entrichten hat.“[24] Gegenleistungen können dabei in Form eines monetären oder nicht monetären Aufwandes erbracht werden. Ausgehend von überwiegend kostenlos zur Verfügung gestellten Leistungen, also dem fehlenden monetären Aufwand, lässt sich der nicht monetäre Aufwand nach Kotler und Roberto in zwei Kategorien aufteilen: Zeitaufwand und Risiken. Die Risiken können des Weiteren in psychologische, soziale und physiologische Risiken unterteilt werden.[25]
Maßnahmen der Preispolitik werden im klassischen Marketing ein hoher und direkter Einfluss auf das Kaufverhalten zugeschrieben. Darüber hinaus haben Preisveränderungen einen schnellen Einfluss auf das Kaufverhalten und sind zugleich eine große Herausforderung, wenn es sich um Richtungsänderungen bei Preisanpassungen handelt. Die Entscheidung für eine Preisstrategie muss jeweils mit den Marketingmaßnahmen der anderen Kategorien in Einklang stehen. Eine Hochpreisstrategie zum Beispiel wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Produktleistungen, die Platzierung und Promotion dem Preisanspruch gerecht werden und diesen auch vermitteln können.[26] Nicht anders verhält es sich im Social Marketing. Je geringer die Gegenleistung ist, die die Zielgruppe für das Produkt leisten muss, desto eher wird sie bereit sein, das Produkt zu nutzen. Eine Erhöhung des Aufwandes wird demnach eher dazu beitragen, dass es schwieriger wird, die Zielgruppe dazu zu bewegen, das Produkt zu nutzen. Aufgabe des Social Marketings ist es, in der Preis- bzw. Gegenleistungspolitik also, nicht monetären Aufwand über den Produktnutzen zu begründen und gleichzeitig dafür zu sorgen, den Aufwand so gering wie möglich zu halten.
Aus der Perspektive des Produktanbieters kann die Preispolitik, unabhängig von ihrer Wirkung auf die Zielgruppen, über die Produktkosten betrachtet werden.[27] Die Anbieter gesellschaftspolitischer Produkte können sich zwar dazu entscheiden, diese ohne die Forderung nach monetären Gegenleistungen anzubieten. Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Schaffung und das Anbieten von Produkten mit Kosten verbunden ist, die diese zu tragen haben und decken müssen.
Zentes und Swoboda behandeln diesen Aspekt im Social Marketing unter dem Begriff Fundraising. Fundraising beschreibt die Beschaffung von Ressourcen in Form von Finanz-, Sach- und Dienst- bzw. Arbeitsleistungen, sowie Rechte und Informationen, die dafür sorgen, dass die gesellschaftspolitischen Produkte ohne monetäre Gegenleistungen angeboten werden können.[28] Fundraising ergänzt die Preispolitik in dem Sinne, dass die Höhe der Gegenleistungen, die die Zielgruppe erbringen muss, dadurch determiniert wird, wie viele Ressourcen auf der Angebotsseite zur Verfügung stehen. Der Zeitaufwand für die Zielgruppe, zum Beispiel bei einem Beratungsangebot, ist dadurch determiniert, wie viele Ressourcen in Form von Beratungskräften zur Verfügung stehen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll das Fundraising aufgrund der Komplexität nur im engen Kontext der Kommunikationspolitik betrachtet werden. Die Frage nach der Finanzierung von Social Marketing-Aktivitäten wird daher weitgehend aus den nachfolgenden Betrach-tungen ausgeklammert und soll allein bei der Betrachtung ausgewählter Stakeholder Berücksichtigung finden.
2.1.2.5 Die Platzierungspolitik
Die Platzierungspolitik im klassischen Marketing, auch als Vertriebs- oder Distributions-politik bezeichnet, umfasst alle Entscheidungen und Maßnahmen zur Verteilung sämtlicher Produktleistungen vom Anbieter zum Nachfrager. Ziel dabei ist es unter anderem, die Effektivität und Effizienz der Lieferkette zu analysieren und zu verbessern, womit sich das Supply Chain Management befasst. Weitere Maßnahmen der Platzie-rungspolitik werden im Efficient Consumer Response Management gebündelt, bei dem Hersteller und Handel miteinander kooperieren, um die Bedürfnisse der Nachfrager optimal zu befriedigen.[29] Kotler und Roberto unterteilen die Vertriebskanäle bei materi-ellen Leistungen nach Stufen, wie es auch im klassischen Marketing erfolgen kann. Als Stufen werden dabei die Schritte zwischen Anbieter und Nachfrager bezeichnet. Stehen hierbei zum Beispiel der Vertrieb des Anbieters, ein Großhändler und ein Einzelhändler, der die Leistung dann dem Nachfrager anbietet, dazwischen, so wird von einem drei-stufigen Vertriebskanal gesprochen.[30] Bei materiellen Leistungen im Social Marketing ist weiterhin zu beachten, dass diese nur Mittel zum Zweck der Zielerreichung sind. Zwischenstufen im Vertriebskanal sind dann zu wählen, wenn die Aufgaben der Platzierung von Dritten effektiver und effizienter gelöst werden können, als vom eigent-lichen Anbieter selbst. Gleichwohl hat der Anbieter die Zwischenkanäle selbst auszu-wählen. Damit ist verbunden, dass die Zwischenkanäle nur dann einen Vorteil bieten, wenn diese die Leistungen so platzieren (können), dass sie auch die Zielgruppe erreichen. Sind keine Stufen zwischen Anbieter und Nachfrager vorgesehen bzw. vorhanden, hat der Anbieter zu beachten, wie er seine Leistungen am besten zugänglich für die Nach-frager anbietet. Wie schon in der Preispolitik beschrieben, ist zu beachten, dass Faktoren wie Zeit oder soziale Ängste eine wesentliche Rolle dabei spielen, ob Nachfrager die Leistung auch abrufen.
Die Vertriebspolitik bei immateriellen Leistungen im Social Marketing, also das Ziel der Vermittlung von Wertvorstellungen und/oder die Veränderung von Verhaltensweisen bei der Zielgruppe, ist vom vierten Bestandteil des Marketing-Mixes – der Promotionpolitik – nicht trennscharf unterscheidbar. Kotler und Roberto zeigen auch hier Vertriebswege mit unterschiedlich vielen Stufen auf. Im Gegensatz zum Vertrieb von materiellen Leistungen ist hierbei jedoch mindestens eine Zwischenstufe vorgesehen: der Vertrieb über Medien. Denn die Leistung besteht hierbei in der Vermittlung einer gewissen Botschaft.[31] Welche Medien zur Botschaftsvermittlung gewählt werden, hängt von der Art der Botschaft und der Zielgruppe, die sie erreichen soll, ab. Kotler und Roberto weisen darüber hinaus darauf hin, dass bei einigen immateriellen Leistungen die „Übermittlung von Informationen und zugehörigen Dienstleistungen auf höchst intensive, persönliche und interpersonelle Art und Weise erfolgen“[32]. In solchen Fällen ist es notwendig, die Informationen nicht allein in geeigneten Medien zu platzieren, sondern Fachleute, wie zum Beispiel Ärzte beim Thema Tabak- oder Alkoholkonsum, einzubinden.[33] Des Weiteren müssen die Anliegen an weitere Stakeholder, die Einfluss auf das gesellschaftspolitische Ziel haben, ebenso berücksichtigt werden, um diese für den Vertrieb nutzen zu können. Als Beispiel seien hier Behörden und politische Einflussnehmer genannt.
Bei der Vermittlung von Botschaften, und insbesondere beim Angebot von Dienstleist-ungen sind in der Regel ehrenamtliche Mitarbeiter involviert. Zum einen kann dies unter dem Aspekt des Fundraising betrachtet werden. Die Platzierungspolitik ist hierbei dafür zuständig, wann, wo und wie Dienstleistungen angeboten werden können. Zum anderen können ehren- aber auch hauptamtliche Mitarbeiter als Mittler der Botschaft angesehen werden. Kotler und Roberto weisen bei der ehrenamtlichen Mitarbeit auf drei wesentliche Motivationsquellen hin: Das Bedürfnis anderen Menschen zu helfen, die eigene Ansicht, dass das Anliegen von Nutzen für die Gesellschaft ist,sowie persönliche Interessen und Bedürfnisse, die durch die Mitarbeit befriedigt werden.In diesem Zusammenhang ist es Aufgabe der Vertriebspolitik, die Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, im Sinne des Angebotes, die Botschaften und Information an die Zielgruppe zu kommunizieren. Aber auch die Motivation der Mitarbeiter ist aufzugreifen und es gilt zu versuchen diese positiv zu beeinflussen, da die Art und Weise der Botschaftsvermittlung von ihr mitgeprägt wird.[34] Sind Mitarbeiter nicht von der Botschaft bzw. dem Zielanliegen überzeugt, ist schwer vorstellbar, dass sie diese positiv bzw. wirkungsvoll an die Zielgruppe vermitteln können. Die Vermittlung des Angebotes durch die Mitarbeiter soll im späteren Verlauf der Arbeit ebenfalls unter den kommunikativen Aspekten näher beleuchtet werden.
2.1.2.6 Die Promotionpolitik
Die Promotionpolitik im klassischen Marketing umfasst sämtliche Aktivitäten, mit denen die Eigenschaften und Leistungen eines Produktes kommuniziert werden, um die Bekanntheit zu steigern und die Kunden von dem Produkt zu überzeugen.[35] Der Aspekt der Kommunikation tritt deutlich hervor, indem man anstelle der Promotion- von der Kommunikationspolitik im Marketing spricht. Bruhn definiert diese als „die Gesamtheit der Kommunikationsinstrumente und –maßnahmen eines Unternehmens (...), die eingesetzt werden, um das Unternehmen und seine Leistungen den relevanten Zielgruppen der Kommunikation darzustellen und/oder mit den Anspruchsgruppen eines Unternehmens in Interaktion zu treten.“[36] Kotler et al. unterteilen die Kommunikationspolitik in einen eigenen Instrumentenmix innerhalb des Marketing, der aus Werbung, persönlichem Verkauf, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und Direct Marketing besteht.[37] Bruhn gliedert die Kommunikationsinstrumente in neun Bereiche, die, wie bei Kotler etal., Werbung, Verkaufsförderung und Direct Marketing beinhalten und darüber hinaus aus Public Relations, Sponsoring, persönliche Kommunikation, Messen und Ausstellungen, Event Marketing und Multimediakommunikation bestehen.[38]
Im Bereich Social Marketing unterteilen Kotler und Roberto die Kommunikationspolitik anhand der zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle in Massen-, selektive und persönliche Kommunikation.[39] Nicht jedes der oben genannten Instrumente kann auf jedem der drei Kanäle genutzt werden, allerdings ist auch nicht jedes Instrumente nur auf einem der Kanäle nutzbar. So kann z.B. Werbung in der Massen- und der selektiven Kommunikation eingesetzt werden, wohingegen Direct Marketing nicht über Massenkommunikation möglich ist und persönliche Kommunikation eben nur persönlich möglich ist. Bei der Öffentlichkeitsarbeit ist dagegen vorstellbar, alle drei Kommunikationskanäle zu nutzen.
Bei der Wahl der Kommunikationskanäle und –instrumente ist zu beachten, dass die Auswahl auch von der Bereitschaft der Zielgruppen abhängig ist, in wie weit sie sich mit dem Thema bzw. dem Produkt auseinandersetzen wollen. Die Wahl der Kommunikationskanäle und -instrumente ist demnach vom Involvement der Zielgruppen abhängig. Hohes Involvement beschreibt dabei, dass die Zielgruppe bereit ist, sich kognitiv mit dem Produkt zu beschäftigen. Im Gegensatz dazu steht niedriges Involvement für eine geringe Bereitschaft der Zielgruppe, sich mit dem Produkt zu beschäftigen und die Zielgruppe daher eher affektiv/emotional handelt.[40] Ausführungen zur Auswahl geeigneter Mittel innerhalb der Kommunikationspolitik folgen in späteren Kapiteln der Arbeit.
Ein weiterer zu beachtender Aspekt ist der Wandel im Kommunikationsverhalten der Konsumenten. Den Grund des Wandels sehen Dietrich und Schmidt-Bleeker darin, dass „schon immer technologische Neuerungen das Kommunikationsverhalten verändert haben“.[41] Bezogen auf die internetbasierte Kommunikation, das Web 2.0, postulieren Burgold, Sonnenburg und Voß: „Und haben Produkte sowie Leistungen der realen Welt im Vergleich zu jenen der Virtualität auch nur geringfügige Nachteile, werden alte Gewohnheiten zugunsten der neuen und effizienteren Möglichkeiten, die das Internet bietet, korrigiert.“[42] Gewohnheiten der Zielgruppen müssen zweifelsohne im gesamten Marketingmix berücksichtig werden. Insbesondere die Kommunikationspolitik muss sich jedoch durch das Web 2.0 bzw. die sozialen Medien, wie Facebook u.a., besonderen Chancen und Herausforderungen stellen: Der Interaktion zwischen Anbietern und Nachfragern, bei dem Nachfrager nicht mehr nur Konsumenten, sondern selbst Akteure sind.[43] Daraus resultiert, dass Konsumenten nicht nur mit dem Anbieter in Kontakt treten können, sondern auch mit anderen Konsumenten. Die Rollenverteilung zwischen dem Anbieter als Sender und den Nachfragern als Empfänger ist damit nicht mehr haltbar, vielmehr werden Empfänger der Botschaft selbst zu Sendern. Insbesondere bei immateriellen Produkten, bei denen die Botschaft selbst das Produkt ist, ist dies besonders zu berücksichtigen, da Konsumenten somit selbst zum Anbieter werden (können).
Die Promotion- bzw. Kommunikationspolitik im Social Marketing, mit all ihren Facetten, nimmt eine gewisse Sonderrolle im Marketingmix ein, welche in den nachfolgenden Kapiteln, insbesondere beim Thema Markenmanagement, noch deutlicher wird. Bisher zeigt sich die Sonderrolle zum einen in dem Aspekt, dass die Platzierungspolitik zum Großteil in der Kommunikationspolitik aufgeht, und zum anderen, dass das soziale Produkt nicht allein durch die Kommunikationsbotschaft dargestellt wird, sondern das Produkt die Berücksichtigung der Botschaft im Handeln und/oder Verhalten der Zielgruppe ist.
2.1.2.7 Zusammenfassung der Besonderheiten im Social Marketing-Mix
Nach Kotler et al. beschreibt Social Marketing den Marketingprozess für gesellschaftliche Ziele und Ideen. Damit geht einher, dass Social Marketing mehr als eine soziale Werbekampagne ist und wie beim klassischen, wirtschaftsorientierten Marketing sämtliche Instrumente des Marketingmix zur Verfügung stehen und eingesetzt werden sollten[44]. Die einzelnen Instrumente des Marketingmix sind nicht losgelöst voneinander zu betrachten, sondern hängen vielmehr miteinander zusammen. Erst das Zusammenspiel der zur Verfügung stehenden und eingesetzten Instrumente der Produkt-, Preis-, Platzierungs- und Promotionpolitik ergibt den Prozess des Social Marketings. Im Vergleich zum klassischen Marketing sind im Social Marketingeinige Besonderheiten zu berücksichtigen:
1.) Das angebotene Produkt besteht in Veränderung von Vorstellungen und Verhaltensweisen oder in der Annahme neuer Vorstellungen und Verhaltensweisen und ist damit immateriell. Materielle Produkte und Dienstleistungen sind in diesem Kontext als unterstützende Instrumente anzusehen, die die Nachfrage für das immaterielle Produkt schaffen und befördern sollen.
2.) Soziale Produkte werden oftmals kostenlos angeboten. Die Preispolitik ist daher nach außen oftmals auf nichtmonetäre Gegenleistungen fokussiert. Der Anbieter muss trotzdem berücksichtigen, seinen eigenen monetären Aufwand zu decken, weshalb Fundraising im Social Marketing eine besondere Rolle spielt.
3.) Die Platzierung des immateriellen Angebotes ist Teil der Kommunikationspolitik. Darüber hinaus ist bei einem Angebot von materiellen Leistungen und/oder Dienstleistungen eine geeignete Platzierungsstrategie im Sinne des generischen Marketings zu entwickeln und umzusetzen.
4.) Die Kommunikationspolitik im Social Marketing nimmt eine übergeordnete Stellung im Marketingmix ein. Sie ist nicht allein die Darstellung der Produktleistung, sondern platziert mit geeigneten Instrumenten die Botschaften, die selbst das nutzenstiftende Produkt ist.
5.) Aus dem gesellschaftlichen Anliegen, welches mit dem Social Marketing vermittelt werden soll, sind neben den Zielgruppen, die als Nachfrager gewonnen werden sollen, unterschiedliche Stakeholder zu berücksichtigen. Stakeholder können als Multiplikatoren im Sinne der Platzierungspolitik, im Sinne der Preispolitik als Unterstützer mit Geld- und Sachleistungen oder als Kräfte innerhalb der Produktpolitik auftreten.
2.2 Das Markenmanagement
2.2.1 Allgemeine Definition des Markenmanagements
Das Markenmanagement beschäftigt sich mit allen Aktivitäten, die notwendig sind, um das Ziel, eine starke Marke aufzubauen und zu erhalten, zu erreichen.[45] Die notwendigen Aktivitäten können dabei in die Kategorien Planung, Durchführung (Markenführung) und Kontrolle von markenbezogenen Entscheidungen gegliedert werden.[46]
Mit den Veränderungen im Markenverständnis haben sich unterschiedliche Ansätze des Markenmanagements herausgebildet. Da Marken zu Beginn als Eigentums- und Herkunftszeichen galten, gab es keine Notwendigkeit für ein Markenmanagement. Die Entwicklung des Markenmanagements beschreiben Meffert, Burmann und Kirchgeorg in vier Phasen. Mitte der 1960er wurden Marken über einen instrumentellen Ansatz begründet. Mitte der 1970er wurden Marken dann über einen funktionalen Ansatz, mit ersten Vermarktungsaspekten, begründet. In der dritten Phase setzten sich zwei konkurrierende Ansätze durch, die beide davon ausgehen, dass Marken durch den Konsumenten entstehen. Der verhaltensorientierte Ansatz orientiert sich dabei an der Wirkung des Markenmanage-ments auf den Konsumenten. Der zweite Ansatz, der strategisch-technokratische, dagegen orientiert sich an strategischen Entscheidungen des Produzenten/Anbieters und verknüpft diese mit der Markenführung.Die vierte Phase begann in den 1990ern, in dem die Ansätze aus der vorhergegangenen Phase zum identitätsorientierten Ansatz weiterentwickelt wurden. Neben dem Verhalten der Konsumenten auf das Markenmanagement, welches das Markenimage abbildet, wird auch die Perspektive des Unternehmens berücksichtigt, welche auch als Markenidentität bezeichnet werden kann. Da der identitätsorientierte Ansatz, seit den 1990ern weiterentwickelt wurde, wird mittlerweile vom identitätsbasierenden Ansatz im Markenmanagement ausgegangen. Dieser aktuelle Ansatz soll die Grundlage für die weitere Arbeit bilden.[47]
2.2.2 Definition des Markenbegriffes
2.2.2.1 Allgemeine Markendefinition
Kotler et al.definieren eine Marke als „Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol, ein spezielles Design oder eine denkbare Kombination aus diesen“, um ein Produkt zu markieren und damit den Hersteller des Produktes für den Kunden identifizierbar macht.[48] Eine Marke wird demnach über den Anbieter des Produktes definiert.
Burmann, Meffert und Koers definieren dagegen eine Marke als „ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht der relevanten Zielgruppen nachhaltig differenziert“[49], wobei die spezifischen Merkmale materieller und immaterieller Natur sein können. Der Nutzen eines Produktes wird vom Konsumenten bewertet, weshalb die Marke hier aus Sicht des Konsumenten definiert wird. Die Markierung des Produktes ist in diesem Fall zwar auch erforderlich, ist jedoch nicht ausreichend.
Mit diesen beiden Definitionen wird deutlich, dass Marken zwei elementare Funktionen besitzen: Zum einen soll eine Marke den Hersteller eines Produktes identifizieren. Zum anderen soll sie dem Konsumenten die Möglichkeit geben,bei der Wahl mehrerer Produkte über den Nutzen eines Produktes zu differenzieren.
Auch Esch definiert Marken über den Konsumenten, wobei nicht die Nutzenmerkmale eines Produktes im Vordergrund stehen, sondern das Image des Produktes:„Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppe, die eine Identifikation- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen.“[50]
Die unterschiedlichen Definitionen stehen dabei nicht grundsätzlich im Widerspruch zueinander, sondern zeigen die Entwicklungsstufen der Markendefinition, auch im Sinne des Markenmanagements, ergänzen sich und können letztlich zusammengeführt werden, wie Abb. 1 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenk
Abb.1: Markendefinition: Komponenten einer Marke.
Eigene Darstellung.
Die Grundlage einer Marke bildet die Markierung eines Produktes durch den Anbieter, damit dieses vom Konsumenten identifiziert werden kann. Damit das markierte Produkt sich von anderen Produkten mit demselben Nutzen durch den Konsumenten unterscheiden lässt, muss das Produkt spezifische Merkmale aufweisen, die den Kunden überzeugen und ihn veranlassen zu differenzieren. Die spezifischen Merkmale/ Nutzen des Produktes werden letztlich über das Image der Marke transportiert und veranlassen den Konsumenten zu differenzieren.
Der Begriff Marke kann aus unterschiedlichen Perspektiven differenziert werden. Eine erste Unterscheidung ist über den Hersteller bzw. den Inhaber der Marke möglich. Demnach gibt es Herstellermarken, die direkt vom Hersteller angeboten werden; Handelsmarken, bei denen Händler die Produkte des Herstellers als eigene Marke führen; Lizenzmarken, die vom Hersteller für eigene Produkte übernommen werden und sogenannte Co-Brands, bei denen mehrere Hersteller eine gemeinsame Marke anbieten.[51] Darüber hinaus lassen sich Marken nach ihrer Reichweite (regional, national, international), ihrem Bezug zu den angebotenen Produkten (Einzel-, Familien-, Dachmarken) und der angebotenen Güterklasse (Konsum-, Dienstleistungs-, Industriegüter) unterscheiden.[52] Die Wahl, der Aufbau und die Führung einer gewissen Markenart ist Teil der Marketingstrategie.
2.2.2.2 Marken im Social Marketing
Ausgehend von der allgemeinen Markendefinition spielen Marken ebenso im Social Marketing eine Rolle. Die gefasste Definition einer Marke muss jedoch leicht an die Besonderheiten des Social Marketings angepasst werden. Besonderheiten sozialer Marken, die aus der Immaterialität der Produkte entstehen, ergeben sich ebenso im Dienstleistungsmarketing, bei dem die Vorteile von Marken durch Meffert und Bruhn beschrieben wurden und auf soziale Marken übertragen werden können. Meffert und Bruhn beschreiben drei Problemstellungen im Dienstleistungsmarketing, bei denen die Schaffung einer starken Marke als Lösung dienen kann:[53]
- Kaufrisiko: Gerade bei immateriellen Produkten wird das subjektive Risiko als höher angenommen. Marken können den Konsumenten Vertrauen geben und damit das subjektive Empfinden des Kaufrisikos verringern. Dies kann auf die Annahme von Werten und Verhaltensänderungen übertragen werden. Ausgehend von nichtmonetären Kosten für den Konsumenten (siehe Kap. 2.1.2.4) können Marken also dazu beitragen, dass ihre Kosten sinken.
- Vergänglichkeit: Meffert und Bruhn weisen darauf hin, dass Dienstleistungen nach ihrer Erstellung und Inanspruchnahme nicht mehr beim Konsumenten (physisch) vorhanden sind. Damit geht einher, dass der Kontakt zwischen Anbieter und Konsumenten abbricht und ein Vergessen eintreten kann. Gerade bezogen auf soziale Produkte ist ein Verinnerlichen der Idee beim Konsumenten aber notwendig, da die vermittelten Werte und/oder das Verhalten beim Konsumenten dauerhaft vorhanden sein sollen. Marken dienen hierbei dazu, dass der Kontakt über Marketingmaßnahmen erhalten bleibt.
- Imitation/Konkurrenz: Immaterielle Merkmale bzw. Nutzen sind leichter von anderen Anbietern zu imitieren/kopieren, als materielle Eigenschaften. Der Unterschied zwischen Anbietern ist hierbei für den Konsumenten nicht immer leicht zu erkennen. Eine Marke übernimmt hierbei die Differenzierungsfunktion.
Christa weist für soziale Marken darauf hin, dass die Einteilung unterschiedlicher Markenformen in einem anderen Bezugsrahmen stattfindet. Grund dafür ist, dass soziale Marken bzw. ihre immateriellen Produkte immer, auch wenn in verschiedenen Formen, in Organisationen, Trägern oder Institutionen eingebettet sind und über diese wirken. Diese bilden jeweils den Bezugsrahmen, weshalb bei den möglichen Differenzierungen von Marken stets der institutionelle Rahmen berücksichtigt werden muss. Eine Marke kann aus dieser Sichtweise für (übergreifende) Trägerverbände, einzelne Träger oder einzelne Organisation/Betriebe eines Trägers/einer Institution stehen. Eine Markenbildung über die Leistung bzw. das Produkt ist darüberhinaus weiterhin möglich. Auch soziale Marken können sich auf ein Leistungssegment oder einzelne Leistungen beziehen. In diesem Fall ist es möglich, dass die Marke mit mehreren Trägern, die diese Leistung(en) anbietet, in Verbindung steht.[54]
Aus diesen Differenzierungsmöglichkeiten wird deutlich, dass sich die Markierung auf die Sozialorganisation, in Kombination mit ihren Leistungen, bezieht.Die Komponenten einer Marke, wie in Abb. 1 dargestellt (Produkt – Markierung – Nutzenmerkmale – Image), bleiben dabeidie Selben, wobei der Kern, also das Produkt um die Organisation/den Träger/die Institution erweitert werden muss. Aus dieser Sicht kann eine Imitation der Leistung sogar angestrebt sein. Ist dies der Fall, bildet sich eine Marke aus dem Angebot und mehreren Institutionen/Trägern, die diese anbieten.
2.2.3 Konzepte des identitätsbasierenden Markenmanagements
2.2.3.1 Grundlage der unterschiedlichen Konzepte
Wie bereits bei der Definition des Markenmanagements und der Marke geschildert, bilden die Markenidentität und das Markenimage, in den aktuellen Ansätzen, den Kern des identitätsbasierenden Markenmanagements. Nach Meffert und Burmann basiert das Grundkonzept auf einer Marken-Nachfrager-Beziehung, bei der sich die Identität einer Marke als Selbstbild und das Image der Marke als Fremdbild gegenüberstehen. Das Selbstbild ist dabei geprägt von dem Nutzenversprechen und dem Markenverhalten und wird vom Markeneigner gesteuert. Das Fremdbild entsteht dem gegenüber durch die Erwartungen an die Marke und das Markenerlebnis bei den Konsumenten.[55]
Das Markenimage kann mit der Markendefinition von Esch als „Vorstellungsbild in den Köpfen der Anspruchsgruppe“[56] definiert werden. Die Definition von Burmann, Blinda und Nitschke fasst das Vorstellungsbild konkreter:„Das Markenimage ist ein in der Psyche relevanter Zielgruppen fest verankertes, verdichtetes, wertendes Vorstellungsbild von einer Marke“.[57]
Die Markenidentität beschreibt Esch als „Wurzel der Marke“ und definiert diese auch als Selbstbild der Marke, welches zum Ausdruck bringt, wofür die Marke stehen soll. Dieses Selbstbild umfasst deshalb alle „essentiellen und wesensprägenden Merkmale einer Marke“ und ist damit der Ausgangspunkt für die Bildung eines Images bei der Anspruchsgruppe.[58] Ringel weist für die Definition der Markenidentität darauf hin, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf die Identität einer Marke gibt.[59] Neben der Innenperspektive, wie bei Esch, gibt es beispielsweise Definitionen ohne konkrete Sichtweise, wie von Bube, bei der die Identität für die „zielgerichtete, einheitliche Ausgestaltung aller Einflussfaktoren, die eine Marke prägen“ steht.[60] Meffert und Burmann definieren die Markenidentität dagegen aus einer wechselseitigen Perspektive: „Die Markenidentität stellt eine in sich widerspruchsfreie, geschlossene Ganzheit von Merkmalen einer Marke dar, die diese von anderen Marken dauerhaft unterscheidet. Die Markenidentität entsteht erst in der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugsgruppen der Marke und bringt die spezifische Persönlichkeit einer Marke zum Ausdruck“.[61] Bei dieser Definition ist das Markenimage als Fremdbild der Marke Bestandteil der Identität und erwächst nicht erst aus der Identität, wie bei Esch. Dagegen kann aus der Definition von Esch abgeleitet werde, dass die Markenidentität bereits das Image darstellt, welches der Markeninhaber bei dem Konsumenten verankern möchte (Soll-Image). Das Image, welches die Marke letztlich beim Konsumenten hat (Ist-Image), kann als Bewertungskriterium für den Markeninhaber dienen, wie erfolgreich der Transfer der Markenidentität auf den Markt und/oder Maßnahmen zur Verbesserung des Markenimages sind.[62]
Ohne hier auf die Entwicklung der ersten Modelle der identitätsbasierten Markenidentität, nach Kapferer und Aaker, einzugehen, sollen die heute oftmals verwendeten Modelle von Esch und Meffert/ Burmann beschrieben werden.
2.2.3.2 Identitätsmodell nach Esch
Esch bewertet die beiden Modelle von Kapferer und Aaker aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten ähnlich und kommt zu dem Schluss, dass die Modelle einen Überblick über eine Markenidentität ermöglichen, aber nicht ausreichen, um eine Markenidentität festzulegen, da eine Trennung zwischen verbalen- und nonverbalen Eindrücken sowie in rationale und emotionale Elemente nicht erfolgt. Dabei wird für nicht relevant gehalten, ob eine Zuschreibung auf die Marke als Person oder die Marke als Organisation zurückzuführen ist, sondern allein, dass die Marke diese Zuschreibung besitzt[63]. Esch kommt daher zu folgendem Schluss: „Bei dem Aufbau einer Markenidentität ist zwischen einem sinnvollen Klassifikationsraster und grundlegenden Zugängen zur Erfassung der Markenidentität zu unterscheiden.“[64] Aus seiner Kritik an den Modellen von Kämpferer und Aaker entwickelt Esch auf Grundlage des Markensteuerrads von Icon Added Value sein eigenes Modell zur Markenidentität[65], das in Abbildung 2im Überblick dargestellt ist.
Das Modell von Esch geht von der Innenperspektive einer Marke aus. Im Kern besteht dieses Identitätsmodell, im Weiteren wie von ihm als Markensteuerrad bezeichnet, aus der Kompetenz einer Marke, die mit der Frage: „Wer bin ich?“ erfasst werden kann. Um diesen Kern fügen sich die vier Dimensionen der Identität, die Esch einteilt in “Hard Facts“ und „Soft Facts“, welche die Kompetenz konkretisieren. Die Hard Facts sind dabei mit dem Markennutzen, der durch die Markenattribute gestützt wird, auf der rechten Seite des Steuerrads angeordnet. Die Soft Facts sind auf der linken Seite angeordnet. Dabei handelt es sich um die Tonalität der Marke, die durch das Markenbild erlebbar wird und sodie Attribute der Marke sichtbar macht.[66]
Über diesen Aufbau werden die Dimensionen der Marke in einen Sinnzusammenhang gestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Markensteuerrad nach Esch (2012), Abb. 53, S. 102.
Da die Abbildung 2 gut zusammenfasst, welche Komponenten die einzelnen Dimensionen umfassen, soll auf diese erst im späteren Verlauf der Arbeit eingegangen werden. Bei den Elementen der Markenkompetenz ist darauf hinzuweisen, dass sich diese auf alle Dimensionen des Markensteuerrads auswirken, da sie mit bestimmten Werten, Fertigkeiten und/oder generellen Eigenschaften des Unternehmens / der Produkte verbunden sein können.
2.2.3.3 Identitätsmodell nach Meffert und Burmann
Das Modell von Meffert und Burmann, auf das sich Meffert, Burmann und Kirchgeorg berufen[67], geht auf Burmann, Blinda und Nitschke zurück und ist inAbbildung 3darge-stellt und wird im Weiteren als „Zweiseitiges Modell“ bezeichnet, da es eine wechsel-seitige Perspektive im identitätsbasierten Markenmanagementunterstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenk
Abb.3: Markenidentitätsmodell nach Burmann/Blinda/Nitschke (2003), S. 25.
Die zentralen Merkmale des Markenselbstbildes im Zweiseitigen Modell lassen sich wie folgt zusammenfassen:[68]
- Das Fundament bildet die Herkunft der Marke, da eine Marke im Kontext ihres Ursprungs wahrgenommen und interpretiert wird. Die Herkunft kann regionale, kulturelle und institutionelle Aspekte in sich tragen.[69]
- Als Kompetenzen werden im Modell „alle spezifischen organisatorischen Fähigkeiten eines Unternehmens zur marktgerechten Kombinationen von Ressourcen“[70] angesehen, die dazu genutzt werden können, dass das Handeln des Unternehmens einen möglichst hohen Kundennutzen stiftet. Dabei zeichnen sich die Kernkompetenzen dadurch aus, dass die Marke im Vergleich zur Konkurrenz einen ebenbürtigen oder höheren Kundennutzen stiftet.
- Daraus leitet sich direkt die Markenleistung ab und baut darauf auf. Sämtliche Leistungen einer Marke und deren funktionaler Nutzen für den Nachfrager werden hier festgelegt.
- Die Markenvision zeigt für die interne Zielgruppe die Entwicklungsrichtung über die nächsten (5-10) Jahre an, welchedie Zielgruppe motivieren und Identifikation schaffen soll. Die Vision als „bildhafte-emotionale“ Leitlinie dient zur Unterstützung der konkreteren und zeitlich begrenzteren Unternehmensziele, die sich auch aus den Markenleistungen ergeben.
- Die Markenwerte sollen aufzeigen, woran Unternehmen, Management und Mitarbeiter, glauben. Werte bestehen in diesem Kontext aus emotionalen Komponenten und sollen gleichzeitig die Wünsche der externen Zielgruppen an die Marke widerspiegeln und so einen Bezug zum Kundennutzen schaffen.
- Die Markenpersönlichkeit bündelt alle Einzelkomponenten der Markenidentität zusammen, „beseelt“ die Marke und findet Ausdruck im verbalen und non-verbalen Kommunikationsstil der Marke. Die Markenpersönlichkeit wird zum einen durch die anderen Komponenten der Identität beeinflusst und ist zum anderen dafür verantwortlich, wie einzelne Aspekte kommuniziert werden.
Die Komponenten des Fremdbildes der externen Zielgruppe, auch als Markenimage bezeichnet, können im Kontext des Selbstbildes wie folgt beschrieben werden:[71]
- Die Markenbekanntheit ist keine Komponente des Markenimages, sondern Grundvoraussetzung zur Bildung eines Images. Als Markenbekanntheit wird die Fähigkeit der externen Zielgruppe beschrieben, ein Markenzeichen zu erkennen oder sich z.B. durch visuelle oder akustische Unterstützung zu erinnern, und daraus einer Produktkategorie zuordnen zu können. Ist diese Grundvoraussetzung gegeben, kann das Markenimage in drei Komponenten, geordnet nach ihrer Relevanz für das Kaufverhalten, unterteilt und aufgebaut werden.
- Die geringste Relevanz besitzen die Markenmerkmale, die sämtliche Eigenschaften der Marke repräsentieren. Diese können sachlich-rational oder emotional und bildhaft sein, sowie auf materielle oder immaterielle Merkmale zurückgehen. Die Markenmerkmale werden vonseiten des Selbstbildes stark von Herkunft und (Kern-)kompetenzen der Marken mitbestimmt. Daneben spielt auch die externe Zielgruppe selbst eine Rolle, da auch diese vom einzelnen Nachfrager wahrgenommen wird. Die Wahrnehmung der Markenmerkmale führt zu einer Bewertung dieser und lässt den Nachfrager einen funktionalen und symbolischen Nutzen der Marke wahrnehmen.
- Die geringere Relevanz hat der funktionale Nutzen, der sich aus dem physikalisch-funktionalen Nutzen der Markenleistung, den Informationen über und das Vertrauen in die Marke ergibt. Grundlegend ist hierbei die Art der Markenleistung, die sich aus dem Selbstbild ergibt.
- Die stärkste Relevanz beim Markenimage hat der symbolische Nutzen einer Marke. Damit wird ein Mehrnutzen, über den funktionalen Nutzen hinaus, beschrieben, den der Nachfrager in der Marke sieht. Der symbolische Nutzen der Marke kann nach Burmann und Stolle ein persönlicher (sinnlich-ästhetisch oder hedonistisch) und/oder ein sozialer Nutzen sein.[72] Ob die externe Zielgruppe der Marke zutraut, einen symbolischen Nutzen stiften zu können („meaning“), wird durch das Selbstbild der Marke in Form der Markenvision, des Markenwertes und letztlich der Markenpersönlichkeit geprägt.
Die Wechselseitigkeit von Selbst- und Fremdbild wird in der Abbildung 6 durch die Zuordnungen der Einzelaspekte angedeutet. Dabei kann dies in zwei zu unterscheidenden Gesamtaspekten zusammengefasst werden. Aus den Markenmerkmalen, im Zusammenspiel der Markenherkunft und den –kompetenzen, begründet sich die Glaubwürdigkeit einer Marke. Die übergeordneten Eigenschaften des Markenselbstbildes (Persönlichkeit, Werte, Vision, Art der Leistungen) sind, unter Berücksichtigung des assoziierten Nutzens bei der externen Zielgruppe (symbolischer und funktionaler Nutzen) durch das Markenimage, die Grundlage zur Positionierung der Marke.
2.2.4 Entwicklung eines eigenen Identitätsmodells
2.2.4.1 Vergleichende Bewertung zwischen den Modellen von Esch und Burmann/Blinda/Nitschke
Vergleicht man die Markenidentität im zweiseitigen Modell mit dem Markensteuerrad nach Esch, sind eine Vielzahl der Identitätsaspekte in beiden Modellen wiederzufinden, jedoch unterschiedlich angeordnet. In beiden Modellen können Vorteile gesehen werden.
Als Vorteile des Modells nach Esch sind klare Struktur und Einteilung, in 4 Dimensionen/Leitfragen inklusive spezifischer Merkmale für jede Dimension, anzusehen. Dies erscheint hilfreich für die Markenbildung, da das Markensteuerrad als „Leitfaden“ angesehen werden kann. Ebenso ist die Gleichsetzung im Aufbau von Selbst- und Fremdbild als Vorteil zu erachten, da es die Analyse einer bestehenden Marke bezüglich seiner Identität vereinfacht. Zum einen ist damit die Erhebungen zum Markenimage und ein Vergleich zwischen Ist- und Soll-Identität möglich und bietet zum anderen die Grundlage für eine Bewertung.
Das zweiseitige Modell weist Vorteile für das konkrete Management von Marken auf, da es detailliert einzelne Wirkungselemente im Selbst- und Fremdbild aufzeigt. Es wird deutlich, wo Wechselwirkungen zwischen der externen und internen Zielgruppe auftreten und wie das Nutzenempfinden des Nachfragers beeinflusst wird. Ebenso kann das iterative Vorgehen bei der Entwicklung und Analyse des Markenselbstbildes, aufgrund der Komplexität der Wirkungsweisen, als Vorteil erachtet werden. Damit ist es mit dem zweiseitigen Modell zum einen ebenfalls möglich, Marken zu begründen. Zum anderen ist darüberhinaus aber auch die Bewertung potenzieller Veränderungen einer Marke möglich. Dies wird durch die Beschreibungen der Wechselwirkungen mit dem Fremdbild operationalisiert und birgt die Möglichkeit, Methoden zur Imageerfassung abzuleiten, die wie bei Esch mit dem Selbstbild verglichen und bewertet werden können.
2.2.4.2 Entwicklung eines eigenen Modells zur Markenidentität von sozialen Marken
Zur Analyse und Bewertung der Markenposition der „Berliner Aids-Hilfe“ und zur Ableitung erster Handlungsempfehlungen zur Stärkung und optimalen Nutzung der Marke ist es sinnvoll, wenn die Vorteile beider Modelle in ein Modell überführt werden, das als Grundlage für die weitere Arbeit dient. Das von mir unter Bezugnahme auf die Modelle von Esch sowie Burman, Blindel und Nitschke für die vorliegende Arbeit entwickelte Modell ist in Abbildung 4dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenk
Abb. 4: Markenidentitätsmodell: Eigene Darstellung, unter Berücksichtigung der Modelle von
Esch und Burmann/ Blindel/ Nitschke.
Das dargestellte Identitätsmodell besteht aus 5 Ebenen. Den Kern des Modells bildet die Bekanntheit der Marke, da diese die Grundvoraussetzung für Marken ist.Erst mit der Bekanntheit erkennt die externe Zielgruppe die Marke, und kann dieser ein Image (grün) geben und/oder dieses mit der Marke verbinden. Ausgehend vom Fremdbild der Marke, also der externen Zielgruppe, entspricht das Modell jenem von Burmann/Blinda/Nitschke, in dem sich aus den Markenmerkmalen der funktionale Nutzen einer Marke ergibt. Das Selbstbild (rot), aus welchem sich das Fremdbild (Image) entwickelt, ist ebenfalls ähnlich zu dem Modell von Burmann/Blinda/Nitschke, jedoch um Elemente aus dem Modell von Esch ergänzt. Die (Kern-)Kompetenzen der Marke bilden, wie von Esch beschrieben, die Geschichte, die Herkunft, die Rolle der Marke am Markt und die zentralen Markenassets. Die Markenassets sind dabei wie die Kompetenz nach Burmann/Blinda/Nitschke definiert, also als organisatorische Spezifika des Unternehmens, Ressourcen und Fähigkeiten und so zu kombinieren, dass eine möglichst hohe nutzenstiftende Wirkung entfaltet wird. Aus diesen Kompetenzen ergeben sich die Leistungen, die der Marke zugeschrieben werden können.
Diese Leistungen sind in dem beschriebenen Modell der funktionale Nutzen, den das Angebot besitzt oder der ihm zugeschrieben werden kann. Aus den Leistungen geht die dritte Ebene der Identität hervor, die mit den Markeneigenschaften und den Eigenschaften des Unternehmens den symbolischen Nutzen für die externe Zielgruppe begründen. Über die Visionen und Werte eines Unternehmens können dem Unternehmen Eigenschaften zugeschrieben werden. Die Vision steht dabei für die Leitlinien, denen das Unternehmen folgt und wohin es sich entwickeln will. Die Werte eines Unternehmens bestehen aus emotionalen Komponenten, die Wünsche der externen Zielgruppe widerspiegeln sollen und gleichzeitig anzeigen, woran das Unternehmen glaubt. Gleichzeitig werden dadurch emotionale und symbolische Eigenschaften an die Produkte bzw. die Marke gekoppelt. Wie durch die Pfeile im Schaubild angedeutet, wird der symbolische Nutzen bei der externen Zielgruppe aber auch durch die Markenmerkmale begründet. Damit wird deutlich, dass die Eigenschaften des Unternehmens diese Merkmale widerspiegeln und den Unternehmenskompetenzen entsprechen müssen. Dadurch ist es ebenso möglich, dass sich die Eigenschaften des Unternehmens auf die Kompetenzen auswirken. Zusammenfassend bilden diese Ebenen zusammen die Markenattribute bzw. das Markenwissen.
Den Rahmen des Modells bildet die Persönlichkeit der Marke, die aus beiden Perspektiven identisch wahrgenommen werden sollte. Die Markenpersönlichkeit bündelt die Einzelkomponenten des Markenselbstbildes, also der Identität, und ist gleichzeitig das zusammengefasste Markenimage als Fremdbild. Wie bei Esch gilt also, dass die Persönlichkeit als Identität im Selbstbild als Soll-Image, und das Image im Fremdbild als Ist-Identität beschrieben werden kann. Die Persönlichkeit der Marke kann mit der Frage, „Wie ist die Marke?“ zusammengefasst werden. Dabei ist zu beachten, dass die Persönlichkeit für die externe Zielgruppe erlebbar werden muss und deshalb das Erscheinungsbild der Marke letztlich den sichtbaren Rahmen des Modells bildet. Gleichzeitig ist dieser sichtbare Rahmen, also das Markenbild, Grundvoraussetzung für die Bekanntheit, die zu Beginn des Modells steht.
Die gesamte Identität einer Marke wird erst durch ihre Positionierung auf dem Markt an die Zielgruppe herangeführt und soll den Markennutzen transportieren. Die externe Zielgruppe bewertet den Markennutzen auf der Grundlage ihres Wissens über die Marke und die Persönlichkeitseigenschaften, die sie der Marke zuschreiben, und gibt so letztlich ein Feedback an den Markeneigner.
Das Modell kann ohne Modifikationen auf soziale Marken angewandt werden, da die Entwicklung der Markenpersönlichkeit bereits die Betrachtung des Unternehmens bzw. im Fall von sozialen Produkten die Eigenschaften der Organisation/Institution einschließt.
2.3 Die Markenpositionierung auf Grundlage des Identitätsmodells im Social Marketing
2.3.1 Eigenschaften der Markenpositionierung auf Grundlage des Identitätsmo-dells
Die Markenpositionierung im vorliegenden Modell stellt die inside-out-Perspektive der Marke da und ist die Vermittlung der Marke an die Zielgruppe. Abgeleitet aus dem Identitätsmodell ergeben sich bei der Positionierung vier Schritte, die vollzogen werden müssen: (1) Entwicklung einer Markenidentität; (2) Verdichtung der Identität auf den funktionalen und symbolischen Nutzen; (3) Übersetzung des Gesamtnutzens in ein Markennutzenversprechen; (4) Vermittlung des Nutzenversprechens an die Zielgruppe. Die Wahrnehmung der Marke durch die Zielgruppe und deren befriedigte Bedürfnisse durch die Marke entscheiden letztlich über die tatsächliche Position, die die Marke einnimmt.[73] Die Positionierung kann demnach also auch als Extrakt der Markenidentität bezeichnet werden.[74] Bei Esch steht die Positionierung für den Aufbau wirksamer Vorstellungsbilder und bringt „immer eine Konzentration auf eine bzw. einige wenige Eigenschaften mit sich“.[75] Auf welche Eigenschaften die Markenpositionierung aufbaut, ist abhängig von mehreren Faktoren, auf die in den nachfolgenden Kapiteln eingegangen wird. Wie das Markenmanagement allgemein, kann auch die Positionierung in drei miteinander zusammenhängende Aspekte unterteilt werden. Zu Beginn steht die Planungsphase mit der Konzeption der Positionierung. Darauf folgt die Umsetzung des Konzeptes, also die tatsächliche Positionierung der Marke bei der Zielgruppe und letztlich das Controlling.
2.3.2 Grundlagen zum Positionierungskonzept von (sozialen) Marken
In der Planungsphase der Positionierung ist auf Grundlage der Markenidentität ein Konzept zur Positionierung der Marke auf dem Markt zu entwickeln. Nach Esch muss ein solches Positionierungskonzept folgende Kernfragen beantworten können:
„1. Welche Wünsche und Bedürfnisse hat die Zielgruppe heute und in Zukunft?
2. Wie positionieren sich Konkurrenzunternehmen zurzeit, wie werden sie sich aufgrund möglicher Veränderungen der Angebots- und Nachfragestruktur künftig verhalten?
3. Wie möchte sich das eigene Unternehmen in der Zukunft sehen? Welche Positionierungen passen zur Markenidentität.“[76]
Die heutigen Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe sind im Social Marketing differenziert zu betrachten. Die soziale Marke kann nur dann ein Angebot zur Erfüllung oder Befriedigung dieser Wünsche und Bedürfnisse machen, wenn diese Ausdruck eines Problembewusstseins der Zielgruppe sind, auf welches das soziale Produkt ansprechen will. Beziehen sich die aktuellen Wünsche und Bedürfnisse jedoch auf Verhaltensweisen und Vorstellungen, die von dem sozialen Produkt verändert werden sollen, so sollen diese nicht erfüllt oder befriedigt werden, sondern abgelöst werden. Auch die Überlegungen zu den zukünftigen Wünschen und Bedürfnissen kann von zwei Seiten aus betrachtet werden. Auf der einen Seite können diese aus der Zielgruppe selbst erwachsen. Auf der anderen Seiten kann die Formulierung von zukünftigen Wünschen und Bedürfnissen der Zielgruppe auch Ausdruck davon sein, was die soziale Marke bei der Zielgruppe auslöst. Die differenzierte Betrachtung zeigt eine wichtige Entscheidung innerhalb des Positionierungskonzeptes auf, denn die Positionierung der Marke kann demnach aktiv und reaktiv erfolgen. Bereits artikulierte Wünsche der Zielgruppe stehen für eine reaktive Positionierung, wohingegen noch neue, unbekannte, aber kaufentscheidendeNutzeneigenschaften, also zukünftige Wünsche und Bedürfnisse, für eine aktive Positionierung stehen. Ein Positionierung, die langfristig angelegt ist, hat eine Balance zwischen reaktiver und aktiver Positionierung sicherzustellen.[77]
Esch fasst das Ziel der Strategie als „die Verringerung des wahrgenommenen Abstandes zwischen einer Idealvorstellung der Zielgruppe und der eigenen Marke“ zusammen.[78] Damit bedeutet eine reaktive Positionierung, dass das Angebot der Zielgruppe angepasst wird. Hierbei ist besonders der Konkurrenzaspekt zu beachten, der durch die zweite der genannten Fragen nach der Positionierung von Konkurrenzunternehmen angesprochen wird. Bei der aktiven Positionierung wird letztlich die Anpassung der Zielgruppe an das Produkt angestrebt, in dem die Marke mit den der Zielgruppe unbekannten, aber für die Zielgruppe relevanten Eigenschaften positioniert wird. Vollert geht davon aus, dass Bedürfnisse bereits latent bei der Zielgruppe vorhanden sein können, welche vom Anbieter identifiziert werden müssen, um die Bedürfnisse durch innovative Lösungsangebote zu aktivieren. Ebenso kann auch zu Beginn das innovative Produkt des Anbieters stehen, für das dann eine geeignete Zielgruppe gesucht wird, bei der die Bedürfnisse und Wünsche aktiviert werden können. In beiden Fällen müssen Informationen über die (potenzielle) Zielgruppe gewonnen werden. Informationen können durch die direkte Beteiligung der Kunden, durch Situationsanalysen, Kreativitäts- und Prognosemethoden und aus Expertengesprächen/-befragungen gezogen werden.[79]
Betrachtet man die mögliche Konkurrenz, gelten als Basis oft die Point-of-Difference Strategie, bei der die Marke möglichst weit entfernt von der Konkurrenz positioniert werden soll, und die Point-of-Parity Strategie, bei der ein Konkurrent imitiert werden soll, bis hin zur Me-too Strategie, in der die Marke in allen Nutzendimension gleich einem Konkurrenten sein soll. In der Praxis werden oft Kombinationen aus den Basisstrategien angewandt.[80] Die Wahl der Strategie ist auch abhängig davon, wie reaktiv oder aktiv die Positionierungsstrategie ist. In wie weit bei sozialen Marken ein Zusammenschluss oder zumindest eine enge Abstimmung verschiedenerTräger/Organisationen/Institutionen sinnvoll oder notwendig ist, ist ein Aspekt der Fragestellung dieser Arbeit. Deutlich wird, dass in einem solchen Fall eher die Point-of-Parity und Me-too-Strategien geeignet sind und sich daraus eine gemeinsame Marke entwickeln lässt, da die gesellschaftlichen Ziele die Selben sind. Konkurrenz kann im Social Marketing aber auch bedeuten, dass andere Anbieter die Einstellungen und das Verhalten der Zielgruppen, die beeinflusst werden sollen, in anderer Art und Weise verändern wollen, was letztlich für eine Point-of-Difference sprechen würde.
Die dritte Frage zur Positionierungsstrategie nach Esch bezieht sich explizit auf die Markenidentität und ist daher schon bei der Entwicklung dieser, auf der Ebene „Eigenschaften des Unternehmens“, zu berücksichtigen bzw. zu beantworten.
Um eine Marke sinnvoll positionieren zu können, bedarf es des Wissens darüber, auf welche Art und Weise Marken bei den Konsumenten wirken können. Mit dieser Frage beschäftigt sich das nachfolgende Kapitel, bevor auf die Konzeptumsetzung eingegangen wird.
2.3.3 Grundlagen der Positionierungsmechanismen
2.3.3.1 Wirkungsmechanismen der Positionierung bei den Konsumenten
Die Positionierungseigenschaften als Extrakt der Markenidentität lassen die Frage aufkommen, welche Markeneigenschaften sinnvollerweise in der Positionierung hervorgehoben werden sollten. Dafür gilt es zunächst zu klären, auf welche Weise eine Marke bei dem Konsumenten wirkt, also ein Image gleich der Identität aufgebaut werden kann. Waller et al. gehen dabei von drei Wirkungsmechanismen aus, die auch Aaker seinem Modell zugrunde gelegt hat, und die nachfolgend im Einzelnen näher beschrieben werden sollen.[81]
Das Selbstkonzeptmodell (Abb. 5) geht davon aus, dass Konsumenten sich selbst wahrnehmen und bewerten, was sich in ihrem Erleben und Verhalten spiegelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenL
Abb. 5: Darstellung der Markenwirkung im Selbstkonzeptmodell. Eigene
Darstellung.
In diesem Sinne hat jeder Mensch ein Selbst- und ideales Selbstbild nach dem er strebt. Je näher diese Selbstbilder in der eigenen Wahrnehmung zusammen liegen, desto höher ist das Selbstwertgefühl eines Menschen. In diesem Sinne sollen Marken dazu beitragen, das Selbstwertgefühl des Konsumenten zu steigern. Die Marke ist dabei für den Konsumenten Ausdruck seines idealen Selbstbildes, dem er mit dem Markenprodukt näher kommen möchte. Ebenso können Marken aber auch Ausdruck des Selbstbildes sein und damit eine bestätigende Funktion für den Konsumenten aufweisen. Das Selbstkonzept beinhaltet darüberhinaus das eigene Fremdbild, welches jeder Mensch besitzt. Das Fremdbild ist die Vorstellung, wie andere Menschen einen sehen. Wie beim Selbstbild gibt es auch hier ein ideales Fremdbild, also wie der Mensch von anderen gesehen werden möchte. Marken können hier ebenfalls die Funktion erfüllen, das Fremdbild zu unterstützen oder dem idealen Selbstbild näher zu kommen.
Eine andere Möglichkeit der Markenwirkung beschreibt das Beziehungsmodell (Abb. 6) von Fournier. In diesem Modell wird angenommen, dass sich eine Beziehung zwischen einer Marke und dem Konsumenten entwickeln kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenl
Abb. 6: Modell der Konsumenten-Marken-Beziehung nach Fournier[82].
Eigene Darstellung.
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Beziehung wechselseitig ist und über die Art des Zustandekommens der Beziehung differenziert werden kann. Darüberhinaus sind die Beziehungen in sechs unterschiedlichen Facetten differenzierbar. So kann sich eine Beziehung zwischen der Marke und dem Konsumenten ebenso auf Liebe und Leidenschaft oder auf eine Form der Abhängigkeit gründen wie es zwischen Menschen der Fall ist. Die Beziehung kann dabei ebenso Teil der eigenen Identität des Konsumenten sein, womit die Mechanismen des Selbstkonzeptes betroffen sind. Letztlich determiniert die Beziehung die voreingenommene Wahrnehmung des Konsumenten im Bezug auf das Markenprodukt. Diese Voreingenommenheit kann sich durch Nachsichtigkeit gegenüber und Anpassung an das Markenprodukt sowie durch Abwertung von Konkurrenzprodukten äußern.[83]
Der dritte Wirkungsmechanismus resultiert aus dem funktionalen Markennutzen des Konsumenten (Abb. 7). Aus Konsumentensicht kann der Nutzen einer Marke noch diffe-renzierter beschrieben werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenl
Abb. 7: Modell des funktionalen Markennutzens. Eigene Darstellung.
Die Marke übernimmt nach Weiss und Huber die Funktionen der Orientierung, Entlastung, Wiedererkennung, Qualität und Vertrauen, sowie Demonstration und Prestige.[84] Bei Hieronimus gilt, dass der funktionale Nutzen „grundsätzlich auf den produkt- beziehungsweise servicebezogenen Eigenschaften basiert und eine direkte, intrinsische Produkt- und Serviceleistung beschreibt“.[85] Die Marke besitzt hierbei relevante ökonomische Aspekte für den Konsumenten. Die Kaufentscheidung für die Marke wird dadurch hervorgerufen, dass der Konsument die Marke (wieder)erkennt und sie damit zur Orientierung bei großer Produktvielfalt dient und den Konsumenten bei seiner Auswahlentscheidung entlastend beeinflusst. Aus der funktionalen Konsumentensicht baut eine Marke auf das Konsumentenvertrauen in die Marke, die eine gewisse Qualität verspricht und damit das Kaufrisiko reduziert. Das Wissen um die Qualität setzt wiederum auf das (Wieder)Erkennen der Marke. Gleichzeitig entlastet das Vertrauen in die Qualität der Marke den Konsumenten bei seiner Entscheidungsfindung. Letztlich bezieht sich die Demonstrations- und Prestigefunktion auch auf das Selbstkonzept des Konsumenten, da der Konsument sich der Gruppe, die die Marke konsumiert, zugehörig fühlen kann und dies mit dem Kauf auch demonstriert.[86]
Mit allen drei Modellen lässt sich beschreiben, wie Konsumenten sich gegenüber Marken verhalten bzw. wie Marken auf die Konsumenten wirken können. Welcher Wirkungsmechanismus in welcher Stärke zum tragen kommt, hängt von der Markenidentität und der Markenpositionierung ab. Ausgehend von der nutzenstiftenden Wirkung der Marke und der Hierarchisierung von Bedürfnissen nach Maslow, können die drei Modelle auch wie folgt eingeteilt werden: Das Modell des funktionalen Markennutzens wirkt demnach bei Grund- und Sicherheitsbedürfnissen, da hier der funktionale Markennutzen, im utilitaristischen und ökonomischen Sinn, im Fokus steht. Das Modell des Selbstkonzeptes zielt auf den sozialen Markennutzen ab, um soziale Bedürfnisse zu befriedigen. Der Aufbau einer Marken-Kunden-Beziehung erfolgt auf der persönlichen (hedonistischen und ästhetischen) Ebene, in der das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung im Vordergrund steht.[87] Es ist also bei der Positionierung zu berücksichtigen, welche Bedürfnisse im Vordergrund stehen und vom sozialen Produkt angesprochen werden.
2.3.3.2 Das Involvement als Variable im Positionierungskonzept
Auf welche Eigenschaften sich bei der Positionierung konzentriert wird, hängt nicht allein vom Wirkungsmechanismus einer Marke und den Konzeptleitfragen (s. Kap. 2.3.2) ab, sondern ist ebenso vom Involvement der Zielgruppe her-/ abzuleiten. Involvement wird bei Esch über Kroeber-Riel als „Engagement, mit dem sich Konsumenten einem Angebot zuwenden“[88] hergeleitet. Von hohem Involvement spricht man demnach bei aktiven Konsumenten, die ein hohes inneres Engagement besitzen und sich dem Produkt gegenüber interessiert zeigen. Langfristig wird dieses Involvement durch die Werte und Persönlichkeitsmerkmale einer Person (persönliches Involvement), durch Produkteigenschaften wie den Preis, wahrgenommene Kaufrisiken und den funktionalen und symbolischen Nutzen (Produktinvolvement) und die Marke selbst (Markeninvolvement) geprägt.[89] Darüberhinaus entscheiden die prägenden Faktoren darüber, wie stark sich ein kognitives- und emotionales Involvement ausbildet. Kognitives Involvement zeichnet sich dadurch aus, dass Konsumenten sich aktiv mit den Produktinformationen auseinandersetzen und diese verarbeiten. Emotionales Involvement zeichnet sich dadurch aus, dass der Konsument das Angebot haben möchte ohne darüber nachzudenken.[90] Je nach Ausprägung des langfristigen Involvements der Zielgruppe gegenüber dem Produkt sind unterschiedliche Eigenschaften des Produktes für das Vorstellungsbild zu nutzen und darzustellen. Ist die Zielgruppe kognitiv und emotional involviert, so muss die Marke zum einen klar an das Bedürfnis appellieren (Emotion) und zum anderen die funktionalen Eigenschaften, die das Bedürfnis befriedigen können, nach vorne stellen (Kognition). Sind emotionales und kognitives Involvement eher niedrig, liegt die Positionierung nicht in der Wahl der Eigenschaften, sondern im Bekanntmachen der Marke selbst.[91] Eine konkretere Betrachtung des Involvements und seines Einflusses auf die Markenpositionierung soll unter Berücksichtigung von Adaptionsarten und –prozessen im Sinne des Social Marketings erfolgen.
2.3.3.3 Adaptionsarten und –prozesse im Social Marketing
Im Unterschied zum klassischen Marketing, bei dem der Konsument ein Produkt erwirbt und konsumiert, haben die Produkte im Social Marketing einen anderen Charakter. Der Konsument soll gewisse Vorstellungen und Verhaltensweisen verändern. Das Produkt ist dabei die neue Vorstellung bzw. das neue Verhalten. Ziel ist es also, dass der Konsument das Produkt übernimmt, also adaptiert. Kotler und Roberto beschreiben vier unterschiedliche Möglichkeiten des Annahmenverhaltens:[92] Die Befolgung ist der am schnellsten stattfindende Annahmeprozess, da der Konsument aufgrund von positiven (z.B. Prämie) oder negativen Anreizen (z.B. Strafzahlungen) handelt. Die alleinige Befolgung eines gewissen Verhaltens setzt jedoch keine Veränderung der Einstellungen oder gar der Werte voraus, weshalb das neue Verhalten nur kurzfristig bzw. so lange anhält, wie die Anreize bestehen. Eine langfristige Annahme, die ebenfalls eher schnell erfolgt, wird dann erreicht, wenn das neue Verhalten als positiv für die eigene Identität erachtet wird. Die Identifikation erfolgt nicht über die Einstellungen und Werte, die dem Verhalten zu Grunde liegen, sondern über andere Personen, mit denen sich Konsumenten identifizieren und die somit eine Vorbildfunktion einnehmen. Die Annahme eines neuen Verhaltens auf Grundlage von Wissen ist dagegen auch kurzfristig möglich, allerdings geht dieser eine kognitive Auseinandersetzung mit der Problemstellung voraus, weshalb die Annahme als eher langsam beschrieben werden kann. Gleichzeitig kann sich die Kurzfristigkeit auch darauf beziehen, dass in einer aktuellen Situation kein Widerspruch zwischen dem angebotenen, neuen Verhalten und der persönlichen Eigenstellungen oder den Werten vorliegt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Konsument in einer anderen Situation zu einer anderer Bewertung kommt und zu seinem alten Verhalten zurückkehrt. Erst die Identifikation mit dem neuen Verhalten und damit die Veränderung der eigenen Einstellungen und/oder Werte, macht eine langfristige Annahme möglich. Neben der zeitlichen Perspektive zeigen die vier Adaptionsarten, dass die Einfachheit der Umsetzung, von der Befolgung über Identifikation und Wissen bis hin zur Verinnerlichung, unter dem Einsatz von Social Marketing Aspekten abnimmt. Social Marketing kann die verschiedenen Adaptionsarten miteinander kombinieren um den Absatz des sozialen Produktes zu erhöhen.
Hinter der Adaption stehen verschiedene Prozesse, die auf der Grundlage von Kommunikationstheorien beschrieben und erklärt werden können.Beispielsweise beschreibt Tropp in „Moderne Marketing-Kommunikation“ unterschiedliche Modelle, die den Einfluss der Kommunikation im Marketing erklären sollen. So geht das Stimulus-Reaktions-Modell (S-R-Modell) davon aus, dass die Instrumente des Marketing-Mix einen direkten Einfluss auf das Verhalten der Konsumenten haben und sich über eine Reaktion (z.B. Kauf des Produktes oder Übernahme einer Idee) ausdrücken.[93] In diesem Modell werden Einstellungen, Motive und Werte der Konsumenten jedoch nicht berücksichtigt. Das S-O-R Modell greift den fehlenden Aspekt auf und bezieht sich auf die Stimulation (S) von Konsumenteneinstellungen (O). Die Reaktionen auf die Stimulation drücken sich hierbei durchGefühlsveränderungen (Affekt/Emotion), Wissen/ Meinungsäußerungen (Kognition) und/oder Verhaltensveränderungen (Konation) aus.[94] Das S-O-R Modell beschreiben auch Kotler und Roberto in drei unterschiedlichen Abfolgen für den Adaptionsprozess im das Social Marketing nach Ray[95]:
1.) Wissen – Einstellung – Verhalten
Hierbei setzt Social Marketing bei der Wissensvermittlung über die Problemstellung und die Lösungsmöglichkeiten durch das soziale Produkt an. Der Konsument soll eine Einstellung gegenüber dem sozialen Produkt entwickeln, die dafür sorgen soll, dass er seine derzeitige Einstellung ändert oder erweitert und letztlich sein Verhalten verändert. Das Social Marketing setzt also direkt bei der Verinnerlichung als Adaptionsverhalten an. Diese Adaptionsstrategie wird auch als Lernstrategie bezeichnet. Social Marketing soll also eine kognitive Reaktion beim Konsumenten hervorrufen.
2.) Verhalten – Einstellung – Wissen
Das Social Marketing soll den Konsumenten davon überzeugen, das gesellschaftspolitische Produkt „probeweise“ anzunehmen. Die probeweise Annahme der Verhaltensweise führt beim Konsumenten zu einer von zwei unterschiedlichen Reaktionen. Auf Grundlage der Attributionstheoriegeht der Konsument nach der probeweisen Annahme des neuen Verhaltens davon aus, dass er bereits eine (positive) Einstellung zu dem Thema hatte und wird versuchen, dies durch Wissensaufbau zu verstärken. Die andere Reaktion ist eine kognitive Dissonanz des Konsumenten, die dadurch auftritt, dass sein Verhalten nicht mit seiner Einstellung übereinstimmt und er deshalb versuchen wird die Dissonanz abzubauen. Zu diesem Zwecke werden Informationen (Wissen) benötigt, die das Verhalten positiv erscheinen lassen und die neue Einstellung rechtfertigen können. Das Social Marketing soll hier also eine konative Reaktion hervorrufen.
3.) Wissen – Verhalten – Einstellung:
Dieser Prozess ist nur dann möglich wenn eine Einstellung zum Anliegen des Social Marketings fehlt. Das Social Marketing soll hierbei dafür sorgen, dass der Konsumentweiß, dass es das soziale Produkt gibt, ohne dassdie Stimulation eine kognitive oder konative Reaktion hervorrufen soll. Kommt der Konsument in eine Situation, in der er sich verhalten muss, wird er sich für das soziale Produkt entscheiden und danach handeln, weil er es kennt. Bewertet der Konsument dieses dann als positiv, so entwickelt sich eine positive Einstellung. Die Stimulation durch Social Marketing soll hier also im engeren Sinne keine Reaktion hervorrufen, sondern das soziale Produkt bekannt machen und die Marke aktivieren und ist eher emotional als kognitiv möglich.
Die Adaption von sozialen Produkten ist also eng mit der vorhandenen Einstellung der Konsumenten verbunden. Ausgehend davon, dass Einstellungen zu einer Thematik vorhanden sind, wenn diese für den Konsumenten von Interesse sind[96], muss geklärt werden, welche Konsequenzen sich aus diesen Interessen ergeben. Bei der Positionierung von Marken wurde das Involvement der Zielgruppe zugrunde gelegt, um eine Differenzierung vorzunehmen. Ausgehend davon kann auch das Involvement für soziale Produkte bzw. Marken abgeleitet werden. Das langfristige Involvement beschreibt demnach das Engagement der Zielgruppen, mit dem sie sich dem sozialen Produkt zuwenden. Beim kognitiven Involvement setzt sich der Konsument mit den Informationen zum und über das soziale Produkt auseinander. Emotionales Involvement bedeutet, dass er gewisse Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen auch ohne Informationsver-mittlung als positiv und/oder gar notwendig erachtet und bereit ist, sein Verhalten von sich aus zu ändern. Abbildung 8verdeutlichtdie Positionierungsmöglichkeiten von sozialen Marken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Ha
Abb. 8: Positionierungsmatrix sozialer Produkte/Markten.
Grundlegend kann gesagt werden, dass bei vorhandenem Involvement auch Interesse seitens der Zielgruppe an der Thematik besteht, welches sich durch eine eigene Einstellung zur Thematik ausdrückt. Das kognitive Involvement der Zielgruppe zeigt darüber hinaus die Eigenschaft der Zielgruppe an, von den unterschiedlichen Einstellungs- und Verhaltensoptionen zu wissen. Das emotionale Involvement sagt etwas darüber aus, ob die Zielgruppe einer Einstellungs- und/ oder Verhaltensänderung aufgeschlossen gegenüber steht. Aus diesen Determinanten lassen sich nun die klassischen Positionierungsmöglichkeiten ableiten.
Hohes kognitives und emotionales Involvement lassen eine gemischte Platzierung der Marke zu, da zum einen die Veränderung des Verhaltens als etwas emotional positives dargestellt, also an das Bedürfnis „positiv zu handeln“ appelliert werden kann. Gleichzeitig muss das Wissen um unterschiedliche Handlungsoptionen berücksichtigt werden, indem die Informationen zur Verfügung gestellt werden, warum mit dem Nutzen des sozialen Markenproduktes positiv gehandelt wird, also das Bedürfnis erfüllt wird. Aus dieser Logik heraus sind zwei Adaptionsprozesse möglich. Der Apell an das Bedürfnis kann eine probeweise Verhaltensannahme auslösen oder in Kombination mit den gegebenen Informationen direkt die Annahme der neuen Einstellung (Lernstrategie) zur Folge haben. In jedem Fall wird die Zielgruppe hier das Produkt direkt verinnerlichen.
Ohne das emotionale Involvement wird die Zielgruppe einer Veränderung des Verhaltens eher ablehnend gegenüberstehen und damit das soziale Produkt nicht probeweise annehmen. Über die Lernstrategie kann die Zielgruppe jedoch zu dem Entschluss kommen, aktuell einen Vorteil in der Annahme des neuen Verhaltens zu sehen, ohne die Einstellung umfassend zu ändern. Die Adaptionsarten können hier also Wissen und Verinnerlichen sein, da in beiden Arten sachliche Informationen der Auslöser sind.
Fehlt dagegen das kognitive Involvement und es ist nur emotionales Involvement vorhanden, so ist die Zielgruppe dem Anliegen gegenüber aufgeschlossen, ihr fehlt jedoch das Wissen über unterschiedliche Verhaltens- und Einstellungsmöglichkeiten. Die Zielgruppe kann also über das Erleben der (probeweisen) Verhaltensänderung überzeugt werden, wenn ihre Bedürfnisse damit befriedigt werden. In diesem Fall kann die Adaption über alle vier Arten erfolgen, da die Annahme des Verhaltens aus dem Erleben der Marke begründet wird.
Fehlt das Interesse an der sozialen Marke (fehlendes emotionales und kognitives Involvement) vollständig, hat die Zielgruppe auch keine (gefestigte) Einstellung zur Thematik und kein Wissen über die bestehenden Wahlmöglichkeiten. Hier wird das soziale Produkt dadurch angenommen, dass die Zielgruppe in der ersten Situation, in der sie sich in der Thematik verhalten muss, durch die Aktivierung nur das soziale Markenprodukt kennt, also mehr oder weniger das soziale Produkt befolgt, woraus sich letztlich die weitere Entwicklung mit einer ersten eigenen Einstellung bis hin zur Verinnerlichung ergibt.
Ausgehend davon, dass je stärker die eigene Einstellung und je geringer die Offenheit für Veränderung ist, desto schwieriger ist auch die Initiierung eines Adaptionsprozesses.Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass dieser Initiierungsprozess bei dem Ziel, Werte oder ganze Lebensstile zu verändern, ungleich schwieriger ist. Im Umkehrschluss ist die Veränderung eines Verhaltens, bei dem weder Einstellungen noch Werte verändert werden müssen, ungleich einfacher.Aus dieser Perspektive ist die Einteilung von Bedürfnissen nach Esch/Levermann zu berücksichtigen: Hohes emotionales Involvement steht dabei für aktuelle und nicht triviale Bedürfnisse, wohingegen niedriges emotionales Involvement für triviale Bedürfnisse steht.[97] Bezogen auf die kognitive Ebene gehen Trommsdorff und Kroeber-Riel/Weinberg davon aus, dass für die Schaffung von Involvement, was auch als Aktivierung bezeichnet wird, die geringsten kognitive Reize notwendig sind. Aufbauend darauf steigt der Anspruch an das kognitive Involvement, wenn das Verhalten durch Emotionen, Motive, Einstellungen, Werte oder den Lebensstil hervorgerufen wird.[98]
2.3.3.4 Eigenschaften der Markenpersönlichkeit in der Positionierung
Die Persönlichkeit nach dem Markenidentitätsmodell steht für das Auftreten und Verhalten der Marke. Wir bereits erwähnt, lassen sich Marken mit den gleichen Eigenschaften wie Menschen beschreiben. Auf dieser Grundlage bauen die Beschreibungsmöglichkeiten der Markenpersönlichkeit sowohl nach Aaker als auch Mäder auf. In beiden Fällen lassen sich unterschiedliche Dimensionen einer Persönlichkeit beschreiben, denen jeweils Facetten und konkrete Persönlichkeitsmerkmale zugrunde liegen. So kann sich die Markeneigenschaft „Kompetenz“ durch die Facetten „zuverlässig, intelligent und erfolgreich“ ausdrücken, wobei die Facette „zuverlässig“ wiederum durch die Merkmale „zuverlässig, hart arbeitend, sicher“ ausgedrückt wird (Aaker). Bei Mäder dagegen ist zum Beispiel die Zuschreibung „Kompetenz“ eine Facette der „Verlässlichkeit“.[99]
Die Auswahl der Eigenschaften wird letztlich über die unter der Persönlichkeit liegenden Ebenen des Identitätsmodells abgeleitet, womit eine Soll-Identität entsteht. Eine Marke kann demnach mehrere Persönlichkeitseigenschaften besitzen, die sich jedoch nicht untereinander oder den darunterliegenden Ebenen widersprechen dürfen. So kann eine Marke Verlässlichkeit und Temperament ausstrahlen. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass ihr dies mit den Merkmalen „sicher und revolutionär“ gelingt, sehr wohl aber mit „sicher und zeitgemäß“ oder „revolutionär und erfolgreich“. Je mehr Dimensionen, Facetten und Merkmale eine Markenpersönlichkeit besitzt, desto stärker muss die entwickelte Soll-Identität für die Positionierung konzentriert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, welche Positionierungsstrategien in Frage kommen und welche Produkteigenschaften berücksichtigt werden sollen.
Berücksichtigt man die Zielgruppe der Marke, sind an dieser Stelle mindestens drei Aspekte zu beachten. Erstens ist davon auszugehen, dass Konsumenten ihre eigene Persönlichkeit besitzen. Eine Markenpersönlichkeit kann so zum einen die Idealvor-stellungen des Konsumenten umfassen und zum anderen dazu dienen, die eigene Persönlichkeit zu reflektieren.[100] Daraus resultiert, dass die Persönlichkeits-eigenschaften, die einer Marke gegeben werden sollen, auch von den Zielgruppen als relevant betrachtet werden müssen. Bezogen auf die Verdichtung der Markenpersönlichkeit in der Positionierung heißt dies, dass die Eigenschaften entweder dem Selbst- oder Fremdbild oder aber dem idealen Selbst- oder Fremdbild im Sinne des Selbstkonzeptes entsprechen sollten. Zweitens ist das Involvement der Zielgruppe, insbesondere bei der Verdichtung der Persönlichkeit, zu berücksichtigen, da kognitive und emotionale Reize unterschied-liche Persönlichkeitsassoziationen zulassen. Fehlen emotionales und kognitives Involve-ment, oder sind diese sehr gering ausgeprägt, ist eine Differenzierung schwer, da der Fokus auf der Marke allgemein und damit auf der allgemeinen Persönlichkeit liegt. Der Fokus der Persönlichkeitseigenschaften bei der Positionierung kann also sowohl auf kognitiven als auch emotionalen Eigenschaften liegen, wobei emotionale Reize hier im Vordergrund stehen, da diese auch bei geringem Involvement Reaktionen auslösen können.Drittens bauen Konsumenten eine Beziehung zur Marke auf, wodurch einzelne Persönlich-keitseigenschaften verstärkt bzw. als wichtiger für die Beziehung erachtet werden können als andere. Wie bereits bei den Wirkungsmechanismen der Positio-nierung beschrieben, hängt die Vermittlung von Persönlichkeitseigenschaften also auch davon ab, welche Bedürfnisse die Marke ansprechen soll.
Die Authentizität von Marken steht zunehmend im Fokus einer identitätsbasierten Markenführung. Auch wenn darauf verwiesen wurde, dass die Fokussierung auf alle erdenklichen Eigenschaften ausgerichtet sein kann, so lange sie der Markenidentität entsprechen, so weisen Burmann und Schallehn darauf hin, dass mit Blick auf ihre Zielgruppenrelevanz nur wenige Positionierungsräume in Frage kommen und diese letztlich nicht allein, sondern gemeinsam mit der Konkurrenz besetzt werden. Marken müssen demnach authentisch positioniert werden, da allein über die Authentizität eine Differenzierung stattfindet.[101] Authentizität ist dabei eine Zuschreibung für das Gesamtimage der Marke. Die Zielgruppen werden eine Marke dann als authentisch wahrnehmen, wenn die Darstellung des Nutzenversprechens der Marke, seitens des Anbieters, dem wahrgenommenen Markennutzen bei der Zielgruppe entspricht.[102] Anders ausgedrückt, steigt die Authentizität einer Marke je mehr sich Identität und Image gleichen. Für Diez drückt sich die Authentizität einer Marke darin aus, dass die Konsumenten ihr die Persönlichkeitseigenschaften „echt“ und „ehrlich“ zuschreiben.[103]
2.3.4 Umsetzung der Markenpositionierung im Marketing-Mix
2.3.4.1 Allgemeine Betrachtung der Positionierungsumsetzung mit Hilfe des Marketing-Mix
Mit der Umsetzung des Positionierungskonzeptes geht das Markenmanagement von der Planungsphase in die Markenführung über. Erst an dieser Stelle findet die tatsächliche Positionierung der Marke auf dem Markt statt. Bei der Realisierung des Positionierungskonzeptes sollten, nach Esch, folgende Fragen im Vordergrund stehen:
„1. Wird das in den einzelnen Marketinginstrumenten umgesetzte Positionierungskonzept auch zieladäquat von der Zielgruppe wahrgenommen?
2. Trägt die Umsetzung des Positionierungskonzepts in den Marketinginstrumenten zur klar erkennbaren Abgrenzung von der Konkurrenz bei?
3. Sind die einzelnen Marketinginstrumente entsprechend der Positionierung aufeinander abgestimmt, so dass sich für das Unternehmen die notwendigen Synergieeffekte ergeben?“[104]
Die Fragen machen deutlich, dass der Fokus nun darauf liegt, die positionierte Marke mit Hilfe der Marketinginstrumente wahrnehm- und erlebbar werden zu lassen, diese von der Konkurrenz abzugrenzen und eine nach innen wie außen einheitliche und stimmige Markenpersönlichkeit entstehen zu lassen.Können alle drei Fragen positiv beantwortet werden, ist es möglich, dass die Zielgruppe die Marke „erlernt“ und sich dieMarkenpersönlichkeit bzw. das Image und damit eine tatsächliche Position auf dem Markt entwickelt und ein Adaptionsprozess initiiert wird.[105] Zu diesem Zweck sind sämtliche Marketinginstrumente zu nutzen, was deutlich macht, wie komplex sich die Positionierung einer Marke darstellt. Die Marketinginstrumente müssen dabei so ineinandergreifen, dass sämtliche relevanten Nutzeneigenschaften der Marke transportiert werden. Die Vermittlung von Persönlichkeitsaspekten ist dabei nur ein Teilaspekt. Ergänzt wird dieser um die Markenattribute, die als Markenwissen beschrieben werden können und sämtliche Markeneigenschaften unterhalb der Persönlichkeitsebene umfassen.
2.3.4.2 Betrachtungsrahmen der Positionierungsumsetzung in der vorliegenden Arbeit
Der Betrachtungsrahmen der Markenpositionierung kann über die Kernfragen zum Positionierungskonzept und zur Positionierungsumsetzung hergeleitet werden. Werden beim Konzept die Zielgruppe, die Konkurrenz und letztlich die Markenidentität betrachtet, so soll die Umsetzung die Wahrnehmbarkeit bei der Zielgruppe, die Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz und die Vermittlung der Identität gewährleistet werden.[106] Die Vermittlung der Markenidentität an die Zielgruppe steht im Fokus der folgenden Kapitel. Der Aufbau eines Markenimages, also der Aufbau der Marke bei der Zielgruppe, wird nach Esch durch zwei Aspekte beeinflusst: Dem Markenbranding und der Markenkommunikation.[107] Im ersten Schritt werden die Notwendigkeit und zu berücksichtigende Aspekte des Markenbrandings zur Markenpositionierung betrachtet. Im zweiten Schritt wird auf Kommunikationsaspekte im Sinne der klassischen Markenkommunikation in Form von Plakat- und Printwerbung, sowie auf das Web 2.0 als neueres Feld der Markenkommunikation, eingegangen. In die Betrachtung der Kommunikationsaspekte werden für die vorliegende Arbeit notwendige Überlegungen hinsichtlich anderer Marketinginstrumente integriert.
2.3.4.3 Das Markenbranding als Bild der Marke
Esch beschreibt unter dem Aspekt des Brandings die Gestaltung des Markennamens, des Markenzeichens und des Produktes (und seiner Verpackung) selbst. Die drei Aspekte werden bei ihm zum „magischen Branding-Dreieck“ der Markierung.[108] Im Sinne der Markendefinition umfasst das Branding-Dreieck die Möglichkeiten der Markierung eines Produktes. Bereits Kotler und Roberto kommen zu dem Schluss, dass ein soziales Produkt ebenso markiert werden muss. Markenbezeichnung und eine symbolische Verpackung stehen hierbei für die Aufbereitung eines gesellschaftspolitischen Gedankens. Ebenso bedarf es einer Markenbezeichnung und Verpackungsgestaltung, wenn materielle (Hilfs-)Produkte angeboten werden.[109] In beiden Fällen soll die Markierung positio-nierungsrelevante Assoziationen, Prägnanz und Differenzierung von der Konkurrenz sicherstellen. Nach dem Identitätsmodell in Abb. 4, ist dies das Bild der Marke und Teil ihrer Identität.[110] Nach Esch legt die Markierung den Grundstein für den Aufbau einer Marke. Er postuliert: „Je besser die Markierung gestaltet ist, desto schneller kann ein Markenaufbau erfolgen und desto geringer muss der kommunikative Einsatz zum Markenaufbau sein.“[111] Im Bereich sozialer Marken kann dies nur abgeschwächt gelten, da immaterielle Produkte eben nur symbolisch verpackt werden können und damit stärker an die Kommunikation gebunden sind.
Die weitereBetrachtung des Markennamens und des Markenlogos erfolgt ausschließlich auf den grundlegenden Zusammenfassungen von Esch.[112]
Markennamen[113] können danach unterschieden werden, ob sie einen direkten Bezug zum Angebot aufweisen, einen Bezug zum Angebot assoziieren oder keinerlei Bezug zum Angebot zulassen. Zusätzlich weist Esch darauf hin, dass Abkürzungen als Markenname wirkungsschwächer sind und oftmals nicht dem Angebot zugeordnet werden können oder gar falsche Angebotsassoziationen hervorrufen. Je geringer der Bezug des Namens zum Produkt, desto höher ist der Kommunikationsaufwand für den Markenaufbau. Der Vorteil der Verknüpfung des Namens mit Produkteigenschaften wird darüberhinaus darin gesehen, dass Markennamen einen stabilen diagnostischen Charakter für Markeneigenschaften besitzen. Neben dem Markennamen selbst ist die Erscheinungsform des Namens von Bedeutung. Bereits die Schriftart löst Eigenschafts-assoziationen aus und beeinflusst die Wahrnehmbarkeit im positiven wie negativen Sinne.
Das Markenzeichen[114] oder „Markenlogo bildet den Schlüssel zum Markenimage.“[115] Logos können besser erinnert werden als zum Beispiel Markennamen und sind damit schneller abrufbar. Daraus ergibt sich, dass diese auf der einen Seite der Bekanntheit einer Marke dienen können. Auf der anderen Seite können sie wie der Name genutzt werden, um den Markeninhalt zu transportieren. Wie auch beim Namen kann unterschieden werden, ob das Logo einen Bezug zum Produkt aufweist oder nicht. Das Logo kann allerdings auch einen Bezug zur Produktkategorie oder zum Namen aufweisen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein Markenlogo nur dann Assoziationen freisetzen kann, wenn es auch bekannt ist. Das Logo kann aber auch erst bekannt sein, wenn es wahrgenommen wurde, wozu der Konsument aktiviert werden muss. Die Aktivierung kann
- physisch durch Farben, Formen und die Größe des Logos,
- durch emotionale Gestaltung, die auf kulturübergreifende, kulturell geprägte oder zielgruppenspezifische Reize basiert, oder
- durch einen Bruch zwischen Logo und Wahrnehmbarkeitserwartung erfolgen.[116]
Die Stärke von Markenlogos lässt sich durch drei Kriterien messen. Ein Konsument muss sich bei Bedarf schnell und ohne kognitive Anstrengung an das Logo erinnern und es vor seinem geistigen Auge abrufen können. Der Konsument muss sich an Markennamen und Markenimage erinnern können, wenn er das Logo sieht und andersherum.
Wenn Markenname und –logo dazu dienen können, die Markenidentität zu transportieren, so bietet es sich an, ihren Nutzen durch die gemeinsame Verwendung in der Kommu-nikation zu verstärken, damit sich der Konsument, an das Image erinnern kann.
Da bereits zu Beginn des Kapitels festgestellt wurde, dass soziale Produkte immateriell sind, sollen nur die elementarsten Aspekte des Produktdesigns und der Produktverpackung an dieser Stelle benannt werden.[117] Die Verpackung, und sei sie auch nur wie beim sozialen Produkt symbolisch, ist das Gesicht der Marke und spielt eine Schlüsselrolle beim Aufbau eines inneren Markenbildes. Für die Differenzierung von Marken spielen dabei die verwendeten Formen, Farben und sonstigen Merkmale, die hervorgehoben werden, eine Rolle. Für die Prägnanz einer Marke sind dagegen die Einfachheit, Einheitlichkeit und der Kontrast zwischen Verpackung, Name und Logo entscheidend. Insgesamt kann von der Markenästhetik gesprochen werden, die sich aus den Faktoren Harmonie, Modernität, Emotionalität, Kultiviertheit, Vertrautheit, Praktikabilität und Komplexität zusammensetzt. In wie weit eine Produkt- und/oder Verpackungsgestaltung als ästhetisch wahrgenommen wird, hängt letztlich von der Zielgruppe und ihrer Gewichtung der einzelnen Faktoren ab.
Zusammenfassend lässt sich unterstellen, dass das Markenbranding die Grundvoraussetzung für die Markenbekanntheit bzw. die Markenwahrnehmung schafft und darüberhinaus erste Markenattribute und Persönlichkeitsmerkmale vermitteln kann.
2.3.4.4 Allgemeine Einführung in die Markenkommunikation
Wie bereits im Kapitel zum Marketing-Mix im Social Marketing eingeführt, lässt sich die Kommunikationspolitik auf unterschiedliche Art und Weise unterteilen (siehe Kap. 2.1.2.6). Die Kommunikationspolitik kann jedoch auch aus Sicht der Wirkungsmecha-nismen der Markenpositionierung betrachtet werden. Dazu soll erneut das Involvement als Bezugsgröße dienen. Hierbei kann, wie Abb. 9 zeigt, die Kommunikation in verbal und non-verbal sowie in kognitiv und emotional unterteilt werden. Verbale Kommunikation steht dabei für die Weitergabe von Informationen über die Marke und von Argumenten für die Marke und ist kognitiv angelegt. Non-verbale Kommunikation baut auf Bilder auf und setzt damit auf emotionale Inhalte und Erlebnisse, ist also emotional angelegt. Bilder transportieren Inhalte bzw. Emotionen über reaktionsstarke Schemata, Testimonials, Humor oder Produkterlebnisse, wobei Testimonials in Form von Prominenten, Experten oder typischen Verwendern auftreten können.[118] Aus dem Involvement lässt sich daher ableiten, welche Form der Kommunikation eingesetzt werden sollte, damit diese auch vom Konsumenten wahrgenommen wird. Bezogen auf die Markenpositionierung gilt, dass der Markennutzen sich aus den kognitiven, verbal kommunizierten Markenattributen und der emotionalen, non-verbal kommunizierten Persönlichkeit zusammensetzt.[119]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenhh
Abb. 9: Positionierungsmatrix im Kontext der Kommunikationspolitik.
2.3.4.5 Ausgewählte Aspekte der Kommunikation bezogen auf Social Marketing
Bereits bei den Besonderheiten des Social Marketings wurde hergeleitet, dass die Kommunikationspolitik eine elementare Rolle, innerhalb des Marketing-Mix, für soziale Produkte einnimmt (s. Kap. 2.1.2.7). Die allgemeine Betrachtung der Markenkommu-nikation zeigt, dass die Art und Weise der Kommunikation eng mit dem Involvement der Zielgruppe zusammenhängt. Aus diesem Zusammenhang lässt sich ableiten, dass die Kommunikationsmöglichkeiten ebenso in Einklang mit den möglichen Adaptionsarten und –prozessen gebracht werden müssen, worauf an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden soll, da Abb. 8 und 9 dies bereits verdeutlichen.
Die Betrachtung der Kommunikation im Zusammenhang mit dem Markenbranding wurde bisher nur in Ansätzen ausgeführt und soll an dieser Stelle vertieft werden. Beim Branding wurde darauf hingewiesen, dass soziale Produkte einer symbolischen Verpackung bedürfen, ebenso wie angemerkt wurde, dass die Verpackung im Sinne des Branding-Dreiecks im Einklang mit Namen und Logo stehen muss.Um dies zu operationalisieren, ist an erster Stelle zu klären, was die symbolische Verpackung ist.Das soziale Produkt ist letztlich das Angebot einer bestimmten Verhaltensweise, Einstellung, eines Wertes oder eines Lebensstils. Vom Standpunkt der Kommunikationspolitik betrachtet, ist die Botschaft der Kommunikation selbst das soziale Produkt bzw. das Angebot zur Befriedigung von Bedürfnissen. Die symbolische Verpackung ist demnach das Verpacken der sozialen Botschaft.[120] Kotler und Roberto fassen die Entscheidungen, die beim Einsatz von Massenkommunikation getroffen werden müssen, wie folgt zusammen: „Welches Ziel wird mit der Kommunikation verfolgt?Welche Botschaft soll übermittelt werden? Wie soll sie ausgedrückt werden? Wo soll sie platziert werden? Nach welcher Zeitplanung soll die Kommunikation erfolgen?“[121] Im Sinne des sozialen Produktes kann als Ziel das Verhalten, etc. gesehen werden, welches verändert werden soll. Dabei kann ein bereits vorhandenes oder ein noch zu entwickelndes Bedürfnis im Vordergrund stehen. Die Botschaft ist die Veränderung selbst, die angestrebt wird. Wie die Botschaft ausgedrückt wird, ist die „Verpackung“, also die Ansprache der Zielgruppe,damit die Botschaft auch wahrgenommen wird. Dies ist wiederum mitabhängig davon, in wie weit die Zielgruppe involviert ist. Platzierung und Zeitplanung der Kommunikation sind dagegen direkte Aspekte der Kommunikationspolitik. Aus den allgemeinen Überlegungen heraus kann eine Botschaft verbal und non-verbal vermittelt werden. Demnach kann auch die Verpackung eines sozialen Produktes verbal und non-verbal gestaltet sein. Wie bereits bei den grundlegenden Überlegungen zum Branding-Dreieck erfolgt, kann die Verpackung auch bei sozialen Produkten als das Gesicht der Marke bezeichnet werden. Eine Trennung zwischen dem Branding und der Kommunikationspolitik einer sozialen Marke, also dem Gesicht und dem Verhalten der Marke, scheint aus dieser Betrachtung heraus noch weniger möglich als von Esch für klassische, wirtschaftliche Marken hergeleitet.
2.3.4.6 Klassische und Web 2.0-Markenkommunikation – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die allgemeine Definition der Marketingkommunikation nach Burmann/Haloszovich/ Hemmann als „das Senden von verschlüsselten Informationen, um beim Empfänger eine Wirkung zu erzielen“[122] lässt noch keine Differenzierung zwischen klassischer und Web 2.0-Markenkommunikation zu. Deshalb erfolgen zunächst die Betrachtungen von klassischer und Web 2.0-Kommunikation getrennt voneinander. Im zweiten Schritt sollen dann die Gemeinsamkeiten und Unterschiede beleuchtet werden.
Nach Esch kann festgehalten werden, dass zentrale Kommunikationsziele, unabhängig von den gewählten Kanälen, darin bestehen, eine Marke bekannt zu machen und ein Markenimage aufzubauen und zu stärken. Esch postuliert dabei, dass insbesondere die klassische, massenkommunikative Werbung einen schnellen Aufbau der Markenbe-kanntheit und eines Markenimages ermöglicht.[123] Die klassische Massenkommunikation wird dabei von ihm in Media-Werbung, Schaufenster, Verpackung, Sponsoring, Ambush Marketing, Product Placement, In-Game Advertising und den Internetauftritt unterteilt. Dem gegenüber steht die persönliche Kommunikation, die aus Verkäufer-Käufer-Interaktion, Partysystemen, Gesprächen auf Messen und Ausstellungen, Brandlands, Flagship Stores, E-Mail-Kommunikation und Online-Beratung besteht.[124] In der weiteren Betrachtung liegt der Fokus auf der Massenkommunikation, da diese nach Esch gerade „außerhalb des Entscheidungsprozesses entscheidend für die Vorprägung der Konsumenten“ ist.[125] Die persönliche Kommunikation dagegen soll nur im Kontext der Stakeholder-Betrachtung im nachfolgenden Kapitel kurz skizziert werden. Zur allgemeinen Gestaltung von klassischer Werbung weist Esch auf den Mere-Exposure-Effekt hin, der besagt, dass Marken bevorzugt werden „mit denen man oft konfrontiert wird, weil man diesen mehr Vertrauen entgegenbringt als unbekannten Marken.“[126]
Bereits bei der klassischen Werbung als Kommunikationsinstrument sind Unterschiede in der Wirkung und damit im zielgerichteten Einsatz erkennbar. Ausgehend von der Reichweite stellt Esch fest, dass diese zum Beispiel bei Plakaten gering und in Printmedien hoch ist. Ebenso ist Werbung in Printmedien besser geeignet ein Markenimage aufzubauen als die Plakatwerbung.[127] Kotler und Bliemel haben die Einsatzmöglichkeiten diverser Werbekanäle ebenfalls untersucht und kommen dabei zum dem Schluss, dass Plakatwerbung ein Produkt rational und emotional darstellen kann, wohingegen Printwerbung Sachverhalte emotional und rational übermitteln und argumentieren kann. Dabei wird berücksichtigt, dass Plakate eher kurzfristigaktualisierend und unterstützend wirken, wohingegen Printwerbung langfristig undnachhaltig wirken kann und deshalbden Imageaufbau fördert.[128]
Bei der Gestaltung von Werbung als „Verpackung des sozialen Produktes“ weisen Kotler etal. bezüglich der Botschaft auf folgende Überlegungen hin:[129] Die Botschaft kann auf unterschiedlichen Ebenen eine Reaktion bei der Zielgruppe hervorrufen. Eine rationale Ansprache stellt das Nutzenversprechen in den Vordergrund. Emotionale Appelle sollen Emotionen hervorrufen, die durch das Produkt hervorgerufen oder aufgelöst werden können. Moralische Appelle haben einen aufklärenden Charakter. Bei der Struktur der Botschaft ist zu klären, ob die Botschaft selbst die Schlussfolgerung beinhaltet oder der Zielgruppe überlassen wird; wie differenziert Argumente vorgetragen werden sollen und wie viele Argumente in welcher Reihenfolge für das Produkt werben sollen.
Für Kroeber-Riel und Esch muss Kommunikation folgende Anforderungen erfüllen:[130] Sie muss auffällig, einprägsam und originell gestaltet sein, die Marke in den Mittelpunkt stellen und inszenieren sowie Multiplikatoren nutzen. Auffälligkeit kann durch physische, emotionale und/oder gedanklich überraschende Reize hervorgerufen werden. Die Gestaltung der Botschaft und dem Umfeld hängen miteinander zusammen.
Ausgehend von der Markenpersönlichkeit bzw. Markenpositionierung nimmt die Gestaltung der Werbung Einfluss darauf, in welcher Form Positionierungseigenschaften an die Zielgruppe vermittelt werden. Werden in der Werbung Testimonials, (bekannte) Mitarbeiter der Institution und/oder prominente Menschen, die für das Markenprodukt stehen sollen, eingesetzt, so spricht man von einem direkten Persönlichkeitstransfer. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass die Eigenschaften, die der Marke zugesprochen werden sollen, auf die Persönlichkeit der „realen“ Person zurückzuführen sind bzw. die Zielgruppe der Marke die Persönlichkeitseigenschaften zuschreibt, die sie auch der abgebildeten Person zuspricht.[131] Ein indirekter Transfer der Markenpersönlichkeit wird über den gesamten Marketing-Mix gestaltet. In der vorliegenden Arbeit ist besonders das Markenbranding beim indirekten Transfer zu beachten. Die allgemeine Gestaltung der Werbung und die Botschaftsgestaltung als Verpackung des sozialen Produktes löst in diesem Fall Persönlichkeitsassoziationen aus.[132]
Neuere Kommunikationsinstrumente werden im Zusammenhang mit dem Internet oft als Web 2.0 bezeichnet. Burmann, Halaszovich und Hemmann definieren das Web 2.0 als eine neue Verhaltensweise von Internetnutzern, bei der sie nicht mehr allein die Informationen der Marke/des Anbieters entgegennehmen, sondern Markeninformationen untereinander austauschen, selbst Inhalte schaffen und in einen direkten und indirekten Dialog mit der Marke eintreten. Diese Interaktion findet in den Sozialen Medien statt.[133] Nach Esch bieten Soziale Medien eine mittlere bis hohe Zielgruppenreichweite, die Möglichkeit einer gezielten Ansprache der Zielgruppe, welche er als mittel bis hoch involviert einstuft, und einen hohen Einfluss auf das Markenimage.[134] In Sozialen Medien treten die Konsumenten als Sender und Empfänger der Kommunikation auf. Auch hier gilt das Involvement als ausschlaggebend, wie die Marke Soziale Medien für sich nutzen kann:[135] Ausgangspunkt ist die Interaktion zwischen den Konsumenten, die als Sender und Empfänger von Botschaften fungieren. In diesem Sinne wird virales Marketing angewendet, um Konsumenten dazu zu bewegen, Markenbotschaften weiter zu transportieren. Ist die Zielgruppe emotional und kognitiv hoch involviert, kann die Marke als Moderator, Vermittler und Teilnehmer auftreten. Als Teilnehmer interagiert die Marke mit den Konsumenten in den sozialen Medien. Als Vermittler greift die Marke in die Interkation innerhalb der Zielgruppe ein, indem sie relevante Informationen in das soziale Netzwerk einspeist, damit diese weiter transportiert werden. Als Moderator ist die Aufgabe der Marke, aus der Interaktion der Konsumenten relevante Informationen über das Verhalten der Konsumenten zu erlangen, die für weitere virale Marketingmaßnahmen genutzt werden können. Bei geringem emotionalen und kognitiven Involvement ist eine vermittelnde Rolle weiterhin möglich. Hauptsächlich beschränkt sich hier die Rolle jedoch auf das Beobachten des Konsumentenverhaltens. Ist allein kognitives Involvement vorhanden, kann die Marke als Teilnehmer und Moderator wirken. Ist allein emotionales Involvement vorhanden, kann die Marke als Teilnehmer und Vermittler auftreten, wobei eine Rolle als Moderator nicht ausgeschlossen ist.Im Zusammenhang von Sozial Marketing und dem Web 2.0 soll nachfolgend die Theorie des „Tipping Points“ von Gladwell genutzt werden.Gladwell vergleicht darin die Verbreitung von Trends, Ideen und sozialen Verhaltensweisen mit dem Verlauf von Virusinfektionen, bei denen wenige Personen ausreichen, um viele Menschenanzustecken. Der Theorie liegt also die Analogie zugrunde, dass die Zielgruppe mit dem Produkt „angesteckt wird“. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Ansteckung nur begrenzt etwas mit dem Produkt selbst zutun hat, sondern mit dem emotionalen Kontext mit dem die Verwendung des Produktes in Verbindung gebracht wird. Bei der Ansteckung gilt darüber hinaus das „Gesetz der Wenigen“, welches besagt, dass Veränderungen durch eine geringe Anzahl von Menschen angestoßen werden kann, die es schaffen andere von dem Produkt zu überzeugen und dafür sorgen, dass diese weiter darüber sprechen. Letztlich handelt es sich also um eine Multiplikation der Botschaft, die von Wenigen initiiert werden kann.Der Multiplikationseffekt führt, so Gladwell, zum Tipping Point, ab dem innerhalb kurzer Zeit eine schnelle und große Veränderung zu beobachten ist.[136] Damit Wenige einen Multiplikationseffekt erreichen, ist zu beachten welche Fähigkeiten diese Wenigen dafür mitbringen. Gladwell unterscheidet hierbei in Vermittler, Kenner und Verkäufer. Vermittler sind Menschen, die selbst gut vernetzt sind, denen Vertrauen entgegen gebracht wird und die wissen, welche Menschen geeignet sind eine Botschaft weiterzutragen, also größtmögliches Potential als weitere Multiplikatoren besitzen. Kenner dagegen verbreiten nicht allein die Botschaft, sondern geben Informationen und Wissen weiter. Sie sind i.d.R. nicht so gut vernetzt wie Vermittler, ihnen wird jedoch durch ihr Wissen (noch) stärker vertraut. Bei Verkäufern handelt es sich um Menschen, die es schaffen, andere zu überzeugen bzw. zu überreden. Dabei geht es weniger darum, was sie sagen, sondern wie sie es sagen. Verkäufer einer Botschaft gehen auf die Menschen, mit denen sie reden, ein, und sie schaffen eine emotionale Ebene, die dafür sorgt, dass man dem Verkäufer zustimmen möchte.[137] Das Gesetz der Wenigen kann nach dieser Unterteilung nur bedingt auf die Betrachtung von Esch bezüglich der Markenrolle im Web 2.0 und dem Involvement der Zielgruppe angewendet werden: In dieser sind alle drei Rollen in der Position des Vermittlers und des Moderatorszu sehen. Neben der Multiplikation der Botschaft muss in der Kommunikation ein Weg gefunden werden, dass die Empfänger der Botschaft selbst zu Multiplikatoren und damit zu Sendern werden, die Botschaft also verankert wird. Gladwell schreibt dazu: „Das Gesetz der Wenigen sagt, dass es ein paar ungewöhnliche Menschen da draußen gibt, die eine Epidemie auslösen können. Man muss sie nur finden. Die Lehre der Verankerung ist dieselbe. Es gibt eine Methode, Informationen so zu verpacken, dass sie unwiderstehlich sind. Man muss sie nur finden.“[138] Dietrich und Schmidt-Bleeker weisen dabei darauf hin, dass zum einen Innovationen die notwendige Verankerung erzeugen können, aber zum anderen die Art der Informationsvermittlung eine wesentliche Rolle spielt: „Zum anderen kann eine Geschichte so gut erzählt sein, dass sie Konsumenten nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Die Macht der Kreativität kann aus einer einfachen Botschaft eine ansteckende Idee machen.“[139] Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich, dass die Marke als Vermittler nicht nur entscheiden muss, was sie vermittelt, sondern auch wie sie dies tut. Sie muss also ebenso eine beobachtende Rolle einnehmen, um zu wissen, an welcher Stelle Innovationen zielführend oder gar notwendig sind und verstehen, wie die Zielgruppe untereinander kommuniziert, damit die Botschaft auch ansteckt. Ob die Macht der Wenigen und die Verankerung ausreichen, den Tipping Point zu erreichen, hängt drittens und entscheidend von den äußeren Umständen ab. Greskamp weist darauf hin, dass Menschen empfindlich auf Veränderungen der Umstände reagieren und deshalb auch kleine Veränderungen der physischen und sozialen Umwelt dazu führen können, dass eine Idee (ein Produkt), die damit in Verbindung gebracht wird, erhöhte Aufmerksamkeit widerfährt.[140] Dietrich und Schmidt-Bleeker beschreiben die „Macht der Umstände“ als Kontext, in dem eine Geschichte erzählt wird, welcher darüber entscheidet, ob eine Nachricht als Botschaft in einem größeren Kontext angesehen wird.[141]
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die sozialen Medien dazu eignen Innovationen bekannt zu machen und um Geschichte zu erzählen, die im Zusammenhang mit einer Markenbotschaft stehen. Über Vermittler, Kenner und Verkäufer werden diese an die Konsumenten weitergegeben. Verankert sich die Geschichte bei den Konsumenten, weil sie in einem gewissen Kontext Relevanz für die Empfänger besitzt, werden die Empfänger selbst zu Sendern der Botschaft. Je mehr Empfänger zu Sendern werden, desto stärker und schneller verbreitet sich die Botschaft, bis hin zum Tipping Point, ab dem innerhalb kürzester Zeit immer mehr Menschen erreicht werden.
Ausgehend von der Überlegung, dass im Sozialen Netzwerk entweder Neuigkeiten mit Nachrichtenwert und/oder „gute Geschichten“ der Marke weiterkommuniziert werden und damit die Interaktion sicherstellen, ist gerade die Frage zu beantworten, was eigentlich „gute Geschichten“ sind. Ohne zu sehr auf Erzähltheorie einzugehen, sollen an dieser Stelle grundlegende Ansatzpunkte skizziert werden. Dietrich und Schmitd-Bleeker etwa beschreiben „Konflikte als Motor der Story“[142].Abbildung 10 und die nachfolgenden Erläuterungen gehen auf die Ausführungen zur „Anatomie von Storys“ und „Dialektische Markenführung in Netzwerken“ von Dietrich und Schmidt-Bleeker zurück.[143]
Geschichten entstehen demnach in einem gemeinsamen Raum, der den Kontext bildet. Dieser Raum kann in mindestens zwei Teilräume, mit eigener Ordnung bzw. einem eigenen zugrunde gelegten Weltbild unterteilt werden und weist jeweils für sich eine semantische Bedeutung auf.Handelnde Figuren in einer Geschichte sind in dem einen Teilraum die Marke bzw. das Produkt und in dem anderen die Zielgruppe bzw. Konsumenten. Für eine Geschichte bedarf es mindestens eines Ereignisses, welches sich dadurch auszeichnet, dass eine handelnde Figur aus ihrem Teilraum die scheinbar unüberwindbare Grenze zum anderen Teilraum überschreitet. Ob der Übergang für die Zielgruppe ein Ereignis darstellt, hängt davon ab, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Zielgruppe mit der Marke/dem Produkt in Kontakt kommt. Darüber hinaus gilt, dass je mehr das Ereignis beide Ordnungen der Teilräume betrifft und je größer die Auswirkungen des Ereignisses für die Ordnung der Zielgruppe ist, also ob das Ereignis die eigenen Ordnung bestätigt oder verändert/ verändern kann, desto größer ist das Ereignis für die Zielgruppe. Das Schaffen eines Ereignisses soll also einen Konflikt auslösen, der letztlich eine Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Ordnungen bzw. Weltbildern ist.
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Abb. 10: „Entstehung guter Geschichten“, eigene Darstellung.
Für die Kommunikation in Sozialen Netzwerken gilt daher, dass gute Geschichten einen Konflikt eröffnen müssen, der für die Zielgruppe relevant und erfahrbar ist und damit entweder das eigene Weltbild bestätigt oder verändert. Erlebbar werden Konflikte durch den Übertritt der Marke in den Raum des Konsumenten. Zuerst muss der Konsument die Marke in seinem Leben wahrnehmen (können), damit das Ereignis und daraus der Konflikt entstehen kann. Konflikte können ihre Kraft dann verlieren, wenn die Differenz bzw. die Grenze zwischen den Teilräumen kleiner wird oder ganz verschwindet. Gleichzeitig können Veränderungen im Weltbild zu neuen Konflikten führen, mit denenGeschichten weitererzählt oder neue Geschichten erzählt werden können. Den stärksten Konflikt machen Paradoxien aus, die zwei Dinge vereinen, die in einem Widerspruch zueinander stehen, der nicht aufgelöst werden kann. Schafft es eine Marke ein Paradoxon aufzubauen, also den Konsumenten zwei sich widersprechende Signale zu senden bzw. empfangen zu lassen, wirdder Konflikt unlösbar. Der Wunsch nach Auflösung dieses Widerspruches führt letztlich dazu, dass der Empfänger sich darüber austauschen will und zum einen nach mehr Informationen sucht und zum anderen mit anderen darüber sprechen wollen wird. Aus dieser Sicht kann die Wirkung von Paradoxien auch mit der Theorie der kognitiven Dissonanz beschrieben werden, wie bereits in Kapitel 2.3.3.3 geschehen.
Die Erzählweise von Geschichten kann sehr unterschiedlich sein und hängt wiederum vom Involvement ab. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass analog zur Plakatwerbung auch Bilder Geschichten erzählen können. Hannemann weist darüber hinaus darauf hin, dass Marken in sozialen Medien keine fertigen Lösungen anbieten müssen, sondern vielmehr Angebote zur Kompetenzentwicklung in den Vordergrund stellen müssen, also Wissen, mit dem die Zielgruppe sich eine eigene Meinung bilden kann.[144]
Grundlegend zu beachten bei der Interaktion seitens der Marke mit den Konsumenten sind die Qualität und Intensität der Interaktion, die Burmann, Halaszovich und Hemmann wie folgt charakterisieren:[145] Die Interaktionsqualität zeichnet sich durch ihre Relevanz, Konsistenz und den Grad an Interaktion aus. Konsistenz steht dabei erstens dafür, dass über die Zeit betrachtet keine widersprüchlichen Informationen in das Netzwerk gegeben werden. Zum anderen bedeutet Konsistenz, dass sich die Kommunikationsinhalte auf den unterschiedlichen Kanälen nicht widersprechen. Die Relevanz der Interaktion ergibt sich daraus, ob sie eine nutzenstiftende Wirkung für die Empfänger aufweist. Dies gilt nicht allein für die Marke als Teilnehmer, sondern gerade auch für die Marke als Vermittler, Kenner und Moderator. Der Grad der Interaktion ist davon abhängig, wie stark der Konsument mit der Marke interagieren kann. Je höher dieser Grad ist, desto größer ist Interaktionskompetenz des Marke.
Neben der Qualität ist für die Interaktionskompetenz der Marke die Interaktionsintensität von Bedeutung. Diese ist von der Dauer, Häufigkeit und Geschwindigkeit abhängig. Die Intensität wird darüber hinaus höher, je individueller die Interaktion gestaltet ist.
Aus diesen Betrachtungen heraus wird deutlich, warum Esch die Kommunikation über virales Marketing und Social Marketing zwischen der persönlichen und der Massenkommunikation ansiedelt:[146] Je mehr Menschen die Botschaft als Empfänger erhalten und beginnen mit der Marke zu interagieren und letztlich selbst zu Sendern werden, desto größer ist der Wirkungsradius der Kommunikation. Gleichzeitig kann die Marke aber auch direkt mit Einzelnen interagieren, so sie dies möchte. Das Web 2.0 bzw. die Sozialen Netzwerke bieten also im Sinne der Einteilung von Kotler und Roberto die Möglichkeit, alle drei Kanäle (Massen- , selektive, persönliche Kommunikation)zu nutzen.
Nach Esch sind die einzelnen Kommunikationsinstrumente miteinander zu verbinden. In formaler Hinsicht dient eine Integration unterschiedlicher Instrumente dazu, die Marke bei den Konsumenten zu verankern und ihnen einen leichteren Zugang zur Marke zu ermöglichen. Die inhaltliche Integration dient letztlich der Vermittlung der Positionierungsbotschaft.[147] Über die integrative Kommunikation, wie sie von Esch beschrieben wird, kann auch ein Zusammenhang zwischen den beschriebenen Kommunikationsmöglichkeiten hergestellt werden. Leitinstrumente der integrativen Kommunikation sind dabei das Branding und die klassische Werbung, ebenso wie das Schalten von Werbung im Internet. Die Freiheitgerade beider Gestaltung dieser Kommunikation ist mittel bis gering. Die Kommunikation über die Sozialen Medien / Netzwerke sind in diesem Kontext gesehen Elemente, die in die Kommunikation zu integrieren sind und zeichnen sich durch hohe Freiheitsgrade in der Gestaltung aus. Eine Kombination von klassischer Werbung und der Social Media Kommunikation kann zum Beispiel durch Multi-Media-Kommunikation als Folgeinstrument gesehen werden, welches jedoch geringe Bedeutung für die integrierte Kommunikation aufweist, aber zum Beispiel dazu dienen kann, Marken zu aktivieren, also in Erinnerung zu rufen.[148]
2.3.5 Positionierungscontrolling und Handlungsmöglichkeiten
2.3.5.1 Die Notwendigkeit des Positionscontrollings im Markenmanagement
In der vorliegenden Arbeit wurde bereits auf den Unterschied zwischen dem Positionierungskonzept als Soll-Identität und der umgesetzten Positionierung als Ist-Identität eingegangen. Die Soll-Identität ist nach dem entwickelten Identitätsmodell auch gleichzeitig das Soll-Image der Marke, welches verankert werden soll, womit das tatsächlich sich entwickelnde Image als Ist-Identität beschrieben werden kann. In Abb. 11 sind die Zusammenhänge noch einmal dargestellt.
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Abb. 11: Positionierungslücken, Eigene Darstellung in Anlehnung an Meffert/Burmann.[149]
Ziel ist stets, dass die Soll-Positionierung gleich der Ist-Identität ist und die Ist-identität gleich dem Ist-/Soll-Image ist. Aus dieser Logik heraus können drei Identitätslücken entstehen. Esch weist explizit darauf hin, dass zwischen der konzeptionellen Soll-identität und der positionierten Ist-identität eine Implementierungslücke entsteht (Identitätslücke 1).[150] Darüberhinaus ergibt sich eine weitere Identitätslücke, wenn das Markenimage nicht im Sinne der Identität wahrgenommen wird. Ein Image kann sich nur auf Grundlage der positionierten Identität, also der Ist-Identität, entwickeln (Identitätslücke 2). Letztlich entsteht damit ebenso eine (dritte) Lücke zwischen dem Ist- und dem Soll-Image.Ziel des Markenmanagements ist es, die dritte Identitätslücke nicht aufkommen bzw. sie so gering wie möglich ausfallen zu lassen. Dies ist nur möglich, wenn keine bzw. nur geringe Identitätslücken zwischen Identität, Ist-Identität und Ist-Image auftreten. Um dies zu erreichen, müssen die positionierte Ist-Identität und das Ist-Image, durch Controlling-Instrumente erfasst werden, um vorhandene Identitätslücken zu erkennen und Korrek-turen zur Schließung der Lücken einleiten zu können.
2.3.5.2 Ansatzpunkte zur Bestimmung der Markenposition
Esch weist darauf hin, dass die Positionierung einer Marke von der Wahrnehmung der Konsumenten bestimmt wird und damit im Fokus des Controllings steht.Da schon beim Positionierungskonzept die Wahrnehmung bzw. die Assoziationen der Konsumenten im Vordergrund stehen, ist es die Aufgabe des Controllings zu evaluieren, ob die positionierten Eigenschaften auch tatsächlich wie gewünscht von der Zielgruppe wahrgenommen und erkannt werden.[151] Für Esch ist das Markencontrolling dafür zuständig, dass die Kundenwahrnehmung der wichtigsten Identitätsbestandteile der Marke gemessen wird.[152] Auf ein methodisches Problem, das auch die vorliegende Arbeit betrifft, weißt Ringel hin:„Zur Methodik der Feststellung von Identitätslücken (Markenidentitätskontrolle)werden in der Literatur kaum Aussagen getroffen.“[153] Esch und auch Burmann/Halaszovich/Hemmann beschreiben die Erstellung von Markenimage-profilen als Controllingmaßnahmen der Markenpositionierung. Anzumerken ist die Schlussfolgerung von Esch, dass die Messung von Imageprofilen oft nicht die differenzierenden und relevanten Markeneigenschaften erfassen/messen.[154] Für die vor-liegende Arbeit soll deshalb, auf Grundlage des Identitätsmodells, hergeleitet werden, welche qualitativen und quantitativen Informationen im Sinne eines Positionierungs-controllingserhoben werden können. Auf das konkrete Vorgehen in der vorliegenden Arbeit wird im empirischen Teil der Arbeit näher eingegangen.
Ausgehend von den potentiellen Identitätslücken sind Informationen zum Positionierungs-konzept und der Positionierungsumsetzung zu erheben, um eine Positionierungslücke zwischen Soll- und Ist-Identität zu identifizieren und den Grund für diese bestimmen zu können. Da die Identität das Selbstbild der Marke bezeichnet, entsteht diese Lücke also beim Anbieter selbst. Notwendige Informationen sind dabei die Antworten auf die Kernfragen nach Esch (s. Kap. 2.3.2 und 2.3.4).Darüber hinaus ist zu beachten, welche Zielgruppenwahl hinter der Positionierungskonzeption und –umsetzung steht.
Die zweite und dritte Identitätslücke, zwischen der Identität und dem Image, können durch die Erfassung des Ist-Images bei der Zielgruppe hergeleitet werden. Aus dem Identitäts-modell wurde abgeleitet, dass das Markenimage in Markenbild, Markenpersönlichkeit und Markenattribute (Markenwissen) gegliedert werden kann. Zu klären sind hierbei die Fragen, wie bekannt die Marke bei der Zielgruppe ist, welche Markenattribute der Zielgruppe bekannt sind, wofür die Marke nach Meinung der Zielgruppe steht und für was die Marke nach Ansicht der Zielgruppe stehen sollte sowie die Frage, welche Persönlichkeitseigenschaften der Marke durch die Zielgruppe zugeschrieben werden. In diesem Zusammenhang können auch Abfragen bezüglich des Brandings einfließen, da diesem ein direkter Einfluss auf die Markenbekanntheit und das Imagezugeschrieben wird (s. Kapitel 2.3.4.3).
Hinsichtlich der Eigenständigkeit/Einzigartigkeit einer Marke kann untersucht werden, ob eine Marke durch eine andere austauschbar ist oder nicht. Dies hängt davon ab, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Markenwerbung unterschiedlichen Konkurrenz-marken (Werbediffusität) und wie oft die Markenwerbung der eigenen Marke (Unver-wechselbarkeit) zugeordnet wird. Informationen bezüglich der Unverwechselbarkeit der eigenen Marke sind nach Nommensen ein Gradmesser für die Ausprägung der Markenpersönlichkeit bzw. des Markenbildes.[155]
2.3.5.3 Gründe für Positionierungsveränderungen und Umsetzungsmöglichkeiten
Kotler und Bliemel verweisen darauf, dass sich die Marktposition in Wort und Tat widerspiegeln muss und vier schwerwiegende Positionierungsfehler vermieden werden müssen: Eine Unterpositionierung zeichnet sich dadurch aus, dass das Angebot als eines unter vielen wahrgenommen wird, da nicht deutlich wird, wofür das Unternehmen und sein(e) Produkt(e) stehen. Wird das Leistungsangebot als zu exklusiv/ eng angenommen, wird von einer Überpositionierung gesprochen. Sind die Markenvorstellungen zu unklar, haben unterschiedliche Konsumente unterschiedliche Vorstellungen und man spricht von einer unklaren Positionierung. Eine zweifelhafte Positionierung zeichnet sich dadurch aus, dass die Marke keine Authentizität besitzt.[156]
Positionierungsfehler und auch Identitätslücken können durch unterschiedliche Strategienbehoben werden. Esch unterscheidet dabei grundlegend, ob die Strategie im derzeitigen Positionierungsraumumgesetzt werden kann oder auf einen neuen Positionierungsraumabzielt.[157] Im alten Positionierungsraum kann die Beibehaltung der Positionierung sinnvoll sein, wenn sich Differenzen zwischen Soll-Identität und Ist-Image dadurch ergeben, dass sich der Zeitgeist verändert hat. Hierbei geht es darum die Marketing-Instrumente dem Zeitgeist anzupassen und nicht die Identität oder das Image der Marke zu verändern.[158] Die Umpositionierung einer Marke im alten Positionierungsraum kann auf zwei Arten erfolgen: Erstens kann das Angebot an die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten angepasst werden. Zweitens können die Wünsche und Bedürfnisse an das Angebot angepasst werden. Im ersten Fall wird die Marke so umgestaltet, dass ihre Ist-Identität näher an die Idealvorstellung der Zielgruppe (Soll-Image) heranreicht. Im zweiten Fall sollen derEinsatz von Marketinginstrumente bewirken, dass sich die Idealvorstellungen der Konsumenten (Soll-Image) an die Ist-Identität der Marke angleichen. Eine Angleich-ung des Markennutzes an die Idealvorstellungen der Konsumenten ist nur dann sinnvoll, wenn noch kein Konkurrent diesen Platz im Positionierungsraum besetzt hat.[159] Zielt die Strategie auf einen neuen Positionierungsraum an, so sind die positionierungsrelevanten Eigenschaften der Markenidentität und damit die Ist-Positionierung zu verändern. Dies kann dadurch erfolgen, dass die Positionierung um weitere Eigenschaften der Identität ergänzt wird und sich damit das Ist-Image verändert. Bei zu großen Identitätslücken kann es jedoch passieren, dass eine komplette Neupositionierung erforderlich ist, die Marke also mit vollkommen anderen, neuen Eigenschaften zu positionieren ist. Dies kann damit einhergehen, dass die Marke sich auf andere Zielgruppen fokussiert, da die Zielgruppen aus der alten Positionierung nicht für die Marke gewonnen werden konnten.[160]
2.4 Zusammenfassung der Markenmanagementaspekte
Um Marken positionieren zu können, bedarf es im ersten Schritt denAufbau einer Markenidentität, die möglichst im Selbst- und Fremdbild gleichwahrgenommen wird (s. Kap. 2.2). Ist eine Markenidentität vorhanden, so sind für eine Positionierung die Elemente aus der Identität hervorzuheben, die das Gesamtbild der Marke prägen sollen. Dabei gilt es die Fragen zu beantworten, welche Wünsche und Bedürfnisse die Zielgruppe hat oder welche hervorgerufen werden sollen, wie sich die Konkurrenz auf dem Markt positioniert und wie man sich selbst in Zukunft sehen möchte (s. Kap. 2.3.2). Die Wirkungsmechanismen der Positionierung können dabei unterschiedlich sein. In der vorliegenden Arbeit werden die Modelle des Selbstkonzeptes, der Kunden-Marken-Beziehung und der funktionale Markennutzen behandelt (s. Kap. 2.3.3.1). Um die Modelle anwenden zu können, ist darüber hinaus das Involvement der potentiellen Nachfrager zu berücksichtigen, da dieses die Positionierungsstrategie ebenfalls beeinflusst und darüber-hinaus determiniert, welche Eigenschaften einer Marke überhaupt im Sinne der Strategie positioniert werden können (s. Kap. 2.3.3.3). Für das Social Marketing gilt darüber hinaus, dass unterschiedliche Strategien zur Verfügung stehen, Veränderungen im Verhalten oder bei der Einstellung der Zielgruppe zu bewirken. Auch dabei gilt, dass die Adaptions-wege vom Involvement abhängig sind bzw. einzelne Adaptionsarten begünstigen können (s. Kap. 2.3.3.3).
Die Umsetzung der Positionierung, also der Transfer der Selbstidentität auf den Markt und die dortige Bildung eines Markenimages, erfolgt mit Hilfe des Marketing-Mix. In der vor-liegenden Arbeit wird dabei der Fokus auf die Kommunikationspolitik, da die zu kommunizierenden Botschaften im Social Marketing das Produkt bzw. die Empfehlung einer Einstellungs- und/oder Verhaltensänderung darstellen. Die betrachtete Verpackung des Produktes, im Sinne des Branding, ist bei Social Marketing die Präsentation der Bot-schaft. In diesem Sinne kann Werbung im Bereich des Social Marketings zum einen für die Verpackung im Sinne des Brandings und zum anderen als ein klassisches kommu-nikationspolitisches Instrument des Marketings angesehen werden. Wie bereits in der Positionierungskonzeption ist auch in der Gestaltung der Kommunikation das Involve-ment der potentiellen Nachfrager zu berücksichtigen, damit diese der Kommunikation auch zugänglich sind. Ein weiterer und zunehmend wichtigerer Aspekt ist die Kommuni-kation im Web 2.0 bzw. über die sozialen Medien, bei der durch Interaktion Multiplikatoren-Effekte hervorgerufen werden können. Wie solche Effekte entstehen können wird in der Tipping-Point-Theorie beschrieben. Darüberhinaus gilt es Besonder-heiten in der Kommunikation für den Anbieter zu beachten, der die Rolle des Moderators, Vermittlers oder Teilnehmers einnehmen kann und damit unterschiedliche Aufgaben hat. Letztlich ist bei der Kommunikation darauf zu achten, dass die Marke durch die Kommunikation eine Geschichte erzählt. Dies ist umso wichtiger, wenn der Nachfrager selbst als Sender der Botschaft auftreten soll, wie es im Web 2.0 der Fall ist (s. Kap. 2.3.4.6).
Wenn eine Marke positioniert ist, so ist die Position auf dem Markt stets zu kontrollieren, um potentielle Identitätslücken frühzeitig erkennen und darauf reagieren zu können. Positionierungslücken können zwischen der Soll-identität und der positionierten Identität entstehen, ebenso wie zwischen dem Ist-Image und der Ist-Identität sowie zwischen Ist-Image und Soll-Identität (s. Kap. 2.3.5.1). Aus identifizierten Identitätslücken lassen sich unterschiedliche Schlussfolgerungen ableiten. Zum einen können diese Anzeichen dafür sein, dass die Marketinginstrumente nicht optimal zur Positionierung genutzt werden. Zum anderen können Identitätslücken aber auch darauf hinweisen, dass die Marke mit den falschen Eigenschaften und/oder im falschen Positionierungsraum positioniert wurde.
3 Grundlagen zu HIV und Aids in Deutschland
3.1 Geschichtlicher Überblick zu HIV und Aids in Deutschland
Der Überblick beruht, wenn nicht weiter kenntlich gemacht, auf den Chroniken der Deutschen AIDS-Hilfe und der BZgA.[161]
3.1.1 Die Phase des „alten Aids“: 1981 - 1996
„Die Homosexuellen-Seuche ‚Aids’, eine tödliche Abwehrschwäche, hat Europa erreicht. Mindestens 100 Deutsche sind bereits erkrankt. Sechs in der letzten Woche gestorben. Die Ärzte sind ratlos: Über die Ursache wird nur spekuliert, eine Behandlung gibt es nicht. In den nächsten zwei Jahren wird die Zahl der ‚Aids’-Kranken dramatisch zunehmen. Sind dann auch Heterosexuelle, Frauen und Kinder tödlich gefährdet?“[162] Mit diesem Teaser leitete der Spiegel im Juni 1983 seine Titelgeschichte „Aids: ‚Eine Epidemie, die erst beginnt’“ ein und eröffnet damit die Debatte um Aids, das Acquired Immunodeficiency Syndrome, in Deutschland.
Der Begriff Aids entstand 1982, nach dem seit 1981 in den USA immer wieder von selten auftretenden Krankheiten bei homosexuellen Männern berichtet wird, die darauf hindeuten, dass das Immunsystem geschwächt bzw. zusammengebrochen ist. Der Begriff Aids löste in den USA den bis dahin üblichen Begriff „gay-cancer“ ab, da die Krankheit 1982 auch bei Drogengebrauchern und Blutern auftrat. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht bekannt, wodurch Aids ausgelöst wird. Als Aids 1983 auch Thema in Deutschland wird, war der Grund bereits gefunden: In Frankreich und kurz darauf auch in den USA konnte bei Aids-Kranken ein Virus festgestellt werden. Mit der Entdeckung des Virus können 1984 erste Testverfahren entwickelt werden, die Aufschluss darüber geben, ob ein Mensch Anti-Körper im Blut hat, die auf eine HIV-Infektion hindeuten. Der Virus ist seit 1986 unter dem Namen Human Immuno Deficiency Virus (HIV) bekannt. 1987 wird ein erstes Medikament zugelassen, welches den Krankheitsverlauf verlangsamen, aber nicht heilen kann. Das erste zugelassene Medikament lässt die Hoffnung wachsen, dass ein Impfstoff gegen HIV/Aids schnell gefunden werden kann. Studien aus dem Jahr 1995 zeigen auf, dass eine Therapie mit mehreren gleichzeitig eingesetzten Wirkstoffen besser geeignet ist, um den Virus zu bekämpfen.
3.1.2 Die Phase des „neuen Aids“: 1996 - Heute
1996 deuten Studien mit neuen Wirkstoffklassen auf einen Durchbruch in der HIV-Behandlung hin und die Kombinationstherapie wird zum state of the art. Erst 1998 wird deutlich, dass die Kombinationstherapie zum einen mit starken Nebenwirkungen verbunden ist und zum anderen weist der Virus immer häufiger Resistenzen gegen die Medikamente auf, mit der Folge, dass die Therapie immer wieder verändert werden muss. Durch die Weiterentwicklung der Medikamente können Nebenwirkungen und Resistenzen in den Folgejahren jedoch immer weiter reduziert werden. 2008 stellt die Eidgenössische Kommission für Aidsfragen (EKAF) fest: „Eine HIV-infizierte Person unter funktionierender antiretroviraler Therapie gibt das HI-Virus über Sexualkontakte nicht weiter. Dies ist eine gute Nachricht für Paare, bei denen ein Partner HIV-positiv und seit über 6 Monaten unter funktionierender Behandlung ist und keine andere sexuell übertragbare Krankheit hat.“[163]. Diese Feststellung markiert den neusten Fortschritt in der Behandlung von HIV. Trotz der stetigen Weiterentwicklung der Medikamententherapie und der Erforschung neuer Wirkstoffklassen, ist bis heute weder eine Heilung noch Impfung von bzw. gegen HIV möglich.
3.2 Zahlen zu HIV und Aids
3.2.1 Zahlen zu HIV und Aids in Deutschland
Nach Schätzungen des Robert Koch Instituts (RKI) haben sich seit Beginn der Epidemie in Deutschland ca. 94.000 Menschen infiziert.[164] Die Aufschlüsselung dieser Zahlen ergibt, dass sich davon ca. 51.000 Männer durch Sex mit Männern (MSM), ca. 17.000 über einen heterosexuellen Kontakt, ca. 8.400 Menschen durch Drogengebrauch, ca. 840 Menschen durch den Erhalt einer Bluttransfusion und 420 durch Mutter-Kind-Transmissionen infiziert haben. Darüber hinaus schätzt das RKI, dass ca. 14.000 Menschen in Deutschland mit HIV leben, bei denen der Virus noch nicht identifiziert wurde.[165] In der Bundesrepublik wurden vom Beginn der Epidemie bis Ende 2012 insgesamt 29.294 Fälle von Aids an das RKI gemeldet. 23.439 Fälle liegen vor dem Jahr 2003. Im Jahr 2012 wurden 280 Fälle gemeldet. Von den Gesamtmeldungen waren 14.427 Todesmeldungen. Bei den Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass Aids-Fälle in Deutschland zum Teil sehr verspätet oder gar nicht (mehr) dem RKI gemeldet werden/wurden.[166] Für das Jahr 2012 wurden konkrete Infektionszahlen im Juni 2013 vom RKI veröffentlicht, bei denen die Zahl der Neuinfektionen bei 2.954 lag.[167] Die nachfolgenden Abbildungen schlüsseln die Zahlen für Deutschland weiter auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 12: HIV Neuinfektionen 2012 nach Geschlecht und Infektionswegen[168],eigene Darstellung
Die Neuinfektionen im Jahr 2012 betreffen zu 84,8% Männer und 13,8% Frauen. 57,2% der Infektionen lassen sich auf Männer, die Sex mit Männern hatten (MSM), zurückführen, wodurch sich 67,5% der Männer infizierten. Heterosexuelle Kontakte sind für 16,2% der Infektionen verantwortlich und bei 70,8% der Frauen und 6,5% der Männer Infektionsweg. Durch intravenösen Drogengebrauch (IVD) haben sich 3% infiziert. Bei 22,9% der Neuinfizierten ist keine Infektionsursache bekannt (22,9% der Männer und 22,3% der Frauen). In 21 Fällen gilt eine Bluttransfusion oder eine Mutter-Kind-Infektion als Grund.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 13: Schätzung der HIV Neuinfektionen 2012:[169] Eigene Darstellung.
Der Großteil der Neuinfektionen betrifft mit einem Anteil von 87,7% Männer. Insgesamt gehen ca. 75% der Neuinfektionen auf MSM zurück, bei den Männern sogar 85%. Für 19% der Neuinfektionen sind heterosexuelle Kontakte verantwortlich, wobei diese für 89% der Infektionen bei Frauen und 9% bei Männern verantwortlich sind. Die restlichen Infektionen sind auf den Gebrauch von intravenösen Drogen zurückzuführen (IVD).
Insbesondere bei den gesicherten Meldungen aus dem Jahr 2012 ist zu beachten, dass bei über einem Fünftel der Infektionen Angaben über den Infektionsweg fehlen. Das RKI weist darüber hinaus aus, ob sich die Infektion im In- oder Ausland ereignet hat, wie Abb. 14 zeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 14:HIV Neuinfektionen 2012, Herkunft und Infektionsort nach Infektionswegen:[170] Eigene Darstellung.
Mit Abb. 14 werden 2.258 (76,4%) der Neuinfektionen aus 2012 erfasst. Die fehlenden 23,6% ergeben sich aus den gemeldeten Infektionen, bei denen auf Grund fehlender Daten keine Angaben gemacht werden konnten. Ausgehend von den 2.258 Fällen kann angenommen werden, dass 91% MSM-Infektionen bei Inländern und nur 6% bei Ausländern stattgefunden haben. In Deutschland haben sich demnach 86% Inländer und 4% Ausländer infiziert. Im Ausland haben sich 5% Inländer und 2% in Deutschland lebende Ausländer infiziert. In Folge von IVD haben sich mit 43,8% gut 5% weniger In- als Ausländer infiziert. In Deutschland haben sich 21,3% Ausländer und 33,7% Inländer mit HIV angesteckt. Die Anzahl von infizierten Ausländern, die in Deutschland leben, sich aber im Ausland infiziert haben, beträgt 27% und bei im Ausland infizierten Inländern 10%. Mit 53,5% (21,5% Männer, 32% Frauen) haben sich mehr als die Hälfte der Infektionen durch heterosexuellen Kontakt bei Ausländern ereignet. Bei den Inländern verteilen sich die Infektionen auf 8% Männer und 26,5% Frauen (34,4%; k.A. bei 12,1%). 34,5% der Infektionen ereigneten sich in Deutschland (11,5% der Ausländer, 23% der Inländer) und 53,5% im Ausland (42% der Ausländer; 11,5% der Inländer). Von den Männern haben sich 23,5% im Inland und 63,6% im Ausland durch heterosexuellen Kontakt infiziert. Bei den Frauen infizierten sich dagegen 40,1% im Inland und 48,3% im Ausland.
Von den 2.142 Meldungen, bei denen Herkunft und Infektionsort bekannt sind, lässt sich zusammenfassend sagen, dass 18,7% der Neuinfektionen bei Ausländern diagnostiziert wurden wovon sich 63% im Ausland zugetragen haben. Von den Infektionen bei Inländern (81,3%) sind 91,2% in Deutschland erfolgt, wovon wiederum 92% auf eine Infektion über MSM zurückzuführen sind. Bezieht man die Ausländer, die sich in Deutschland infiziert haben, in die Betrachtung mit ein, haben sich in Deutschland 87,7% über MSM, 2,8% über IVD und 9,5% (2,2% Männer; 7,3% Frauen) durch heterosexuellen Kontakt infiziert.
In Städten mit mehr als einer halben Millionen Einwohner stiegen die Neuinfektion bei MSM zwischen 2010 und 2012 im Vergleich zu 2001-2003 im Durchschnitt um fast 93% von 420 auf 809. In Städten zwischen 100.000 und 500.000 Einwohnern um fast 156% (von 126 auf 322 Fälle) und im übrigen Land um 217% (von 154 auf 488 Fälle).[171]
3.2.2 Zahlen zu HIV und Aids in Berlin
Für Berlin liegen die Zahlen des RKI nicht in der gleichen Ausdifferenzierung wie für die gesamt Bundesrepublik. Das RKI schätzt jedoch, dass ca. 15.000 Menschen mit HIV in Berlin leben. Darüberhinaus wird davon ausgegangen, dass ca. 2.300 Menschen in Berlin mit HIV leben, dieses aber nicht diagnostiziert wurde (ca. 13% der HIV Infektionen in Berlin), was bundesweit ca. 16,5% der nicht diagnostizierten Infektionen entspricht. Für 2012 schätzt das RKI die Zahl der Neuinfektionen in Berlin auf 450, also rund 13,5% der bundesweiten Neuinfektionen. Bei den im Jahr 2012 diagnostizierten HIV Neuinfektionen handelt es sich in 70 bis 90 Fällen um Aids-Diagnosen. An HIV/Aids in Berlin gestorben sind zwischen 70 und 80 im Jahr 2012.[172]
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Abb. 15:HIV Neuinfektionen 2012 in Berlin, nach Geschlecht und Infektionsweg:[173]
Gesicherte Meldungen über HIV Infektionen in Berlin für das Jahr 2012 gibt es für 383 Fälle. Die Ansteckung erfolgte zu 72,6% über MSM, 10,7% über heterosexuelle Kontakte, 1% durch IVD. In einem Fall wurde eine Mutter-Kind-Transmission gemeldet. In 15,4% der Fälle konnte kein Infektionsweg ermittelt werden. In seiner Schätzung geht das RKI davon aus, dass sich 2012 insgesamt ca. 450 Menschen in Berlin infiziert haben (91% Männer; 9% Frauen). Insgesamt haben sich nach dieser Schätzung ca. 85% über MSM, (ca. 93% aller männlichen Infizierten), ca. 11% durch heterosexuellen Kontakt und ca. 5% über IVD infiziert. Verglichen mit den Schätzungen für Deutschland ereigneten sich damit ca. 15,2% der Infektionen über MSM, ca. 7,9% der Infektionen über heterosexuellen Kontakt und ca. 9,5% der Infektionen über IVD in Berlin.
3.3 HIV und Aids Prävention in Deutschland und Berlin
3.3.1 Bundesweite Prävention in Deutschland durch Social Marketing
Mit dem Ausbruch von Aids in den 1980ern entstand auch das noch heute in Deutschland angewandte Präventionsmodell. Es beruht nicht auf Zwang und Repressionen, sondern richtet den Fokus auf einen gesellschaftlichen Lernprozess und damit auf Verhaltensänderungen der Zielgruppe(n).[174] Auf Bundesebene gibt es zwei wesentliche Akteure: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH). Die Deutsche AIDS-Hilfe, als Dachorganisation von ca. 120 Aids-Hilfen und anderen Hilfsprojekten, betreibt „strukturelle Prävention“. In ihrer Arbeit liegt der Fokus nicht allein auf dem Verhalten des Einzelnen, sondern auch auf den Strukturen, in denen die Menschen leben. Damit soll erreicht werden, dass Menschen in möglichst jeder Situation wissen, wie sie sich vor HIV schützen können, dies letztlich auch wollen und tun. Gleichzeitig soll die Aufklärung dazu dienen, dass Menschen mit HIV/Aids nicht diskriminiert werden und gesellschaftlich teilhaben können. Bei der DAH steht dabei nicht die Verhaltensveränderung im Vordergrund, sondern die Veränderung von Einstellungen, Werten, etc.[175] Die BZgA als staatliche Institution hat als oberstes Ziel, HIV-Neuinfektionen zu verhindern. Dazu soll möglichst viel Wissen über Infektionswege und Schutzmöglichkeiten in der Bevölkerung verankert werden. Auch die BZgA setzt sich dafür ein, dass Menschen mit HIV/Aids nicht ausgegrenzt und/oder stigmatisiert werden. Bei ihr steht allerdings die Verhaltensveränderung in der Gesamtbevölkerung im Vordergrund.[176] Die Ziele von DAH und BZgA stehen nicht im Widerspruch zueinander, vielmehr ergänzen sie sich. Grund für die verschiedenen Zugänge zur Präventionsarbeit ist auch die unterschiedliche Herkunft der beiden Organisationen. Die DAH hat sich 1983 als Selbsthilfeorganisation gegründet und ist bis heute hauptsächlich dafür zuständig, zielgruppenspezifische Präventionsarbeit zu leisten. Die Aufgaben der BZgA gehen auf den staatlichen Auftrag zurück, Präventionsarbeit für die Gesamtbevölkerung zu leisten.[177] Beide Akteure nutzen für ihre Arbeit Social Marketing, um ihre Ziele zu erreichen. Bekannt sind oftmals die massenkommunikativen Maßnahmen im öffentlichen Raum oder an zielgruppenspezifischen Orten. Beispielhaft genannt seien hier die Dachkampagne „Gib Aids keine Chance“ der BZgA und die aktuelle Kampagne „Ich weiß was ich tu“ der DAH. Exemplarisch sind in Abb. 16 jeweils zwei Motive aus den Kampagnen abgebildet. Ohne konkret auf den Aufbau und die genaue Zielsetzung der Kampagnen einzugehen, soll sie einen Eindruck geben, wie unterschiedlich Präventionsbotschaften zum Thema HIV/Aids sein können.
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Abb.16: oben: Kampagnenmotive der BZgA aus der Dachkampagne „Gib Aids keine Chance“[178] unten: Kampagnenmotive der DAH aus „Ich weiß was ich tu“ (IWWIT)[179].
Generell weißt Rosenbrock darauf hin, dass mit dem Einsatz der ersten Medikamente in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahren eine Entwicklung eingeleitet wurde, die das Bewusstsein stark verändert hat: HIV/AIDS wurde von einer definitiv tödlichen zu einer beherrschbaren, wenn auch weiterhin schweren, chronischen Krankheit, was auch die Präventionsbotschaften zum Teil verändert hat. In den Fokus der Prävention von HIV/Aids rückten, neben der primären Botschaft „Schütz Dich“, verstärkt Botschaften, die auf Testmöglichkeiten hinweisen. Mit Zunahme der Zahlen anderer sexuell übertragbarer Infektionen (sexually transmitted infections, STI), die zum Teil das Infektionsrisiko für HIV erhöhen, sind auch diese in die Präventionsbotschaften aufgenommen worden.[180] Neben den beiden Hauptakteuren BZgA und DAH gibt es weitere (private) Organisationen, wie die Michael-Stich-Stiftung oder die Deutsche Aids Stiftung, auf welche in dieser Arbeit aus pragmatischen Gründen der Beschränkung nicht weiter eingegangen werden kann.
3.3.2 Gesundheitsprävention zum Thema HIV/Aids in Berlin
Die Berliner Aids-Hilfe gründete sich 1984 als Selbsthilfe-Organisation und war damit in Berlin die erste Organisation, die sich mit HIV bzw. Aids beschäftigte. Die Trägerlandschaft von Präventionsarbeit in Berlin ist mittlerweile wesentlich vielfältiger. Tabelle 1 führt alle Träger, die sich mit HIV/Aids beschäftigen, mit ihren jeweiligen Schwerpunkt auf.
Tab. 1: Überblick über Träger in Berlin, die sich (unter anderem) mit HIV und Aids beschäftigen.
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Zum Teil haben sich Träger erst aus der BAH heraus entwickelt. Die in Tab. 1 aufgelisteten Träger haben sich ab 1991 im „Landesverband der Berliner AIDS-Selbsthilfegruppen (LABAHS)“ zusammengeschlossen, um sich zu vernetzten und gemein-sam Lobbyarbeit betreiben zu können.[181] Wie bei der DAH hat sich auch die BAH von einer Selbsthilfeorganisation von schwulen Männern in den vergangenen 30 Jahren zu einer Nichtregierungsorganisation entwickelt, die nicht allein Präventionsarbeit für einzelne Zielgruppen anbietet, sondern ein sehr vielfältiges Angebot aufweist, wie bereits das Inhaltsverzeichnis der Festschrift „25 Jahre Herzblut – Berliner Aids-Hilfe e.V.“ deutlich macht. Neben Freizeitgruppen der BAH (z.B. Schwimm-, Lauf- und Malgruppen), ist die BAH weiterhin in der Selbsthilfe aktiv (z.B. Gesprächsgruppen und Stammtische), in der Versorgung von Menschen mit HIV/Aids (z.B. Krankenhausbesuche und Emotionale Begleitung), aber auch in der Beratung nicht nur rund um das medizinische Thema HIV und Aids (Schulbesuche, allgemeine (Telefon-, Online-)beratung, HIV-Tests), sondern auch im Bereich Arbeits- und Sozialrecht, Schulden und Rente.[182]
Bereits 2010 wurde Rosenbrock vom Berliner Senat mit der Erstellung eines Entwicklungskonzeptes „für die Prävention von HIV/Aids, sexuell übertragbaren Infektionen und Hepatiden in Berlin“ beauftragt, um die Präventionsarbeit in Berlin zu verbessern und zu effektiveren.[183] Das Konzept sah die Bildung von acht Themen- und vier Querschnittsgruppen vor, in denen, im Austausch unter den freien Trägern und dem Senat, die Präventionsarbeit in Berlin beleuchtet werden sollte.Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen macht rein quantitativ die herausgehobene Stellung der Berliner Aids-Hilfe unter den freien Trägern deutlich: Für sechs der acht Arbeitsgruppen wurde eine Mitarbeit der BAH empfohlen.[184] Der strukturelle Präventionsansatz der BAH ist wie bei der DAH definiert und die BAH setzt ebenso auf Instrumente des Social Marketing. Da die anfänglichen Selbsthilfestrukturen weiterhin existieren, ist neben der strukturellen Prävention weiterhin die Selbsthilfe und Arbeit vor Ort, mit und für die Menschen mit HIV/Aids, elementarer Bestandteil der Arbeit der BAH.
Da auf das Social Marketing der BAH in den späteren Kapiteln näher eingegangen wird, sollen die Motive in Abb.17, aus Plakatkampagnen/-aktionen der BAH an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden, sondern lediglich einen ersten Eindruck bieten.
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Abb.17: Plakatmotive der Berliner Aids-Hilfe (2011).[185]
3.3.3 Veränderungen und Herausforderungen in der HIV/Aids-Prävention
Bereits in den vorhergehenden Ausführungen wurden Veränderungen in der Präventionsarbeit angedeutet. Diese hängen zum Teil mit dem medizinischen Fortschritt zusammen, die neue Präventionsansätze und –botschaften ermöglichen. Zum anderen sind aber auch die Infektionszahlen (s. Kap. 3.1) Grund für Überlegungen hinsichtlich des Erfolgs der Präventionsarbeit in Deutschland und damit auch in Berlin. Einerseits ist die HIV/AIDS Prävention außerordentlich erfolgreich, wenn man diese zum Beispiel mit dem Versuch der Verhaltensveränderung bei Tabakkonsum vergleicht. Andererseits muss die Frage gestellt werden, warum Infektionszahlen nicht weiter sinken, obwohl immer mehr Menschen, die mit der Krankheit leben, einen guten Zugang zu Medikamenten haben, die das Übertragungsrisiko minimieren.[186] Rosenbrock kam bereits 2007 in seinem Aufsatz „AIDS-Prävention – ein Erfolgsmodell in der Krise“ zu folgenden Schlussfolgerungen:[187]
(1) Die Präventionsstrategie in Deutschland, in ihren einzelnen Modulen, wurde in den vergangenen 30 Jahren kaum verändert. Anpassungen und Veränderungen gestalten sich schwierig, denn verlässliche Zahlen, in wie weit einzelne Präventionsmodule gewirkt haben, gibt es nicht. (2) Durch die Vielzahl an Akteuren innerhalb der Präventionsstruktur scheint es sinnvoll, in Deutschland Strukturvorschläge der Vereinten Nationen zu integrieren, bei denen es darum geht, durch die Schaffung einer zentralen Koordinationsstelle, Synergien zu erzeugen und gemeinsame Ansätze für ungelöste Probleme zu finden.(3) Die Arbeit vor Ort besteht nicht allein daraus, nationale Leitlinien eins zu eins umzusetzen, da soziale und lokalspezifische Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen. Dadurch sind lokale Ansätze in der Prävention, die in lokalen Botschaften oder gar lokalen Kampagnen münden, nicht als Störung der nationalen Strategie anzusehen, sondern eine sinnvolle Ergänzung zu dieser.Die Schlussfolgerungen zeigen Herausforderungen auf nationaler Ebene auf und deuten in (2) und (3) bereits lokale Handlungsfelder an.
Die Bochow-Studie zum Thema „Schwule Männer und HIV/AIDS“ kam 2010 bezogen auf Präventionskampagnen unter anderem zu folgender Schlussfolgerung: Trotz der Kampagnen zum Thema Kondomgebrauch (s. Abb. 16),müsse die Präventionsarbeit sich damit auseinandersetzen, dass der Kondomgebrauch weiterhin nicht selbstverständlich ist und sich fast die Hälfte der befragten MSM durch den Kondomgebrauch beeinträchtigt fühlen. Besonders bedenklich dabei sei, dass die Befragten, die häufig Analverkehr mit Personen haben, deren HIV-Status ihnen unbekannt ist, auch häufig kein Kondom verwenden.[188]
3.4 Zusammenfassung der Grundlagen zu HIV/Aids in Deutschland und Berlin
Unabhängig von einer Interpretation der Infektionszahlen zeigen die Infektionszahlen, dass HIV/Aids weiterhin ein relevantes Thema in Deutschland und Berlin ist. Die Präventionsstrategien haben sich bei den Trägern durch ihre Herkunft/Geschichte, aber auch durch das veränderte Bild von HIV und Aids differenziert. Zusammengefasst gibt es drei unterschiedliche Ausrichtungen bezogen auf die Prävention. Die erste Gruppe bildet die Gesamtbevölkerung. Die zweite kann aus den Risikogruppen gebildet werden. Eine dritte Zielgruppe sind die Menschen mit HIV/Aids.
In Berlin gibt es eine breite Landschaft an Trägern, die zum Teil stark an einzelnen Zielgruppen ausgerichtet sind. Die BAH besitzt dabei eine Sonderrolle, da sie in die Gesamtbevölkerung von Berlin wirken will und sich zusätzlich als Träger für die Betroffenen sieht. Damit geht einher, dass in der Arbeit alle oben genannten Zielgruppen relevant sind.
Bezugnehmend auf Rosenbrock kann die Arbeit der BAH als lokalspezifischer Ansatz der Prävention gesehen werden. Darauf aufbauend soll die BAH für die weiteren Betrach-tungen als lokale, soziale Marke angesehen werden. Für diese Marke soll analysiert werden, ob sie eine Identität, wie in der Theorie hergeleitet, besitzt und wenn ja, wie die einzelnen Ebenen aufgebaut sind. Darüberhinaus wird untersucht, wie die BAH in Berlin positioniert ist und wodurch diese Positionierung geprägt ist.
II Empirische Erhebung zur Markenidentität und Positionie-rung der Berliner Aids-Hilfe durch Social Marketing
4 Methodisches Vorgehen
4.1 Allgemeine Informationen zum methodischen Vorgehen
Um die Positionierung der Marke „Berliner Aids-Hilfe“ sowie deren Identitätslücken zu erfassen soll das theoretische Markenidentitätsmodell aus Kapitel 2.2.4 (s. Abb. 4) auf die Berliner Aids-Hilfe angewandt werden. Für die empirische Prüfung der Modellannahmen bzw. der entwickelten Hypothesen wurden verschiedene Zugänge der Datenerhebung gewählt: 1) Die notwendigen Daten zur Ermittlung der Markenidentität wurden durch Experteninterviews erhoben. 2) Auf der Seite des Markenimages und der Bekanntheitsebene wurden die Daten durch eine Online-Umfrage und durch Interviews erhoben. 3) Die Soll-Positionierung der Berliner Aids-Hilfe wird ebenfalls durch Interviews erfasst. 4) Die Umsetzung der Positionierung wird anschließend anhand der aktuellen Kampagne „Let´s talk about Sex“ sowie der Facebook-Seite der BAH erfasst. Die wahrgenommene Positionierung wird bereits durch die Imageerfassung abgedeckt.
Die Interviews zum Markenimage liefern spiegelbildlich dazu Informationen darüber, welchen Herausforderungen sich die BAH aus Sicht der Außenperspektive potenziell zu stellen hat.
Eine Transkription der Interviews erfolgte nicht. Die verwendeten Zitate aus den Interviews sind von den Interviewpartnern freigegeben worden. Kurzzusammenfassungen der Interviews befinden sich im Anhang der vorliegenden Arbeit. In Tabelle 2 sind alle Interviewpartner aufgeführt.
Tab.2: Interviewpartner für die vorliegende Arbeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.2 Konzeption des Fragebogens der Online-Umfrage
Die Online-Umfrage gliedert sich in drei Teile. Im allgemeinen Teil werden demografische Daten wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung und der Wohnort sowie die persönliche Einschätzung zum Wissen über HIV abgefragt. Im ersten Teil zielt die Umfrage auf die Untersuchung der Bekanntheit von Trägern ab, die sich mit dem Thema HIV/Aids in Berlin und Deutschland beschäftigen. Darauf aufbauend werden allgemeine Merkmale und das Leistungsspektrum der Berliner Aids-Hilfe abgefragt. In einem zweiten Schritt werden die Teilnehmenden gebeten, die offenen Fragen „Wenn sie an die Berliner Aids-Hilfe denken: Wofür steht diese Ihrer Meinung nach?“ und „Wenn sie an die Berliner Aids-Hilfe denken: Wofür sollte diese Ihrer Meinung nach stehen?“ zu beantworten. In diesem Teil werden auch ausgewählte Charaktereigenschaften im Bezug auf die BAH abgefragt, die durch nicht aufgeführte und zu bewertende Eigenschaften ergänzt werden können. Im dritten Teil der Umfrage sollen die Teilnehmendem das Logo der BAH identifizieren und darüberhinaus aus einer Auswahl an Kampagnenmotiven unterschiedlicher Träger auswählen und entscheiden, ob das jeweilige Motiv von der BAH stammt oder nicht. Dabei ist es den Befragten freigestellt, selbst anzugeben von wem das Motiv stammt, wenn es ihrer Meinung nach nicht von der BAH ist.
Tab.3: Zuordnung von Fragen der Online-Umfrage zu den Dimensionen des Markenimages/ Identitätsmodells.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.3 Informationen zu den Teilnehmern der Umfrage
An der Online-Umfrage nahmen insgesamt 218 Personen teil, die den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben. 47,9% der Teilnehmer waren männlich, 48,8% weiblich. Jeweils 1 Teilnehmer war inter- und transsexuell. 2 Teilnehmer gaben als Geschlecht „anderes“ an und 3 Teilnehmer machten keine Angabe. 54,8% der Teilnehmer waren heterosexuell, 33,6% homosexuell und 8,3% bisexuell. 3,2% wollten keine Angabe machen. Zur Zeit der Umfrage lebten 87,6% der Untersuchungsteilnehmer in Berlin, davon etwa 76% für einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren. Von den Teilnehmern, die nicht in Berlin lebten, lebten 40,7% (n=11) vor der Umfrage mindestens für kurze Zeit in Berlin. Das Alter der Teilnehmer verteilt sich wie folgt: 16-20 Jahre: 3,2%, 21-30 Jahre: 48,8%, 31-40 Jahre: 30%, 41-50 Jahre: 9,2%, 51-60 Jahre: 6,9%, über 60 Jahre: 2,3%. Für die weiteren Betrachtungen werden nur die Teilnehmer berücksichtigt die zur Zeit der Umfrage in Berlin gelebt haben (n= 191).
In den nachfolgenden Darstellungen werden die Teilnehmer jeweils als Gesamtgruppe betrachtet und anschließend in hetero- und homosexuelle Teilnehmer aufgeteilt. Daraus ergibt sich in der heterosexuellen Gruppe eine Teilnehmeranzahl von 101, wovon 25 männlich und 76 weiblich sind. 5 Teilnehmer aus dieser Gruppe sind zwischen 16 und 20, 63 zwischen 21 und 30, 20 zwischen 31 und 40, fünf zwischen 41 und 50 und acht zwischen 51 und 60. In der Gruppe der homosexuellen Teilnehmer sind 66 Teilnehmer, wovon 61 männlich und fünf weiblich sind. 15 davon sind zwischen 21 und 30, 32 zwischen 31 und 40, neun zwischen 41 und 50, sechs zwischen 51 und 60 und vier älter als 60.
5 Ergebnisse der empirischen Erhebung zur Markenidentität und dem Markenimage der Berliner Aids-Hilfe
5.1 Wissensabfrage zu HIV/AIDS und STIs
Abb. 18 zeigt das durchschnittliche Ergebnis der Wissensabfrage zu HIV/Aids und anderen STIs. Die Teilnehmer sollten ihr Wissen auf einer Skala zwischen hoch, ausreichend, lückenhaft und nicht vorhanden angeben. Ein Teilnehmer wollte keine Angaben zu den einzelnen Fragen machen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbb.18: Umfrageergebnisse zum Wissen über HIV, Aids und STI allgemein, Infektionswege und Schutzmöglichkeiten zu HIV und STI, sowie Krankheitsverlauf von HIV.
Abbildung 18 zeigt, dass die homosexuellen Teilnehmer an der Umfrage ihr Wissen in allen Bereichen höher einschätzen, als die heterosexuellen Teilnehmer. Über alle Teilnehmer gesehen, schätzten die 31-40 Jährigen ihr Wissen höher ein als die 21-30 Jährigen. Zu beachten ist, dass die Homosexuellen in der älteren Gruppe 56% der Teilnehmer ausmachen, in der jüngeren Gruppe allerdings nur 16,5%. Auf eine weitere Ausdifferenzierung soll auf Grund der niedrigen Fallzahlen in einigen der Teilgruppen verzichtet werden.
Auf seine eigene Infektion angesprochen, antwortete Oliver, dass er zwar die Infektionswege kannte und sich selbst als gut informiert betrachtete, aber heute zugeben muss, dass ihm die Restrisiken beim Sex mit einem HIV Positiven nicht ausführlich bekannt waren: „Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, sich mit HIV anzustecken und welche Rolle die Viruslast spielt, war mir nicht so bekannt und dann hat das Restrisiko zugeschlagen.“
5.2 Die Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe
Die Datenerhebung der nachfolgenden Unterkapitel bezieht sich ausschließlich auf die Interviews mit Ute Hiller, Ralph Ehrlich und Jens Petersen (s. Tab. 2).
5.2.1 Kernkompetenzen der Marke
Ute Hiller beschreibt die BAH in erster Linie als eine zivilgesellschaftliche Organisation, die von HIV Positiven, deren Angehörigen, Multiplikatoren der Gesellschaft und am Thema interessierten Menschen getragen wird. Als größte Ressource und Kompetenz der BAH sieht der Öffentlichkeitsreferent, Jens Petersen, die über 200 Ehrenamtlichen, die vor Ort Hilfe leisten, „sei es im Krankenhaus, im Knast oder als emotionale Begleitung. Diese Arbeit passiert im Hintergrund und man sieht sie nicht direkt, zeichnet aber die BAH aus.“ Im Vordergrund der Arbeit stehen die Menschen mit HIV. Die Geschichte von HIV und Aids wirkt sich ebenso auf die Kompetenzen der BAH aus. Ralph Ehrlich macht dies an der Veränderung des Bildes von HIV/Aids und beispielhaft an seiner Wahl in den Vorstand fest: „Auch wenn ich schon 51 Jahre alt bin, so ist es doch ein Generations-wechsel. Die Menschen, die schon vor mir im Vorstand waren, sind zwar nur sieben oder acht Jahre älter als ich, aber sie stehen zum Teil für eine andere Generation von HIV und Aids.“ Ralph Ehrlich erklärt auch durch die 200 ehrenamtlichen Mitarbeiter, warum die BAH nicht einzelne Gruppen, als Zielgruppen, in den Fokus nimmt, denn diese fühlten sich oftmals nicht einer gewissen Zielgruppe zugehörig. Die Ideen und Vorschläge der ehrenamtlichen Mitarbeiter fließen aber stark in die Arbeit der BAH ein und sie sind gleichzeitig Multiplikatoren nach außen. Die Rolle der BAH im Kontext der Trägerlandschaft in Berlin kann ebenfalls historisch gesehen werden. Alle drei Interviewpartner weisen darauf hin, dass einzelne Träger im Laufe der Zeit aus der BAH entstanden sind. Zum Teil sind die Träger entstanden, weil die BAH nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung hatte, um besondere zielgruppenspezifische Aufgaben in dem Maße zu erfüllen, wie es notwendig gewesen wäre. Aller sehen die Geschichte, als ersten Träger Berlins und besonders den Namen als großen Vorteil für die Bekanntheit. Gleichzeitig erwächst daraus aber auch, so Hiller, dass von Seiten der Politik zum Teil Führungsstärke von der BAH erwartet wird, die von der BAH selbst aber gar nicht erhoben wird. Für Ralph Ehrlich steht nicht der Träger selbst, sondern das Thema im Vordergrund, weshalb sich die BAH für eine verstärkte Kooperation der Träger einsetzt, denn: „Die BAH hat ein gewisses Standing in Berlin, auch innerhalb der Trägerlandschaft. Die Leute unterscheiden aber nicht zwischen den Trägern, wenn sie Aids oder HIV hören, da hilft dann der bekannte Namen, auch wenn niemand die Unterschiede in der Arbeit kennt.“ Die Bekanntheit der BAH beschreibt Petersen, wie folgt: „Ich wage die Vermutung, dass keiner in Berlin die BAH nicht kennt, aber was genau sie über die BAH wissen, ist sicherlich fraglich.“
5.2.2 Leistungen der Marke
Aus der Logik der strukturellen Prävention und der Selbsthilfe unterteilt Ute Hiller das Angebot der BAH in „aufsuchende“ und „auffindende“ Leistungen. Insbesondere die offene, allgemeine Beratung der BAH hat dabei eine zentrale Rolle: „In der offenen, allgemeinen Beratung können wir gemeinsam mit dem Menschen schauen, welches Angebot oder in welchem Bereich er Hilfe sucht und welches unserer spezifischen Angebote zu seinem Anliegen passt.“ In diese Kategorie fällt auch das eigene Café als „offenes, ungezwungenes und niederschwelliges Angebot an die Berliner Bevölkerung, die Arbeit der BAH zu erleben und in Kontakt mit ihr zu kommen.“ Auf der anderen Seite ist die BAH auch in Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten (JVAs) und Schulen anzutreffen: „Wir besuchen Menschen im Krankenhaus und in der JVA. Dafür müssen diese vorher nie bei der BAH gewesen sein.“ Insgesamt betrachtet können die Leistungen in „Beratung und Selbsthilfe, als ‚Du kannst zu uns kommen’, Emotionale Begleitung/Unterstützung und Informationsvermittlung, als ‚wir kommen zu Dir’ und die politische Vertretung im Sinne einer Anwaltschaft für die Betroffenen geclustert werden.“ Ralph Ehrlich macht zusätzlich deutlich, warum die BAH in Präventionsarbeit und die Vermittlung eines neuen Bildes von HIV aktiv ist: „Wenn mehr Menschen wissen, dass die Medikamente einen nicht-infektiös werden lassen, dann erhöht dies hoffentlich die Testbereitschaft." Dass die BAH Präventionsarbeit an Schulen macht liegt nach Petersen auch daran, dass kein anderer Träger für diese Art der Prävention zuständig ist. Das Kerngeschäft der BAH ist allerdings nicht die Prävention, sondern die Beratung und die Arbeit mit und für HIV Positive.
5.2.3 Eigenschaften der Marke und der Produkte
Die BAH ist nach Aussage der Geschäftsführerin Ute Hiller „zuerst für alle HIV Positiven Menschen in all ihrer Vielfältigkeit und deshalb (...) auch nicht nur für eine besondere Community verantwortlich.“ Auch wenn die Menschen mit HIV im Vordergrund stehen, sei es wichtig, Wissen in die Allgemeinbevölkerung zu vermitteln, da dadurch Ängste abgebaut und alte Bilder von Aids, welche oft mit Unwissenheit zu tun haben, abgebaut werden können, womit letztlich gegen Diskriminierung und Stigmatisierung vorgegangen wird. Nach Petersen haben sich auch das Leistungsangebot und auch die Eigenschaften der BAH erst mit der Zeit an die neuen Herausforderungen angepasst: „Zu Beginn bestand die Hilfe darin, Menschen beim Sterben zu begleiten und sie in Würde und nicht allein sterben zu lassen. Mit den ersten wirksamen Kombinationstherapien 1996 veränderte sich langsam die Situation und damit auch die Aufgaben der BAH. Bis heute entwickelt sich die Hilfe immer mehr hin zu einem Angebot für ein gutes Leben mit HIV.“ Ziel sei es, dass die Menschen die BAH als Anlaufstelle wahrnehmen, zu der jeder kommen kann, der Fragen hat und Hilfe benötigt. Zusammenfassend steht die BAH, aus der Sicht von Petersen und Ehrlich, für Solidarität und Stabilität, Aufgeschlossenheit und Offenheit, einen progressiven Umgang mit dem Thema HIV/Aids sowie für Kompetenz, Ehrlichkeit und Kontinuität. Das Angebot der BAH, welches auf Beratung, Begegnung, Begleitung und Selbsthilfe gründet, soll durch das vielfältige Angebot die Ziele Akzeptanz, Menschenrechte, Teilhabe, Inklusion und Solidarität befördern, so hat es die BAH in ihrer Vision „BAH-zwanzig-14“ skizziert.
5.2.4 Markenbild und Markenpersönlichkeit
Die Persönlichkeitsaspekte wurden bereits im vorhergehenden Unterkapitel beschrieben. Ehrlich und Petersen merken dazu an, dass die Persönlichkeit sich aus der Geschichte der BAH ableiten lässt: Die BAH sei von aktiven Menschen mit HIV und Aids gegründet worden und wird noch heute von Menschen mit HIV getragen. Das Klientel wird gleichzeitig älter, wodurch es schwierig ist, sich ein junges, frisches Image zu erhalten.
Das Logo der BAH versucht die elementaren Aspekte der Arbeit grafisch zu erfassen. Die Schleifen, die Menschen andeuten, sollen den Solidaritätsaspekt der Arbeit aufgreifen, vermutet Ute Hiller ebenso wie Jens Petersen. Für beide sind die beiden Menschen, die in Bewegung gezeigt werden, gemeinsam unterwegs und symbolisieren die Hilfe für Menschen mit HIV/Aids. Die Farbgebung deutet für Hiller Positiv und Negativ an. Für Petersen kann der Hintergrund als offene Tür verstanden werden, durch die beide gehen und symbolisiert die Offenheit und die BAH als Anlaufstelle.
5.3 Das Markenimage der Berliner Aids-Hilfe
Wie bereits in der Darstellung der Theorien und Konzepte von Marken dargelegt, ist das Markenimage die Außenwahrnehmung der Marke. Ausgehend von der Bekanntheit bildet sich das Image über die der Marke zugeschriebenen Merkmale sowie den funktionalen und symbolischen Nutzen. Das Image der Marke wird letztlich durch das Bild der Marke und der ihr zugeschriebenen Persönlichkeit geprägt. Im ersten Schritt wurde das Image der Marke durch eine Online-Umfrage erfasst. Darüberhinaus fließen Antworten aus den Interviews mit Thomas Birk, Carsten Schatz und Oliver in die zu interpretierenden Daten zum Markenimage ein.
5.3.1 Daten zur Bekanntheit der Berliner Aids-Hilfe
Aus der Online-Umfrage ergeben sich Daten zur Bekanntheit der Berliner Aids-Hilfe im Vergleich zu anderen Trägern im Land Berlin und dem Bundesgebiet. Abbildung 19 zeigt den Bekanntheitsdurchschnitt. Zur DAH, BAH, BZgA und HYDRA wollte jeweils eine Person keine Angabe machen. Die Berliner HIV Gemeinschaft ist ein nicht existierender Träger.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 19: Umfrageergebnisse zur Bekanntheit einzelner Träger.
Von den abgefragten Trägern ist die BZgA der Bekannteste, gefolgt von der DAH und der BAH. Unter den homosexuellen Teilnehmern sind diese drei annähernd gleich bekannt. Alle Teilnehmer gemeinsam betrachtet nimmt die Bekanntheit in folgender Reihenfolge im Durchschnitt ab: BZgA > DAH > BAH > Mann-O-Meter > HYDRA = Schwulenberatung > SUB/WAY > manCheck = Pluspunkt. Allein BZgA, DAH und BAH liegen im Bekanntheitsbereich zwischen „Kenne ich“ und „Habe ich schon von gehört“. Bei den homosexuellen Teilnehmern ergibt sich folgendes Bild: BZgA = DAH > BAH > Mann-O-Meter > Schwulenberatung > manCheck > SUB/WAY = Pluspunkt > HYDRA. Hierbei liegt nur HYDRA über einem Bekanntheitswert von 2 (Habe ich schon von gehört). Die Bekanntheit der Träger unter den heterosexuellen Teilnehmern ist schlechter. Bis auf BZgA und DAH liegt allein noch die BAH bei einem Wert von 2. Alle weiteren abgefragten Träger liegen zwischen den Werten 2 und 3 mit einer Tendenz zu 3 (Kenne ich nicht).
Die Bekanntheit der BAH wird von den Interviewpartnern über den Namen abgeleitet. So meint Carsten Schatz, dass die Bekanntheit nicht durch das Angebot der BAH gegeben sei, sondern dadurch, dass sie „Aids-Hilfe“ im Namen trägt. Thomas Birk spricht ebenso von einem „starken Namen“ und von guter Öffentlichkeitsarbeit zum Beispiel durch die jährlich stattfindende Gala. Dass es die BAH gibt, wusste Oliver durch Infostände der BAH auf dem Schwul-Lesbischen Stadtfest, aber auch durch Artikel, Interviews und Anzeigen im queeren Stadtmagazin (Siegessäule).
5.3.2 Daten zu den Markenmerkmalen der Berliner Aids-Hilfe
Abbildung 20 zeigt die durchschnittliche Einschätzung der Teilnehmer der Erhebung, ob eine Aussage über die BAH zutrifft oder nicht.
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Abb. 20: Umfrageergebnisse zu Markenmerkmalen „Die Berliner Aids-Hilfe ist...“.
Bezogen auf alle Teilnehmer werden folgende Aussagen zur BAH als „stimmt vermutlich“ (Durchschnittswerte <2,5) angenommen: nur in Berlin aktiv, Anlaufstelle der DAH, finanzielle Unterstützung durch den Berliner Senat, finanzielle Unterstützung vom Bundesministerium für Gesundheit, ist eine NGO/Selbsthilfegruppe. Getrennt nach sexueller Orientierung sind die Ergebnisse annähernd gleich. Ausnahmen bilden hierbei die Aussagen „ist nur in Berlin aktiv“ (het.=2,7, hom.= 1,77), „nur Spenden finanziert“ (het.=2,61, hom.=3,12) und „ist allein für HIV Positive“ (het.=2,3, hom.=1,85). Am deutlichsten wurden die Aussagen „ist ein Verein für homosexuelle Männer“ (3,7) und „ist nur in Berlin aktiv“/ „ist eine NGO/Selbsthilfegruppe“ (2,1) bewertet.
Auf die Frage, wofür die BAH steht, antworteten 119 Teilnehmer. Dabei gab eine Mehrzahl der Teilnehmer an, dass die BAH für die Beratung und Unterstützung von Betroffenen, sowie für Aufklärung/Prävention steht. Danach gefragt, wofür die BAH stehen sollte, gaben viele Teilnehmer der Umfrage an, dass die für genau das stehen sollte, wofür sie bereits steht.
Die BAH kommt nach Aussage von Thomas Birk, aus der Selbsthilfe. In dieser Zeit erkannte der Senat, dass die Selbsthilfegruppen damals im Bereich der Prävention näher an den Zielgruppen waren als die politischen Institutionen. Aus seiner Sicht ist die BAH „der größte Träger in Berlin und verfügt über die meisten Mittel der Träger für sexuelle Gesundheit. Damit wäre sie eigentlich ideal für eine Führungsrolle geeignet, die sie aber nicht einnimmt.“ Ein Problem der wahrgenommen Markenmerkmale beschreibt Thomas Birk ebenfalls: „Als Klaus Wowereit das Ulrichs eröffnete, hatte ich in seiner Rede das Gefühl, das er die BAH weiterhin als Schwulen-Verein sieht, der Prävention für Schwule macht. Und dieses Bild, so mein Gefühl und meine Beobachtungen, haben anscheinend noch viele Menschen im Kopf.“ Für Oliver steht die BAH für Basisarbeit, als Ansprechpartner vor Ort, für die Menschen mit HIV/Aids sowie deren Angehörige und Freunde. Im Kontext mit den anderen Trägern in Berlin empfindet Oliver, dass die BAH „am besten auf die Situation in Berlin eingehen [kann], da sie durch die Beratung viel spezifisches Wissen und direkte Informationen durch die Betroffenen hat, welche sie nutzen und weitergeben kann.“ Carsten Schatz beschreibt die Arbeit der BAH ebenfalls als „vor Ort Arbeit für und mit HIV Positiven“, was sich auch durch die Mittelzuwendungen seitens des Senats ergibt. Als autonomes Mitglied innerhalb der DAH präge die BAH darüber hinaus die Haltung der DAH zu Fragen rund um das Thema HIV/Aids mit.
5.3.3 Daten zum Wissen über das Angebot der Berliner Aids-Hilfe
Abgefragt wurde eine Auswahl an Angeboten, bei denen die Teilnehmer die Angebote auswählen sollten, die ihrer Meinung nach von der BAH angeboten werden. Die Ergebnisse sind in Abb. 21 dargestellt.
Das Angebot der allgemeinen Beratung zum Thema HIV wird von 98,5% der Befragten als Angebot der BAH gesehen. Über 90% der Befragten sehen ebenso die Beratung zum Thema „HIV und Beruf“ als Leistung der BAH. Medizinische Beratung, Telefonberatung, Präventionsarbeit mit Jugendlichen und die emotionale Begleitung von Menschen mit HIV erachten zwischen 80 und 88% der Befragten als BAH-Leistung. Dass die BAH eine Schuldenberatung anbietet ist nur ca. 10% bekannt, die Rentenberatung rund jedem vierten Befragten. Vergleicht man die Angebotszuschreibungen zwischen hetero- und homosexuellen Teilnehmern, fällt auf, dass die homosexuellen Teilnehmer das abgefragte Angebot zum teil stärker der BAH zuschreiben als die Heterosexuellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 21: Umfrageergebnisse zur Abfrage: Welche Angebote bietet die Berliner Aids-Hilfe an?
Die einzige Ausnahme bildet die medizinische Beratung, die heterosexuellen Teilnehmer zu 90% und 83% der homosexuellen Teilnehmer als Leistung der BAH ansehen. Die Angebote, bei denen in der Beschreibung explizit auf HIV und Aids hingewiesen wird, werden der BAH am stärksten zugeschrieben.
Das Beratungsangebot war Oliver schon vor seiner Infektion bekannt und er sagt, dass ihm keine andere Organisation in Berlin eingefallen wäre, bei der er seine Fragen zu diesem Thema hätte stellen können. Hauptaufgaben der BAH sind aus seiner Sicht eben diese Beratung, das Nutzen ihres Wissen zur Aufklärung und ihr Einsatz für Toleranz bzw. gegen Diskriminierung und Stigmatisierung von Positiven. Für Thomas Birk stehen ebenso die Leistungen im Vordergrund, die Menschen mit HIV unterstützen und eine HIV Infektion nicht zu Aids werden lassen. Zu den Leistungen zählt er aber auch die Lobbyarbeit gegenüber dem Senat und das Selbsthilfeangebot wie Frühstücks- und Reisegruppen für Positive. Insgesamt hält er das Angebot der BAH für unspezifisch und wenig transparent. Auch für Schatz stehen sämtliche Beratungsaktivitäten im Vordergrund: „Die BAH muss ansprechbar sein und auf alle Fragen, rund um das Thema HIV und Aids, kompetente Antworten liefern können.“
5.3.4 Daten zur Abfrage von Eigenschaftenzuschreibung der Berliner Aids-Hilfe
In Charaktereigenschaften, die der BAH von den Teilnehmern der Online-Umfrage zugeschrieben wurden, sind in Abb. 22 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 22: Umfrageergebnisse zur Abfrage: Welche Charaktereigenschaften würden Sie der BAH zuschrieben?
Bei der Zuschreibung von Eigenschaften ist auffällig, dass je nach Eigenschaft zwischen 18% (bei der Eigenschaft „kompetent“) und 38% (bei der Eigenschaft „erfolgreich“) der Teilnehmer keine Angaben machen wollten (oder konnten). Da die Antwort „keine Angabe“ in die Mittelwertberechnung mit dem höchsten Wert (5) einging, führt diese Antwort dazu, dass diese die Ergebnisse in den Bereich „trifft gar nicht zu“ verschieben. Die Graphen verdeutlichen, dass heterosexuelle Teilnehmer stärker dazu tendieren, die angebotenen Eigenschaften eher als nicht zutreffend zu bewerten als die homosexuellen Teilnehmer. Rechnet man die Antworten „keine Angabe“ aus dem Mittelwert heraus, ist diese Differenz zwischen den Gruppen geringer und die abgefragten Eigenschaften werden als eher zutreffend bewertet. Ehrlichkeit, Verantwortung und Kompetenz sind dabei die am deutlichsten zutreffenden Eigenschaften. Jung, charismatisch und einfallsreich dagegen schneiden am schlechtesten ab. 25 Teilnehmer nutzten die Möglichkeit der BAH weitere Eigenschaften zuzuschreiben, wobei dabei positive Eigenschaften wie solidarisch, zuverlässig, vertrauenserweckend, engagiert, etabliert und anerkannt genannt wurden. Gleichzeitig gab es auch Nennungen wie altbacken, wenig innovativ und transparent, nicht zeitgemäß und verkrustet.
Dieses Bild wird auch durch die Interviews bestätigt. Oliver beschreibt dabei die BAH als „‘Alternde Tante‘. Sie ist sympathisch, hat was auf dem Kasten, ist aber halt nicht mehr die Frischeste oder Jüngste. Jeder weiß, dass hinter dem, was sie sagt, Wissen und Erfahrung steckt.“[189] Für ihn geht damit einher, dass die BAH Vertrauen ausstrahlt, sie ansprechbar ist und kompetente Antworten gibt. Auch Carsten Schatz und Thomas Birk bezeichnen die Berliner Aids-Hilf eher als alt oder können sich vorstellen, dass es zu dieser Zuschreibung kommt. Carsten Schatz führt dies darauf zurück, dass der Zulauf an Menschen, die sich in der BAH engagieren, seit den 1990ern zurückgeht und damit kein Veränderungsdruck entsteht. Thomas Birk bezeichnet die BAH zwar als akzeptiert und engagiert, aber wenig innovativ und führt aus: „Die BAH diskutiert mit, treibt aber nichts wirklich voran. Aus meiner Sicht verhält sich die BAH zurückhaltend und zu passiv und wird damit ihrer Rolle nicht gerecht.“[190]
5.3.5 Daten zum Markenlogo und zur Widererkennung von BAH Motiven
Die Teilnehmer sollten aus den vier abgefragten Logos auswählen, welche zur BAH gehören, wobei die Möglichkeit bestand, mehr als ein Logo auszuwählen.
International[191] BZgA-Kampagne[192] BAH[193] DAH[194]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 23: Abgefragte Logos: „Welches Logo zeigt das Logo der Berliner Aids-Hilfe?“
Das Logo der BAH wurde von 45,5% (n=87) der Teilnehmer korrekt zugeordnet. Ebenso häufig wurde das BZgA-Kampagnen-Logo der BAH zugeordnet. 12% ordneten der BAH das Logo der DAH und 34% das internationale Zeichen zu. Von den Teilnehmern, die der BAH das korrekte Logo zuordneten, wurde von zwei Teilnehmern darüber hinaus das Logo der DAH, von 20 das internationale Zeichen und von 19 das BZgA Logo angegeben.
Das Motiv in Abb. 24 der BAH wurde von 23,2% als Motiv der BAH identifiziert. 50% gaben an, dass es „vielleicht“ von ihr ist. 20,5% glaubten dies „eher nicht“. 6,3% hielten es nicht für ein BAH-Motiv. Sechs Personen vermuteten, dass es sich um ein BZgA- und drei dass es ein DAH-Motiv ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 24: Kampagnenmotiv 1 der BAH[195].
Ähnliche Zahlen ergab die Abfrage eines zweiten Motivs der BAH, welches in Abb. 25 dargestellt ist.
28,9% der Teilnehmer gaben an, dass das Motiv in Abb. 25 ein Motiv der BAH ist. 48,4% gaben „vielleicht“, 19,5% „eher nicht“ und 3,2% „nein“ an. Sieben Teilnehmer ordneten das Motiv der BZgA (5 davon, die auch Abb. 24 der BZgA zuordneten) und drei der DAH zu (2 davon, die auch Abb. 24 der DAH zuordneten). 84,1% der Teilnehmer, die das erste BAH Motiv richtig zuordneten, ordneten auch das zweite Motiv der BAH zu (vielleicht = 13,6%; eher nicht = 2,3%). Alle Teilnehmer, die Abb. 24 der BAH zuordneten, ordneten auch Abb. 25 der BAH zu.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 25: BAH Kampagnenmotiv 2[196].
Abb. 25 hat mit 28,9% die meisten korrekten Zuordnungen zur BAH (Antwort: ja) und am wenigsten Nein-Antworten. Bei keinem anderen Motiv waren die zusammenaddierten Antworten von „ja“ und „vielleicht“ höher.
18,9% glaubten sicher, dass Abb. 26 ein Motiv der BAH zeigt. 16,8% gaben „vielleicht“ und 16,3% „eher nein“ an. 47,9% der Teilnehmer schlossen aus, dass das Motiv von der BAH ist. Davon gaben 72 Menschen korrekt an, dass das Motiv von der BZgA stammt (siebenmal wurde die DAH als Urheber benannt).
Die Motive der BZgA und DAH (siehe Abb. 26 und 27) wurden am seltensten der BAH zugeordnet, wobei die konkrete Aufteilung auf ja, vielleicht, eher nein und nein sehr unterschiedlich ausfällt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 26: Kampagnenmotiv der BZgA[197].
2,6% glaubten sicher, dass Abb. 27 ein Motiv der BAH zeigt. 24,2% gaben „vielleicht“ und 39,5% „eher nein“ an. 33,7% der Teilnehmer schlossen aus, dass das Motiv von der BAH ist. Neun Teilnehmer gaben einen Urheber an. Davon gab eine Person die BZgA und sieben Personen die DAH als Urheber an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 27: Kampagnenmotiv der DAH[198].
Das abgefragte Motiv, welches aus der Welt-Aids-Tag (WAT)-Kampagne 2013 stammt (s. Abb. 28), liefert ähnliche Ergebnisse, wie die Motive der BAH:
26,8% glaubten sicher, dass Abb. 28 ein Motiv der BAH zeigt. 46,3% gaben „vielleicht“ und 11,6% „eher nein“ an. 15,3% der Teilnehmer schlossen aus, dass das Motiv von der BAH ist. Fünf Teilnehmer ordneten das Motiv der BZgA und elf der DAH zu. Dreimal wurde die Kampagne vollständig korrekt benannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 28: Kampagnenmotiv zum WAT[199].
Bis auf ein Motiv wurden ausschließlich Motive abgefragt, die aus Kampagnen oder der Arbeit mit dem Thema HIV/Aids, stammen. Das Motiv von United Colors of Benetton (s. Abb. 29) lieferte folgendes Ergebnis:
4,7% glaubten sicher, dass Abb. 29 ein Motiv der BAH zeigt. 43,2% gaben „vielleicht“ und 32,1% „eher nein“ an. 20% der Teilnehmer schlossen aus, dass das Motiv von der BAH ist. Sechs Teilnehmer ordneten das Motiv korrekterweise Benetton zu. Die BZgA wurde zweimal und die DAH einmal benannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 29: Barbeitetes Werbemotiv von Benetton[200].
Bei keinem der abgefragten Motive gab es eine Mehrheit (>50%) für die Antwort Ja oder Nein. Fünf der elf Motive, davon zwei korrekt, bekamen eine Mehrheit von Ja- und vielleicht-Zuordnungen. Bei vier weiteren Motiven lagen die Ja- und Vielleicht-Antworten zwischen 43 und 48%. Die verbleibenden zwei Motiven kamen auf ca. 27 bzw. 36% an Ja- und Vielleicht Angaben.
6 Empirische Erhebung zu ausgewählten Kommunikations-instrumenten
6.1 Die Kampagne der Berliner Aids-Hilfe „Let´s talk about Sex“
6.1.1 Grundlegende Informationen zur Kampagne
Die Kampagne „Let´s talk about Sex“ der BAH wurde 2011 entwickelt. Grundoptik und Claim standen im Vorfeld, festgelegt durch die Agentur, bereits fest. Die weitere Ausgestaltung wurde in Kooperation zwischen der Werbeagentur und der BAH entwickelt. Die Kampagne wurde berlinweit zweimal veröffentlicht. Zusätzlich wurden die Motive für Anzeigen und Postkarten verwendet.
6.1.2 Ziel der Kampagne
Die Kampagne sollte sich von den angesprochenen Themen und der Optik von den bekannten Kampagnen der BZgA absetzen. Mit der Kampagne sollte Wissen vermittelt werden, was nicht zwangsläufig in der Öffentlichkeit verankert ist. Ute Hiller beschreibt das Ziel der Kampagne über den Ansatz der strukturellen Prävention: Wenn durch Prävention Wissen in Handlung umgesetzt werden soll, dann dürfen Diskriminierung und Stigmatisierung nicht vergessen werden. Die Kommunikation über das Thema HIV/Aids und die Weitergabe von Informationen, die notwendig sind, um selbst zu handeln, werden durch die Angst vor Diskriminierung und Stigmatisierung limitiert. Deshalb sei die Präventionsbotschaft, Kondome zu benutzen, nur eine Handlungsoption. Halbwissen müsse abgebaut werden und fundiertes Wissen über neue Ansätze muss verfestigt werden, um Diskriminierung/Stigmatisierung abbauen zu können. Zum Beispiel könne die Testbereitschaft nur verbessert werden, wenn Ängste abgebaut werden. Petersen weist darauf hin, dass hinter der Plakatkampagne eine Homepage stand, auf der zu jedem Themenplakat Hintergrundinformationen abrufbar waren. Ziel war es, die Menschen auf das Thema aufmerksam und neugierig zu machen, damit sie die Homepage besuchen. Der Grund dieser Herangehensweise liegt in den komplexer werdenden Botschaften: Das Bild von HIV hat sich verändert, Schutzmöglichkeiten werden vielfältiger und gleichzeitig müssen die Botschaften einfach bleiben, damit die Menschen sich mit dem Thema auseinandersetzen. Ralph Ehrlich fasst das Ziel der Kampagne wie folgt zusammen: „Ziel war es, eine frische Kampagne für Berlin zu haben, die nicht belehrend ist, sondern HIV als chronische Krankheit darstellt und deutlich macht, dass das Thema auf Augenhöhe thematisiert werden muss und die Menschen dazu bewegt werden, sich mit HIV auseinanderzusetzen.“
6.1.3 Externe Wahrnehmung der BAH-Kampagne
Aus dem Kapitel 5.3.5 ist bereits hervorgegangen, dass die (abgefragten) Motive (s. Abb. 24 und 25) der Kampagne mit am deutlichsten als Motive der BAH identifiziert wurden. In beiden Fällen gingen jedoch jeweils etwa ein Fünftel der Befragten davon aus, dass die Motive eher nicht oder auf keinen Fall von der BAH sind.
Auch Oliver kannte die Motive zwar aus dem Straßenbild von Berlin, wusste aber nach eigenen Angaben lange nicht, dass die Kampagne von der BAH ist. Er findet die Kampagne und insbesondere den claim ansprechend, weil er damit verbindet, dass das Thema in der schwulen Szene verdrängt wird und der claim darauf hinweist, dass es thematisiert werden muss. Bei ihm selbst führte das Motiv mit dem Satz „Wir wussten es beide nicht“ dazu, dass er sich daran erinnert gefühlt hat, schon längere Zeit keinen HIV Test mehr gemacht zu haben. Er selbst fühlt sich durch die Kampagne besser angesprochen, als von den Motiven der BZgA, da die Kampagne die Perspektive von HIV Positiven stärker einbeziehen würde.
Thomas Birk dagegen sieht die Kampagne differenzierter. Aus seiner Sicht ist sie zwar eine gute Akzeptanz-Kampagne, die deshalb gut zur BAH passt, findet allerdings den claim kritisch: „Die BAH ist nicht der Träger in Berlin, der für primäre Prävention verantwortlich ist, also auch nicht der Träger, der über Sex reden muss.“ Aus seiner Sicht gehen die Plakatmotive zu sehr über den Verstand und berücksichtigen nicht, dass es erhebliche Wissensunterschiede bei dem Thema gibt. Darüberhinaus fehlt ihm das Bindeglied zu anderen Trägern in der Stadt sowie die berlinspezifischen Bezugspunkte: „Die Plakate geben für mich keinen Hinweis darauf, wo ich in Berlin Hilfe finde.“
6.2 Der Facebook-Auftritt der Berliner Aids-Hilfe
Die BAH nutzt Facebook seit dem 29. November 2010. Ute Hiller sieht die Facebook-Seite als eine Möglichkeit, mit der die Menschen in Berlin von der BAH erfahren können, wobei sie einschränkt, dass der Auftritt dort nicht so stark sei. Jens Petersen beschreibt Facebook als Informationsplattform, die dazu genutzt wird Informationen zum Thema HIV/AIDS, zum Beispiel von der DAH, zur Verfügung zu stellen, Veranstaltungen und Aktionen der BAH anzukündigen und über diese zu berichten. Im Namen der BAH können drei Personen bei Facebook schreiben bzw. die Seite betreuen.
Seit Start der „Fan-Seite“ haben 1.083 Personen diese als „gefällt mir“ markiert. Zur Zeit der Datenabfrage sprachen bei Facebook 37 Personen über die BAH.
Die Bewertungsmöglichkeit der BAH haben bei Facebook bisher 151 Personen genutzt. Im Durchschnitt hat die BAH dabei 4,7 von 5 Sternen bekommen. Die Statistik von Facebook sagt aus, dass bisher 226 Personen die Seite besucht haben und die BAH auf 227 Fotos bei Facebook markiert wurde. Darüber hinaus weist die Statistik aus, dass die meisten Menschen, die über die BAH sprechen, in der Altersgruppe zwischen 35 und 44 Jahren sind.[201]
Aus der Facebook-Statistik ist ersichtlich, dass am 12.03.2014 sprachen 70 Menschen bei Facebook über die BAH. An diesem Abend fand eine Veranstaltung bei der BAH statt. Der erneute Anstieg am 18.3. ist nicht rekonstruierbar. Eine Ausstellungseröffnung am 28.3. führte zum erneuten Anstieg auf 31 Menschen. Die Beiträge der BAH korrelieren nicht mit dem Anstieg oder Abfall der Gesprächszahlen, ebenso ist keine Verbindung zwischen den Gesprächen über die BAH und den „gefällt mir“-Zahlen erkennbar.Auf der Seite sind zwischen dem 29.11.2010 und dem 12.04.2014 138 Einträge auf der Pinnwand sichtbar. 85 davon stammen aus dem Jahr 2013, 45 aus dem laufenden Jahr 2014. Insgesamt wurden die Beiträge 1.519-mal zusammen mit „gefällt-mir“ markiert. Insgesamt wurden 56 Beiträge zusammen 115-mal geteilt. Unter 49 Beiträgen finden sich insgesamt 127 Kommentare, die in den meisten Fällen das Gefallen an dem Beitrag bekunden. Neunmal wurden Fragen zu einzelnen Beiträgen, einmal sogar mehrfach, gestellt, worauf viermal seitens der BAH nicht reagiert wurde. In zwei Fällen antworteten Vertreter der BAH innerhalb von 24 Stunden über ihr persönliches Profil. Ein Link aus dem Jahr 2011 ist weiterhin online, bei dem im März 2012 darauf hingewiesen wurde, dass dieser nicht funktioniert, was bis heute der Fall ist. Auch hier blieb eine Reaktion der BAH aus.
Die Kampagne der BAH „Let´s talk about Sex“ ist auf der Facebook-Seite einmal platziert: Seit dem 19. Oktober 2011 ist das Video zur Kampagnen auf der Seite. Der Beitrag verweist direkt auf die Internetseite der Kampagne.Unter „Infos“ beschreibt die BAH ihre Aufgaben und Leistungen. Ebenfalls hat sie dort ihre Kontaktdaten, die Anschrift sowie die Öffnungszeiten ihrer Beratungsstelle hinterlegt.
Jens Petersen weist darauf hin, dass eine Facebook-Nutzung über die Weitergabe von Informationen hinaus durch die personellen Ressourcen der BAH limitiert ist: „Uns fehlen die Ressourcen, Facebook als Diskussionsplattform zu nutzen, denn dazu benötigen wir jemanden, der die Zeit hat, die Seite intensiv zu betreuen.“
III Auswertung und Fazit
7 Das Markenmanagement der Berliner Aids-Hilfe
7.1 Social Marketing der Berliner Aids-Hilfe
7.1.1 Der Markt und die Zielgruppen der Berliner Aids-Hilfe
Allgemein ausgedrückt ist der Markt, auf dem sich die BAH anbietet, die Stadt Berlin und die Zielgruppe sind die Menschen, die in Berlin leben. Dabei können zwar unterschiedliche Zielgruppen der BAH ausgemacht werden, allerdings ist durch den Anspruch der BAH keine definierte Zielgruppe von der Arbeit ausgeschlossen, da das Angebot soweit ausdifferenziert ist, dass jeder spezifischen Zielgruppe ein Angebot gemacht werden kann.
Dies unterscheidet die BAH von anderen Trägern im Bereich der sexuellen Gesundheit, welche nur auf „Teilmärkten Berlins“ aktiv sind, wie zum Beispiel manCheck, die auf MSM in Berlin fokussiert sind. Gleichwohl kann der Gesamtmarkt, den die BAH bedienen will, durch ihr Angebot unterteilt werden und spricht somit angebotsspezifische Zielgruppen an.
Die Infektionszahlen in Deutschland, aber auch konkret für Berlin, legen nahe, dass das Thema in der allgemeinen Bevölkerung einen unterschiedlichen Stellenwert besitzt. Mit 84% machen die Infektionen unter MSM den Großteil der Infektionen 2012 in Berlin aus. Diese Zahl gilt es zu berücksichtigen, wenn es um das Angebot der BAH für Betroffene geht. In der Allgemeinbevölkerung gilt es, dies ebenso zu berücksichtigen, da der Eindruck entstehen kann, es handele sich bei dem Thema HIV/Aids um ein rein „schwules“ Thema womit zum Teil auch die Einstellung zum gesamten Themenbereich in der allgemeinen Bevölkerung beeinflusst wird.
7.1.2 Die Produktpolitik der Berliner Aids-Hilfe
Die Produktpolitik der BAH gründet sich im Wesentlichen auf Vorstellungen und Verhaltensweisen in der allgemeinen Bevölkerung. Das alte Bild von HIV bzw. Aids soll durch ein neues ersetzt werden, womit anderen Verhaltensweisen im Umgang mit der Krankheit einhergehen. Um der Vorstellung zu begegnen, dass HIV zu Aids und letztlich unweigerlich zum Tod führe und es sich bei HIV um eine „schwule Krankheit“ handele, bietet die BAH Informationen an, die dieses Bild widerlegen und aufzeigen sollen, dass HIV eine chronische Krankheit ist, die keineswegs zum Tod führen muss. Ansätze zur Verhaltensänderung werden auf unterschiedlichen Ebenen angeboten. Die Tabuisierung des Themas, die auch durch das Bild von HIV und Aids entsteht, soll durch einen offenen Umgang mit dem Thema abgelöst werden. Daraus ergibt sich, dass die Menschen dazu bewegt werden sollen, Strategien anzuwenden, die über die klassische Schutzbotschaft „Benutze ein Kondom!“ hinaus gehen: Menschen sollen sich mit dem Thema beschäftigen und Risiken einschätzen können und lernen, dass eine Infektion mit der Krankheit so frühzeitig wie möglich erkannt werden sollte, um behandelt zu werden. Für die HIV Positiven, als besondere Zielgruppe, bietet die BAH Möglichkeiten, sich in verschiedenster Form beraten zu lassen und mit anderen Positiven in Kontakt zu kommen, wobei dieser Aspekt weniger unter Social Marketing als unter Dienstleistungsmarketing behandelt werden muss.
Die Geschichte der BAH zeigt, dass die Produkte der BAH sowohl einem market-pull als auch einem technology-push unterstehen. Die frühen Angebote hatten zwar auch bereits zum Ziel, Vorurteile abzubauen, Diskriminierung entgegenzuwirken und den Menschen Schutzmöglichkeiten zu vermitteln. Für HIV Positive bzw. Aids-Kranke bestand das Angebot jedoch eher in der Sterbebegleitung. Mit dem ersten technology-push 1996 durch die Einführung der Kombinationstherapie musste sich auch das Angebot der BAH verändern, denn HIV musste nicht zwangsläufig zum Tod führen. Auch wenn bis heute keine Heilung möglich ist, so haben sich die Medikamente stetig weiterentwickelt, womit heute ein fast normales Leben mit HIV möglich wäre. Da sich das Bild der Krankheit aber eben nur langsam in den Köpfen der Menschen verändert, sind die Fragen der Diskriminierung und Stigmatisierung in den Vordergrund gerückt. Gleichzeitig führte der technology-push langfristig auch zu einem market-pull, denn die Nachfrage nach Informationen, seien es medizinische oder auch gesellschaftliche, sind mit der Veränderung gewachsen. Ebenso sind neue Fragestellungen, die über HIV hinausgehen, dazu gekommen, wie der Anstieg anderer STIs deutlich macht.
Exemplarisch lässt sich dies am HIV-Test und den Präventionsbotschaften deutlich machen. Bis 1996, also der Zeit des „alten Aids“, galt als Präventionsbotschaft die Benutzung des Kondoms. Die Möglichkeit sich testen zu lassen, bestand auch damals schon, war jedoch damit verbunden, dass ein positiver Test in den Köpfen der Menschen mit dem Tod verbunden war. Heute sind die Botschaften zum Schutz vor HIV weit differenzierter. So ist zum Beispiel mittlerweile bekannt, dass ein HIV Positiver, bei dem der Virus aufgrund der Medikamententherapie im Blut nicht mehr nachgewiesen werden kann, nicht infektiös ist und theoretisch auf das Kondom verzichtet werden kann. Damit geht einher, dass der HIV-Test an Bedeutung gewinnt, damit die Krankheit so früh wie möglich erkannt werden kann. Im Kapitel zum Markenmanagement der BAH wird auf die konkrete Produktpolitik konkreter eingegangen.
7.1.3 Die Preispolitik der Berliner Aids-Hilfe
Allgemein gesprochen ist der Preis bzw. die Gegenleistung für das Angebot der BAH die Auseinandersetzung mit dem Thema HIV/Aids. Darüberhinaus treffen aber auch die Kategorien Zeitaufwand und Risiko nach Kotler und Roberto zu. Der Zeitaufwand wird insbesondere beim Beratungsangebot bei der BAH deutlich: Jeder, der sich zur Beratung in die BAH begibt, muss dafür auch die Zeit haben. In diesem Bereich ist es schwer, den Aufwand erheblich zu senken. Allerdings kann das Angebot der BAH, wie Infostände auf Straßenfesten oder bei anderen Veranstaltungen, dazu beitragen, elementare Informationen mit weniger Aufwand für die interessierten Personen weiterzugeben. Damit kann der Mehrwert einer Beratung bei der BAH deutlich gemacht werden. Informationskampagnen der BAH, wie „Let´s talk about Sex“, setzen voraus, dass die Menschen, die sich vom Plakat bzw. der Botschaft angesprochen fühlen, weitere Informationen, z.B. im Internet auf der Kampagnenhomepage, selbst beschaffen. Der Aspekt des Risikos scheint bei dem Angebot der BAH jedoch von noch größerer Bedeutung. Auch hier ist es erneut das alte Bild von HIV/Aids und generell die Auseinandersetzung mit einer Krankheit. Dabei können die potentiellen Risiken, die bedacht werden müssen, differenziert werden. Bei den Präventionsbotschaften können die Risiken, als Aufwand, für die Arbeit genutzt werden: Prävention zielt letztlich darauf ab, deutlich zu machen, dass man sich vor physiologischen Risiken schützen kann. Gleichzeitig ist jedoch anzunehmen, dass bei den weiteren Angeboten der BAH insbesondere psychologische und soziale Risiken einen erheblichen Aufwand für die Zielgruppen darstellen. Das Ziel der BAH ist es, eben diesen Aufwand, der sich in Ängsten ausdrückt, entgegenzuwirken bzw. zu minimieren. Die von der BAH mit dem Ziel eingesetzten Botschaften, dass sich Einstellung und Verhalten ändern, sind also so zu setzen, dass Ängste minimiert werden. Wenn HIV damit verbunden ist, diskriminiert zu werden und/oder einer Gruppe zugeordnet zu werden, die man selbst ablehnt, steigt z.B. der Aufwand sich testen zu lassen, sich Hilfe zu suchen oder über seine Krankheit zu reden. Dies gilt ebenso für HIV Positive, die bereits von ihrer Infektion wissen. Wenn die BAH als Organisation angesehen wird, die Menschen hilft, die „krank“ sind oder sie als schwuler Verein gesehen wird, steigt der Aufwand das Angebot der BAH nachzufragen für die Menschen, die sich selbst nicht als „krank“ ansehen oder der schwulen Szene zugehörig fühlen, mit der die BAH zum Teil verbunden wird.
Die vorliegende Arbeit geht nicht weiter auf die Preispolitik im Sinne von Fundraising ein. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Arbeit der BAH nur zum Teil über den Berliner Senat finanziert wird und diese Mittel das Angebot limitieren. Die Aufgabe der BAH ist es also auch, gegenüber dem Senat deutlich zu machen, warum die Angebote notwendig und zielführend sind. Angebote, die die BAH anbietet, die vom Senat jedoch nicht als Aufgabe der BAH angesehen werden, sind nur dadurch finanzierbar, dass die BAH Spenden sammelt. Dies gelingt aber auch nur dann, wenn die Aufgaben in der Bevölkerung als notwendig, wichtig und vor allem zielführend anerkannt werden und dadurch die Bereitschaft zum Spenden entsteht.
7.1.4 Die Platzierungspolitik der BAH
Die Botschaftsvermittlung erfolgt über die Kommunikationspolitik. In Berlin sei darauf hingewiesen, dass einzelne Aufgaben wie z.B. die Präventionsarbeit für MSM durch andere Träger erfolgt. Platzierungspolitik kann in diesem Sinne auch als Kooperation zwischen den Trägern angesehen werden. Es scheint sinnvoll, dass die BAH nicht alle Aufgaben im Sinne einer strukturellen Prävention selbst übernimmt, da dazu die Ressourcen nicht ausreichen. Da die Idee der Verhaltensveränderung Grundlage aller Träger ist, kann sich die BAH eher anbieten, auf die Einstellungsveränderung in der Gesamtbevölkerung hin zu wirken. Dies wird auch dadurch deutlich, dass einzelne Träger direkt aus der BAH hervorgegangen sind. Im Sinne eines Efficient Consumer Response Management dient die Kooperation und Aufgabenteilung unter den Trägern dazu, die Bedürfnisse der Nachfrager optimal zu befriedigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Bedürfnisse zielgruppenspezifisch unterscheiden und sich damit auch die Botschaften im Zusammenhang von HIV/Aids unterscheiden müssen. Wissend, dass die einzelnen Träger zum Teil einen besseren Zugang zu einzelnen Zielgruppen haben, sind Erfahrungen auszutauschen und Möglichkeiten zu entwickeln, die die Bekanntheit der BAH, welche sie zweifelsohne besitzt, für die Arbeit aller Träger nutzbar machen.
7.1.5 Die Promotion- bzw. Kommunikationspolitik der Berliner Aids-Hilfe
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nur mit ausgewählten Aspekten der Kommunikationspolitik. Allgemein gilt im Sinne der Botschaftsvermittlung, dass die BAH zwei unterschiedliche Zielgruppen zu bedienen hat, bei denen das Involvement sehr unterschiedlich ist. In der Gesamtbevölkerung muss berücksichtigt werden, dass sich das Involvement durch zielgruppenspezifische Bezugspunkte zum Thema erheblich unterscheiden kann. Bei der Zielgruppe der Betroffenen ist davon auszugehen, dass das Involvement im Vergleich zur Gesamtbevölkerung höher ist. In wie weit sich dies auf Plakatkampagnen, den Facebook-Auftritt und das Branding auswirkt, soll in den nachfolgenden Kapiteln konkretisiert werden.
7.2 Das Markenmanagement der Berliner Aids-Hilfe
7.2.1 Herleitung der Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe
Die Markenidentität der BAH kann auf Grundlage der ermittelten Daten aus Kapitel 5, wie im Modell aus dem Kapitel 2.2.4.2 (siehe Abb. 4) hergeleitet werden. Die Ergebnisse aus der Umfrage, sowie einzelne Aspekte aus den Interviews, wurden den einzelnen Ebenen des Modells zugeordnet.
7.2.2 Die Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe nach dem entwickelten Modell
Abbildung 30 zeigt die Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe, die sich aus der Selbstwahrnehmung und dem ihr zugeschriebenen Image bzw. der Fremdwahrnehmung ergibt.
Die Kompetenzen der BAH ergeben sich deutlich aus ihrer Historie und ihrer Struktur. Die BAH ist in Berlin der älteste Träger im Bereich HIV/Aids und hat sich bis heute die Strukturen der Selbsthilfe erhalten, woraus sich bis heute Selbsthilfeleistungen und die Unterstützung von HIV Positiven und Aids Kranken herleitet. Dass das Angebot der BAH so breit aufgestellt ist, kann nur dadurch gewährleistet werden, dass zum einen eine starke Ehrenamtsstruktur mit ca. 200 Ehrenamtlichen besteht und zum anderen neben den Leistungen, die durch die finanzielle Unterstützung des Senates gewährleitet werden, weitere Leistungen spendenfinanziert angeboten werden können, wie zum Beispiel die Präventionsarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dies ist auch im Fremdbild bei den Markenmerkmalen verankert, allerdings wird hier nicht zwischen dem Land Berlin und der Bundesebene unterschieden. Dies kann auch damit erklärt werden, dass die BAH als Berliner Anlaufstelle der DAH als Dachorganisation gesehen wird. Durch die Mitgliedschaft der BAH in der DAH als Dachverband von HIV/AIDS-Trägern kann die BAH gerade bei allgemeinen Informationspublikationen zum Thema HIV/Aids auf die Materialien der DAH zurückgreifen, was zwar letztlich Ressourcen innerhalb der BAH spart, jedoch eine Unterscheidung zwischen den beiden erschwert. Gleichzeitig ist dies im Fremdbild aber sicherlich ein Grund dafür, dass der BAH ein hohes spezifisches Wissen zum Thema zugeschrieben wird. Sehr deutlich wird im Fremdbild, dass die Hilfe für HIV Positive und Aids-Kranke das stärkste Merkmal der BAH ist, welches ihr zugeschrieben wird. Zum Teil ist jedoch noch ein altes Bild verankert, in dem die BAH als Verein für homosexuelle Männer gesehen wird, was zum einen auf die Geschichte zurückgeführt werden kann.Zum anderen ist zu vermuten, dass homosexuelle Männer als größte Risikogruppe und damit auch als größte Zielgruppe angesehen werden (s. Kap. 3.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.30.: Markenidentität der Berliner Aids-Hilfe auf Grundlage der Daten aus Kapitel 5.
Betrachtet man die Leistungen der BAH, so können diese neben dem allgemeinen Begriff der strukturellen Prävention in drei Säulen geteilt werden, die sich, wie weiter oben schon angedeutet, aus ihren Kompetenzen ergeben. Zuerst seien hier die Leistungen der Selbsthilfe, wie z.B. die Freizeitgruppen oder das eigene Café, und das breite Beratungsangebot genannt. Sind die Selbsthilfeangebote eher weniger auf der Ebene des funktionalen Nutzen, im Fremdbild, verankert, so ist besonders das Beratungsangebot als Nutzen der BAH verankert, wobei hierbei gilt, dass fast ausschließlich die Beratung, die explizit mit dem Thema HIV/Aids in Verbindung gebracht werden kann und die Sozialberatung, benannt werden. Beratungen zum Thema Renten und die Schuldenberatung scheinen im Fremdbild nicht wahrgenommen zu werden. Leistungen rund um die emotionale Begleitung sind wiederum auch im Fremdbild verankert, ebenso wie die Leistungen rund um die Primärprävention. Im Bereich der Prävention muss aber angenommen werde, dass die BAH generell als Präventionsträger gesehen wird, obwohl dies nicht der Fall ist. Dies wird dadurch deutlich, dass Präventionsarbeit in Bars, etc. als Leistung der BAH gesehen wird, obwohl die Leistung nicht seitens der BAH sondern durch den Träger manCheck erbracht wird. Die dritte Säule der Leistungen ergibt sich explizit aus der Geschichte der BAH, nämlich der „politische Anwalt“ für HIV Positive zu sein. Leistungen in diesem Bereich drücken sich durch die Lobbyarbeit der BAH aus, die sich aber im Fremdbild nicht im zugeschriebenen funktionalen Nutzen, sondern im symbolischen Nutzen spiegeln. Konsequenterweise wird die Lobbyarbeit auch im Selbstbild eher durch die vertretenen Eigenschaften und Werte der BAH sowie ihre Visionen erklärbar. Informationsveranstaltungen wurden nicht gestützt als Aufgabe der BAH abgefragt, weshalb eine Verankerung im Fremdbild nicht geklärt, aber vermutet werden kann, da Fortbildungen von Multiplikatoren als funktionaler Nutzen verankert ist.
Bei der BAH stehen im Selbstbild die Menschen mit HIV/Aids und deren Angehörige im Vordergrund, was sich in jedem Fall als imageprägend erweist. Dass die Gesamtbevölkerung im Fokus der Arbeit steht, weil die BAH Solidarität befördern, das Bild von HIV als chronische Krankheit in den Köpfen der Menschen verankern und damit Antidiskriminierung und -stigmatisierung, aber auch die Enttabuisierung unterstützen will, kann nur zum Teil aus den Daten für das Markenimage abgeleitet werden, da der symbolische Nutzen nicht gestützt abgefragt wurde. Aus Einzelnennungen kann jedoch abgeleitet werden, dass insbesondere ein sozialer Nutzen in der BAH gesehen wird, der Aspekte wie die Sensibilisierung, die Entstigmatisierung, die Auseinandersetzung mit dem Thema HIV/Aids und das Nehmen von Ängsten beinhaltet und damit größtenteils deckungsgleich mit dem Selbstbild ist.
Die eigene Identität der BAH kann als Bild der ehrlichen, aufgeschlossenen und kompetenten Anlaufstelle für alle Menschen, die Fragen zum Thema HIV haben oder Hilfe benötigen, gezeichnet werden. Darin steht die BAH für Solidarität, eine stabile Arbeit und progressive Ansätze. Das Image der BAH ist dagegen nicht nur positiv. Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Kompetenz, Solidarität kommen darin ebenso vor wie die Zuschreibungen verantwortungsbewusst, zuverlässig, sozial, engagiert und professionell. Allerdings wird die BAH insgesamt auch als unzeitgemäß und verkrustet, wenig innovativ und zurückhaltend/passiv beschrieben. Die negativen Eigenschaften im Gesamtimage lassen vermuten, dass die Entwicklungen im Bereich von HIV/Aids und damit Veränderungen in der eigenen Identität der BAH keinen Eingang in das Fremdbild gefunden haben und damit das Bild in den Köpfen der Nachfrager eher dem der BAH gleicht, wie sie einst war bzw. das Image dadurch geprägt wird, dass die Nachfrager davon ausgehen, dass die BAH keine Entwicklung durchlaufen hat.
Für das Image der BAH muss allerdings auch die Bekanntheit der BAH berücksichtigt werden. Die Erhebung dazu zeigt, dass die BAH wesentlich bekannter ist als andere Berliner Träger, allerdings nicht so bekannt ist wie die DAH oder BZgA. Ca. 23% der Befragten geben an, die BAH nicht zu kennen, fast 29% haben schon einmal von ihr gehört und rund 48% geben an die Berliner Aids-Hilfe zu kennen. Die Bekanntheit der BAH ergibt sich, zumindest bei Betrachtung der zur Verfügung stehenden Daten, fast ausschließlich aus ihrem Namen. Auch wenn zu vermuten ist, dass Veranstaltungen wie z.B. die jährlich stattfindende Gala, Spendenaktionen zum Welt-Aids-Tag oder die Präsenz auf Veranstaltungen in Berlin, einen Beitrag zur Bekanntheit liefern, so kann dies auf Grund fehlender Daten nicht bestätigt werden. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Bekanntheit vom Namen ausgeht, zeigt die Zuordnung des Logos: Nur 56% der Befragten, die angeben die BAH zu kennen, haben ihr auch das korrekte Logo zugeordnet.
Dass 23% der Befragten angeben, die BAH nicht zu kennen, zeigt, dass die Annahme, alle Menschen in Berlin kennen die BAH, nicht zutrifft. Was allerdings sehr wohl zutrifft, ist die Annahme, dass nicht alle Menschen konkretes Wissen zur BAH haben. Die Daten zeigen eine Unsicherheit bei der Beurteilung der Informationen und machen damit deutlich, dass das Wissen über die BAH begrenzt ist: Zwar gehen 68% der Befragten davon aus, dass die BAH kein Verein von homosexuellen Männern ist, jedoch sind sich 27% nicht sicher und vermuten nur, dass dies nicht zutrifft. Dass die BAH kein Verein für homosexuelle Männer und Frauen ist, wissen ca. 58% und 23% vermuten dies, jedoch vermuten gut 14%, dass es ein Verein für Homosexuelle ist und knapp 4% sind sich sogar sicher, dass dies so ist. Ebenso vermuten zwar fast 48%, dass die BAH eine Selbsthilfeorganisation und NGO ist, allerdings sind sich hierbei nur gut 32% sicher. In der Abfrage zeigt sich ebenfalls ein starker Einfluss durch den Namen: 23% sind sich sicher, dass die BAH die lokale Anlaufstelle der DAH ist und fast 60% vermuten dies, wobei nur 7% wissen, dass dies nicht der Fall ist. Ebenso wird die BAH als Verein gesehen, der vermutlich vom Senat und vom Bund finanziert wird.
Unklar bleibt, woher die Verunsicherung im Wissen über die BAH kommt. Es ist denkbar, dass die Menschen die Aktivitäten der BAH wahrnehmen, diese aber nicht der BAH zuordnen oder andersherum die Arbeit andere Träger, wie die BZgA und/oder DAH, wahrnehmen, aber nicht unterscheiden können, von wem die Arbeit/Aktion ausgeht. In der Imageabfrage kann damit verbunden sein, dass Vorstellungsbilder zur DAH, BZgA oder anderen Trägern in das Image der BAH einfließen.
7.3 Die Positionierung der Berliner Aids-Hilfe
7.3.1 Einführende Betrachtung zur Positionierung der Berliner Aids-Hilfe
7.3.1.1 Grundlende Aspekte der BAH-Positionierung
Die Zielgruppe der BAH ist nicht ohne Weiteres konkret zu erfassen, da sie ihrem Selbstverständnis nach die Gesamtbevölkerung in Berlin ansprechen will. Daher wäre es notwendig, diese zu segmentieren, um (potentielle) Wünsche und Bedürfnisse zu erfassen. Beispielhaft sei hier die Gruppe der Risikogruppen genannt. Die Zielgruppe der HIV Positiven ist ebenfalls sehr global gefasst, da davon auszugehen ist, dass auch hier einzelne Teilzielgruppen definiert werden können. Da die Zielsetzungen der BAH für beide Gruppen zum Teil unterschiedlich gefasst sind, stehen diese auch für unterschiedliche Ausrichtungen in der Positionierung. Die Verhaltens- und Einstellungsveränderung, die in der Gesamtbevölkerung verfolgt wird, steht für eine aktive Positionierung, da die Wünsche und Bedürfnisse erst hervorgerufen werden müssen. In der Gruppe der HIV Positiven ist es notwendig, sich sowohl aktiv als auch reaktiv zu positionieren, da zum einen bereits Bedürfnisse vorhanden sind und zum anderen neue Informationen den Umgang/das Leben mit der Infektion verändern können, woraus sich ergeben kann, dass eine Verhaltensveränderung sinnvoll sein kann. In diesem Fall ist es, wie bei der Allgemeinbevölkerung, notwendig, Bedürfnisse hervorzurufen, sich also aktiv zu positionieren.
Bezogen auf die Konkurrenz bzw. andere Träger in Berlin sei auf die Markendefinition von Christa verwiesen, in der eine Marke auch von mehr als einem Träger besetzt sein kann. Da sich die Aufgaben der Träger in Berlin zwar in der Zielgruppenausrichtung unterscheiden, aber die Ziele ähnlich, wenn nicht gar die selben sind, scheint eine Point-of-Difference Strategie nicht möglich. Für eine Kooperation zwischen den Trägern scheint eine Point-of-Parity Strategie am sinnvollsten zu sein. Da die BAH allerdings mit Abstand der bekannteste Träger in Berlin ist, soll auf weitere Konkurrenzaspekte in der Positionierung verzichtet werden.
Die modellierte Markenidentität der BAH zeigt, dass die BAH stärker durch ihr Beratungs- und Hilfsangebot positioniert ist als mit den Aspekten der strukturellen Prävention. Das breite Beratungsangebot, welches das Selbstbild als Anlaufstelle für alle Menschen, die Fragen zu HIV haben und/oder Hilfe benötigen, ist stark im funktionalen Nutzen der BAH im Fremdbild verankert. Die Eigenschaften, Werte und Visionen der BAH, die im symbolischen Nutzen Ausdruck finden, sind weniger stark verankert, was durch die wenigen Nennungen in der freien Abfrage bestätigt wird, da auch dort zum großen Teil auf den funktionalen Nutzen verwiesen wird. Die Imageeigenschaften entsprechen zum überwiegenden Teil denen der Identitätseigenschaften des Selbstbildes. Darüberhinaus kann aber auch festgestellt werden, dass die BAH im Image auch negative Eigenschaften zugeschrieben bekommt, womit eine Implementierungslücke der Identität angenommen werden kann. Da kein vollständiges Positionierungskonzept der Berliner Aids-Hilfe erfasst wurde und nur eine Auswahl der eingesetzten Marketinginstrumente analysiert wurde, kann die weitere Betrachtung allein auf Grundlage des Identitätsmodells erfolgen, wobei das Selbstbild in diesem für die Ist-Identität steht. Zwischen der Ist-Markenidentität und dem Ist-Image kann deshalb von einer Identitätslücke gesprochen werden, die sich zum einen in den negativen Eigenschaftszuschreibungen und zum anderen in den wenig ausgeprägten symbolischen Nutzenzuschreibungen äußert.
7.3.1.2 Mechanismen in der Positionierung der BAH
Die aktuelle Positionierung der BAH bei den Zielgruppen kann über unterschiedliche Mechanismen hergeleitet werden. Jedoch ist durch die starke Prägung des funktionellen Nutzens im Image der BAH naheliegend, dass die Positionierung der BAH, soweit dies in der vorliegenden Arbeit aus dem Identitätsmodell abgeleitet werden kann, auf den funktionalen Markennutzen zurückzuführen ist. Durch dieses Modell ist auch erklärbar, warum der symbolischen Nutzen im Fremdbild und die damit einhergehenden Ziele im Selbstbild nicht so stark in der Identität verankert sind. In wie weit andere Mechanismen zur Positionierung, bei einzelne Gruppen der gesamten Zielgruppe, greifen, kann aus den vorhanden Daten nicht ermittelt werden.
7.3.1.3 Positionierung auf Grundlage des Involvements der Zielgruppe
Auf Grundlage der sehr heterogenen Zielgruppe ist eine Positionierung der BAH über das Involvement der Zielgruppe kaum ableitbar. Über die Ziele der BAH kann allerdings eine Differenzierung der Zielgruppe über das Involvement erfolgen (s. Abb. 8). Ausgehend davon, dass die BAH Wissen vermittelt, welches in Handlung umgesetzt werden soll, ist eine sachorientierte und eine aktivierende Positionierung nach der Positionierungsmatrix, bezogen auf den Adaptionsprozess, möglich. In beiden Fällen ist kein emotionales Involvement notwendig, was sich im sachlich-funktionalen Image der BAH widerspiegelt. Dass das emotionale Involvement in diesen Positionierungen keine Berücksichtigung findet, ist eine Erklärungsmöglichkeit dafür, dass der symbolische Nutzen der BAH eher schwach ausgeprägt ist.
7.3.1.4 Positionierte Markenpersönlichkeit der BAH
Die imageprägenden Persönlichkeitseigenschaften der BAH sind überwiegend rational und im Großteil deckungsgleich mit den Eigenschaften des Selbstbildes und stehen im Einklang mit den vorhergegangenen Aussagen zur Positionierung. Dass der BAH Eigenschaften wie solidarisch, engagiert und sozial zugeschrieben werden, lässt sich nicht direkt über die Positionierungskonzeption an sich, aber über Branding-Aspekte herleiten, was im nächsten Kapitel erfolgen soll. Dass der BAH auch negative Eigenschaften zugeschrieben werden, lässt sich ebenfalls nur bedingt anhand der Positionierungskonzeption erklären und erfolgt deshalb auch ausführlicher im nachfolgenden Kapitel.
7.3.2 Der Einfluss des Brandings der Berliner Aids-Hilfe auf ihre Positionierung
Der Name „Berliner Aids-Hilfe“ besitzt einen klaren Bezug auf das Angebot bzw. die nutzenstiftende Wirkung der Marke und wirkt, so lässt es das Markenimage zumindest vermuten, diagnostisch auf die Zielgruppe: Obwohl gut ein Fünftel der Teilnehmer der Online-Umfrage angibt, die BAH nicht zu kennen, werden die konkreten Leistungen, die direkt mit dem Thema HIV/Aids in Verbindung gebracht werden, egal ob Beratung oder Prävention, von einem Großteil der Befragten als Leistungen der BAH benannt. Diese Angebote werden auch von den Menschen benannt, die selbst angeben, die BAH nicht zu kennen. Angebote, die nicht direkt der Thematik HIV/Aids zugeordnet werden, wie z.B. Renten- oder Schuldenberatung, Sport- und Freizeitgruppen sowie der Austausch von Spritzen, werden weniger mit der BAH in Verbindung gebracht, da sie anscheinend nicht durch den Namen widergespiegelt werden. Ein weiteres Indiz für die starke Imageprägung durch den Namen ist die Annahme bei den Befragten, dass die BAH nur in Berlin aktiv und die lokale Anlaufstelle der Deutschen AIDS-Hilfe sei. Gleichzeitig kann der Name als Erklärung für eher emotionale Eigenschaftszuschreibungen dienen, wenn man davon ausgeht, dass Hilfe mit Eigenschaften wie solidarisch, sozial und engagiert verbunden wird.
Das Logo der BAH kann als weniger relevant für das Image eingestuft werden, da dieses von nur 45,5% der Befragten identifiziert wurde und ebenso viele Befragten das Kampagnenlogo der BZgA für das Logo der BAH hielten. Wie bereits erwähnt, kennen auch von den Menschen, die angeben, die BAH zu kennen, nur 56% das Logo. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass sich das allgemeine Wissen und das Wissen um das breite Angebot der BAH bei Teilnehmern, die das Logo kennen, leicht verbessert, ansonsten jedoch keine Auswirkungen auf das Image erkennbar sind. Im Falle der BAH wirkt sich das Logo also zum einen nicht auf die Bekanntheit der BAH aus und zum anderen leitet sich daraus ab, dass das Logo keinen Einfluss auf die Freisetzung von Assoziationen bei der Zielgruppe hat bzw. in der vorliegenden Arbeit nicht näher beurteilt werden kann.
Da die Verpackung der Marke bei der BAH als symbolisch bezeichnet werden kann, wird diese erst in den nachfolgenden Kapiteln, unter den Kommunikationsaspekten, betrachtet.
7.3.3 Die Kommunikation der BAH über Plakate und Anzeigen
7.3.3.1 Kommunikation über Plakate und Anzeigen
Das Ergebnis der Untersuchung von Plakatmotiven in der Online-Umfrage deutet auf eine hohe Werbediffusion beim Thema HIV/Aids hin. Diese drückt sich darin aus, dass die Befragten bei unterschiedlichen Motiven dazu tendieren, Plakate vielleicht bzw. eher nicht der BAH zuzuordnen. Daraus kann die Vermutung abgeleitet werden, dass die Werbung der BAH auch anderen Trägern zugeordnet wird, was allerdings nicht explizit getestet wurde. Dass die Plakate insgesamt oftmals der DAH oder BZgA, also den bundesweiten Kampagnenträgern, zugeordnet wurden, ist wiederum mit der geringeren Bekanntheit der anderen Träger erklärbar. Folgt man Nommensen, der die Unverwechselbarkeit von Werbung als Gradmesser für die Ausprägung der Markenpersönlichkeit bzw. des Markenbildes ansieht, so müsste der BAH ein gering ausgeprägtes Markenbild unterstellt werden. Dieser Schlussfolgerung widerspricht allerdings die deutlich ausgeprägte Identität der BAH bezogen auf den funktionalen Nutzen. Eine mögliche Erklärung liefern die Aussagen zur Kampagne aus den Interviews sowie ihr Aufbau (s. Abb. 17, 24 und 25). Der Fokus der Kampagne zielt darauf ab, auf das veränderte Bild von HIV aufmerksam zu machen und zugleich das Angebot an die Zielgruppe(n) zu machen, sich spezifisches Wissen über HIV anzueignen, das über das allgemeine, vermeintliche in der Bevölkerung verankerte, Wissen hinausgeht. Bezogen auf die gesamte Zielgruppe, wirbt die Kampagne für ein Angebot, welches nicht triviale Bedürfnisse (spezifisches Wissen erlangen) befriedigen soll. Da mit dem Bedürfnis ein hohes Informationsinteresse einhergeht, muss die Zielgruppe emotional und kognitiv hoch involviert sein. Dies widerspricht allerdings der bisherigen Positionierung der BAH. Den Teilen der Zielgruppe, die allein emotional involviert sind, weil sie kein Informationsinteresse haben, wird durch den hohen informativen Charakter der Kampagne und die gleichzeitig emotionale Ansprache, keine eindeutige Botschaft vermittelt, da sie nicht dazu bewegt werden, das Informationsangebot anzunehmen. Eine reine Sachorientierung wird dadurch verhindert, dass die Ansprache emotional ist und damit das Bedürfnis nach Informationen nicht hervorgerufen wird. Die Ansprache nicht involvierter Zielgruppen wird dadurch erschwert, dass für einen aktivierenden oder bekanntheitssteigenden Charakter der direkte Bezug zur BAH nicht gegeben ist, da das Logo nicht eingebunden ist und der Name der BAH zwar auftaucht, wesentlich offensichtlicher aber der unbekannte Claim „Let´s talk about Sex“ präsentiert wird.
Bezogen auf die Aspekte des Branding im Sinne einer symbolischen Verpackung kann also, unabhängig von ästhetischen Aspekten, davon ausgegangen werden, dass die Kampagnen keinen direkten Bezug zum Namen herstellt und dem aktuellen Image bzw. der Ist-Identität der BAH widerspricht, da sie sich sehr stark auf Aspekte des Selbstbildes bezieht, die im Fremdbild nicht verankert sind.
7.3.3.2 Kommunikation über Facebook
Da die BAH Facebook fast ausschließlich dazu nutzt, Informationen zu Veranstaltungen oder Informationen Dritter (z.B. der DAH) weiterzugeben, sind die Konsumenten größtenteils weiterhin Empfänger von Informationen. Diese werden zwar zum Teil geteilt, jedoch findet keine Interaktion mit der BAH statt. Aus diesem Grund ist die BAH bei Facebook weiterhin nur Sender von Botschaften, ohne moderierend, vermittelnd und/oder teilnehmend zu agieren. Aus diesem Grund kann bei der Facebook-Seite der BAH nicht von Web 2.0-Kommunikation gesprochen werden.
7.3.4 Zusammenfassung der Positionierung der BAH und potentielle Veränderungen
Die BAH scheint aus der Perspektive der modellierten Markenidentität vor allem sachlich-funktional positioniert. Daraus resultiert eine Positionierungslücke zwischen dem Fremdbild und Selbstbild der BAH, welches sich dadurch ausdrückt, dass der BAH zum einen negative Eigenschaften zugewiesen werden und zum anderen elementare Ziele der BAH nicht oder nur sehr schwach im Image verankert sind. Die negativen, imageprägenden Eigenschaften, wie unzeitgemäß, wenig innovativ und zurückhaltend, sind unter anderem dadurch zu beheben, dass auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingegangen wird, um das Ist-Image an das Soll-Image anzunähern. Bezogen auf die Ziele der BAH sind Bedürfnisse, die diese widerspiegeln, bei der Zielgruppe hervorzurufen, damit das Soll-Image sich dem Ist-Image annähert. Da beide Problematiken zum Teil auf den Zeitgeist zurückzuführen sind (neue Erkenntnisse im Bereich HIV/Aids und altes Vorstellungsbild in den Köpfen), scheint eine Behebung durch den Einsatz von Social Marketing Instrumenten möglich. Der Ansatz der „Let´s talk about Sex“ Kampagne, die BAH gemischt orientiert zu positionieren, um Themen wie Diskriminierung, Stigmatisierung und Tabuisierung stärker zu verankern, ist nachvollziehbar und positiv zu bewerten. Damit einher geht auch das Bestreben, die Ist-Positionierung der BAH dem Zeitgeist anzupassen, also den Positionierungsraum zu verändern, indem der Ansatz bzw. die Kampagne weitere Eigenschaften der BAH in die Positionierung aufnimmt, um so auch eine Lücke zwischen der Soll- und Ist-Identität zu schließen.
8 Zusammenfassung und Ausblick
8.1 Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die BAH eine ausgeprägte Markenidentität besitzt, die sich auf den funktionalen Markennutzen stützt. Das Selbstbild der BAH ist stark durch ihre Herkunft und die geschichtliche Entwicklung geprägt. Das Image der Marke scheint besonders durch den Namen geprägt.
Aus der breiten Zielgruppe der BAH, die sich zwischen Betroffenen und der allgemeinen Bevölkerung differenzieren lässt, lassen sich unterschiedliche Positionierungs-möglichkeiten ableiten. Dies zeigt ebenso auf, dass aus der allgemeinen Zielgruppe eine aktive und reaktive Positionierung möglich ist, wobei die Markenidentität eher für eine reaktive Positionierung spricht. Das derzeitige Image lässt darauf schließen, dass die BAH sachlich, aktivierend positioniert ist und emotionale Imagekomponenten allein durch den Namen vermittelt werden. Aus dem funktionalen Image der BAH lässt sich darüberhinaus ableiten, dass insbesondere die Aufgaben und Identitätsmerkmale verankert sind, die sich nur begrenzt über das Social Marketing herleiten lassen. Verhaltens- und Einstellungsveränderungen sind dagegen eher mit den Identitätsmerkmalen verbunden, die im Image nur zum geringen Teil mit der BAH verbunden werden, was ebenso auf eine reaktive Positionierung hindeutet. Bezogen auf die Mechanismen der Positionierung, die das Markenimage bilden, lassen sich die Komponenten aus dem Modell des funktionalen Markennutzes wiedererkennen.
Die Kampagne der BAH, als kommunikationspolitisches Instrument, deutet eine gemischte Orientierung in der Positionierung der BAH an, die zwar durch das Selbstbild der Identität begründet werden kann, jedoch nicht das Fremdbild widerspiegelt. Die Kampagne kann ebenso als Versuch erachtet werden, Bedürfnisse bei der Zielgruppe im Sinne des Selbstbildes der BAH aktiv zu positionieren. Zusammen betrachtet, kann die Kampagne also als Versuch gewertet werden, den Positionierungsraum, in dem sich die BAH aktuell befindet, zu verändern, um die BAH näher an ihrem gewollten Selbstbild zu positionieren und das Image der BAH zu verändern. Da Bedürfnisse bei der Zielgruppe geweckt werden sollen, kann sich das Soll-Image dem Ist-Image annähern. Die Nutzung von Facebook als Kommunikationsinstrument im Sinne der Web 2.0-Theorie zur Positionierung der Marke, ist bei der BAH nicht erkennbar. Die derzeitige Nutzung von Facebook zur Weitergabe von Informationen, im Sinne von Ankündigungen und Berichten zur Arbeit/ zu Aktivitäten der BAH, entsprechen eher der klassischen Kommunikation und verstärken eine sachliche und aktivierende bzw. auf Bekanntheit ausgerichtete Positionierung.Die Zuschreibung von negativen Imageeigenschaften scheint durch eine reaktive Umpositionierung ohne Veränderung des Positionierungsraumes möglich, indem aktuelle Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppen aufgenommen werden, um die negativen Eigenschaften abzulösen oder zumindest aus dem Vorstellungsbildbild der Marke verschwinden zu lassen.
8.2 Eigene kritische Würdigung
Der Autor der vorliegenden Arbeit macht darauf aufmerksam, dass die Markenidentität der Marke, die aus den Ergebnissen einer Online-Umfrage und Interviews modelliert wurde, nicht alle Aspekte der Markenidentitätsbildung und des Markenmanagements berücksichtigt. Daher sind auch die Aussagekraft der Ergebnisse und die Tiefe der Schlussfolgerungen limitiert, da Einflüsse der nicht beachteten Aspekte – wie bspw. der Einfluss von Stakeholdern oder finanzielle Rahmenbedingungen – auf die betrachteten Aspekte nicht berücksichtigt wurden.
Darüber hinaus weist der Autor darauf hin, dass die Erhebung der Markenidentität durch die zeitliche Beschränkung und die damit verbundene Reichweite der Arbeit auf verschiedene, in der einschlägigen Literatur benannte, Aspekte und Methoden verzichten musste. So war bspw. eine fundierte Analyse der Konkurrenzwirkung auf die Marke etwa durch den Einsatz von Fokusgruppeninterviews und/oder tiefenpsychologische Interviews zu einzelnen Aspekten der Markenidentität nicht möglich.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Aussagekraft der Markenidentität bezogen auf einzelne, spezifische Zielgruppen nicht untersucht werden konnte. Zwar wurden plausible Zielgruppenmerkmale wie Alter, Geschlecht, Herkunft und sexuelle Orientierung abgefragt, jedoch ließ die unterschiedliche Teilnehmerzahl der einzelnen Teilgruppen keine Auswertung der Identitätsaspekte zu. Eine Ausnahme bildete hier die Differenzierung zwischen homo- und heterosexueller Orientierung.Da nicht nach einer eigenen HIV Infektion gefragt wurde, können die Daten zum Markenimage nur als Ergebnisse für die Allgemeinbevölkerung bewertet werden, ohne den Einfluss durch Aussagen einer spezifischen Zielgruppe bewerten zu können.
Bei der Imageerhebung der Interviews stellt der Autor kritisch fest, dass die drei interviewten Personen zum Teil selbst Stakeholder der BAH sind, was in der Auswertung nicht berücksichtigt wurde. Ebenso geht der Autor davon aus, dass in allen Fällen zum einen ein hohes Involvement der Interviewten und zum anderen soziale Erwünschtheit die Antworten beeinflusst haben können. Wie stark sich eine möglich soziale Erwünschtheit auf die Ergebnisse ausgewirkt hat, kann nicht abschließend geklärt werden, da dies nicht in der Erhebung geprüft wurde.
8.3 Ausblick
Da in der vorliegenden Arbeit nur ausgewählte Aspekte des Social Marketing und Instrumente untersucht wurden, kann sich der Ausblick auch nur auf diese beziehen. Da aus der Identität der BAH hervorgeht, dass der funktionale Nutzen im Vordergrund des Images steht, scheint insbesondere die Stärkung des symbolischen Nutzens im Sinne der Ziele Antidiskriminierung, Antistigmatisierung und Enttabuisierung notwendig.
Um die Markenidentität der BAH zu optimieren, scheint eine stärkere Ausrichtung auf Social Marketing sinnvoll. Damit geht einher, dass der Einsatz von Social Marketing Instrumenten zieladäquat durchgeführt werden muss. Ansätze aus der vorliegenden Arbeit zur Positionierung, wie die Nutzung von Positionierungsmechanismen, die über das Modell des funktionalen Markennutzens hinaus gehen, sollten dabei ebenso mitgedacht werden, wie die Möglichkeit, neue Kommunikationsansätze wie bspw. Facebook, stärker in den Fokus zu nehmen. Bezogen auf die Zielgruppe der BAH müssen Möglichkeiten gefunden werden, die Arbeit stärker auf einzelne Fokusgruppen auszurichten bzw. differenzierte Ansätze für unterschiedliche Untergruppen der gesamten Zielgruppe zu finden. Ansatzpunkt für einzelne Fokusgruppen bietet dabei die Herangehensweise über das Involvement der Konsumenten. Einen weiteren Ansatzpunkt bietet die Analyse der Risikogruppen und des unterschiedlichen Wissensstands zu HIV und Aids. In diesem Sinne wäre auch denkbar, im Sinne einer Point-of-Parity Strategie gemeinsame Ziele mit den anderen Trägern in Berlin zu vereinbaren, um die Kooperation zu intensivieren.
Die Bekanntheit der BAH kann im Vergleich zu anderen Berliner Trägern als hoch beschrieben werden, was ebenfalls in Überlegungen zur verstärkten Kooperation mit anderen Trägern einfließen muss. Gleichzeitig sind Strategien zu entwickeln, die die Bekanntheit der BAH erhöhen, wobei auch hier eine differenziertere Betrachtung der Zielgruppen sinnvoll erscheint. Im Sinne der Werbe-Diffusion sind Strategien zu entwickeln, wie diese reduziert werden kann. Dabei könnte ein Weg sein, BAH-spezifischere Merkmale, die eine Abgrenzung zur DAH und/oder BZgA ermöglichen, stärker in die Positionierung einzubeziehen.
Über die vorliegende Betrachtungsweise hinausgehend erscheint es sinnvoll, die Markenidentitätsbetrachtung der BAH auf alle Marketingdimensionen und –instrumente auszuweiten und unterschiedliche Marketingmodelle zugrunde zu legen, also die Arbeit der BAH nicht allein unter Social Marketing-, sondern auch unter Dienstleistungs-marketing-Aspekten zu analysieren.
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Spiegel (1983): Aids: „Eine Epidemie, die erst beginnt“, in Der Spiegel (Nr. 23, 06.06.1983), S. 144-163.
Tropp, Jörg (2011): Moderne Marketing-Kommunikation: System – Prozess – Management, Wiesbaden: VS Verlag, Springer Fachmedien.
Vollert, Klaus (2003): Strategisches Marketing – Zum Aufbau und Erhalt komparativer Konkurrenzvorteile unerlässlich. In: Kamenz, U. (Hrsg): Applied Marketing, Berlin, S. 459-470.
Waller, Gregor et al. (2005): Die Markenpersönlichkeit: Entwicklung eines Instrumentes zur Analyse von Markenkommunikation und Markenbeziehung, Zürich: Hochschule für Angewandte Psychologie / heartcore Agentur für Markenwirkung, Forschungsbericht zur Projektphase 2004.
Zentes, Joachim / Swoboda, Berhard (2001): Grundbegriffe des Marketings: Marktorientiertes globales Management-Wissen, 5. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
[...]
[1] Vgl. Der Spiegel (1983), S. 144-163
[2] Vgl. Prinzón Escobar / Sweers (2007), S. 455
[3] Rosenbrock / Schmidt /2012), S. 535
[4] Vgl. Robert Koch-Institut (2012)
[5] Wiebe (1952), S. 679-691 in Kozioletal. (2006), S. 3 od. Roski (2009), S. 18
[6] Kotler, etal. (2007), S. 30
[7] Vgl. Raffée (1971), S. 41ff. in Znetes/Swoboda (2001), S. 348
[8] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S. 15
[9] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S. 23
[10] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S. 37
[11] Vgl. Kotler, et al. (2007), S. 121
[12] Vgl. Zentes / Swoboda (2001), S. 361
[13] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 38
[14] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 40
[15] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 40f.
[16] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 43.
[17] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 38f.
[18] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 42f.
[19] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 185
[20] Vgl. Bruhn (2004), S. 144
[21] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 185
[22] Vgl. Zentes / Swoboda (2001), S. 348
[23] Bruhn (2004), S. 36
[24] Bruhn (2004), S. 165
[25] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 204
[26] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 185
[27] Vgl. Bruhn (2004), S. 174ff.
[28] Vgl. Zentes / Swoboda (2001), S. 177
[29] Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 186
[30] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 184
[31] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S, 190f.
[32] Kotler / Roberto (1991), S. 191
[33] Kotler / Roberto (1991), S. 193
[34] Kotler / Roberto (1991), S. 195
[35] Vgl. Kotler, et al. (2007), S. 122
[36] Bruhn (2004), S. 199
[37] Vgl. Kotler et al. (2007), S. 841
[38] Vgl. Bruhn (2004), S. 203f.
[39] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S. 213ff.
[40] Vgl. Esch (2012), S. 93
[41] Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 27
[42] Burgold / Sonnenburg / Voß (2009), S. 12
[43] Vgl. Toffler (1980), S. 1-18 in Hannemann (2009), S. 49
[44] Kotler et al. (2007), S. 632
[45] Vgl. Esch (2012), S. 57
[46] Vgl. Hermanns / Ringel (2004), S. 484 in Ringel (2006), S. 46
[47] Vgl. Meffert / Burmann / Kirchgeorg (2008), S.357ff.
[48] Vgl. Ko tler, et al. (2007), S. 636
[49] Burmann/ Meffert/ Koers (2005), S. 3 in Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg (2008), S.358
[50] Esch (2012), S. 22
[51] Vgl. Kotler et al. (2007), S. 654
[52] Vgl. Bruhn (2004), S. 144
[53] Vgl. Meffert / Bruhn (2006), S. 436f.
[54] Vgl. Christa (2010), S. 172ff.
[55] Vgl. Meffert / Burmann (1996), S. 35 in Meffert / Burmann / Kirchgeorg (2008), S. 359
[56] Esch (2012), S. 22
[57] Burmann / Blinda / Nitschke (2003), S. 6 in Meffert / Burmann / Kirchgeorg (2008), S. 364
[58] Vgl. Esch (2012), S. 81
[59] Ringel (2006), S. 37ff
[60] Bube (2000), S. 68ff. in Ringel (2006), S. 37
[61] Meffert / Burmann (2002b), S. 47 in Ringel (2006), S. 38
[62] Vgl. Esch (2012), S. 90 ff.
[63] Vgl. Esch (2012), S. 99ff.
[64] Esch (2012), S. 99
[65] Vgl. Esch (2012), S. 101ff.
[66] Vgl. Esch (2012), S. 101
[67] Vgl. Meffert / Burmann / Kirchgeorg (2008), S. 360ff.
[68] Vgl. Burmann / Blinda / Nitschke (2003), S. 20ff.
[69] Vgl. Blinda (2003), S. 38f. und 51ff. in Burmann / Blinda / Nitschke (2003), S. 18
[70] Burmann / Blinda / Nitschke (2003), S. 20
[71] Vgl. Burmann / Blinda / Nitschke (2003), S. 6ff.
[72] Vgl. Burmann / Stolle (2007), S. 78 in Meffert / Burmann / Kirchgeorg (2008), S. 367
[73] Vgl. Recke (2010), S. 45 in Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012) S. 105 (Abb. 3.5)
[74] Esch (2012), S. 118
[75] Esch (2012), S. 160
[76] Esch (2012), S. 174
[77] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012) S. 102
[78] Esch (2012), S. 170
[79] Vgl. Vollert (2003), S. 464f.
[80] Vgl. Keller (2013), S. 131ff. in Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 111
[81] Waller et al. (2005), S. 15ff.
[82] Vgl. Fournier (2005), S. 230 in Esch (2012), S. 111, Abb. 58
[83] Vgl. Fournier (1998), S. 363ff. in Waller et al. (2005), S. 21ff.
[84] Vgl. Weiss / Huber (2000), S. 39 in Waller et al. (2005), S. 24, Tab. 3
[85] Hieronimus (2003), S. 111 in Waller et al. (2005), S. 25
[86] vgl. Hieronimus (2003), S. 103f. und Weiss / Huber (2000), S. 37ff. in Waller et al. (2005), S. 24f.
[87] Vgl. Maslow (1970), S. 35-38 in Burmann/Stolle (2007), S. 78
[88] Kroeber-Riel (1992) in Esch (2012), S. 164
[89] Esch (2012), S. 164
[90] Esch (2012), S. 165
[91] Esch (2012), S. 165ff.
[92] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 110ff.
[93] Vgl. Rosenstiel/Neumann (1982) S. 41 in Tropp (2001), S. 85
[94] Vgl. Schenk (1987), S. 39 in Tropp (2001), S. 86
[95] Vgl. Ray (1982) in Kotler/Roberto (1991), S. 112 ff.
[96] Vgl. Nach Ray (1982) in Kotler/Roberto (1991), S. 112
[97] Vgl. Esch / Levermann (1995) in Esch (2012), S. 166, Abb. 90
[98] Vgl. Trommsdorff (2003), S. 35 u. Koebler-Riel / Weinberg (2003), S. 53f in Burmann / Stolle (2007), S. 14ff.
[99] Vgl. Aaker (2005), S. 74 und Mäder (2005) in Esch (2012), S. 108f.
[100] Vgl. Esch (2012), S. 107
[101] Vgl. Burmann / Schallehn (2008), S. 2ff.
[102] Vgl. Burmann / Schallehn (2008), S. 71, Abb. 7
[103] Vgl. Diez (2006), S. 185f. in Burmann / Schallehn (2008), S. 47
[104] Vgl. Esch (2012), S. 179f.
[105] Vgl. Esch (2012), S. 164
[106] Vgl. Esch (2012), S. 174
[107] Vgl. Esch (2012), S. 216
[108] Vgl. Esch (2012), S. 217
[109] Vgl. Kotler / Roberto (1991), S. 47
[110] Vgl. Esch (2012), S. 216 Abb. 108 und Kotler / Roberto (1991), S. 47 Abb. 2-4
[111] Esch (2012), S. 219
[112] Vgl. Esch (2012), S. 222 - 278
[113] Vgl. Esch (2012); S. 222 - 233
[114] Vgl. Esch (2012), S. 233 - 243
[115] Keller (2008), S. 156 in Esch (2012), S. 234
[116] Vgl. Esch (2012), S. 237ff.
[117] Vgl. Esch (2012), S. 250 - 262
[118] Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg (2008), S. 711ff.
[119] Vgl. Esch (2012), S. 93ff.
[120] Vgl. Kotler/Roberto (1991), S. 237
[121] Kotler/Roberto (1991), S.216
[122] Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 187
[123] Esch (2012), S. 279 ff.
[124] Esch (2012), S. 289, Abb. 165
[125] Esch (2012), S. 285
[126] Esch (2012), S. 295
[127] Vgl. Esch (2012), S. 291, Abb. 167
[128] Vgl. Kotler / Bliemel ( 2006), S. 953, Tab. 18-5
[129] Vgl. Kotler et al. (2007), S. 854ff.
[130] Vgl. Koeber-Riel / Esch (2011), S. 239ff. in Esch (2012), S. 295ff.
[131] Vgl. McCracken (1989), S. 310 u. Aacker (1997), S. 351 in Schindler (2008), S. 39f.
[132] Vgl. Fanderl (2005), S. 76 u. Esch / Langer (2001), S. 413 in Schindler (2008), S. 39
[133] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 189
[134] Vgl. Esch (2012), S. 291
[135] Vgl. Esch (2012), S. 347 ff.
[136] Gladwell (2000) in Greskamp (2010), S. 53ff. und Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 30ff.
[137] Vgl. Gadwell (2002) in Greskmap (2012), S. 55ff.
[138] Gladwell (2002), S. 154 in Greskamp (2010), S. 61
[139] Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 31
[140] Greskamp (2010), S. 61ff.
[141] Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 32ff.
[142] Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 37
[143] Dietrich / Schmidt-Bleeker (2009), S. 40 – 46
[144] Hannemann (2009), S. 54f.
[145] Vgl. Burmann / Halaszovich / Hemmann (2012), S. 197ff.
[146] Vgl. Esch (2012), S. 289, Abb. 165
[147] Vgl. Esch (2012), S. 310
[148] Vgl. Esch (2012), S. 315, Abb. 181
[149] Vgl. Meffert / Burmann (2001), S. 91 in Ringel (2006), S. 109 (Abb. 4.3)
[150] Vgl. Esch (2012), S. 173
[151] Vgl. Esch (2012), S. 181
[152] Vgl. Esch (2012), S. 118
[153] Ringel (2006), S. 112
[154] s. Esch (2012), S. 597ff u. Burmann / Halszovich / Hemmann (2012), S. 221f.
[155] Vgl. Nommensen (1990), S. 111 in Esch (2012), S. 181ff.
[156] Vgl. Kotler / Bliemel (2006), S. 497
[157] Vgl. Esch (2012), S. 171, Abb. 92
[158] Vgl. Esch (2012), S. 171
[159] Vgl. Esch (2012), S. 169ff.
[160] Vgl. Esch (2012), S. 171f.
[161] Vgl. https://www.gib-aids-keine-chance.de/wissen/aids_hiv/aids_-_ein_rueckblick.php und http://www.aidshilfe.de/de/faq/chronik
[162] Der Spiegel (23/1983), S. 144
[163] Vgl. http://www.aidshilfe.de/sites/default/files/2008%20EKAF-Statement%20Zusammenfassg.pdf
[164] Vgl. Robert Koch-Institut (2013a), S. 459
[165] Vgl. Robert Koch-Institut (2013a), S. 459
[166] Vgl. Robert Koch-Institut (2013b), S. 229, Tab. 8
[167] Vgl. Robert Koch-Institut (2013a), S. 459 und Robert Koch-Institut (2013b), S. 226
[168] Vgl. Robert Koch-Institut (2013b)
[169] Vgl. Robert Koch-Institut (2013a)
[170] Vgl. Robert Koch-Institut (2013b)
[171] Vgl. Robert Koch-Institut (2013b), S. 217
[172] Robert Koch-Institut – Kurzinformation für Berlin 2012
[173] Vgl. Robert Koch-Institut (2013b), S. 226
[174] Vgl. Rosenbrock (2007), S. 433f.
[175] Vgl. Pinzón Escobar /Sweers (2007), S. 454
[176] Pott (2009), S. 208
[177] Vgl. Rosenbrock (2010), S. 14
[178] Vgl. Kampagnenhistorie 2006 - 2008 und 2012 – 2013: http://www.machsmit.de/kampagne/kampagnenhistorie/index.php (02. Okt. 2014)
[179] Vgl. Kampagnenhomepage der DAH: http://www.iwwit.de/startseite (30. Feb. 2014)
[180] Rosenbrock (2007), S. 437
[181] Berliner Aids-Hilfe (2010), S. 55 ff.
[182] Berliner Aids-Hilfe (2010), S. 4 ff.
[183] Vgl. Rosenbrock (2010), S.3
[184] Vgl. Rosenbrock (2010), S.56-59
[185] Vgl. Kampagnenseite auf der Homepage der Berliner Aids-Hilfe: http://www.berlin-aidshilfe.de/lets-talk/aids-schwul (Stand: 02.10.2014)
[186] Rosenbrock (2007), S. 432
[187] Vgl. Rosenbrock (2007), S. 438 ff.
[188] Vgl. Bochow et al. (2010), S. 277 ff.
[189] Oliver, Interviewzusammenfassung, S. 3
[190] Thomas Birk, Interviewzusammenfassung, S. 1
[191] Vgl. Bild „red ribbon“:http://www.gsund.net/cms/beitrag/10154817/4553823/ (02.Okt.2014)
[192] Vgl. Kampagnenlogo: http://www.gib-aids-keine-chance.de/kampagnen (02.Okt.2014)
[193] Vgl. Logo der Berliner Aids-Hilfe: http://www.berlin-aidshilfe.de/ (02.Okt.2014)
[194] http://www.aidshilfe.de/de/content/dah-logo-700px-png (02.Okt.2014)
[195] Vgl. Kampagnenmotive der BAH: http://www.berlin-aidshilfe.de/lets-talk/positive-partnerschaft (02.Okt.2014) und http://www.berlin-aidshilfe.de/lets-talk-about-sex.html (02.Okt.2014)
[196] Vgl. Motiv der BAH: http://www.berlin-aidshilfe.de/lets-talk/hiv-und-schwanger-schaft (02.Okt.2014)
[197] Vgl. Motive 2006 - 2008: http://www.machsmit.de/kampagne/kampagnenhistorie/index.php (02.Okt.2014)
[198] http://wusstensie.aidshilfe.de/de/heroin-kann-leben-retten (02.Okt.2014)
[199] http://magicm.files.wordpress.com/2012/10/moritz_wat2012.jpg (02.Okt.2014)
[200] Vgl. http://www.grg23-alterlaa.ac.at/kondom/images/benetton_hiv_positive.jpg (02.Okt.2014)
[201] https://www.facebook.com/pages/Berliner-Aids-Hilfe-eV/169579116406634?id=169579116406634&sk=likes (Stand: 12.04.2014)
- Arbeit zitieren
- Marco Grenz (Autor:in), 2014, Markenmanagement am Beispiel der Berliner Aids-Hilfe. Qualitative Analyse der Markenidentität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281720
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