Leseprobe
1. Einleitung
Im Seminar Methoden und Materialien im Religionsunterricht stellte sich mir bei dem Thema biblische Erzählfiguren die Frage, wie ich diese später in meinem Beruf in der Sekundarstufe II einsetzen könnte. Bis dahin habe ich darüber hauptsächlich etwas im Zusammenhang über deren Einsatz in der Kinderarbeit gelesen. Doch wie können meine zukünftigen SuS[1] ebenfalls von diesen Materialien in ihrem Religionsunterricht profitieren?
Um diese Frage aufzuschlüsseln wird die folgende Ausarbeitung zunächst die generellen Einsatzmöglichkeiten von Erzählfiguren mit ihren Chancen und Grenzen beleuchten und die Probleme ansprechen, die bei der Arbeit mit Jugendlichen aufkommen könnten.
Darauf folgt die Beschreibung der Methode des kreativen Schreibens, eine Erläuterung über die dafür zu erfüllenden Voraussetzungen. Außerdem werden einige Formen des kreativen Schreibens vorgestellt.
Schließlich wird auch ein Beispiel für die Praxis aufgeführt, das den Einsatz vom kreativen Schreiben mit dem von Erzählfiguren verbindet.
2. Erzählfiguren
Obwohl biblische Erzählfiguren auf dem ersten Blick eher wie Puppen ohne Gesichter aussehen, daher auch überwiegend mit Kindern als Zielgruppe in Verbindung gebracht werden[2], bieten sie generationsübergreifende Einsatzmöglichkeiten. Diese Figuren zeichnen sich als ein „sehr wirksames kreatives Medium“[3] aus, dass ihren Benutzern beispielsweise ermöglicht etwas unbewusstes bewusst zu machen. So kann eine Erzählfigur durch ihre Haltung sowohl Worte als auch Emotionen ausdrücken, genauso wie eine bestimmte Haltung oder Stimmung. Aber auch Motive und Verhaltensweisen, die für bestimmte Figuren typisch sind, können mit einer Erzählfigur zum Ausdruck gebracht werden. Gleichermaßen kann durch eine einzelne oder mehrere Erzählfiguren eine Beziehung dargestellt werden.[4] Die eben erwähnten Veranschaulichungen durch Erzählfiguren bestärken den Lernvorgang, regen positive aber auch negative Emotionen und Erinnerungen an, gleichwie längst in Vergessenheit geratene Fähigkeiten. Zudem können sie sehr gut eingesetzt werden um eine Rückmeldung, sowohl aus eigener Sicht als auch aus der einer anderen Person, zu bekommen. Dabei wird deutlich, dass der Einsatz von Erzählfiguren erst dann von Nutzen ist, wenn dieser im „Austausch mit anderen“[5] geschieht. Zudem muss bei dem Einsatz der Figuren auf eine ermutigende und vertrauensvolle Umgebung geachtet werden.[6] Wichtig ist auch, dass eine Würdigung und keine Wertung bei dem Einsatz von Erzählfiguren stattfindet.
a. Welche Chancen bieten Erzählfiguren?
Aufgrund des Aufbaus der Erzählfiguren können sie nur sehr schwer bewegt und umgeformt werden. Daher bedarf es beim Umgang mit den Figuren einiger Übung. Aber auch bei routinierten AnwenderInnen gehen die Umformungen langsam von der Hand. Dies ist eine beabsichtigte Verlangsamung, die die Bewegung der Figuren bewusster werden lässt, um das was geschieht besser wahrnehmen zu können. Erzählfiguren nehmen eine stellvertretende Funktion ein. Sie dienen als vermittelndes Element und können das, was sich die inszenierende Person nicht traut, ausdrücken. Somit kann beispielsweise ein tieferer Zugang zum biblischen Text erreicht werden. Um zum Beispiel an einen biblischen Text heranzugehen kann in einer Gruppe jede Person „verschiedene Perspektiven einnehmen“[7] und die Erzählfigur entsprechend inszenieren. Schließlich kann die inszenierende Person auch tiefer in die Perspektive eintauchen, sich aber genauso wieder davon entfernen. Sie entscheidet selbst in wie weit sie sich in die Rolle der Geschichte hineinfühlen möchte.
Die Tatsache, dass die Figuren keine Gesichter haben, könnte es einem Anfänger erschweren mit ihnen zu arbeiten und ihnen allein durch die Körperhaltung eine bestimmte Gefühlsregung ansehen zulassen. Im Umkehrschluss kann durch den Gebrauch von Erzählfiguren das eigene Körpergefühl weiter entwickelt werden, um dann sowohl die eigene Körpersprache als auch die von anderen Menschen besser wahr zunehmen.[8] Dies impliziert natürlich auch die nonverbale Kommunikation.
b. Wo liegen die Grenzen im Umgang mit Erzählfiguren?
Wie sich bereits erahnen lässt liegen die Grenzen der Erzählfiguren zu allererst in der Mimik. Die Mimik ermöglicht feine Unterschiede in den Gefühlsausdrücken sichtbar zumachen, was dann auch eine spontane Reaktion beim Gegenüber hervorruft. Eine solche Spontaneität ist bei den Erzählfiguren also nicht möglich und eigentlich auch nicht erwünscht. Schließlich soll der Umgang mit den Figuren bewusst geschehen, damit sich die Beobachter in die Inszenierung einfühlen können.[9]
Auch wenn Erzählfiguren wie Puppen aussehen, kann mit ihnen kein Theater gespielt und es können auch keine Dialoge geführt werden. Dafür sind die Figuren zu sperrig. Sie können jedoch dafür genutzt werden um einzelne Szenen darzustellen. Bei einem Szenenwechsel werden die Figuren aus der Szene herausgenommen und verändert wieder dazugestellt. Auch hier ist wieder auf die bewusste Wahrnehmung hinzuweisen, zu der der Umgang mit Erzählfiguren führen soll. Trotzdem scheint die Puppengestalt für viele Erwachsene ein Hindernis zu sein um mit den Figuren kreativ zu arbeiten, da sie meist mit der eigenen Kindheit in Verbindung gebracht wird.[10]
c. Jugendliche als Zielgruppe
Die zuletzt beschriebene Grenze im Umgang mit Erzählfiguren betrifft insbesondere Jugendliche, die sich zwischen Kindheit und Erwachsensein befinden. Deshalb ist es wichtig vor dem Einsatz von Erzählfiguren bereits eine „akzeptierte Beziehung“[11] zu der Zielgruppe aufgebaut zuhaben. Bevor die Jugendlichen selbst mit den Figuren arbeiten, sollte ihnen gezeigt werden wie sie mit den Erzählfiguren umgehen können. Außerdem müssen feste Regeln in diesem Zusammenhang aufgestellt werden. Trotzdem kann es zum Regelbruch und einem unsachgemäßen Umgang mit den Figuren kommen. In einem solchen Fall raten die Autorinnen des Buches „Glauben ins Spiel bringen“, dass wenn jemand vom Einsatz der Erzählfiguren überzeugt ist, er oder sie sich nicht von der Zusammenarbeit mit Jugendlichen abhalten lassen sollte.
Damit zusammenhängend berichten Brem/Hein von einer Bibelarbeit mit Jugendlichen, unterstützt durch Erzählfiguren, die ihrer Ansicht nach „nicht sehr gelungen“[12] ist, den Jugendlichen aber durchaus gefallen hat.
3. Kreatives Schreiben
Das kreative Schreiben ist eine ganzheitliche Methode um beispielsweise SuS im Unterricht auf kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene zu fördern. Dies impliziert eine Fokussierung auf die subjektiven Bedürfnisse der SuS, was ihnen in Bezug auf den Religionsunterricht die Möglichkeit gibt mit ihrem Glauben und Leben zur Sprache zu kommen. Zusätzlich bringt die Unterrichtsform des kreativen Schreibens die SuS dazu sich mit der christlichen Überlieferung auseinander zu setzen. Ihnen wird dabei Raum gegeben, sich über diese Überlieferung Gedanken zu machen, um sie dann mit ihrem eigenen Leben in Verbindung zu bringen.[13] Diese Art der Herangehensweise wird für einige SuS unbekannt sein und so eventuell für Verwirrung sorgen. Doch genau diese Tatsache regt an, alternative und subjektive Lösungen zu den sonst so geläufigen zu suchen und zu finden. Schließlich bekommen die SuS eine neue Sicht auf bekannte Auffassungen, die den Glauben und das Leben betreffen.[14] Da sich die Methode des kreativen Schreibens durchaus für Gruppenarbeiten eignet, fördert sie zudem den Gemeinschaftssinn innerhalb der Lerngruppe.
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[1] SuS= Schülerinnen und Schüler, diese Abkürzung soll im Folgenden vorgenommen werden.
[2] Vgl. Brem, G./Hein, L.: Glauben ins Spiel bringen. Ostfildern 2003, S. 37.
[3] Ebd. S. 18.
[4] Vgl. Hecht, A.: Kreatives Arbeiten mit Biblischen Figuren. Methoden, Übungen und Bibelarbeiten. Stuttgart 1998, S. 17.
[5] Brem, G./Hein, L.: Glauben ins Spiel bringen. Ostfildern 2003, S. 18.
[6] Vgl. ebd.
[7] Ebd., S. 33.
[8] Vgl. ebd., S. 33f.
[9] Vgl. ebd. S. 35.
[10] Vgl. ebd., S. 36f.
[11] Ebd., S. 38.
[12] Ebd., S. 39.
[13] Vgl. Orth, P.: Biblische Texte ganzheitlich erschließen. In: Rendle, L. (Hg.): Ganzheitliche Methoden im Religionsunterricht. München 2007, S. 195.
[14] Vgl. Sauter, L.: Kreatives Schreiben. In: Rendle, L. (Hg.): Ganzheitliche Methoden im Religionsunterricht. München3 2010, S.151.