Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Wohlfahrtsstaat
3 Die Sozialhilfe im Vergleich – Deutschland und Schweden
3.1 Die Sozialhilfe in Schweden
3.2 Die Sozialhilfe in Deutschland
3.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Sozialhilfe in Deutschland und Schweden
4 Fazit
5 Quellenverzeichnis
5.1 Literaturquellen
5.2 Internetquellen
1 Einleitung
„Das Sozialstaatsprinizip ist im Grundgesetz verankert und wird durch die beiden Rechtsbegriffe "soziale Gerechtigkeit" und "soziale Sicherheit" konkretisiert. Die Gestaltung der sozialen Sicherungssysteme werden durch drei "Kernprinzipien" bestimmt: Versicherungs-, Fürsorge- und Versorgungsprinzip“ (www.bpd.de)
Das Thema der sozialen Sicherung in Europa ist mittlerweile zu einem Dauerthema geworden. In Deutschland dreht sich alles um den demografischen Wandel und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hierbei fällt die geringe Geburtenzahl der deutschen Frauen auf. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit ca. 1,4 Kindern pro Frau weit hinten. Schweden hingegen bewegt sich mit knapp zwei Kindern pro Frau auf einem anderen Level (vgl. Blome et. al. 2008: 351-353).
Der Wohlfahrtsstaat, der die eben beschriebenen Themen, unter anderen umfasst, wird zu Beginn der Arbeit beschrieben. Es wird eine Definition dargelegt und die Unterscheidung zwischen Wohlfahrtsstaat und Sozialstaat getroffen, da diese in Deutschland nicht immer deutlich ist. Danach wird die Sozialhilfe beschrieben, die in Deutschland im Sozialgesetzbuch verankert ist, und die Formen der Sozialhilfe in Deutschland und Schweden verglichen. Im Vordergrund des Vergleichs stehen die Thesen, dass Schweden als Erfolgsmodell im Bereich der Familien- und Arbeitsmarktpolitik gilt und Deutschland mit seiner zentralstaatliche Regelung der Sozialhilfe, die geringen Ermessungsspielräume der Ausführer und die ausgeprägte Erwartungssicherheit hervor sticht. Dennoch lassen sich einige Unterschiede zwischen den zwei europäischen Ländern feststellen. Diese werden, nach einer kurzen Analyse der Geschichte der Sozialhilfe des jeweiligen Landes, dargestellt.
2 Der Wohlfahrtsstaat
„Eine bemerkenswerte Eigenschaft der gesamten einschlägigen Literatur ist ihr fehlendes Interesse am Wohlfahrtsstaat als solchen“ (Esping-Anders 1998:32). Eine Definition, die in Lehrbüchern allerdings als gängig gilt, beschreibt den Wohlfahrtsstaat, als „Verantwortung des Staates für die Sicherung eines Mindestmaßes an Wohlfahrt für seine Bürger“ (Esping-Anders 1998: 32). Weiterhin kann man einen Wohlfahrtsstaat als einen Staat beschreiben, der eine Menge Politiken, Maßnahmen der Fürsorge und Programme anwendet, die der materiellen, sozialen und kulturellen Wohlfahrt der Bürger dienen. Der Begriff Wohlfahrtsstaat ist von der internationalen Bezeichnung Welfare State abgeleitet und diese stammt aus der angloamerikanischen Politikwissenschaft. International gibt es keine Trennung zwischen Wohlfahrtsstaat und Sozialstaat. Oftmals wird der Wohlfahrtsstaat in der deutschen Politik als Sozialstaat bezeichnet, er umfasst allerdings mehr, als diesen (vgl. www.bpb.de).
Der Begriff des Sozialstaates und der des Wohlfahrtsstaates sind politisch gefärbte Begriffe. Der Sozialstaat umfasst die Gesamtheit der staatlichen Einrichtungen, Normen und Steuerungsmaßnahmen innerhalb eines demokratischen Systems, indem er die Lebensrisiken von Menschen und die Folgen einer kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Ökonomie aktiv bearbeitet werden. Da der Prozess der Marktwirtschaft Probleme hervorruft, die sie nicht eigenständig lösen können, reguliert der Sozialstaat die sozialen Probleme (vgl. Andersen/Woyke 2009: 627 bei: Onnen 2012: 5). Der Wohlfahrtsstaat hingegen ist eine institutionalisierte Form der sozialen Sicherung und gewährleistet jedem Menschen ein Existenzminimum. Weiterhin hat der Wohlfahrtsstaat eine schützende Funktion im Bereich der grundlegenden Risiken, wie das Alter, die Gesundheit, Arbeitslosigkeit, Unfall und Pflege. Ebenso bekämpft der Wohlfahrtsstaat die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft durch Einkommensumverteilung. „Der Wohlfahrtsstaat bildet in westlichen Ländern zusammen mit Demokratie und Kapitalismus ein komplexes Gefüge wechselseitiger Abhängigkeit und Durchdringung und ist für diese Systeme charakteristisch“ (Nohlen/Schultze 2010:1235, bei: Onnen 2012:6).
Ein Bereich des Wohlfahrtsstaates ist die Sozialhilfe. Deutschland wurde in diesem Bereich lange Zeit als Modell angesehen. Mittlerweile, besonders zuletzt nach der Wiedervereinigung, gilt das deutsche Modell im europäischen Vergleich als problematisch, da die finanziellen Laster steigen (vgl. Jochem 2004: 251). Schweden hingegen gilt als Erfolgsmodell (vgl. Blome 2008: 338).
3 Die Sozialhilfe im Vergleich – Deutschland und Schweden
3.1 Die Sozialhilfe in Schweden
Das schwedische Sozialhilfesystem wird von der international vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung, bezüglich der Vollbeschäftigungspolitik, als residual eingestuft, da es im Vergleich zu anderen Wohlfahrtsstaaten, die universell ausgerichtet sind, nur eine geringe Bedeutung hat. Die schwedischen Leistungen werden allerdings als sehr hoch eingeordnet (vgl. Schwarze 2012: 189).
In der Familien- und Arbeitsmarktpolitik gilt das schwedische Modell als Erfolgsmodell. Schon vor 1930 wurden Reformen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik entwickelt, die ihre Grundzüge in der spezifischen Ausrichtung der Frauenbewegung haben, und seit den 60er Jahren ihre Wirkung zeigen. Außerdem kann sich dieses Modell durchsetzten, da ideologische Konflikte, wie sie beispielsweise in Deutschland bestanden, nie stark ausgeprägt waren und die politischen Kräfte schon zu Beginn der Industrialisierung immer versucht haben, den Konflikt zwischen Arbeit und Kapital zu entschärfen (vgl. Blome et. al. 2008: 338). „Dieses Konsensmodell trägt bis heute und ist einer der Gründe für die lang anhaltende Dominanz sozialdemokratischer Regierungen“ (Blome et. al. 2008: 338).
Zur Entwicklung der Sozialhilfe in Schweden ist weiterhin zu sagen, dass 1957 die Armenpflege von dem Begriff der Hilfen abgelöst, und die Sozialhilfe in das umfassende Sozialdienstgesetz integriert wird. Seitdem liegt die operative und finanzielle Verantwortung bei den Kommunen. Seit 1981 besteht in Schweden der Anspruch auf Sozialhilfe. Die Sozialhilfe muss den Bedürftigen einen angemessenen und vernünftigen Lebensstandard sichern. Die Vergabe der Kommunen von Sozialhilfe richtet sich häufig danach, ob der Empfänger aktiv an einer Widereingliederung im Beruf bemüht ist. Dieses Prinzip nützt den Kommunen, um Sozialhilfeausgaben zu begrenzen. In der Zeit der 80er und 90er Jahre steigt die Arbeitslosigkeit enorm an und die Zahl der Sozialhilfeempfänger erhöht sich. Es entsteht ein Konflikt zwischen den Kommunen und der Zentralregierung. Die Novellierung des Sozialdienstgesetzes im Jahr 1998 spiegelt den Interessenstreit wider und veranlasst, dass die Regierung eine stärkere Kontrolle bekommt und den Kommunen eine Förderformel vorgeschrieben wird, die national gültig und verbindlich ist. Mit dieser Neuordnung wird dann auch die aktivierende Arbeitsmarktpolitik der Kommunen anerkannt, sodass die Bedürftigen sich weiterhin um die aktive Widereingliederung bemühen müssen. Sozialhilfeempfänger unter 25 Jahren sind verpflichtet Maßnahmen zur Widereingliederung zu besuchen (vgl. Wollmann 2008: 100-104).
In allen Ländern, außer in Schweden, sind Kinder am häufigsten von Armut betroffen. Schweden zahlt großzügige Transferleistungen für Familien, sodass das Armutsrisiko deutlich gesenkt werden kann. Diese Transferleistungen sind sehr kostspielig aber Schweden hat auch den höchsten Anteil an Doppelverdiener haushalten und somit werden die Transferleistungen durch steuerliche Rückflüsse ausgeglichen. Weiterhin werden durch diese hohen Transferleistungen Folgekosten vermieden, da die Kinder weniger Startschwierigkeiten haben (vgl. Blome et. al. 2008: 347-350). „Die Förderung von Familien mit Kindern wird in Schweden nicht nur im Sinne einer Gleichstellung der Geschlechter (bei den Eltern) gesehen, sondern zunehmend auch unter dem Aspekt des Rechtes der Kinder auf gleiche Entwicklungschancen“ (Blome et. al. 2008: 350).
2003 gibt es in Schweden ca. 240000 Haushalte, die Sozialhilfe empfangen. Dies sind rund 5% der Gesamtbevölkerung. Ein Drittel davon sind Kinder unter 18 Jahren. Die gesamten Sozialausgaben werden von den Kommunen aus kommunalen Steuern finanziert. Somit haben die Kommunen einen hohen Grad an Entscheidungsautonomie. 42% der Sozialleistungen gehen in den Bereich Schule und Vorschulerziehung, 30% in die Alten- und Behindertenpflege und 3% in die Sozialhilfe (vgl. Wollmann 2008: 103).
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