Kinderarmut und Resilienz. Welche Möglichkeiten gibt es zur Förderung?


Hausarbeit, 2014

17 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Armut
2.1 Absolute Armut
2.2 Relative Armut
2.3 Der Ressourcenansatz und der Lebenslagenansatz
2.4 Auswirkungen der chronischen Armut auf Jungen und Mädchen

3. Konzept der Resilienz
3.1 Definition Resilienz
3.2 Risiko- und Schutzfaktoren
3.3 Risikogruppen
3.3.1 Alleinerziehende
3.3.2 Kinderreiche Familien
3.3.3 Familien mit Migrationshintergrund
3.4 Empirische Studien
3.4.1 Die Kauai-Längsschnittstudie
3.4.2 Die Mannheimer Risikokinderstudie
3.5 Handlungskonzepte zur Resilienzförderung
3.5.1 Kindzentriertes Konzept nach Edith Grotberg
3.5.2 Schule als Schutzfaktor

4. Prävention und Resilienz

5. Fazit

1. Einleitung

Der Fokus dieser Hausarbeit liegt auf dem Phänomen der Kinderarmut und dem Konzept der Resilienz. Dafür sollen folgende Fragen beantwortet werden. Zum einen: Wie wirkt sich die Kinderarmut auf die Entwicklung der Kinder aus? Die andere Fragestellung ist: Warum meistern manche Kinder die ungünstigen Lebensbedingungen und andere nicht? Schließlich wird auf die Fragestellung eingegangen, welche Möglichkeiten es zur Förderung gibt. Zunächst wird Armut definiert und unterschieden zwischen absoluter und relativer Armut. Zudem werden der Ressourcen- und der Lebenslagenansatz dargestellt. Anschließend werden die Auswirkungen von Armut auf Jungen und Mädchen beschrieben. Beide Geschlechter reagieren unterschiedlich auf die familiäre Armut. Im nächsten Kapitel wird das Konzept der Resilienz erläutert. Es folgen die Risiko- und Schutzfaktoren, die Einfluss auf die kindliche Entwicklung haben. Im Folgenden sollen drei Risikogruppen dargestellt werden, die statistisch am meisten gefährdet sind in chronischer Armut zu leben. Exemplarisch werden Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Familien mit einem Migrationshintergrund beschrieben. Im weiteren Verlauf werden empirische Studien vorstellt: Einmal die Kauai-Studie von Werner/Smith und die Mannheimer-Risikokinderstudie von Laucht und seinen Mitarbeitern. Anschließend werden zwei verschiedene Handlungskonzepte zur Resilienzförderung dargestellt. In dem Konzept von Grotberg wird das soziale Umfeld angesprochen und bei Grünke sollen die inneren Ressourcen der Kinder gestärkt werden. Im letzten Kapitel geht es um praktische Maßnahmen zur Prävention. Dabei werden verschiedene Ebenen beschrieben.

2. Armut

In der wissenschaftlichen Diskussion gibt es keine einheitliche Definition von Armut. Es gibt eine Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Armut. Armut ist nach den jeweiligen Ländern, also Wohlfahrtsstaaten oder sogenannten Entwicklungsländern, unterschiedlich.

2.1 Absolute Armut

Bei der absoluten Armut fehlt das Notwendigste zum Überleben wie Nahrung, ein Haus oder eine Wohnung und dadurch im Winter auch eine Heizung. Zudem mangelt es an Kleidung und an Medizin. Der Tod kann daher schon durch kleine Wunden, Verhungern, Verdursten oder Erfrieren eintreten. Die Individuen erreichen dementsprechend nicht das absolute Existenzminimum. Die absolute Armut ist von Land zu Land unterschiedlich. Die Definition der absoluten Armut kann nur über die vorherrschende natürliche Umgebung, in der das Individuum wohnt, abgeleitet werden. In den sogenannten Entwicklungsländern ist die absolute Armut häufiger als in Wohlfahrtsstaaten (vgl. Hauser 2012, S. 96).

2.2 Relative Armut

Relative Armut bedeutet, dass Menschen unter dem durchschnittlichen Lebensstandard in dem jeweiligen Land leben. Der Rat der Europäischen Union hat 1984 die relative Armut folgendermaßen definiert: Relativ arm sind Familien oder Menschen, „(...) die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist (http://www.bpb.de/apuz/26813/armut-und-soziale-ausgrenzung-im-europaeischen-kontext?p=all (01.05.2014)).

2.3 Der Ressourcenansatz und der Lebenslagenansatz

Innerhalb des relativen Armutsverständnisses wird unterschieden in den Ressourcen- und den Lebenslagenansatz. Im Ressourcenansatz geht es um das materielle Verständnis von Armut. Es wird die Menge verschiedener Ressourcen zusammengetragen. Armut wird als Unterausstattung mit finanziellen Mitteln definiert. Die Voraussetzung ist, dass eine bestimmte Einkommensgrenze nicht erreicht wird. Dagegen erfasst der Lebenslagenansatz den tatsächlichen Lebensstandard in Bereichen wie Ernährung, Haushaltsausstattung oder die Wohnsituation, also die Konsumtion aller finanziellen Ressourcen. Mängel im Lebensstandard werden in diesem Ansatz schneller erkennbar (vgl. Spier 2010, S. 85).

2.4 Auswirkungen der chronischen Armut auf Jungen und Mädchen

Mädchen und Jungen reagieren in ihrer Entwicklung unterschiedlich auf die familiäre Armut. Jungen sind in ihrer frühen Kindheit und Schulzeit verletzlicher als Mädchen. Die Folge sind externalisierte Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressionen und ein Widerstand gegen alles. Dieses Verhalten hat Einfluss auf die Umwelt und führt zu negativen Reaktionen (vgl. Zander 2008, S. 86f.). Eltern reagieren beispielsweise mit Sanktionen und die Gleichaltrigen mit Ablehnung. Folglich führt dies zu einer Kumulation der Risikofaktoren. Zudem hat die familiäre Armut einen negativen Einfluss auf die Schulleistungen. Dagegen sind Mädchen erst in ihrer späten Kindheit (als Teenager) belasteter. Der Grund dafür sind die geschlechtsspezifischen Rollenerwartungen. Mädchen müssen in diesem Alter eine Mitverantwortung im Haushalt übernehmen. Diese Verantwortung kann einerseits das Selbstwertgefühl steigern, kann andererseits auch zu einer Belastung oder Überforderung führen. Mädchen orientieren sich mehr an der Familie. Dementsprechend erleben sie im Alltag die familiäre Not. Dagegen orientieren sich Jungen mehr nach außen und können sich besser abgrenzen (vgl. ebd.).

3. Konzept der Resilienz

3.1 Definition Resilienz

Der Begriff Resilienz stammt vom englischen Wort „resilience“ ab und bedeutet so viel wie Spannkraft, Elastizität oder Widerstandsfähigkeit. Resilienz ist die Fähigkeit von Personen Belastungen erfolgreich zu bewältigen. Eine anerkannte Definition zum Begriff Resilienz ist von Wustmann Seiler: „Resilienz meint eine psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken“ (Wustmann Seiler 2012, S. 18). Resilienz ist von zwei verschiedenen Faktoren abhängig. Erstens eine erhebliche Bedrohung wie andauernde Armut oder akute Stressbedingungen z.B. durch eine elterliche Trennung bedroht die kindliche Entwicklung. Diese Bedrohung wird von den Kindern erfolgreich bewältigt. Ein generell vorhandenes Selbstvertrauen bei Kindern ist kein Zeichen von Resilienz (vgl. Wustmann Seiler 2012, S. 18). Die Fähigkeit der Resilienz ist beim Individuum nicht angeboren, sondern entwickelt sich im Lebensverlauf. Es gibt einen Prozess in dem Individuum und Umwelt miteinander agieren, d.h. „Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess“ (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 12). Die Resilienz ist variabel, d.h. resiliente Kinder sind nicht bis zum Rest des Leben unverwundbar (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 12).

3.2 Risiko- und Schutzfaktoren

Während der Entwicklung sind Kinder verschiedenen Risiken ausgesetzt. Schutzfaktoren können diesen Risikobedingungen entgegenwirken. Eine Voraussetzung ist natürlich, dass Schutzfaktoren vorhanden sind. Entscheidend ist, dass beide Faktoren ein Interdependenzgeflecht bilden (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 19ff.).

„Eine Vielzahl risikoerhöhender Faktoren tragen zur Entstehung psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter bei. Demgegenüber stehen aber risikomildernde Faktoren, die die Risiken abpuffern bzw. Resilienz fördern. Risiko- und Schutzfaktoren beeinflussen sich darüber hinaus aber auch gegenseitig (Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 19).“

Dementsprechend haben sowohl Risikofaktoren als auch Schutzfaktoren Einfluss auf die kindliche Entwicklung. Bei den Risikofaktoren gibt es eine Unterscheidung zwischen zwei Merkmalsgruppen: den primären und sekundären Vulnerabilitätsfaktoren und den Risikofaktoren. Primäre Vulnerabilitätsfaktoren sind beispielsweise schwierige Temperamentsmerkmale oder genetische Faktoren wie Chromosomenanomalien. Sekundäre Vulnerabilitätsfaktoren sind z.B. eine geringe Selbstregulation.

Im Hinblick auf diese Hausarbeit ist die chronische Armut der wichtigste Risikofaktor. Andere Risikofaktoren sind eine Isolation der Familie oder Ablehnung durch Gleichaltrige. Entscheidend ist, dass sich nicht jeder Risikofaktor auf die kindliche Entwicklung auswirken muss (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 19ff.). In der kindlichen Entwicklung gibt es verschiedene Phasen in denen Kinder besonders anfällig sind für Risikofaktoren. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Rose bezeichnen Zeitspannen in der Entwicklung als Phasen erhöhter Vulnerabilität. Beispiele dafür sind sogenannte Übergänge wie der Eintritt in den Kindergarten oder die Pubertät (Übergang Kindheit/Jugend). In diesen Übergangsphasen muss das Kind mehr bewältigen: „Treten in solchen Phasen risikoerhöhende Situationen auf, steigt die Wahrscheinlichkeit einer unangepassten Entwicklung oder des Entstehens einer psychischen Störung“ (Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 24). Bei der Kumulation der Belastungen steigt ebenfalls die Gefahr einer Fehlentwicklung. Ein Beispiel für eine Kumulation ist beispielsweise: Bei einem Kind, das bei alleinerziehenden Eltern aufwächst, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es in Armut lebt. Zum Risikofaktor Armut kommt mit größerer Wahrscheinlichkeit eine soziale Isolation der Familie oder Eltern mit einem geringen Schulabschluss dazu. Entscheidend für den Einfluss von Risikofaktoren ist, wie lange das Kind diesen ausgesetzt ist. Eine lang andauernde chronische Armut hat Einfluss auf die kindlichen Kompetenzen.

Auch die zeitliche Abfolge der Belastungen ist wichtig: Je früher die Belastung im Leben der Kinder auftritt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere hinzukommen. Belastungen während der Geburt oder Säuglingszeit wie Vernachlässigungen haben gravierende Auswirkungen. In jedem Alter gibt es verschiedene Belastungen, die schwer zu bewältigen sind. In der Jugend ist die Peer-Group und deren Akzeptanz ein Risikofaktor (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 19ff.).

Genauso wichtig wie die Risikofaktoren sind auch die Schutzfaktoren für die kindliche Entwicklung, auch als protektive oder risikomindernde Faktoren bezeichnet. Nach Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse, die sich auf Luthar et al. beziehen, gibt es drei Kategorien von Schutzfaktoren:

1. individuelle Eigenschaften des Kindes, wie z.B. Persönlichkeitsfaktoren
2. mikrosoziale Faktoren in der direkten Umwelt des Kindes wie der Familie und
3. Faktoren innerhalb des Makrosystems, wie das weitere soziale Umfeld.

(Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse 2009, S. 28)

Personale Ressourcen bedeutet, dass resiliente Kinder von ihren Charaktereigenschaften als sehr aktiv, liebevoll und aufgeschlossen bezeichnet werden können. Das ist ein grundsätzlicher Unterschied zu Kindern mit schwierigen Temperamentseigenschaften, die eine ungünstigere Entwicklungsprognose haben. Kinder mit diesen schwierigen Temperamentseigenschaften werden oftmals die Zielscheibe von feindseligen Gefühlen. Zudem haben Kinder mit schwierigen Temperamentseigenschaften eine signifikant weniger sichere Bindung zu ihren Müttern. Im Schulalter sind die resilienten Kinder selbstständiger im Hinblick auf zu lösende Probleme, d.h. Probleme wurden aktiv angegangen (vgl Wustmann Seiler 2012, S. 96ff.). Zudem nutzen die Kinder ihre Ressourcen effektiv: Familiäre Probleme wie Armut oder Alkoholismus wurden ausgeblendet. Ein anderer Schutzfaktor ist ein Hobby. Ein Hobby ist mit anderen teilbar genau wie Trost oder Freude. Des Weiteren kann das Hobby eine Distanzierung oder eine Ablenkung von zu Hause bedeuten. Im Jugendalter/in der Adoleszenz hatten die resilienten Kinder eine höhere Sozialkompetenz, Hilfsbereitschaft und hinsichtlich ihrer Lebensplanung realistische Lebensziele. Sowohl die personalen Ressourcen haben schützende Bedingungen als auch das soziale Umfeld (vgl. ebd.). Trotz vorhandener Belastungen in der Familie wie Armut oder Scheidungen haben die resilienten Kinder zumindest zu einer Person Vertrauen und damit eine stabile Beziehung aufgebaut. Entscheidend ist eine konstante Betreuung und Hilfestellung durch diese Person. Der autoritative/demokratische Erziehungsstil ist ebenfalls eine soziale Ressource.

Merkmale dieses Erziehungsstils sind nach Wustmann Seiler u.a. eine feinfühlige Beziehung mit emotionaler Wärme, bedingungsloser Akzeptanz und klaren Verhaltensregeln. Andere Schutzfaktoren sind eine enge Geschwisterbindung, angemessene Mithilfe im Haushalt und ein geringes Konfliktpotenzial in der Familie (vgl. Wustmann Seiler 2012, S. 109ff.). Auch außerhalb der Familie gibt es soziale Ressourcen wie Unterstützung durch das Umfeld. Ein Beispiel dafür sind Lehrer, die den Kindern Aufmerksamkeit schenken. Einen protektiven Effekt haben positive Erfahrungen in der Schule. Die Schule dient als Zufluchtsstätte von der schwierigen Situation zu Hause. Zudem wird auf die Schüler eingegangen. Es werden ihnen akademische Aufgaben gestellt, die sie versuchen selber zu lösen. In schwierigen Fällen ist aber immer jemand da, der hilft. Andere soziale Ressourcen in der Bildungsinstitution sind nach Wustmann Seiler klare und transparente Regeln, ein hoher, aber angemessener Leistungsstandard und eine positive Verstärkung der Kinder. Ein anderes protektives Unterstützungssystem sind Peer-Kontakte. Sie dienen der Ablenkung und als Bewältigungshilfe (vgl. Wustmann Seiler 2012, S. 116).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Kinderarmut und Resilienz. Welche Möglichkeiten gibt es zur Förderung?
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
1,0
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V282848
ISBN (eBook)
9783656822110
ISBN (Buch)
9783656822127
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kinderarmut, resilienz, welche, möglichkeiten, förderung
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Kinderarmut und Resilienz. Welche Möglichkeiten gibt es zur Förderung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282848

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