Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die Funktion und die heterogene soziale Realität der Arbeit von römischen Besitzsklaven in der zentralen Periode des Römischen Reichs darzustellen und mit ihrer Rezeption im Diskurs der römischen Elite in Bezug setzen. Im Speziellen soll die Frage behandelt werden, wie sich das Selbstbild der Sklaven und ihrer Arbeit innerhalb einer von aristokratischen Werten geprägten Gesellschaft konstituiert hat. Gerade das Selbstbild der Sklaven kann lediglich impressionistisch dargestellt werden, da nahezu keine authentischen Selbstdarstellungen von Sklaven überliefert sind. Auf dieses spezifische Problem der Quellenlage will Ich im Folgenden kurz eingehen:
Literatur und Gesetzestexte stellen nur bedingt eine verlässliche Quelle für die Rekonstruktion des Zusammenhangs von Sklavenarbeit und Identität dar, da sie zum großen Teil Verfassern zuzuordnen sind, die selbst nicht gearbeitet haben. Beide stellen einen exklusiven Diskurs dar, in denen unterprivilegierte Gruppen keinen Ausdruck finden. Gesetzestexte stellen lediglich die Rahmenbedingungen sozialen Agierens dar und schweigen sich über soziale Realitäten aus, während Literatur lediglich verlässlich Aufschluss über die Wertordnung und Einstellungen des Autors gibt, nicht jedoch deskriptiv zu lesen ist. Es herrscht Uneinigkeit darüber, wie häufig wiederkehrende Stereotypen, etwa des faulen Sklaven, zu deuten sind. Anders als etwa Bradley, der in ihnen überspitzte und transformierte Indikatoren von sozialen Realitäten sieht, neigen andere Wissenschaftler eher dazu, Stereotypen eine verschleiernde und mystifizierende Funktion beizumessen. Haben sich nun die genannten Quellen als prekär erwiesen, so muss auch die vermeintliche Beredtheit anderer, authentischerer Quellen, in diesem Falle Grabinschriften, kritisch betrachtet werden. Grabinschriften geben grundsätzlich Auskunft über Teile der sozialen Realität von Personen zum Zeitpunkt ihres Todes und sind somit Teil eines nicht-exklusiven Diskurses, der die Artikulation unterprivilegierter Gruppen gewährleistet. Gleichwohl ist diese Artikulation von einer völlig anderen Qualität als jene in Literatur und Gesetzestexten. Zunächst sind die überlieferten Informationen auf diesen Trägern denkbar dürftig und erschöpfen sich oft in Rechtsstatus, Arbeit und Namen des Verstorbenen. Grabinschriften verfügen weiterhin über einen spezifischen Code, der ihrer symbolischen und zeremoniellen Funktion geschuldet ist...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die gesellschaftliche Rolle der Arbeit
- Der quasiindustrielle Gebrauch von Arbeit
- Die Arbeit von Haushaltssklaven
- Arbeit und Identität
- Schlussüberlegungen: Marginalität, Abhängigkeit und Freiheit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, die Funktion und die heterogene soziale Realität der Arbeit von römischen Besitzsklaven in der zentralen Periode des Römischen Reichs darzustellen und mit ihrer Rezeption im Diskurs der römischen Elite in Bezug zu setzen. Im Speziellen soll die Frage behandelt werden, wie sich das Selbstbild der Sklaven und ihrer Arbeit innerhalb einer von aristokratischen Werten geprägten Gesellschaft konstituiert hat.
- Die soziale Rolle der Arbeit im Römischen Reich
- Die Wahrnehmung von Arbeit durch die römische Elite
- Das Selbstverständnis der Sklaven in ihrer Arbeit
- Die Rezeption von Sklavenarbeit im Diskurs der römischen Elite
- Die Quellenlage zur Sklavenarbeit und Identität
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung behandelt die Quellenproblematik der Sklavenarbeit im Römischen Reich. Sie argumentiert, dass sowohl Literatur als auch Gesetzestexte einen exklusiven Diskurs darstellen, in dem unterprivilegierte Gruppen keinen Ausdruck finden. Grabinschriften hingegen bieten einen nicht-exklusiven Diskurs, der die Artikulation unterprivilegierter Gruppen ermöglicht, jedoch nur begrenzt Informationen liefert. Daher wird die Notwendigkeit eines vergleichenden Vorgehens betont, beginnend mit der Darstellung der Einstellungen der römischen Oberschichten bezüglich der Arbeit.
Die gesellschaftliche Rolle der Arbeit
Dieser Abschnitt untersucht Ciceros Kategorisierung und Hierarchisierung verschiedener Tätigkeiten in seinen De Officiis. Cicero zeichnet eine binäre Opposition von standesgemäßem, respektablem Lebensunterhalt und unwürdigem Lebensunterhalt anhand eines Katalogs inhärenter Merkmale der jeweiligen Beschäftigung. Sklavenarbeit wird als die niedrigste Stufe dieses Spektrums dargestellt, da sie persönliche Dienstleistung beinhaltet und als unwürdig betrachtet wird.
- Quote paper
- Bernhard Pirkl (Author), 2004, Sklavenarbeit im Römischen Reich - Arbeit, Nichtarbeit und Identität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28317