Kommunikation in einem multikulturellen Team. Eine Herausforderung für das Management


Hausarbeit, 2014

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einführung in die Thematik
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Kultur
2.1 Entwicklung des Kulturbegriffs
2.2 Abgrenzung Inter-, Multi- und Transkulturalität
2.3 Kritische Würdigung

3 Kommunikation
3.1 Kommunikationsprozess
3.2 Kommunikationsformen

4 Herausforderung der Kommunikation in einem multinationalen Team
4.1 Mitarbeiterführung
4.2 Kommunikation als Führungsaufgabe
4.3 Transkulturelle Kommunikation
4.3 Nutzung der kulturellen Vielfalt

5 Zusammenfassung und Ausblick

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Zwiebeldiagramm

Abb. 2 Das klassische Kommunikationsmodell

Abb. 3 Positive Wirkungsspirale

1 Einführung in die Thematik

Im Mai 2013 titelt die Süddeutsche Zeitung „Zuwanderung auf höchstem Stand seit 20 Jahren“ (Bielicki 2013: 1) und beschreibt in dem Artikel den massiven Anstieg an Zuwanderung im Jahr 2012 von fast einer Million Ausländer nach Deutschland. Zwei Drittel aller Zuzügler kommen aus EU-Staaten, die besonders schwer unter den aktuellen wirtschaftlichen Turbulenzen zu leiden haben, wie z.B. Polen, Griechenland, Italien und Spanien (vgl. Bielicki 2013: 1). Schon in dem Migrationsbericht von 2011 stellt der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Herr Dr. Schmidt, fest, dass eine solche Immigration von Menschen für den deutschen Arbeitsmarkt dringend notwendig ist. Gründe dafür sieht er in dem fortschreitenden demographischen Wandel und dem daraus resultierenden Bedarf an nötigen Fachkräften in Deutschland (vgl. Bundesministerium des Inneren 2013: 9). Rund 40 Millionen der in Deutschland lebenden 81,7 Millionen Menschen waren im Jahr 2011 erwerbstätig. Davon sind 7,05 Millionen, also 17,63%, mit Migrationshintergrund. Als Arbeitnehmer sind sie überwiegend im Dienstleistungssektor, im produzierenden Gewerbe oder in den Wirtschaftsbereichen Handel, Gastgewerbe und Verkehr zu finden (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2013: 298). In welchem Arbeitsbereich auch immer gemischte Teams ihre Tätigkeit verrichten, die Führungskräfte sind gefordert, dieses vielseitige Potenzial der interkulturellen Teams zu nutzen, die kulturellen Unterschiede zu berücksichtigen und so die Zusammenarbeit der Mitarbeiter zu fördern (vgl. Stock-Homburg, Ringwald 2008: 10).

Die steigenden Zahlen der Beschäftigten mit Migrationshintergrund, aber auch die Aussage der Bundeskanzlerin im April dieses Jahres, bei dem Festakt zum 60-jährigen Bestehen des BAMF, dass jede Person, die sich gesellschaftlich einbringt, unabhängig von der Herkunft, ein Gewinn für die deutsche Gesellschaft ist (vgl. Sahin 2013: 18), verdeutlichen die Aktualität dieses Themenbereichs. Die Autorin hat sich vor allem aus beruflichem Interesse für dieses Thema entschieden, denn sie führt derzeit ein Team von einundzwanzig Mitarbeitern, indem fast die Hälfte ausländische Wurzeln hat und zum Großteil erst seit ein paar Jahren in Deutschland lebt.

1.1 Problemstellung

Obwohl der Erdbewohner Mensch zu ein und derselben biologischen Spezies gehört, hat jeder seinen eigenen Lebenslauf. Er hat unterschiedliche Erziehungsstile genossen, durchlebt bestimmte (Geschlechter-)Rollen und bringt eigene Fähigkeiten mit. Diese Vielseitigkeit spiegelt sich in einem Arbeitsteam wider, und eine Aufgabe der Führungskräfte ist unter anderem, diese Heterogenität zu bündeln und daraus eine effiziente Zusammenarbeit entstehen zu lassen.

In der Literatur wird oftmals davon gesprochen, dass die Herausforderung für das Management noch größer wird, wenn die Mitglieder einer Arbeitsgruppe aus verschiedenen Nationen und divergierenden Kulturkreisen stammen. Denn dann verfügen die Mitarbeiter gegebenenfalls über unterschiedliche Sprachkenntnisse, bringen länderspezifische, geschichtlich bedingte Empfindlichkeiten, gegensätzliche Auffassungen von Arbeitsabläufen oder kulturbedingte Moral- bzw. Wertevorstellungen mit (vgl. Rothlauf 2012: 302). Auch Personalverantwortliche befürchten oftmals, dass es in einer internationalen Arbeitsgruppe zu Verständigungsschwierigkeiten oder sogar zu Konflikten kommt und damit ein reibungsloser Betriebsablauf gefährdet wird (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2005: 63). Es ist, ungeachtet eventueller Voreingenommenheit, nicht von der Hand zu weisen, dass Menschen mit Migrationserfahrung sich in besonderen Lebenslagen befinden, z.B. durch den Wegfall der gewohnten Strukturen, den Verlust familiärer, sozialer Netzwerke oder materieller Vermögenswerte, die Veränderung der beruflichen Rolle oder erlebte schmerzliche Ereignisse. Diese spezifisch sozio-kulturelle Lebensrealität prägen die Migranten (vgl. Domenig 2001: 33) und es ist verständlich, dass sich derartige Erfahrungen auf berufliche Teamstrukturen auswirken können. Besonders beim Austausch von Informationen sind Argumentationsführung, Überzeugungsmechanismen, Ausdrucksformen oder bewusste bzw. unbewusste Verständigungssignale, wie beispielsweise bestimmte Gesten, Körperhaltung oder Gesichtsausdruck, von Bedeutung. In einem kulturell gemischten Team können diese unterschiedlichen Verhaltensweisen zu ungewollten Kommunikationsproblemen führen (vgl. Rothlauf 2012: 195). Broszinsky-Schwabe bezeichnet die interkulturelle Kommunikation sogar als „… eine Straße mit Schlaglöchern voller Missverständnisse, auf der andere, ungewohnte Verkehrsregeln gelten“ (Broszinsky-Schwabe 2011: 20).

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit beschreibt, inwieweit verschiedene kulturelle Gegebenheiten die Kommunikation in einem Team beeinflussen und welche Anforderungen sich daraus für das Management ergeben. Zuerst wird der Begriff „Kultur“ erläutert, wobei besonders auf die Entwicklungsphasen des Kulturverständnisses und das neuzeitliche Gesellschaftskonzept der Transkulturalität eingegangen wird. Der grundlegende Begriff der Kommunikation, wie diese abläuft und welche Arten unterschieden werden, wird in einem weiteren Punkt vorgestellt. Abschließend werde die herausfordernden Aufgaben des Managements beleuchtet und praktische Anweisungen für eine erfolgreiche Kommunikation in einem multinationalen Team gegeben.

2 Kultur

Die Bedeutung des Wortes „Kultur“ ist mannigfaltig und viele wissenschaftliche Fachrichtungen haben ihre eigene Anschauung darüber, was unter Kultur zu verstehen ist, wie sie theoretisch zu begreifen ist oder messbar gemacht werden kann. Des Weiteren hat das Wort im Laufe der Jahrhunderte einen gewaltigen Wandel durchlaufen und sich teilweise ins Gegenteil transformiert (vgl. Eagleton 2009: 56). Nünning gibt in „Grundbegriffe der Kulturtheorie und Kulturwissenschaften“ einen Überblick über die wichtigsten Ansätze gegenwärtiger Kulturmodelle und erläutert zentrale Grundbegriffe. Er stützt sich bei der Beschreibung des Kulturbegriffs auf anthropologisch-soziologische Kulturtheorien und trifft als Hauptaussage dieser Konzepte, „daß [!] Kultur neben den Gegenständen der materiellen Kultur v.a. erlerntes Wissen und erlernte Fertigkeiten im Gegensatz zu angeborenem Wissen und angeborenen Fertigkeiten umfaßt [!], und kulturelles Wissen kein individuelles, sondern geteiltes Wissen ist“ (Nünning 2005: 121). Anhand dieser Abhandlung lässt sich die Entwicklung bzw. der stetige Wandel gut erkennen.

2.1 Entwicklung des Kulturbegriffs

Der Begriff „Kultur“ basiert auf dem lateinischen Wort colere, das unter anderem hegen, pflegen, anbeten bedeutet. Die daraus abgeleiteten Substantive cultus und cultura finden ihren Ursprung in der Natur, denn während der römischen Antike wurde darunter überwiegend die Urbarmachung und Pflege von Ackerboden verstanden (vgl. Eagleton 2009: 7). Aber nicht nur die Agrikultur, sondern auch die geistige Tätigkeit, speziell die Philosophie, die Wissenschaft und übernatürliche Dinge, wie Religion oder Götterverehrung, wurden früher in diesen Begriff hineininterpretiert. So enthielt das Wort schon frühzeitig sowohl die körperliche, geistige als auch seelische Entfaltung menschlicher Potentiale (vgl. Straub et al. 2007: 11).

Diese schon damals umfassende Bandbreite lässt die Schwierigkeit einer eindeutigen Definition erahnen. Wie schon erwähnt, änderte der Begriff seine Bedeutung im Laufe der Zeit, geprägt von den verschiedenen Lebensweisen oder politischen Einflüssen. Im 17. Jahrhundert erklärte beispielsweise Samuel von Pufendorf Kultur als das menschliche Verlangen, den Naturzustand zu überwinden. Die Landwirtschaft verlor für den Kulturbegriff an Bedeutung, während die gemeinschaftlichen, sozialen und politischen Aspekte zunahmen (vgl. Brunner 1992: 702). Noch im Jahre 1779 thematisierte der preußische Oberschulrat Irwing Kultur eher als Kultivierung und sah darin die Summe der menschlichen Vollkommenheit. Erst Johann Gottfried Herder entwickelte ein umfassendes Kulturkonzept und bezeichnete die menschliche Aktivität als das Oberhaupt der Kultur. Geisteskultur, Bildung, aber auch sämtliche praktischen Leistungen der Menschen sind in seiner Theorie zu finden. Obwohl Herder sich als Weltbürger verstand und mit seinen Ausführungen keine Höherwertigkeit der eigenen Kultur über die der anderen anstrebte, wurden seine Ausarbeitungen später von der deutschen Nationalbewegung aufgegriffen und als kulturnationalistische Grundlage missbraucht (vgl. Brunner et al. 1992: 702). Das von ihm entworfene traditionelle Konzept der Einzelkulturen bot dafür, mit seinen drei Hauptelementen, eine gute Voraussetzung:

- Soziale Homogenisierung

Das Konzept ist stark vereinheitlichend, denn es sieht vor, dass das Leben des Volkes und jedes Einzelnen, ebenso deren Handlungen, nur von der dazugehörigen Kultur geprägt und bestimmt wird

- Ethnische Fundierung

Das Konzept ist volksgebunden, da es von der Kultur eines Volkes spricht

- Interkulturelle Abgrenzung

Das Konzept ist separatistisch, aufgrund der Annahme, dass jede Kultur eines Volkes von anderen Völkern unterschieden und abgegrenzt werden kann

(vgl. Welsch 1997: 67).

Am Anfang des 19. Jahrhunderts beeinflussen verschiedene Stimmen aus der Philosophie und Literatur, wie z.B. Immanuel Kant, Johann Heinrich Pestalozzi oder auch Wilhelm von Humboldt, die Diskussionen der Übereinstimmung oder Abgrenzung der Begriffe Kultur, Zivilisation und Bildung. So empfindet Kant beispielsweise die beiden Begriffe Kultur und Zivilisation als identisch, betrachtet aber die Bildung als etwas Höherwertiges. Pestalozzi sieht in der Zivilisation die gesellschaftliche Fortentwicklung der Barbarei, also die Ausbildung der im Menschen angelegten tierischen Sinne. Er kann dieser Entwicklung nichts Gutes abgewinnen und spricht von einer kulturlosen Zivilisation, die im Gegensatz zur sittlichen und geistigen Kultur steht (vgl. Brunner 1992: 725). Der Schriftsteller und Geschichtsphilosoph Oswald Spengler verschärft, in dem 1918 verfassten, historischen Werk „Der Untergang des Abendlandes“, die Distinktion der beiden Begriffe Kultur und Zivilisation. Kulturen entstehen immer wieder neu, entwickeln sich bis zur Hochblüte, um dann in der Zivilisation zu enden und unterzugehen. Die Kulturphase ist eine positive Entwicklung, während die Zivilisation sich mit ihrer Künstlichkeit an Kunst und Architektur als Verfallsphase anschließt. Damit ist die Zivilisation das unausweichliche Ende einer jeden Kultur (vgl. Müller-Funk 2010: 9).

2.2 Abgrenzung Inter-, Multi- und Transkulturalität

Interkulturalität

Das Konzept der Interkulturalität ordnet Kultur nicht nach ansteigenden Entwicklungsphasen, sondern nach unterschiedlichen Kulturkreisen und will das Verständnis zwischen Kulturen erleichtern. Das Konzept geht davon aus, dass die Kultur dem Menschen nicht angeboren ist, sondern sich im Laufe seines Sozialisationsprozesses entwickelt. Vor allem in der Kindheit erwirbt jedes Individuum bestimmte Muster des Denkens, Fühlens und Handelns, die dem Menschen ein Leben lang erhalten bleiben und im Erwachsenenalter nur schwer abgelegt werden können. Hofstede vergleicht diese im Kopf eines Menschen verinnerlichten Muster mit einer mentalen Software, die zwar nicht genau wie ein Computer alternativlos immer gleich reagiert, aber tendenziell je nach persönlichen Erfahrungen und Werten handelt (vgl. Hofstede, Hofstede 2011: 3). So wird davon ausgegangen, dass alle Menschen in einem spezifischen Kulturkreis leben und sich in diesem gut zurechtfinden. Jede Nation, Gesellschaft oder Organisation bewegt sich in einem bestimmten Orientierungssystem mit den dazugehörigen Werten, Handlungen, Wahrnehmungen oder spezifischen Symbolen, wie z.B. Sprache, Mimik, Kleidung, Begrüßungsrituale, Sitten (vgl. Thomas et al. 2005: 22). Hofstede veranschaulicht die Manifestation von kulturellen Unterschieden in einem „Zwiebeldiagramm“, das in die vier Kategorien Symbole, Helden, Rituale und Werte eingeteilt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: „Zwiebeldiagramm“ (Hofstede, Hofstede 2011: 8)

- Symbole sind Dinge, die für Personen aus dem gleichen Kulturkreis eine bestimmte Bedeutung haben und von den Mitgliedern auch so interpretiert werden. Dazu gehören beispielsweise Worte einer Sprache, Fachbegriffe, aber auch Gesten, Bilder, Kleidung oder Haartracht, also Sachen, die sich auch immer wieder verändern können, eventuell ganz verschwinden und neu wieder auftauchen. Symbole werden von anderen kulturellen Gruppen bisweilen auch nachgeahmt und fallen als landestypisch relativ schnell auf.
- Lebende, tote oder aber auch fiktive Personen sind Helden, die in einer Kultur hohes Ansehen genießen, als Verhaltensvorbild dienen und dadurch enormen Einfluss auf die Menschen haben. Nicht nur Filmstars, Politiker oder Profisportler kommen als Helden in Frage, auch Comic- oder Fantasiefiguren wie Superman, Barbie oder Pippi Langstrumpf.
- Als Rituale werden kollektive Verhaltensmuster bezeichnet, die nicht direkt zur Zielerreichung notwendig wären, aber für das gemeinschaftliche Zusammenleben als unerlässlich angesehen werden. Begrüßungsformen im privaten Bereich, Art des Gesprächsablaufs eines Geschäftstermins oder auch religiöse Zeremonien sind nur einige Beispiele, die das tägliche Miteinander prägen.

Diese drei „äußeren Zwiebelschichten“ fasst Hofstede zu dem Begriff Praktiken zusammen. Er sieht darin die sichtbare Handhabung des jeweiligen Kulturkreises, deren kulturelle Bedeutung für Außenstehende aber oftmals verborgen bleibt.

- Der nicht sichtbare Teil der Kultur liegt im „Zwiebelkern“ – die Werte. Sie verbergen die inneren gegensätzlichen Haltungsalternativen, die jedem Einzelnen in bestimmten Situationen zur Verfügung stehen (z.B. böse – gut, schmutzig – sauber, verboten – erlaubt, paradox – logisch etc.)

(vgl. Hofstede, Hofstede 2011: 8).

So unterscheidet die Interkulturalität zwischen der erlernten „Eigenkultur“ und der anderen „Fremdkultur“. Möglicherweise fällt eine fremde Person wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer unbekannten Sprache oder ihres außergewöhnlichen Verhaltens sogleich auf. Diese Andersartigkeit kann Angst oder neugierig machen, aber auch vertraut oder absolut fremd sein (vgl. Broszinsky-Schwabe 2011: 191). Die Theorie der Interkulturalität beschäftigt sich wertfrei mit den geschichtlichen und momentanen Interaktionen aller Kulturen und Menschen. Sie erforscht die verschiedenen interkulturellen Begriffswertigkeiten bzw. –übereinstimmungen, aber entwickelt auch Verfahrensweisen, um die Wege der unterschiedlichen Kulturmuster (Denken, Fühlen, Handeln) zu ebnen (vgl. You-sefi, Braun 2011: 30).

Mit der Erkenntnis, dass die ausländischen Arbeitskräfte, die in den Jahren 1955 bis 1973 aus dem Mittelmeerraum von Deutschland angeworben wurden, nicht in ihr Ursprungsland zurückgehen werden, änderte sich die Diskussionsgrundlage, indem sich die ursprünglich willkommenen Gastarbeiter zu einem gesellschaftlichen Unsicherheitsfaktor entwickelten. Ab den 1980er Jahren wurde der Diskurs über die multikulturelle Gesellschaft sowohl auf kirchlicher, gewerkschaftlicher als auch politischer Ebene unüberhörbar. Bis heute reicht die Bandbreite der verschiedenen Meinungen über das Thema Multikulturalität, von multikultureller Bedrohung bis zur Chance der Demokratisierung (vgl. Arinës et al. 2013: 15; Neubert et al. 2013: 19). Unabhängig von der Sichtweise wurzelt Multikulturalismus auf der Grundlage des Abstammungsprinzips. Dieses historisch gewachsene Prinzip bezieht sich allerdings überwiegend auf Deutschland, denn der Begriff hat in verschiedenen Ländern eine andere Bedeutung. Kanada z.B. versteht trotz des extrem hohen Grades an kultureller und religiöser Vielfalt unter dem Begriff politische Inklusion und Partizipation. Der in Deutschland beschriebene Abstammungsgrundsatz versucht die deutsche Identität zu bewahren, indem er sich an bestimmten Merkmalen (z.B. Passdokument, Sprache) orientiert, um das Dazugehören zu oder den Ausschluss von einer Gruppe festzustellen (vgl. Neubert et al. 2013: 18; Schmidtke 2013: 33).

Das deutsche Demokratiebewusstsein spricht bei Multikulturalität nicht von Kulturkreisen, die wie abgeschlossene Inseln andere Kulturen erdulden und diesen etwas ahnungslos gegenüberstehen. Multikulturalismus bezieht sich auch nicht nur auf die Fakten unterschiedlicher interkultureller Prozesse, mit denen sich das Konzept der Interkulturalität beschäftigt, sondern er verweist auf die Koexistenz vielgestaltiger Kulturen, die in einer Gesellschaft nebeneinander leben. Außerdem will er gesellschaftliche Wege und politische Voraussetzungen für ein friedliches, tolerantes und damit demokratisches Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen sicherstellen (vgl. Richter 2013: 62).

Die Gemeinsamkeit der beiden Ansätze „Inter- und Multikulturalität“ bestehen darin, dass sie von überwiegend abgrenzbaren, homogenen Kultureinheiten ausgehen. Im Gegensatz dazu erklärte der Philosoph Ludwig Wittgenstein schon Anfang des 19. Jahrhunderts, dass für ihn Kultur dort sichtbar wird, wo Menschen gut miteinander auskommen, die Lebenspraxis teilen und offen sind für neue Verbindungen. Diese Aussage war eine Quelle für das später entwickelte Konzept der Transkulturalität, das die Gemeinsamkeiten der vielseitigen Lebensformen und unterschiedlichen Kulturen aufgreift (vgl. Welsch 1997: 72). Die Bezeichnung Transkulturalität setzt sich zusammen aus der lateinischen Vorsilbe trans, die mit quer durch, über…hinüber, jenseits übersetzt wird und dem Begriff des Kulturellen (lat. colere). Die Kombination der beiden Begriffe beschreibt die Diffusion des Kulturellen. Die kulturellen festen Bestandteile bleiben weiterhin als notwendiges Orientierungssystem erhalten, aber die Ergänzung trans verweist auf die Beeinflussung biografischer, soziografischer, ökologischer Gegebenheiten und bezieht momentane und situative Bedingungen mit ein (vgl. Uzarewicz 2009: 8). „…Transkulturalität zielt auf ein vielmaschiges und inklusives, nicht separatistisches und exklusives Verständnis von Kultur“ (Welsch 1997: 75).

Weder Einzelkulturen nach den Grenzen der Nationalstaaten, zusammengefasste Gebiete aufgrund strukturell gleicher bzw. ähnlicher Kulturelemente (z.B. Mythen, Traditionen, Gebrauchsgüter) oder veränderbare kugelartige Kulturen kommen in dem Konzept zum Einsatz. Welsch berücksichtigt in seinen Ausführungen zur Transkulturalität die heutigen kulturellen Verhältnisse, die er von Vermischungen und Verknüpfungen unterschiedlicher Lebensformen und Lebensstile geprägt sieht und verabschiedet sich von der scharfen Trennung der Eigen- und Fremdkultur (vgl. Domenig 2007: 39). Der moderne Lebenslauf ist geprägt von Aktivitäten in unterschiedlichen sozialen Welten, von wechselseitigen Einflüssen unterschiedlicher Kollektive und so bleiben menschliche Gewohnheiten permanent in Bewegung bzw. verändern ihre Identität. Die geo-grafische Mobilität, vernetzte Kommunikationsmöglichkeiten, weltweite Berichterstattungen in Echtzeit oder internationale Kunst- und Kulturprojekte verstärken diese Verzweigungen, Verschiebungen, Durchdringungen noch mehr. Die transkulturelle Prägung ist sowohl auf der Mikro- (direkte persönliche Umgebung, familiärer Nahraum), Meso- (kommunales Umfeld, Organisationen) als auch Makroebene (Gesellschaft) und in fast allen Lebensbereichen jedes Menschen sichtbar (vgl. Uzarewicz 2011: 248; Welsch 1997: 73). Die wohl bekannteste Durchdringung der Ernährungskultur belegen die Firmen Coca-Cola oder McDonalds, die Popkultur prägten neben vielen anderen Musikern unter anderem Michael Jackson mit seinen millionenfach verkauften Platten weltweit. Auch die Sportkultur durchmischt sich zusehends, so wird beispielsweise im Fußballsport derzeit Claudio Pizarro (Peru) als einer der besten Torjäger der deutschen Bundesliga bejubelt. In der westlichen Schulmedizin wird die Bereicherung durch andere Kulturen, z.B. durch die chinesische Heilkunst der Akupunktur, sichtbar. Sogar in den deutschen Kinderzimmern ist eine Vermischung zu sehen, denn manche Eltern hängen Traumfänger über die Kinderbetten in der Hoffnung, dass sich nach einer alten Indianersage die guten Träume im Netz des Lebens verfangen, während die bösen Träume durch das Loch in der Mitte fliehen und nicht mehr länger Teil des weiteren Lebens bleiben.

Diese Beispiele zeigen, dass jeder einzelne Mensch, obwohl er derselben Gattung angehört, über den gleichen physischen Aufbau und über das Equipment Denken, Bewegen, Ernähren etc. verfügt, trotzdem nicht unterschiedlicher sein kann. Denn je nach den persönlichen Erfahrungen, Eigenschaften, Bedürfnissen, etc. gibt es eine Vielfalt von Persönlichkeiten, deren Palette so gewaltig ist, dass es nicht ein einziges Mal auf der Welt eine Übereinstimmung zweier Individuen gibt (vgl. Uzarewicz; Uzwarewicz 2005: 22) Diese Mannigfaltigkeit entsteht unter anderem durch die unterschiedlichen Einflüsse der Menschen. Neue Pfade der Soziologie sehen die Beeinflussung des Einzelnen, aber nicht nur in den wechselseitigen Interaktionen zwischen Subjekten, sondern beziehen sämtliche Objekte mit ein. Alles, was jemand als wirklich empfindet, wird zum Sozialpartner, wie z.B. für das Kind seine Puppe, für den Alleinstehenden sein Haustier oder für den Hobbygärtner sein Blumenbeet. Damit geht die auf Leiblichkeit aufgebaute neue phänomenologische Soziologie sogar über den transkulturellen Weg hinaus und wird transhuman (vgl. Uzarewicz 2011: 171).

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Kommunikation in einem multikulturellen Team. Eine Herausforderung für das Management
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
31
Katalognummer
V283229
ISBN (eBook)
9783656828259
ISBN (Buch)
9783656828877
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kommunikation, team, eine, herausforderung, management
Arbeit zitieren
Birgit Renner (Autor:in), 2014, Kommunikation in einem multikulturellen Team. Eine Herausforderung für das Management, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283229

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