“Ich möchte gleich klarstellen, dass ich weder wild funkelnde Augen, noch ein launisches Wesen oder seltsame Allüren als Voraussetzungen für ein Autordasein betrachte.”1
“Douglas W. Fortescue”, murmelte der Verleger, “so habe ich sie mir nicht vorgestellt in meinen schönsten und übelsten Träumen.” Er betrachtete Douglas aufmerksam, fast unverschämt. Er lächelte. Er lächelte immer breiter. Er schüttelte den Kopf. “Douglas W. Fortescue”, wiederholte er, jetzt fast lachend, “wie fürchterlich gut passen sie zu ihren Buch.”2 Von diesem Moment an ist Douglas ein Dichter.
Vielleicht möchte man an dieser Stelle protestieren und fragen, warum Douglas W. Fortescue erst dann ein Dichter ist, als ein Verleger bei ihm auftaucht, um den Autor eines bei ihm eingegangenen Buches kennenzulernen, und diese Frage ist auch durchaus berechtigt, aber es ist nun einmal so, dass Douglas in CHRISTINE WUNNICKEs Buch Fortescues Fabrik im chronologischen Ablauf erst während des Gesprächs mit dem Verleger das erste Mal als Dichter bezeichnet wird.3 Douglas W. Fortescue ist plötzlich auch der Dichter Fortescue und als solcher ein wandelndes Klischee: Er ist gerade 21 Jahre jung, trägt nur schwarze Kleidung und hat langes schwarzes Haar. Er ist schlank, mit hagerem blassen Gesicht und freundlichen, alles beobachtenden, dabei aber immer teilnahmslos wirkenden Augen, welche er mit einer getönten Brille bedeckt, die er sich von seinem Verleger hat kaufen lassen. Im London der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts führt er das Leben eines seelischen Einsiedlers zwischen einer Vielzahl von Jüngern, die ihm reichlich Geschenke machen, ihm sogar Villen schenken, in denen sie dann ein- und ausgehen und Feste feiern. In einem Brief an seinen Bruder Jeremy schreibt Douglas: “Du machst dir keine Vorstellungen, wie viele Leute sich in London für Gedichte interessieren, und besonders für ihren Dichter.”4
------
1 Dorothea Brande, Schriftsteller werden, S. 24.
2 Christine Wunnicke, Fortecues Fabrik, S. 223f.
3 Ebd. S. 227.
4 Christine Wunnicke, Fortescues Fabrik, S. 233.
Inhaltsverzeichnis
- Das Auf- und Ableben des Autors
- Ein Dichter wird geboren
- Das Klischee des Autors
- Fortescues Fabrik
- Die Autorschaft als Konstrukt
- Fortescues Werke
- Das Problem der Autorschaft
- Die Frage nach dem Dichter
- Der Autor als Urheber
- Das Prinzip der Mimesis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht das Auf- und Ableben des Autors anhand der fiktiven Figur Douglas W. Fortescue aus Christine Wunnickes Roman „Fortescues Fabrik“. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwiefern die Vorstellung des Autors als schöpferisches Individuum durch Fortescues Geschichte in Frage gestellt wird. Die Arbeit analysiert die Entstehung des Klischees des Autors, die Rolle der Mimesis in der Kunst und das Problem der Selbstreflexion im Verhältnis zur technischen und künstlerischen Nachahmung.
- Die Konstruktion des Autors als Klischee
- Die Rolle der Mimesis in der Kunst
- Das Problem der Selbstreflexion in der Kunst
- Die Frage nach der Autorschaft in der Literatur
- Die Beziehung zwischen Autor und Werk
Zusammenfassung der Kapitel
- Ein Dichter wird geboren: Die Geschichte beginnt mit der Begegnung von Douglas W. Fortescue mit einem Verleger, der ihn als Dichter bezeichnet, obwohl er bis dahin nie geschrieben hat. Die Arbeit beleuchtet den Moment, in dem Douglas zum Dichter wird und die Erwartungen, die mit dieser Rolle verbunden sind.
- Das Klischee des Autors: Die Arbeit beschreibt die typischen Eigenschaften des Autors, die Douglas verkörpert, wie zum Beispiel seine jugendliche Ausstrahlung, seine schwarze Kleidung und seine mystifizierte Lebensweise. Es wird analysiert, wie dieses Klischee entstanden ist und welche Auswirkungen es auf die Wahrnehmung des Autors hat.
- Fortescues Fabrik: Es werden Fortescues literarische Werke vorgestellt, die in der Romanhandlung als Produkte seiner „Fabrik“ erscheinen. Die Arbeit analysiert die Art und Weise, wie Fortescue seine Texte erschafft und welche Rolle seine eigenen Erfahrungen dabei spielen.
- Die Autorschaft als Konstrukt: Die Arbeit stellt die Frage, inwiefern die Autorschaft als Konstrukt verstanden werden kann, das durch gesellschaftliche Erwartungen und die Interpretation des Werkes entsteht. Es wird diskutiert, ob Fortescues Leben ein von ihm selbst geschaffenes Bild oder eine Konstruktion der Gesellschaft ist.
- Fortescues Werke: Es werden die Inhalte von Fortescues Werken näher beleuchtet und die Frage nach ihrer Authentizität diskutiert. Die Arbeit stellt die Frage, inwiefern es sich bei den Werken um genuine Schöpfungen oder um das Ergebnis von Imitation und Manipulation handelt.
- Das Problem der Autorschaft: Die Arbeit untersucht das Problem der Autorschaft, das in Fortescues Fall besonders deutlich wird. Es wird analysiert, inwiefern sich die Frage, wer der wahre Autor eines Textes ist, in verschiedenen Kontexten stellt und welche Auswirkungen sie auf die Interpretation und den Wert eines Werkes hat.
- Die Frage nach dem Dichter: Die Arbeit diskutiert die Frage, was einen Dichter ausmacht und inwiefern Fortescues Leben und Werk diesen Kriterien entsprechen. Es wird analysiert, welche Eigenschaften und Fähigkeiten einen Dichter definieren und welche Rolle die eigene Kreativität und die Interpretation des Publikums dabei spielen.
- Der Autor als Urheber: Die Arbeit beleuchtet die Entwicklung des Selbstverständnisses des Autors als Urheber und Schöpfer von etwas Neuem. Es werden historische Perspektiven auf die Autorschaft beleuchtet und das Spannungsfeld zwischen individueller Kreativität und dem Prinzip der Nachahmung aufgezeigt.
- Das Prinzip der Mimesis: Die Arbeit analysiert die Rolle der Mimesis, also der Nachahmung der Natur, in der Kunst. Es werden die philosophischen Ansätze von Plato und Aristoteles zur Mimesis diskutiert und deren Bedeutung für die Frage der Autorschaft und der künstlerischen Kreativität beleuchtet.
Schlüsselwörter
Autor, Autorschaft, Mimesis, Nachahmung, Kreativität, Klischee, Selbstreflexion, Kunst, Literatur, Fortescue, Fabrik, Wunnicke, Schöpfer, Urheber, Interpretation, Text, Werk, Geschichte, Philosophie, Plato, Aristoteles, Realität, Konstrukt
- Arbeit zitieren
- Monique Weinert (Autor:in), 2001, Das Auf- und Ableben des Autors, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28325