Pluralismus des Artbegriffes.Kitcher vs. Ereshefsky


Seminararbeit, 2012

14 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Pluralismus

3. Kitchers “ Realistic Pluralism”
3.1 Die Notwendigkeit des Pluralismus
3.2 Historische und Strukturelle Artbegriffe

4. Ereshefskys “Eliminative Pluralism”
4.1 Drei Hauptkategorien
4.2 Inkompatibilität der Artbegriffe

5. Kitcher vs. Ereshefsky

6.Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dass es sich bei der Diskussion um die biologische Art um ein wichtiges Thema handelt, zeigen die Unmengen an Tinte und Blätter, die dieser Diskussion bereits geopfert wurden. Trotzdem oder vielleicht deshalb, gibt es keinerlei Konsens auf dem Gebiet. Weder sind sich Philosophen und Biologen über die Definition des Artbegriffs, noch über dessen ontologischen Status einig (Ereshefsky 2002). Bei der biologischen Art handelt es sich um eine der fundamentalsten taxonomischen Einheiten der Biologie. Eine taxonomische Einheit oder Taxonomie benennt man das Resultat eines Verfahrens, das das Ziel hat Objekte nach bestimmten Kriterien einzuteilen. Ein großer Teil unserer Einteilung der Welt beruht auf dem Begriff der biologischen Art, was ihn somit zu einem der bedeutendsten Begriffe in der Biologie macht. Um so wichtiger ist also die Klärung der Fragen rund um den Artbegriff. Wenn in dieser Arbeit der Begriff der Art fällt, ist stets der Begriff der biologischen Art gemeint.

Diese Arbeit wird sich mit einem bestimmten Teilgebiet der Diskussion beschäftigen. Es handelt sich hierbei um die Frage, ob es für den Artbegriff mehrere oder nur eine Begriffsanwendung, beziehungsweise Definition gibt. In anderen Worten, mit der Frage, kann ich Organismen nur durch ein einziges Kriterium in Arten einteilen oder kann ich je nach Situation aus einem Katalog von Kriterien wählen um eine akkurate und wissenschaftliche Beschreibung der Natur liefern zu können.

Zwei Grundpositionen haben sich in dieser Debatte herauskristallisiert, die des Monismus und die des Pluralismus. Der Monismus vertritt die Annahme dass es nur einen wahren Artbegriff geben kann, der auch nur auf eine Art und Weise definiert werden kann und der auch nur ein einziges Kriterium zum Einteilen der Organismen besitzt. Der Pluralismus schlägt hingegen mehrere Anwendungsmöglichkeiten, Definitionen und einen ganzen Katalog von Kriterien vor, die allesamt als gleichwertig zu behandeln sind. In dieser Arbeit werden wir uns mit zwei verschiedenen Theorien des Pluralismus beschäftigen. Die ontologischen Argumentationen werden so weit wie mögli ch ausgeklammert, da diese den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Hauptsächlich werden uns die Argumente interessieren, die sich damit beschäftigen, warum der Monismus unzureichend ist um eine akkurate Beschreibung der Natur zu liefern und wieso man den Pluralismus benötigt.

Zunächst werden wir den Begriff des Pluralismus etwas besser kennenlernen. Anschließend werden wir uns zwei verschiedene Positionen des Pluralismus näher anschauen, zu erst Kitchers “Realistic Pluralism”, schließlich Ereshefskys “Eliminative Pluralism”. Beide Autoren gehören zu den führenden Vertretern des Pluralismus und das obwohl, oder vielleicht gerade weil, sie sehr unterschiedliche Theorien vertreten. Das Hauptziel der Arbeit wird es dann sein, beide Theorien mit einander zu vergleichen und Hauptunterschiede zu beleuchten.

2. Pluralismus

Unter Pluralismus versteht man die “Lehre der Mannigfaltigkeit”. Der Pluralismus steht dabei im Gegensatz zum Monismus, der “Lehre der Einheit”. Der Pluralismus bezeichnet die Annahme, dass es sinnvoller ist, “eine Heterogenität, Mannigfaltigkeit und Prinzipienvielfalt des in der Welt Existierenden anzunehmen, als die vom Monismus behauptete Homogenität und Einheitlichkeit einer Welt, die von einem Prinzip regiert wird” (Sandkühler 1999). Wie Sandkühler des Weiteren erwähnt, lassen sich diese auch nicht auf eine gemeinsame Ebene zurückführen, sondern sind voneinander unabhängig, verschieden und gleichwertig.

Diese Definition ist sehr allgemein gehalten und kann auch leider nicht als allgemeingültig bezeichnet werden. Die Tatsache, dass der Pluralismus auf den verschiedensten Teilgebieten der Philosophie und weiterer Wissenschaften zu finden ist, macht eine akkurate Definition des Begriffs mehr als schwierig. Denn die verschiedenen pluralistischen Theorien unterscheiden sich oft stark in ihren Hintergrundannahmen. Ein gutes Beispiel hierfür sind relativistische und ontologische Pluralismustheorien. Während die ontologische Theorie den Standpunkt vertritt, dass es eine Vielzahl von grundlegenden Entitäten in der Welt gibt, ist eine Ontologie in der relativistischen Theorie inexistent. Im Relativismus werden jegliche absoluten Wahrheiten und grundlegenden Entitäten verneint, weshalb der relativistische Pluralismus sich für eine Vielzahl anderer Beschreibungssysteme interessiert. Was diese Beschreibungssysteme und ontologischen Entitäten nun genau sind, soll in dieser Arbeit nicht geklärt werden, da dieses Thema genug Stoff liefern würde um sie in einer eigenen Arbeit zu behandeln.

Es gibt jedoch noch eine Vielzahl weiterer Formen des Pluralismus, doch werden wir uns hier für einen Begriffspluralismus interessieren. Diese Form des Pluralismus vertritt die Annahme, dass es für verschiedenen Begriffe, mehrere gleichwertige Definitionen geben muss, damit diese Begriffe effektiv angewendet werden können. Hierbei wird primär auf Begriffe gezielt, die in den Wissenschaften genutzt werden. Wenn der Begriff nicht richtig oder unzureichend definiert worden ist, können Forschungsergebnisse verfälscht werden. Es wird also untersucht wie ein Begriff verwendet werden muss damit er auch in der Wissenschaft von Nützen sein kann. Das betrifft auch den biologischen Artbegriff.

Die hier gelieferte Definition des Begriffspluralismus wurde von mir selbst verfasst. Sie ist das Resultat von Reflexionen über das Problem, die durch die Lektüre verschiedensten Arbeiten, die sich mit der Artdebatte beschäftigt haben. Da es mir unmöglich war eine durchsichtige wissenschaftliche Definition zu dieser Art von Pluralismus zu finden, habe ich selbst den Begriff definiert.

Folgend werden wir uns mit Kitchers Argumentation zu seinem “Realistic Pluralism” beschäftigen.

3. Kitchers “ Realistic Pluralism”

Kitchers Position zum Pluralismus der biologischen Art, ist eine der meist diskutierten in der betreffenden Fachliteratur. Das ist auch der Grund, warum seine Theorie als ein Teil dieser Arbeit ausgewählt wurde.

Wie schon in der Einleitung erwähnt, beschränkt sich dieser Teil auf die konzeptuellen Argumente des Pluralismus. Die ontologischen Argumente von Kitcher, die sich mit der Natur der biologischen Art befassen, werden hier nicht behandelt.

Dieser Teil der Arbeit dient dazu Kitchers berühmte Argumentation übersichtlich und schrittweise darzustellen. Als Literaturgrundlage für diesen Teil dient hauptsächlich Kitchers Essay “Species”(Kitcher 1984).

3.1 Die Notwendigkeit des Pluralismus

Kitcher definiert den Artbegriff wie folgt: “species are sets of organisms related to one another by complicated biologically interesting relations”(Kitcher 1984, 309).

Um seine Theorie zu beweisen prangert er zunächst die Missstände an, die der Monismus hervorruft. Denn in der Vergangenheit hat es immer wieder verschiedene Artbegriffe gegeben. Diese waren allesamt dem aktuellen Forschungsinteresse entsprechend angepasst worden und wurden somit immer wieder verändert. Die Vertreter der verschiedenen Begriffe hatten dabei natürlich stets den Anspruch, dass ihr Artbegriff ausreichend sei um alle biologischen Forschungsinteressen abzudecken und aufklären zu können. Kitcher sieht darin nun eine Möglichkeit um zu zeigen, dass der Monismus, sprich ein einzelner Artbegriff, unzureichend dafür ist. Hierzu wählt er ein Fallbeispiel, welches die Probleme des Monismus aufzeigen sollen (Kitcher 1984, 315-319).

Als Beispiel wählt Kitcher Mayrs “Biological Species Concept”, den ich in den kommenden Zeilen mit BSC abkürzen werde. Laut Mayr, besteht die biologische Art aus Gruppen von natürlichen Populationen, die sich untereinander erfolgreich kreuzen können und reproduktiv von anderen Gruppen isoliert sind (Mayr 1942, 120). Mayrs BSC ist, laut Kitcher, sicherlich von großer Bedeutung für die Biologie, allerdings ist der BSC nicht als unfehlbar zu bezeichnen. Sympatrische, morphologisch ähnliche, aber sich nicht kreuzende Organismen lassen sich mit Hilfe des BSC bestimmen. Die Biologie bezeichnet als sympatrisch, beziehungsweise als Sympatrie, die Form der geographischen Verbreitung, bei der die Verbreitungsgebiete von zwei verschiedenen Populationen sich überschneiden. Die biologische Morphologie befasst sich mit den äußerlichen Charakteristika von Organismen. Redet man von morphologischen Aspekten, meint man also die Form und Struktur der Organismen.

Allerdings ergeben sich auch beim BSC Probleme. So ist Mayrs Artbegriff nutzlos für bestimmte biologische Interessenfelder, wie zum Beispiel die Paläontologie. Es ist einem Paläontologen unmöglich, mit absoluter Sicherheit, etwas über das Kreuzungsverhalten von verschiedenen urzeitlichen Populationen auszusagen. Des Weiteren ist der BSC nicht auf asexuelle Populationen, wie es sie zahlreich in der Natur gibt, anwendbar.

Dieses Unvermögen allen biologischen Forschungsgebieten zu genügen, ist, laut Kitcher, charakteristisch für den monistischen Artbegriff. Daraus folgert Kitcher nun, dass die einzige Möglichkeit den Forschungsinteressen, des Artbegriffs gerecht zu werden, der Pluralismus ist.

3.2 Historische und Strukturelle Artbegriffe

Kitcher unterteilt die Biologie in zwei Hauptfelder und übernimmt somit eine hervorgegangene Einteilung von Mayr, den er vorher noch kritisiert hat (Kitcher 1984, 320-324).

Mayrs Zweiteilung sieht wie folgt aus: auf der einen Seite gibt es die “funktionale Biologie”, die sich mit der Suche nach dem “proximalen Kausalgrund” beschäftigen. Auf der anderen Seite gibt es die Evolutionsbiologie, die sich mit dem “ultimativen Kausalgrund” beschäftigt (Mayr 1976,p.360).

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Pluralismus des Artbegriffes.Kitcher vs. Ereshefsky
Hochschule
Universität zu Köln  (Philosophisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Philosophie der Biologie
Note
1.3
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V283625
ISBN (eBook)
9783668098176
ISBN (Buch)
9783668098183
Dateigröße
568 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Philosophie, Biologie, Art, Artbegriff, Kitcher, Ereshefsky, Pluralität, Pluralismus, Pluralismus des Artbegriffs, Spezies
Arbeit zitieren
Maximilian Richard (Autor:in), 2012, Pluralismus des Artbegriffes.Kitcher vs. Ereshefsky, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283625

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