Die ASD der Jugendämter befinden sich zunehmend in einem Spannungsfeld zwischen Aufgabenoptimierung aufgrund knapper zeitlicher Ressourcen und der Förderung positiver Entwicklungsbedingungen von Kindern und Jugendlichen innerhalb der Familie, sowie der Gewährleistung eines fachlich fundierten Kinderschutzes. Im Bereich der kostenintensiven Hilfen zur Erziehung befindet sich die Bezirkssozialarbeit mehr und mehr unter Legitimationsdruck. Die zum Teil öffentlichen, von den Medien transportierten Kinderschutzdebatten und die damit einhergegangene Überprüfung der strukturellen und fachlichen Aufstellung der betroffenen Ämter haben die Kostendebatte im Bereich der Hilfen zur Erziehung und des Kinderschutzes zwar wieder in den Hintergrund gedrängt, die Bezirkssozialarbeit steht jedoch nach wie vor besonderen Herausforderungen gegenüber. (vgl. ZBFS-BLJA2 2009, S.7) Häufige personelle Fluktuationen, zum Teil durch die stetig voranschreitende Flexibilisierung des Berufslebens begründet, beeinträchtigen vielerorts den Wissenstransfer und -erhalt berufserfahrener Kolleginnen und Kollegen an die nachfolgenden. Des Weiteren wird von einigen Kolleginnen und Kollegen der Allgemeinen Sozialen Dienste eine Veränderung der Lebensumstände der Klientel benannt und eine stetig steigende Anzahl sogenannter „Multi-Problem-Familien“ vernommen. Diagnostische Verfahren und Standards im Bereich der Hilfen zur Erziehung und des Kinderschutzes müssen zum einen der Komplexität des jeweiligen Einzelfalls gerecht werden: Probleme müssen definiert werden und Ressourcen für einen gelingenden Hilfeverlauf identifiziert und nutzbar gemacht werden – zum anderen müssen diese so aufgebaut sein, dass sie Handlungsorientierungen geben und Entscheidungsprozesse erleichtern.
Bis dato konnte sich eine Vielzahl diagnostischer Modelle und Verfahren im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe etablieren. Sie unterscheiden sich jedoch erheblich. Im Rahmen dieser Arbeit soll das vom Bayerischen Landesjugendamt entwickelte Konzept einem systematischen Diagnostikverständnis gegenübergestellt werden. Kapitel 1: Grundlagen und Prinzipien Systematischer Diagnostik. Kapitel 2: Im Besonderheiten der Diagnostik in der Kinder- und Jugendhilfe. Kapitel 3: Beschreibung der Arbeitshilfe, Anwendung und Chancen und Grenzen des Modells für den Alltag im ASD, Kapitel 4: Beurteilung der Arbeitshilfe und Fazit.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. GRUNDLAGEN UND PRINZIPIEN SYSTEMISCHER DIAGNOSTIK
- 1.1 SOZIALE SYSTEME IM LUHMANN'SCHEN SINNE
- 1.1.1 System und Umwelt
- 1.1.2 Operieren, Selbst-/Fremdreferenz und Autopoiesis
- 1.1.3 Soziale Systeme als Kommunikationssysteme
- 1.2 DER DIAGNOSTIKBEGRIFF IN DER SYSTEMISCHEN (Sozial-)Arbeit
- 1.2.1 Abkehr von einem traditionellen diagnostischen Verständnis
- 1.2.2 Definition Systemischer Diagnose nach Ritscher
- 1.3 RITSCHERS AXIOME UND PERSPEKTIVEN EINES SYSTEMISCHEN DIAGNOSTIK-MODELLS
- 1.3.1 Beziehung statt Individuum
- 1.3.2 Diagnose als Beobachtungsystem
- 1.3.3 Zirkularität
- 1.3.4 Rekursivität
- 1.3.5 Die raum-zeitliche Gestalt des Systems
- 1.4. FOLGERUNGEN AUS DEN SYSTEMISCHEN GRUNDANNAHMEN UND ANFORDERUNGEN AN KONKRETE DIAGNOSTIKKONZEPTE IN DER PRAXIS
- 2. DIAGNOSTIK IN DER KINDER- UND JUGENDHILFE
- 2.1 DIE BEDEUTUNG DIAGNOSTISCHER ARBEIT IN DER KINDER- UND JUGENDHILFE
- 2.2. FUNKTIONEN VON PSYCHOSOZIALER DIAGNOSTIK IM HANDLUNGSFELD DES ASD
- 3. SOZIALPÄDAGOGISCHE DIAGNOSE – EINE ARBEITSHILFE DES BAYERISCHEN LANDESJUGENDAMTES
- 3.1 KURZE BESCHREIBUNG DER ARBEITSHILFE
- 3.2 THEORETISCHE RAHMUNG
- 3.3 ANWENDUNG UND HANDHABUNG IM HILFEPROZESS
- 3.4. CHANCEN UND GRENZEN
- 4 FAZIT
- 4.1 BEURTEILUNGEN DER ARBEITSHILFE ANHAND DER VORGESTELLTEN AXIOMEN SYSTEMISCHER DIAGNOSTIK
- 4.2 SCHLUSSFOLGERUNGEN UND ANREGUNG FÜR DIE ANWENDUNG UND HANDHABUNG DER ARBEITSHILFE IN DER PRAXIS
- 5. LITERATUR
- 1,6. ANHANG
- 6.1 SOZIALPÄDAGOGISCHE DIAGNOSETABELLEN - KURZFASSUNG 20 MERKMALE
- 6.2 SOZIALPÄDAGOGISCHE DIAGNOSETABELLEN - LANGFASSUNG 80 MERKMALE
- 6.3 ABSCHLIEBENDE BEWERTUNG DER FACHKRAFT
- 6.4 KONKRETISIERUNGEN MIT ALTERSSPEZIFISCHEN BEISPIELEN
- 6.5 ENTSCHEIDUNGSFINDUNG UND HILFEPLANUNG
- 6.5.1 Ausgangslage
- 6.5.2 Bedarf
- 6.5.3 Hilfeart
- 6.5.4 Leistungen
- 6.5.5 Zusammenarbeit
- 6. 6 SITUATIONSERFASSUNG UND HANDLUNGSPLAN GEMÄẞ DER SYSTEMISCHEN DENKFIGUR. SITUATIONSERFASSUNG UND HANDLUNGSPLAN
- 6.6 BEZIEHUNGSDIAGNOSE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit der systemischen Diagnostik im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) der Jugendämter. Ziel ist es, die Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamtes zur Feststellung des erzieherischen Bedarfs aus der Perspektive eines systemischen Diagnostikbegriffes zu analysieren und zu bewerten.
- Systemische Diagnostik im Kontext der Sozialen Arbeit
- Die Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamtes zur Feststellung des erzieherischen Bedarfs
- Anwendung und Handhabung des Diagnosekonzepts im ASD
- Chancen und Grenzen des systemischen Ansatzes in der Praxis
- Kritische Reflektion des Modells im Vergleich zu systemischen Grundhaltungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Diagnostik im ASD ein und beleuchtet die Herausforderungen, denen die Bezirkssozialarbeit im Kontext knapper Ressourcen und steigender Komplexität der Fälle gegenübersteht.
Kapitel 1 erläutert die Grundlagen und Prinzipien Systemischer Diagnostik anhand der Systemtheorie von Niklas Luhmann und den Axiomen eines systemischen Diagnosemodells nach Wolf Ritscher.
Kapitel 2 beleuchtet die Besonderheiten der Diagnostik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und die Bedeutung diagnostischer Arbeit in diesem Kontext.
Kapitel 3 beschreibt die Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamtes zur Feststellung des erzieherischen Bedarfs, ihre theoretische Rahmung sowie Anwendung und Handhabung im Hilfeverlauf.
Kapitel 4 bietet eine kritische Reflektion der Arbeitshilfe im Vergleich zu den kennengelernten systemischen Grundhaltungen und zieht Schlussfolgerungen für die Anwendung und Handhabung in der Praxis.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die systemische Diagnostik, den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), die Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamtes, die Feststellung des erzieherischen Bedarfs, die Kinder- und Jugendhilfe, die Systemtheorie von Niklas Luhmann, die Axiome von Wolf Ritscher, die Anwendung und Handhabung des Diagnosekonzepts in der Praxis sowie die Chancen und Grenzen des systemischen Ansatzes.
- Arbeit zitieren
- Ingo Hettler (Autor:in), 2013, Diagnostik im Allgemeinen Sozialen Dienst. Die Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamtes zur Feststellung des erzieherischen Bedarfs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283721