Der völkerrechtliche Versuch gemäß Art. 293 Spiegelstrich 3 einen Kompromiss über die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften zu finden ist ein Misserfolg: Das Haager Übereinkommen vom 1.6.1956 über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, Verbänden und Stiftungen ist bisher nicht in Kraft getreten (nur von Belgien, Frankreich und den Niederlanden ratifiziert).
1968 haben sich die sechs Mitgliedstaaten der EG gemäß Art.293 EGV über ein Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften i.S.v Art. 48 EGV geeinigt. Dadurch verpflichteten sich die Staaten, die Gesellschaften, die sich in einem Mitgliedstaat rechtsmäßig gegründet haben und die in der Gemeinschaft ihren Satzungssitz (und nicht Verwaltungssitz) hatten, automatisch anzuerkennen. Das Übereinkommen scheiterte aber wegen des Versagens der Ratifizierung durch die Niederlande.
Der Vorschlag für eine Fünfte Richtlinie über die Aktiengesellschaft fasst am besten die Schwierigkeiten der Zielsetzung eines gemeinsamen europäischen Gesellschaftsrechts zusammen: seit 72 sind die Mitgliedstaaten noch immer auf keinem Kompromiss gekommen, was das harmonisierte Statut der Aktiengesellschaft sein soll. Im wesentlichen hat der Vorschlag, wegen der zwei grundlegenden Themen gescheitert: die Mitbestimmung und die Wahl zwischen der monistischen oder dualistischen Gesellschaftsstruktur. Die Staaten waren und sind immer noch an ihren nationalen Systemen attachiert1.
INHALTSVERZEICHNIS
LITERATURVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG: AUSBLICK ÜBER AKTUELLEN PROBLEMEN DES EUROPÄISCHEN GESELLSCHAFTSRECHTS
1.1. Gibt es ein europäisches Gesellschaftsrecht überhaupt- Scheitern der gegenseitigen Anerkennung von Gesellschaften-
1.2.Sachlage im Hinblick auf der Gesellschaftsmobilität
1.3 Problemstellung
1.4 Der EG-Vertrag und die Anerkennung der Gesellschaften
2. ÜBERBLICK ÜBER DIE RECHTLICHE TERMINOLOGIE IM ZUSAMMENHANG MIT DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT
2.1. Niederlassung- Niederlassungsfreiheit
2.1.1. Anwendungsfeld ratione materiae
2.1.2. Anwendungsfeld ratione personae
2.2 Verwaltungssitz- Satzungssitz
3. DIE VERSCHIEDENEN THEORIEN IM HINBLICK AUF DIE NIEDERLASSUNGSFREIHEIT
3.1 Die Kontrolltheorie
3.2 Die Gründungstheorie
3.2.1. Die Überlagerungstheorie von Latty und Sandrock
3.2.2. Die eingeschränkte Gründungstheorie von Behrens
3.2.3. Knobbe-Keuk Doktrin
3.2.4. Beizkes Anknüpfungssystem
3.2.5. Die Kombinationslehre von Zimmer
3.3. Kontroverse zwischen der Sitztheorie und Niederlassungsfreiheit
3.3.1. Verteidigung der Sitztheorie
3.3.2. Konsequenzen der Sitztheorie
3.3.3. Die „neue“ Doktrin - der „Kanalinsel Jersey- Fall“
4. DIE EUGH RECHTSSPRECHUNG ZUR NIEDERLASSUNGSFREIHEIT
4.1. Anfängliche Rechtsprechung bis Daily Mail
4.2. Daily Mail-Entscheidung
4.3. Fall Centros
5. RECHTSACHE ÜBERSEERING
5.1. Fall und Problem
5.2. Die BGH- Vorlage
5.3. Das EuGH Urteil
5.4. Unterschied zum Centros- Urteil
5.5. Reaktionen auf das Urteil
6. FOLGEN DES ÜBERSEERING- URTEILS
6.1. Unanwendbarkeit der neuen BGH-Doktrin
6.2 Folgen der Anknüpfung an das Gründungsstatut
6.2.1. Folgen auf die Innen- und Außenverhältnisse der Gesellschaft
6.2.2. Folgen der Anerkennung des Haftungsprivilegs
6.3. Gesamtverweisung auf das Gründungsrecht?
6.3.1. Mitbestimmungspflicht
6.3.2. Zulässigkeit speziell auf ausländischen Gesellschaften gerichteten Gesetze
6.3.3. Insolvenzrechtliche Bemerkungen
6.4. Folgen der unvollständigen Aufgabe der Sitztheorie
6.4.1. Differenzierte Behandlung von Zuzug- und Wegzugfälle - unvollständige Liberalisierung
6.4.2. Wettbewerb der Gesellschaftsrechte: Rechtswahlfreiheit
7. SCHLUSSWORT- PERSPEKTIVE DIESER POLITIK
7.1. Kompatibilität zwischen Bestimmungen über die SE und der Überseering - Rechtssprechung
7.2. Harmonisierung der Gesellschaftsrechte
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung: Ausblick über aktuellen Problemen des europäischen Gesellschaftsrechts.
1.1. Gibt es ein europäisches Gesellschaftsrecht überhaupt- Scheitern der gegenseitigen Anerkennung von Gesellschaften-
Der völkerrechtliche Versuch gemäß Art. 293 Spiegelstrich 3 einen Kompromiss über die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften zu finden ist ein Misserfolg: Das Haager Übereinkommen vom 1.6.1956 über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, Verbänden und Stiftungen ist bisher nicht in Kraft getreten (nur von Belgien, Frankreich und den Niederlanden ratifiziert).
1968 haben sich die sechs Mitgliedstaaten der EG gemäß Art.293 EGV über ein Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften i.S.v Art. 48 EGV geeinigt. Dadurch verpflichteten sich die Staaten, die Gesellschaften, die sich in einem Mitgliedstaat rechtsmäßig gegründet haben und die in der Gemeinschaft ihren Satzungssitz (und nicht Verwaltungssitz) hatten, automatisch anzuerkennen. Das Übereinkommen scheiterte aber wegen des Versagens der Ratifizierung durch die Niederlande.
Der Vorschlag für eine Fünfte Richtlinie über die Aktiengesellschaft fasst am besten die Schwierigkeiten der Zielsetzung eines gemeinsamen europäischen Gesellschaftsrechts zusammen: seit 72 sind die Mitgliedstaaten noch immer auf keinem Kompromiss gekommen, was das harmonisierte Statut der Aktiengesellschaft sein soll. Im wesentlichen hat der Vorschlag, wegen der zwei grundlegenden Themen gescheitert: die Mitbestimmung und die Wahl zwischen der monistischen oder dualistischen Gesellschaftsstruktur. Die Staaten waren und sind immer noch an ihren nationalen Systemen attachiert[1]. Zum Beispiel Deutschland würde nie akzeptieren, auf sein rigoroses Mitbestimmungssystem zu verzichten, so wie es in Frankreich nicht üblich ist, das dualistische System der Aktiengesellschaft anzunehmen, da dort die „Tradition“ der „S.A“ mit einem „P.D.G“[2] verankert ist. Seinerseits würde Großbritannien durch ein Gesetz die Mitbestimmungspflicht für die englischen Gesellschaften, die über 500 Arbeitnehmer anstellen, nicht einführen. Wenn es kein wahrhaftiges „europäisches“ Gesellschaftsrecht besteht (kein gemeinsames Recht der Gesellschaftsstruktur und kein gemeinsames Recht der grenzüberschreitenden Operationen außer der Möglichkeit der Gründung einer Zweigniederlassung) trotzdem gibt es heute ein „gemeinsames“ Gesellschaftsrecht in der EU: Es geben gemeinsame Grundregeln wie z.B. über Nichtigkeitsgründe (EuGH, Marleasing[3]) und Publizität (erste Richtlinie) die Gründung der Aktiengesellschaft, Kapitalausstattung und Kapitalerhaltung ( zweite Richtlinie), Verschmelzungskriterien (dritte Richtlinie), Zuständigkeit der Vorstandsmitglieder, Beschränkung der Ausschüttungen auf den Bilanzgewinn. Es gibt aber keine einheitlichen Regeln über grenzüberschreitende Anerkennung der Gesellschaften, obwohl es eines der wichtigsten Aspekte der Förderung des europäischen Binnenmarkts darstellt. Deshalb hatte es der EuGH durch eine komplexe Rechtsprechung die Leitlinien der Auslegung der Niederlassungsfreiheit festzulegen und gleichzeitig Rücksicht auf das Entwicklungsgrad des europäischen Rechts zu nehmen. Letztlich musste das Gericht auch gewisse nationale Rechtstraditionen und Empfindlichkeiten schonen, um eine optimale Binnenmarktentwicklung zu verwirklichen
1.2.Sachlage im Hinblick auf der Gesellschaftsmobilität
Die ökonomische Entwicklung einer Wirtschaft ist im Hinblick auf die Mobilität ihrer Unternehmen zu bewerten. Die wirtschaftliche Entwicklung als solche war 57 aber kein Ziel des Romvertrags. Die Hauptidee der Gründer war „nur“ die Einheit des Binnenmarkts. Die Einheit ist durch einen freien Warenverkehr und die Zollunion (teilweise[4]) verwirklicht worden. Gleichzeitig ist es aber wichtig zusätzlich auch die Gesellschaftsmobilität zu sichern, um einen faktischeren Binnenmarkt für Dienstleistungen und Finanzprodukte zu schaffen und somit den Binnenmarkt optimieren. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig hauptsächlich die Niederlassungsfreiheit für Unternehmen in der ganzen EU zu gewährleisten, damit ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit durch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaften gesteigert wird. Durch freie Niederlassung kann eine optimale Implementierung von Produktionswesen gesichert werden und grenzüberschreitende Tätigkeiten effizienter und intensiver gefördert sein. Aber die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit ist nicht anspruchslos zwischen souveränen Staaten mit verschiedenen starken rechtlichen Traditionen, Staaten die ihre jeweiligen Interessen bewahren und an erster Stelle durchsetzen möchten. Es ist legitim, dass ein Staat Regeln erlässt, um seine eigene Wirtschaft zu bevorzugen. Dies führt aber zu Diskriminierung anderer EU-Wirtschaften und ihrer Gesellschaften.
1.3 Problemstellung
In der Abwesenheit eines einheitlichen europäischen Gesellschaftsrechts muss man sich für die Lösung eines grenzüberschreitenden gesellschaftsrechtlichen Problems heute auf die nationalen kollisions- und sachrechtlichen Normen beruhen, insofern diese das Gemeinschaftsrecht beachten. Wenn eine nationale kollisions- oder sachrechtliche Norm dem primären oder sekundären Gemeinschaftsrecht widerspricht, so ist sie unanwendbar. Für die grenzüberschreitende Sitzverlegung der Gesellschaften kommt es in Frage, ob die diversen nationalen Normen/ Doktrinen der durch Artt 43 und 48 EGV garantierte Niederlassungsfreiheit widersprechen. Das zentrale Problem bei der Sitzverlegung besteht in die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft. Manche Staaten bestimmen die Existenz der Rechtsfähigkeit der ausländischen Gesellschaften nach dem Recht des statutarischen Sitzes. Andere Staaten wenden die sogenannte Sitztheorie an, also es kommt zu der Anwendung des Rechts des tatsächlichen Sitzes der Gesellschaft. Wenn dieses Recht mit dem Gründungsrecht der Gesellschaft divergent ist, d.h. es zwingt zu zusätzlichen Regeln als Bedingung der Anerkennung der Gesellschaft, stellt sich die Frage, ob dadurch die Freiheit zur Niederlassung beeinträchtigt wird.
Beispiel : eine Gesellschaft Z wurde in England als plc rechtmäßig gegründet. Z hat 1 Euro Grundkapital, da dies nach englischem Recht möglich ist. Z möchte ihr Verwaltungssitz in Deutschland verlegen, da alle ihre Anteile von deutschen Staatsangehörigen erworben wurden. Deutschland macht die Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit aber von strengeren Regeln abhängig, wie z.B. ein höherer Betrag des Mindestkapitals und verweigert der Gesellschaft die Rechtsfähigkeit Ist die Nichtanerkennung der Gesellschaft eine gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit?
Die praktische Bedeutung solcher Kollisionsregeln wird angesichts häufiger Gesellschaftsgründungen in Steueroaseländer, Sitzverlegungen u grenzüberschreitenden Verflechtungen immer größer[5].
Art. 43 und 48 enthalten weder Bestimmungen über die Art und Weise der Anerkennung der ausländischen Gesellschaften im Inland, noch ob die Nichtanerkennung der Gesellschaft der Niederlassungsfreiheit widerspricht. Art. 43 i.V.m 48 besagen welche die Begünstigten der Niederlassungsfreiheit sind: die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben.
Folglich sind Satzungssitz, Hauptverwaltung und Hauptniederlassung auf demselben Plan gestellt, da die Anknüpfung alternativ ist. Um der Niederlassungsfreiheit zu bedürfen ist es nicht notwendig, dass Satzungssitz und Verwaltungssitz übereinstimmen. Andererseits kann man aus den Art. 43, 48 nicht behaupten, dass eine nationale Regelung, die zusätzliche Bedingungen für die Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft stellt oder sogar die Anerkennung der Gesellschaft durch die Anwendung des lex fori verweigert, der Art. 43 48 widerspricht.
In der Abwesenheit einer gemeinschaftsrechtlichen Anknüpfung wären also die Mitgliedstaaten in der Lage frei zu bestimmen, nach welchem Recht sie das Gesellschaftsstatut einer ausländischen Gesellschaft analysieren, und wenn das gewählte Recht (meistens das Recht des tatsächlichen Sitzes) die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft verweigert, ergibt sich Nichts aus den Art. 43 , 48 was dies europarechtswidrig erklären konnte.
Der Fall Überseering stellt ein wesentlicher aber auch komplexer Moment in der entzündeten Debatte über die Anwendung von Kollisionsnormen dar und hat ebenso wie die frühere Rechtsprechung des EuGH eine entzündete Diskussion über die Grenzen der Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftsmobilität aufgelöst.
Das Überseering- Urteil[6]bringt eine wesentliche Antwort zu dem grenzüberschreitenden Sitzverlegung- Problem, das bisher de lege lata nirgends geregelt ist, und zwar durch eine neue Auslegung über die Tragweite und Anwendungsmodalität der Artt. 43, 48 und die Anwendbarkeit des Art. 293 EGV. Es bringt die Antwort auf die Frage, ob die Nichtanerkennung einer Gesellschaft mit dem EG- Vertrag kompatibel ist und erregt eine Reflektion über die Lage insbesondere in Deutschland, wo die Nichtanerkennung der ausländischen Gesellschaften nicht nur eine juristische Regel, sondern eine wirtschaftspolitische Tradition darstellt.
Angesichts der Komplexität der Problematik und um den Kontext besser zu verstehen, sollen nachfolgend zunächst die wesentlichen Grundbegriffe, die gegenwärtige Konzeptionen über die Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts und die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit erläutert werden. Danach wird das Überseering- Urteil behandelt und versucht werden, seine Folgen zu schätzen.
2. Überblick über die rechtliche Terminologie im Zusammenhang mit der Niederlassungsfreiheit
2.1. Niederlassung- Niederlassungsfreiheit
Eine Niederlassung bedeutet, sich einer nationalen Wirtschaft integrieren. Im Vergleich zu Dienstleistungen- die eine Integrierung auf begrenzter Zeit darstellen-, ist die Niederlassung zeitlich unbegrenzt und effektiv implementiert[7]
Für die Gesellschaften gibt es zwei mögliche Integrationsmodalitäten: Nach Art. 43 I S 2 EGV behält die Gesellschaft ihre Niederlassung im Gründungstaat und gründet im Niederlassungsstaat eine Agentur, Zweigniederlassung oder eine Tochtergesellschaft- also eine sekundäre Niederlassung. Die zweite Variante wäre, dass die Gesellschaft den Staat ihrer Gründung verlässt und sich neu in den Niederlassungsstaat gründet[8]Diese Konstellation ist im Art. 48 S 1 EGV erwähnt, aber sehr unklar[9].
Die Zweigniederlassung ist die Niederlassung, von der aus Handelsgeschäfte z.T selbständig, z.T unselbständig ausgeführt werden. Die Zweigniederlassung hat keine eigene Rechtspersönlichkeit; sie ist räumlich von der Hauptniederlassung und von anderen Zweigniederlassungen getrennt; Wenn sich die Hauptniederlassung im Ausland befindet, so haben alle inländische Zweigniederlassungen. betreffenden Anmeldungen und Eintragungen beim Gericht der Zweigniederlassung. zu erfolgen (§§13 ff. , 13 d HGB)
Also das Unternehmen verändert nicht seinen Standort, sondern errichtet im Zielstaat lediglich „Hilfsstützpunkte“, „Antennen“. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Gesellschaft sich nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats schon gegründet hat und ihren Satzungssitz, Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft hat. Z.B. eine in der Schweiz gegründete Gesellschaft kann keine Zweigniederlassung in der EU errichten, sie muss sich in der Gemeinschaft neu gründen (oder beweisen können dass sie einen „lien effectif“ mit der Wirtschaft der EU hat)[10].
Nach Art. 43 II EGV ist die Niederlassungsfreiheit das Recht, sich in anderen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit niederzulassen, sowie das Recht auf Gründung und Leitung von Unternehmen nach den selben Bestimmungen die der Niederlassungsstaat für seine eigenen Angehörigen anwendet. Dies gilt sowohl für Personen als auch für Gesellschaften. Die Niederlassungsfreiheit ist nach ständiger Rechtsprechung der EuGH als Grundfreiheit angesehen[11]. Die Niederlassungsfreiheit ist eine unmittelbar anwendbare Freiheit und enthält in Nachahmung an die anderen Grundfreiheiten nicht nur ein Diskriminierungsverbot, sondern auch ein allgemeines Beschränkungsverbot.[12]D.h. dass Art. 43 EGV auch einer nichtdiskriminierenden Vorschrift entgegensteht, die geeignet ist, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit als Grundfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen einschließlich der Staatsangehörigen des Mitgliedstaats der die Regelung erließ, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen[13]
2.1.1. Anwendungsfeld ratione materiae
Nach dem Universalitätsprinzip, dürfen die Gesellschaften alle Tätigkeiten im wirtschaftlichen Bereich entfalten. Es gibt nur folgende Ausnahmen: Tätigkeiten die ständig oder gelegentlich in Verbindung mit der Ausübung der Staatsgewalt stehen (werden nur diejenigen Tätigkeiten ausgeschlossen und nicht das ganze Gewerbe- EuGH Reyners[14]), Tätigkeiten des staatlichen Monopols, Tätigkeiten die der Rat ausschließen könnte, Herstellung und Handel mit Waffen die nicht der Verteidigung geeignet sind. Schließlich könnten auch aus Gründen des ordre public und aus öffentlichen Sicherheits- und Gesundheitsgründen Aktivitäten ausgeschlossen werden[15].
Weiterhin sind auch Gesellschaften ausgeschlossen, die keinen Erwerbszweck verfolgen (Art. 48 II EGV.) Um die Anwesenheit eines Erwerbszwecks zu behaupten, kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeitet, sondern allein auf die Beteiligung am Wirtschaftsprozess[16].
Letztlich, wenn die Tätigkeit des Niederlassenden im Kapitaltransfer besteht, dann finden Art. 43 ff. EGV keine Anwendung, sondern als lex specialis die Bestimmungen über den Kapitalverkehr des Art. 56 ff. EGV.
2.1.2. Anwendungsfeld ratione personae
Die Begünstigten der Niederlassungsfreiheit sind gemäß Art. 43 I S 1 die Personen sowie laut Art. 48 S 2 EGV die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts. Hier werden auch Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit einbezogen (z.B. stille Gesellschaften deutschen Rechts, die niederländische Vennootschap onder firma, oder die italienische Societa Simplice)- Es ist das funktionale Unternehmen betroffen. Die Gesellschaften müssen die Voraussetzungen des Art. 48 S 1 EGV erfüllen, um sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen zu können. Diese Voraussetzungen sind die Angehörigkeit der Gesellschaft zu einem Mitgliedstaat, und ihre Ansässigkeit in der Gemeinschaft.
Die Angehörigkeit einer Gesellschaft zu einem Mitgliedstaat ist nach Art. 48 I EGV gegeben, wenn sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wirksam gegründet wurde. D.h. die Gesellschaft muss ihren Satzungssitz im Mitgliedstaat der Gründung haben und die Gründer müssen die Gesellschaft nach diesem Recht errichten und ihm den Gründungsvertrag unterstellen. Die Feststellung der Angehörigkeit bereitet keine Schwierigkeiten, weil, wie oben erwähnt, der Satzungssitz einer Gesellschaft leicht zu ermitteln ist.
[...]
[1] Gavalda Ch und G. Parleani, « Droit des affaires de l'Union européenne », 3° éd., Litec, 1999, n° 201 S. 119
[2]Président directeur général, der Chef des Vorstands
[3]EuGH 13.11.1990, Rs. 106/89, Slg. I- 4135, S 64, 108, 620
[4]„teilweise“ weil unserer Ansicht nach, ohne totale Gesellschaftsmobilität kein „perfekter“ einheitlicher Binnenmarkt vorliegt
[5] Koch/ Magnus/ Winkler von Mohrenfels; „ IPR und Rechtsvergleichung“ , 2.Aufl. München 1996, S 153- 168
[6]EuGH 5.11.2002- Rs. 208/00- Überseering BV./. Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC), IPRax 2003, 65 m. Anm. W.-H Roth, IPRax 2003, 117 ff.
[7]Factortrame, Urteil über den Merchant Shipping Act vom 1988, EuGH 19.06.1990, Slg. 1990, I-2433, S 93
[8]Diese ist die grenzüberschreitende Verlegung von Gesellschaften die unter die primäre Niederlassungsfreiheit fällt
[9]J-B Blaise, S.565
[10]J-B Blaise, S.568
[11]EuGH Kommission c / Deutschland 4.12.1986, 205/84, Slg. .3755 ; EuGH Gullung, 19.01.1988, 292/86, Slg..111, Deiniger, „Grenzüberschreitende Verlegung des Hauptverwaltungssitzes und der Geschäftsleistung von Kapitalgesellschaften“, 2001, S 9
[12]EuGH Klopp, 12.07.1984 Rs.107/83, Slg. 2971, S 563 EuGH Kraus, 31.03.1993, Rs. 19/92, Slg. I-1663, S 533
[13]EuGH Kraus, 31.03.1993 bestätigt durch EuGH Gebhard, 30.11.1995, Rs c- 55/94, Slg. 1995, I-4165, Deiniger, Grenzüberschreitende Verlegung des Hauptverwaltungssitzes und der Geschäftsleitung von Kapitalgesellschaften (...), GCA Verlag, Herdecke 2001, S 16
[14]EuGH , 21.06.1974, Rs. 2/74, Slg., 631, S. 46
[15]Art. 46 I EGV
[16]Everling, „Das Niederlassungsrecht in der europäischen Gemeinschaft“ DB 1990, S 1853 ff.
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