Innenfinanzierung durch Working Capital

Chancen und Risiken


Akademische Arbeit, 2009

42 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Working Capital Management
2.1. Definition und Einordnung
2.2. Cash Conversion Cycle
2.3. Ziele eines Working Capital Managements

3. Stellhebel des Working Capital Managements
3.1. Vorratsmanagement
3.2. Forderungsmanagement
3.3. Verbindlichkeitenmanagement

4. Steuerungsgrößen des Working Capital Managements

5. Auswirkungen eines Working Capital Managements
5.1. Direkte Auswirkungen
5.2. Indirekte Auswirkungen

6. Bestehende Gefahren und Spannungsfelder
6.1. Gratwanderung zwischen Liquidität, Rentabilität und Risiko
6.2. Das optimale Working Capital
6.3. Zielkonflikte im Working Capital Management

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis und weiterführende Literatur

1. Einleitung

Seit dem Jahr 2003 sind im 4. Quartal 2008 erstmals wieder die Unternehmensinsolvenzen angestiegen und Ausblicke für das Jahr 2009 bestätigen diesen Trend. Grund dafür wird neben Managementfehlern, vor allem in der Finanzierung gesehen.[1] Viele Unternehmen gehen für das Jahr 2009 von einer sich verstärkenden Kreditklemme bzw. von steigenden Kreditzinsen aus. Die Entwicklungen der letzten Jahre, mit einem steigenden Wettbewerb, neuen Anforderungen an die Kapitalbereitstellung durch Basel II und nicht zuletzt die aktuelle Finanzkrise haben Einfluss auf Zins- und Renditeforderungen bzw. auf die Bereitstellung von Krediten.

Die Finanzierung weiteren Wachstums, die Durchführung von Akquisitionen oder die Sicherung der Liquidität und Existenz, wird in Zukunft zunehmende Anforderungen an das Finanzmanagement eines Unternehmens stellen. Eine alternative Finanzierungsmöglichkeit kann dabei die Finanzierung von innen heraus sein. Gerade in der Innenfinanzierung stellt ein aktives Management des Working Capital ein in der Praxis vernachlässigtes Thema dar. Ziel ist, die Bindung des Arbeitskapitals (Working Capital), was sich aus Umlaufvermögen unter Abzug der kurzfristigen Verbindlichkeiten berechnet, zu optimieren. Dabei hat ein Management des Working Capital, welches sich mit der optimalen Ausrichtung des Working Capital beschäftigt, eine Doppelwirkung. Zum einen wird unmittelbar Liquidität freigesetzt, was Bilanzstrukturen und Unternehmenskennzahlen verbessert und so neue Wege zur Außenfinanzierung eröffnet. Zum anderen werden Prozesse im Unternehmen optimiert und effizienter gestaltet. Ein Working Capital Management ist aber kein neues Prinzip, sondern steht meist hinter anderen Unternehmenszielen, wie Rentabilität und Umsatz.

2. Working Capital Management

In diesem Kapitel erfolgt die Beschreibung des Working Capital (WC) und des Working Capital Managements (WCM). Neben der Begriffsbestimmung und der Abgrenzung wird die Eingliederung des Working Capital in den Geschäftszyklus von Unternehmen dargestellt. In den folgenden Kapiteln werden wesentliche Stellhebel, Steuerungsgrößen und der Nutzen eines WCM erläutert. Zuletzt wird das WCM noch kritisch betrachtet und Problemfelder aufgezeigt. Dadurch wird eine ausführliche Einführung in die Thematik des WC und WCM gegeben.

2.1. Definition und Einordnung

Working Capital

Ursprünglich stammt der Begriff Working Capital von einem in Amerika lebenden Händler, der als Old Yankee Peddler bezeichnet wurde. Dieser hatte einen Wagen (sein Anlagevermögen) der mit Waren (sein Umlaufvermögen) beladen war, welche er verkaufte und dabei übers Land zog. Sein Working Capital stellten die Waren dar, welche er vorher kaufte und mit Gewinn verkaufte.[2]

Die erste schriftliche Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen geht zurück auf das Jahr 1776 und dem Buch The Wealth of Nations von Adam Smith: „There are different ways in which capital may be employed[…] First,[…] circulating capitals. Secondly,[…] fixed capitals.”[3] Dewing unterschied später Anlagevermögen und Working Capital nach der Fähigkeit sich in liquide Mittel umzuwandeln.[4]

In der Finanzwirtschaft wird das Working Capital im Zusammenhang mit dem Umlaufvermögen und dem kurzfristigen Fremdkapital betrachtet und ist somit eine Kennzahl für die kurzfristigen Bilanzpositionen.[5] Umlaufvermögen wird definiert als „jene Güter, die im Betriebsprozess zum Umsatz bestimmt sind und sich beim normalen Ablauf der Geschäftstätigkeit kurzfristig in flüssige Mittel verwandeln lassen.“[6] Das Umlaufvermögen ist in Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere und liquide Mittel untergliedert.[7] Kurzfristige Verbindlichkeiten werden als Verpflichtungen eines Unternehmens bezeichnet, mit einer Restlaufzeit von kleiner 1 Jahr.[8] Für die Betrachtung des WC werden nur Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung (LuL) herangezogen.[9] Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen und Anzahlungen auf Lieferungen müssen in die Berechnung des WC mit einbezogen werden. Daraus ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des (Net) Working Capital. (siehe Abb. 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Berechnung des (Net) Working Capital[10]

In der Literatur jedoch existieren verschiedene Bezeichnungen, wie Net Working Capital, Gross Working Capital und Working Capital. Gross Working Capital wird dabei meist als gesamtes Umlaufvermögen bezeichnet.[11] Meyer fügt dazu an, dass einige Autoren gar keine Unterscheidung zu Gross Working Capital vornehmen, sondern lediglich beim Betrachten des Umlaufvermögens von dem Begriff Working Capital ausgehen.[12] In dieser Arbeit wird Gross Working Capital mit dem Umlaufvermögen gleichgesetzt. Die Mehrzahl der Autoren versteht allerdings unter WC die Differenz aus Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten.[13] Firth spricht dazu vom Working Capital als „general term“[14] Die Kennzahl Net Working Capital wird in der Literatur hingegen einheitlich als Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten definiert.[15] Für diese Arbeit wird der Begriff Working Capital als Oberbegriff verwendet und ist gleichzusetzen mit dem Net Working Capital. Den Zusammenhang zwischen der Aktiv- und Passivseite der Bilanz zur Bestimmung des WC stellt die folgende Grafik dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Working Capital in der Bilanz[16]

In der deutschen Literatur wird der Begriff WC mit Betriebskapital oder Arbeitskapital bezeichnet.[17] Größtenteils wird jedoch der angloamerikanische Begriff Working Capital verwendet, welcher auch in dieser Arbeit weiter benutzt wird.

Ertl erläutert die Unterscheidung zwischen positivem und negativem WC. Ein positiver Überschuss weist auf eine Deckung aller kurzfristigen Verbindlichkeiten hin. Negatives Working Capital zeigt im Allgemeinen, dass das Umlaufvermögen nicht ausreicht um kurzfristige Verbindlichkeiten zu decken und sich somit existenzgefährdend auswirken kann. Unternehmen mit einer großen Marktmacht und schnellem Umschlag der Güter, können durchaus auch ein negatives Working Capital haben. In diesem Fall werden die Waren schneller verkauft, als dass diese beim Lieferanten bezahlt werden müssen.[18]

Working Capital Management

Zum Working Capital Management besteht keine einheitliche Definition. Smith, einer der bedeutendsten Autoren auf diesem Gebiet, definiert WCM wie folgt: „Working capital management is concerned with the problems that arise in attempting to manage the current assets, the current liabilities, and the interrelationships that exist between them.“[19] Im Eigentlichen liegt der Definition zugrunde, dass ein Unternehmen sein WC, genauer gesagt das Umlaufvermögen und die kurzfristigen Verbindlichkeiten, nicht effizient genug steuert und deshalb Anhaltspunkte zur Verbesserung bestehen. Weiterhin weisen Smith und auch andere Autoren darauf hin, dass hier nicht nur die einzelnen Komponenten betrachtet werden müssen, sondern Verknüpfungen und Wechselwirkungen eine wichtige Rolle spielen.[20]

Scherr erklärt, dass in einer perfekten Welt keine Notwendigkeit für Working Capital bzw. Forderungen und Verbindlichkeiten besteht. In der realen Welt gibt es Unsicherheiten über die Komponenten Nachfrage, Absatz, Preis und die Verfügbarkeit der eigenen Produkte und Lieferanten. Durch diese Umstände werden Forderungen und Verbindlichkeiten und somit ein WCM erst notwendig.[21] Metha baut darauf auf und ergänzt, dass ein WCM von den 3 Basisaktivitäten (Produktion, Vertrieb und Einkauf) abhängt. Dabei geht er davon aus, dass diese nicht miteinander verzahnt und nicht synchronisiert sind, und damit Vorräte erst notwendig werden.[22] Augrund dieser Problematiken sollten die Komponenten Vorräte, Forderungen und Verbindlichkeiten, welche ein WC bestimmen, überwacht und optimiert werden. Ein WCM lässt sich deshalb in die drei Stellhebel Forderungsmanagement, Vorratsmanagement und Verbindlichkeitenmanagement unterteilen (siehe Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Stellhebel des Working Capital Management

Viele Autoren bescheinigen dem WCM eine große Bedeutung im Unternehmen. Hampton bringt dies auf den Punkt: „the management of working capital is one of the most important areas in determining whether a firm will be successful.“[23]

Obwohl die meisten dieser Definitionen und Abgrenzungen aus dem englischsprachigen Raum stammen, hat sich auch die deutsche Literatur in den letzten Jahren diesem Thema angenommen. Allerdings gibt es nur wenige, die das WCM direkt definieren. Eine zutreffende Definition ist die folgende: „Das Working Capital Management (WCM) umfasst alle Maßnahmen, die einem Unternehmen dazu dienen, die Kapitalbindung im Umlaufvermögen zu reduzieren.“[24] Die deutsche Literatur betrachtet das Working Capital Management in aller erste Linie rein finanzwirtschaftlich und vor allem in Verbindung mit dem Liquiditätsmanagement.[25] Unverständlich ist dies dahingehend, da ein WCM nicht nur Liquiditätsziele betrachtet, sondern auch weitreichendere Auswirkungen hat.

Einordnung in die Unternehmensfinanzierung

In der Unternehmensfinanzierung können Finanzierungsmöglichkeiten unter anderem nach der Mittelherkunft eingeordnet werden. Dabei ist zwischen Außen- und Innenfinanzierung zu unterscheiden. Beide dienen der Bereitstellung liquider Mittel für das Unternehmen. Die Innenfinanzierung nutz jedoch liquide Mittel, die aus Prozessen im Unternehmen freigesetzt wurden. Diese können aus Umsatzprozessen oder aus Vermögensumschichtungen gewonnen werden.[26] Die Literatur ist bei der Untergliederung der Innenfinanzierungsformen nicht eindeutig. Zumeist werden jedoch in diesem Zusammenhang Rationalisierungsmaßnahmen betrachtet.[27] Eilenberger geht explizit darauf ein, in dem er behauptet, dass eine „derartige Finanzierungen durch Rationalisierung Gegenstand des Working-Capital-Management,[...]ist.“[28] Andere Autoren verweisen in diesem Zusammenhang auf Maßnahmen in der Beschaffung, Produktion und beim Absatz,[29] welche dem WCM zugeordnet werden können. Im Wesentlichen beabsichtigen Rationalisierungsmaßnahmen gleiche Leistungen mit einem geringeren Einsatz an Produktionsmitteln zu erzielen. Dadurch werden Finanzmittel freigesetzt, welche für andere Zwecke genutzt werden können. Genau hier ist das WCM einzuordnen und kann durch eine Optimierung der Forderungen, Vorräte und Verbindlichkeiten gebundenes Kapital freisetzen.[30] Deshalb kann behauptet werden, dass ein WCM einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Innenfinanzierung des Unternehmens leistet. Eine übersichtliche Einordnung des WCM in die Innenfinanzierung von Unternehmen bietet die folgende Abbildung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Einordnung des WCM in die Innenfinanzierung

2.2. Cash Conversion Cycle

Durch den Geschäftszyklus (engl. operation cycle) von Unternehmen kann das WC, das WCM und der Zusammenhang zwischen den einzelnen WC Komponenten besser betrachtet werden.[31] Bischoff bezeichnet den Geschäftszyklus sogar als „Grundbedingung des Working capital“[32] Der Geschäftszyklus an sich wird auch als „flow concept of liquidity“[33] bezeichnet. Dieser betrachtet im Unternehmen den Vorgang von Materialeinkauf und -bezahlung über Fertigung bis zum Verkauf und Zahlungseingang vom Kunden.[34] Die folgende Abbildung stellt diesen Prozess dar.

[...]


[1] Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Insolvenzwelle, 2008, S. 15.

[2] Vgl. Guserl, Vernachlässigte Innenfinanzierung, 1994, S. 728.

[3] Smith, Wealth of Nations, 1986, S. 374.

[4] Vgl. Dewing, Financial Policy, 1926, S.262.

[5] Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, 1999, S. 534.

[6] Boemle,/Stolz, Instrumente, 2002, S. 43.

[7] Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss, 2005, S. 130 f.

[8] Vgl. Coenenberg, Jahresabschluss, 2005, S. 373 ff.

[9] Vgl. Sasse/Weber, Working-Capital-Management, 2004, S. 812.

[10] Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Sasse/Weber, Working-Capital-Management, 2004, S.812.

[11] Vgl. Firth, Management of Working Capital, 1976, S. 1; Vgl. dazu auch Brigham/Campsey, FinancialManagement, 1989, S. 216.

[12] Vgl. Meyer, Unternehmenswert, 2007, S. 25.

[13] Vgl. Bischoff, Cash Flow und Working Capital, 1972, S. 79; Vgl. dazu auch Klepzig, Cash Flow; 2008, S. 16; Vgl. dazu auch Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, 1999, S. 534.

[14] Firth, Management of Working Capital, 1976, S. 1.

[15] Vgl. Ross/Westerfeld/Jaffe/Jordan, Modern Financial Management, 2008, S. 3; Vgl. dazu auch Firth, Management of Working Capital, 1976, S. 1; Vgl. dazu auch Brigham/Campsey, Financial Management, 1989, S. 216.

[16] Quelle: Meyer, Unternehmenswert, 2007, S. 25.

[17] Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, 1999, S. 147; dazu auch Vgl. Ertl, Cashflow-Management,2004, S. 129.

[18] Vgl. Ertl, Cashflow-Management, 2004, S. 130; Vgl. dazu auch Klepzig, Cash Flow; 2008, S.16.

[19] Smith, An Overview; 1974, S. 5.

[20] Vgl. Scherr, Modern Working Capital Management, 1989, S. XI.

[21] Vgl. Scherr, Modern Working Capital Management, 1989, S. 2 f.

[22] Vgl. Metha, Management; 1974, S. 3.

[23] Hampton/Wagner, Working Capital Management II, 1989, S. 3.

[24] BayernLB/F.A.Z. Institut, Managementkompass, 2007, S. 5.

[25] Vgl. Ertl, Cashflow-Management, 2004; Vgl. dazu auch Seethaler/Steitz, Praxishandbuch, 2007; Vgl. dazu auch Klepzig, Cash Flow; 2008.

[26] Vgl. Becker, Investition, 2007, S. 211.

[27] Vgl. Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, 1999, S. 465; Vgl. dazu auch Eilenberger, BetrieblicheFinanzwirtschaft, 1997, S. 279 f.; Vgl. dazu auch Becker, Investition, 2007, S. 239.

[28] Eilenberger, Betriebliche Finanzwirtschaft, 1997, S. 279 f.

[29] Vgl. Becker, Investition, 2007, S. 239; Vgl. dazu auch Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft, 1999, S. 465.

[30] Vgl. Guserl, Vernachlässigte Innenfinanzierung, 1994, S. 169.

[31] Vgl. Firth, Management of Working Capital, 1976, S. 5.

[32] Bischoff, Cash Flow und Working Capital, 1972, S. 80.

[33] Richards/Laughlin, Cash Conversions Cycle, 1980, S. 33.

[34] Vgl. Sasse/Weber, Working-Capital-Management, 2004, S. 813.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Innenfinanzierung durch Working Capital
Untertitel
Chancen und Risiken
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
42
Katalognummer
V283822
ISBN (eBook)
9783656833581
ISBN (Buch)
9783656906643
Dateigröße
930 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Working Capital, Innenfinanzierung, Finanzkrise
Arbeit zitieren
Sebastian Witzig (Autor:in), 2009, Innenfinanzierung durch Working Capital, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283822

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