Schlanke Prinzipien und Methoden im Anlaufmanagement

angewandt auf das Produkt der eROCKIT GmbH


Diplomarbeit, 2013

140 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen des Anlaufmanagements
2.1. Bedingungen des globalen Marktes
2.1.1. Treiber und Wandel in der industriellen Produktion
2.1.2. Folgen der wertorientierten Gestaltung
2.1.3. Schlankes Management
2.1.4. Ganzheitliche Produktionssysteme
2.1.5. Zentrale Bedeutung der Logistik
2.2. Anlaufmanagement
2.2.1. Definition des Anlaufmanagements
2.2.2. Projektcharakter und Komplexität
2.2.3. Zeitliche Abgrenzung
2.2.4. Zielsetzung für den Serienanlauf
2.2.5. Das integrierte Anlaufmanagementmodell
2.3. Integration schlanker Prinzipien und Methoden in das Anlaufmanagement
2.3.1. Der Lean Ramp-up Ansatz
2.3.2. Das Lean Launch Management
2.3.3. Weitere Ansätze
2.4. Start-up-Unternehmen
2.5. Forschungsfrage

3. Die Fortentwicklung des theoretischen Ansatzes vom Anlaufmanagement
3.1. Das Anlaufmanagement von KMU
3.2. Vergleich der Ansätze zur Implementierung schlanker Methoden in das Anlauf-management
3.3. Die Fortentwicklung des integrierten Anlaufmanagementmodells
3.3.1. Einbeziehung des Lean Ramp-Up Ansatzes
3.3.2. Personalmanagement
3.3.3. Bedeutung der Informationstechnologien
3.3.4. Frühzeitige Integration von Marketingmaßnahmen
3.4. Entwicklung des Anlaufmanagementkonzepts

4. Das Start-up-Unternehmen eROCKIT
4.1. Firmenprofil
4.2. Das Produkt eROCKIT
4.2.1. Technische Beschreibung des eROCKITS
4.2.2. Von der Innovation zum Prototyp
4.3. Unternehmensanalyse und -situation
4.4. Das Marktsegment emobility und die Positionierung des eROCKIT

5. Anwendung des Anlaufmanagementkonzepts auf eROCKIT
5.1. Vorgehen und Methodik
5.2. Anlaufstrategie und -steuerung
5.2.1. Ziele für den Serienanlauf
5.2.2. Steuerung des Serienanlaufs
5.2.3. Das Rollenmodell
5.3. Vorbereitung der Serienproduktion
5.3.1. Erstellung der Stückliste
5.3.2. Strukturierung der Prozessschritte
5.4. Anlauforganisation
5.4.1. Personal
5.4.2. IT-Systeme und Prozesse
5.5. Lieferantenmanagement
5.5.1. Integration und Kooperation
5.5.2. Priorisierung und Standardisierung
5.5.3. Reaktionsfähigkeit und Flexibilität
5.6. Logistikmanagement
5.6.1. Zulieferlogistik
5.6.2. Qualitätsmanagement
5.6.3. Distributionslogistik
5.6.4. Abfallbeseitigung und Recycling
5.7. Produktionsmanagement
5.7.1. Der Herstellungsprozess
5.7.2. Zeitplanung für den Fertigungs- und Montageprozesses
5.7.3. Die Intralogistik
5.7.4. Fertigungs- und montagegerechte Prozessplanung
5.7.5. Fertigungs- und Montagekonzept
5.7.6. Produktionsplanung und -steuerung
5.8. Änderungsmanagement
5.9. Kostenmanagement
5.9.1. Finanzwesen im Start-Up-Unternehmen
5.9.2. Kostenstruktur
5.10. Marketing und Kundenbetreuung
5.11. Empfehlungen von schlanken Maßnahmen für eROCKIT

6. Schlussbetrachtung
6.1. Zusammenfassung
6.2. Ausblick

A. Anhang - Zentrale Dokumente

Abbildungsverzeichnis

2.1. Kerngedanken des Lean Manufacturing i. A. a. Westkämper

2.2. Varianten des Serienanlaufs nach Laick

2.3. Rolle des Anlaufmanagements im Produktionshochlauf i. A. a. Kuhn

2.4. Das integrierte Anlaufmanagementmodell nach Schuh, Stölzle, Straube

2.5. Der Einfluss des Anlaufmanagements auf die Anlaufkurve

2.6. Übertragung des GPS Ordnungsrahmens auf den Serienanlauf i. A. a. Dombrow-ski und Hanke

2.7. Timing-Strategien im Serienanlauf und deren Priorisierung in den Zieldimensio-nen Qualität, Kosten und Zeit nach Duggan

2.8. Der Ordnungsrahmen des Lean Ramp-up Ansatzes

2.9. Matrix bestehend aus Handlungs- und Gestaltungsfeldern des Lean Ramp-up An-satzes nach Dombrowski und Hanke

2.10. Zielerreichungspfad für die Kernkompetenz Anlaufmanagement nach Scholz-Reiter und König

4.1. Das eROCKIT

5.1. Der Serienanlauf der eROCKIT GmbH mit den vier Gates

5.2. Die Erzeugnisstruktur des eROCKIT

5.3. Der Herstellungsprozess des Fahrzeugrahmens als Bottleneck der Produktion des eROCKIT mit dem OPP, der den Beginn des kundenspezifischen Auftrags markiert

5.4. Der Herstellungsprozess des eROCKIT vom Einkauf bis zur Auslieferung an den Kunden

5.5. Die Intralogistik bei eROCKIT: Das Hallenlayout und logistisches Konzept von der Warenannahme bis zur Bauteilversorgung der Arbeitsplätze

5.6. Der Produktionsprozess des eROCKIT mit den abhängigen Zuordnungen von Fertigungs-, Bau- und Montagegruppen

5.7. Ältere Kostenstruktur mit den Material- und Arbeitskosten eines eROCKIT

5.8. Maßnahmen und schlanke Methoden im Anlaufmanagement des eROCKIT

A.1. Die sieben Verschwendungsarten nach Toyota

A.2. Handlungs- und Gestaltungsfelder im Lean Ramp-up nach Dombrowski und Hanke

A.3. Schwerpunkte des First-Mover im Lean Ramp-up nach Dombrowski und Hanke

A.4. Schwerpunkte des Follower bei einer angestrebten Kostenführerschaft im Lean Ramp-up nach Dombrowski und Hanke

A.5. Schwerpunkte des Follower bei einer angestrebten Qualitätsführerschaft im Lean Ramp-up nach Dombrowski und Hanke

A.6. Die benötigten Zeiten der Fertigungs-, Baugruppen- und Endmontageschritte für die Produktion des eROCKITs

A.7. Der Fertigungs- und Montageprozess des eROCKIT mit den vier Arbeitsplätzen in der Produktion

A.8. Regallayout im Fertigungsbereich

A.9. Regallayout der Baugruppenmontage Arbeitsbereich und C-Teile

A.10.Regallayout der Baugruppenmontage Fachregal

A.11.Regallayout der Baugruppenmontage Kanbanregal

A.12.Regallayout der Baugruppenmontage Kanbanregal

A.13.Regallayout der Endmontage Fachregal

A.14.Regallayout der Endmontage Fachregal

A.15.Regallayout der Elektronikbauteile

A.16.Beispiel einer Arbeitsanweisung für den Dämpfer im Arbeitsvorgang B3 der Baugruppenmontage

A.17.Zeitverlauf wissenschaftlicher Arbeiten im Bereich des Anlaufmanagements

A.18.Technische Zeichnung des eROCKIT

Tabellenverzeichnis

3.1. Das entwickelte Anlaufmanagementkonzept im Rahmen des integrierten Anlauf- managementmodells nach Schuh, Stölzle und Straube mit den Handlungs- und Gestaltungsfeldern nach Dombrowski und Hanke

5.1. Das Rollenmodell im Serienanlauf und die Unternehmensbereiche bei eROCKIT

5.2. Auszug aus der Strukturstückliste des eROCKIT

5.3. Gliederung des eROCKIT in Fertigungs- und Montagegruppen sowie die Unter- scheidung von Baugruppen- und Endmontage

5.4. Das Kommunikationsmodell mittel Hilfe kontinuierlicher Meetings

5.5. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder bei der Personal- und Arbeitsorganisation

5.6. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder der IT-Systeme und Prozesse

5.7. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder bei Einkaufs- und Dispositionsprozessen

5.8. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder für Logistikprozesse und das Qualitätsma-nagement

5.9. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder für Gebäude, Layout und Arbeitsplätze

5.10. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder bei Fertigungs- und Montageprozessen

5.11. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder bei Fertigungs- und Montagemitteln

5.12. Schwerpunkte der Gestaltungsfelder bei der Produktionsplanung und -steuerung

A.1. Die 14 TWMPS (Toyota Way Management Principles) im Rahmen des 4P Mo- dells nach Liker

A.2. Gestaltungsprinzipien und Methoden des GPS sowie deren Potentialbewertung im Wirkungsdreieck von Qualität, Kosten und Zeit

Bernhard Glatzel

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Glossar

Bullwhip-Effekt Beschreibt das Phänomen, dass sich Nachfrageschwankungen in Lieferketten verstärken, je weiter die Partner einer Lieferkette vom Endkunden entfernt sind - Seite 71

C-Teile Die Produktklassifizierung in sogenannte A-, B- und C-Teile gibt die Warenbedeutung innerhalb eines Betriebes an, wobei C-Teile Güter geringen Warenwertes darstellen, z. B. Schrauben und Muttern - Seite 82

Crowdfunding Beschreibt die finanzielle Mittelbeschaffung für ein Projekt durch eine Vielzahl von kleinen finanziellen Beiträgen. Jeder Interessierte kann das Projekt finanziell unter- stützen und erhält für den Beitrag eine Gegenleistung in Form von Zinsen oder einer Prä- mie. Für die Abwicklung der Projektdarstellung und der Finanztransaktionen haben sich Crowdfunding-Plattformen etabliert - Seite 93

Digitale Fabrik Ist Oberbegriff für digitale Modelle, Methoden und Werkzeuge bei der Fabrik- planung. Diese sind u. a. Simulation und 3D-Visualisierung, die durch ein durchgängiges Datenmanagement integriert werden. Ziel ist eine Planung, Evaluierung und Verbesserung von Strukturen, Prozessen und Ressourcen der realen Fabrik durch vorzeitige ganzheitliche digitale Abbildung - Seite 8

EMV Die elektromagnetische Verträglichkeit beschreibt die Notwendigkeit, dass technische Ge- räte einander nicht durch ungewollte elektrische oder elektromagnetische Effekte störend beeinflussen - Seite 50

ERP Enterprise Resource Planning Systeme beschreiben eine betriebswirtschaftliche Standard- software, mit der sich Aufgaben aus den verschiedene Bereichen eines Unternehmens (Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Anlagenwirtschaft, Personalwesen, Finanz- und Rech- nungswesen) IT-gestützt bearbeiten lassen. Die Module sind über eine gemeinsame Daten- basis miteinander verbunden - Seite 65

Firmen-Wiki Ein Wiki ist eine Webseite, deren Inhalte von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern direkt im Webbrowser geändert werden können. Diese Eigenschaft wird durch ein vereinfachtes Content-Management-System (CMS), die sogenannte Wiki-Software bereit- gestellt - Seite 63

First-Mover Unter dem First-Mover versteht man die Markteintrittsstrategie, bei der das Un- ternehmen als Pionier mit einem neuen Produkt am Markt erscheint. Dies kann entweder durch eine Produktinnovation geschehen oder durch ein bereits etabliertes Produkt, das in einem neuen Markt eingeführt wird - Seite 2, 3, 25

Frontloading Beschreibt zum einen die frühzeitige und abgesicherte Beurteilung von Funktio- nalität, Qualität und Kosten von Produkt und Prozess. Zum anderen wird ein möglichst spätes „Einfrieren“ des Gesamtfahrzeugkonzeptes angestrebt, um möglichst lange für Än- derungen der Kundenanforderungen am Markt offen zu sein - Seite 22

Genussrechte juristischer Begriff aus dem deutschen Schuldrecht. Ein Genussschein ist eine Anlageform, die z. B. Rechte am Reingewinn einer Gesellschaft übergibt oder Zinsen an den Kapitalgeber zahlt. Das Stimmrecht ist dabei immer ausgeschlossen - Seite 93

Gestaltungsprinzipien Allgemein ist ein Prinzip ein Gesetz, das anderen Gesetzen übergeord- net ist. Ein Gestaltungsprinzip fasst dabei inhaltlich ähnliche oder verknüpfte Methoden und Werkzeuge zusammen - Seite 8

GPS Ein ganzheitliches Produktionssystem bildet ein unternehmensspezifisches, methodisches Regelwerk für die kontinuierliche Ausrichtung sämtlicher Unternehmensprozesse am Kun- den, um die von der Unternehmensführung vorgegebenen Ziele zu erreichen - Seite 2, 8

Just-in-Time JIT bezeichnet ein Organisationsprinzip, bei dem nur das Material in der Stück- zahl und zu dem Zeitpunkt produziert und geliefert wird, wie es zur Erfüllung des Kunden- auftrags benötigt wird - Seite 21

Kammlinie wird als eine vom Unternehmen festgelegte Outputhöhe definiert und stellt das Ende des Serienanlaufs dar, bei dem die Produktionsanlage 100% der geplanten Ausbringungs- menge produziert - Seite 12

KMU Die Kommission der Europäischen Union definiert kleine und mittlere Unternehmen (KMU) durch die Anzahl der Beschäftigen <250 und den jährlichen Umsatzerlös < 50 Mio. e - KVP Der kontinuierliche Verbesserungsprozess ist die Übersetzung des japanischen Wortes Kaizen und bezeichnet das Prinzip, der ständigen Suche nach Ursachen von Problemen, um alle Systeme von Produktion und Dienstleistung sowie alle anderen Aktivitäten im Un- ternehmen ständig und immer weiter zu verbessern - Seite 6, 9

Methoden Beschreiben ein standardisiertes Vorgehen, das einem Gestaltungsprinzip zugeord- net ist und zur Erreichung von Unternehmenszielen eingesetzt wird - Seite 8

Milkrun-Prozess Bzw. -Zyklus beruht auf der Grundidee, dass nur das Material in der Menge wieder aufgefüllt wird, wie es verbraucht worden ist. Der Wiederbeschaffungszyklus und die Route sind im Vorfeld festgelegt - Seite 82

One-piece-flow Ist die Grundlage des Fließprinzips und beschreibt die sofortige Weitergabe eines Werkstücks nach der Bearbeitung an den nächsten Prozess, um dort bearbeitet zu werden (Arbeitstaktung). Es existieren keine Puffer zwischen den Arbeitsschritten - Seite 77

Operational Excellence Wird definiert als das allumfassendste Optimierungsprogramm für das Unternehmen, welches alle Prozesse auf Kundenbedürfnisse, Qualität und Effizienz ausrichtet - Seite 32

OPP Der Order Penetration Point bezeichnet den Zeitpunkt in der Prozesskette bei dem ein kundenspezifischer Auftrag erfasst wird. Bis zum OPP ist die Produktion keinem konkreten Kunden zugeordnet und basiert auf reinen Absatzprognosen (Push-Prinzip). Ab dem OPP bestimmt ein kundenspezifischer Auftrag den weiteren Prozess in der Supply Chain (Pull- Prinzip) - Seite 72, 73

PDCA-Zyklus Beschreibt den Problemlösungsprozess aus dem QM und beschreibt die Phasen Plan (Planen - erkennen von Verbesserungspotentialen), Do (Tun - Ausprobieren und Op- timieren des Konzeptes), Check (Überprüfen - bei Erfolg als Standard freigeben) und Act (Verbesserung - Einführen auf breiter Front) - Seite 92

PEP Der Produktentstehungsprozess beschreibt alle Arbeitsabläufe von der Idee zu einem neu- en Produkt bis hin zu dessen Verkauf. Der PEP vollzieht sich in drei Stufen: Die Ideen- und Konzeptionsphase, Produktentwicklung und Herstellungsprozess. Dem PEP folgt der Produktentsorgungsprozess - Seite 2, 14

QFD Quality Function Deployment unterstützt die gesamte Produktentwicklung in dem die Kundenanforderungen identifiziert, gewichtet und gemessen werden. Es handelt sich um eine teamorientierte Methode, die den Entwicklungsprozess begleitet und Kundenanforde- rungen umsetzt - Seite 95

Resource-based View Der RBV gehört zum strategischen Management und ist eine Betrach- tungsart des Unternehmens, bei der dessen Ressourcen in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Einzigartigkeit der Ressourcen oder deren Kombination ermöglichen es dem Unter- nehmen, einen Wettbewerbsvorteil zu generieren - Seite 41

ROI Return on Investment gibt das Verhältnis zwischen Gewinn und investiertem Kapital an - Seed-Investment Das Seed-Investment (Seed ist die Englische Bezeichnung für Saatgut) ge- hört mit zum Risikokapital und damit zum außerbörslichen Beteiligungskapital und ist als besonders riskant einzuordnen - Seite 34

Simultaneous Engineering SE, auch als Concurrent Engineering bezeichnet ist die überlap- pende bzw. simultane Bearbeitung von Aufgaben durch interdisziplinäre Arbeitsgruppen. Das Ziel ist die Time-to-Market zu reduzieren, die Entwicklungs- und Herstellkosten zu senken und die Produktqualität zu verbessern - Seite 22

SMED Single Minute Exchange of Die bzw. Rüstzeitreduzierung, ist eine systematische Vorge- hensweise zur Verringerung der Rüstzeiten einer Maschine - Seite 29

Stage-Gate Prozess Der Stage-Gate Prozess von Cooper beschreibt den Innovationsprozess, der in Phasen (Stages) unterteilt wird, die durch Tore (Gates) getrennt sind. Bei den Gates werden die Projekte geprüft und es wird entschieden, ob sie in die nächste Phase gelangen oder nicht - Seite 14

Target-Costing Auch Zielkostenmanagement genannt ist ein Verfahren der Kostenplanung, das sich auf die frühen Phasen im integrierten Produktlebenszyklus konzentriert und bereits in der Entwicklungsphase eines Produktes versucht Einsparungspotenziale zu realisieren. Der Preis des Produktes sowie die von den Kunden gewünschten Produktmerkmale bestimmen die Kostenstruktur - Seite 32

Tier-N Bezeichnet einen Lieferanten in der Zulieferpyramide eines Unternehmens. Die Zahl gibt an, welche Stelle der Lieferant innerhalb der Zulieferpyramide hat, wobei der Tier-1 den nächst wichtigen Systemlieferanten darstellt - Seite 10

Time-to-Customer Bezeichnet die Dauer des Produktions- und Vertriebsprozesses, d. h. die Zeit, die von Produktionsbeginn (Auslösung der kundenindividuellen Produktion) bis zur Auslieferung an den Kunden vergeht - Seite 11, 69, 71

Time-to-Market Beschreibt die Zeitspanne von der Idee für ein Produkt bis zu dessen Marktein- führung - Seite 11

TPS Toyota-Produktionssystem ist ein integriertes sozio-technisches System, das die schlanke Management-Philosophie, Prinzipien und Methoden beinhaltet - Seite 3

Wertstromdesign Value Stream Design (VSD) gehört mit zum Werstrommanagement und ent- wickelt in diesem Prozess einen verbesserten und kundenorientierten Material- und Infor- mationsfluss vom Lieferanten bis zum Endkunden. Es wird so der Wertstrom gestaltet, bei dem die nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten eliminiert werden - Seite 32

Wirkungsdreieck Auch Spannungsdreieck genannt, beschreibt das Spannungsfeld von gleich- berechtigten und grundlegenden Unternehmenszielen der Qualität, Kosten und Zeit - Seite 9, 14

1. Einleitung

Die heutige Marktwirtschaft ist geprägt durch globalisierte Märkte, eine steigende Komplexität von Produkten und Dienstleistungen und eine zunehmende Kundenorientierung bei der Wert- schöpfung. Produzierende Unternehmen müssen den Wertschöpfungsprozess optimieren, Inno- vationen voran treiben und diese mit einer geringen Time-to-Market und hoher Qualität auf den Markt bringen. Die Dynamik im Wettbewerb und externe Treiber erzeugen für Unternehmen ein Spannungsfeld aus Fokussierung auf die Kernkompetenz und Flexibilität am Markt.

In dieser Situation hat sich der Lean Production Ansatz für die effiziente Gestaltung von Produktionsprozessen durchgesetzt. Dabei heisst Lean (schlank), Werte ohne Verschwendung zu schaffen. In der Automobilindustrie hat das weiterentwickelte Lean Management über Jahrzehnte zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil geführt. Nach diesem Erfolg findet heute die Ausweitung des Lean Thinking auf andere Branchen im großen Umfang statt. Schlanke Produktionen setzen in immer stärkerem Ausmaß auf die Zulieferung von vorgefertigten Teilen und Baugruppen. So gewinnt das Logistikmanagement zunehmend an Bedeutung.

Start-up-Unternehmen können mit innovativen Produkten Marktnischen besser als die Marktführer besetzen. Allerdings sehen sie sich vor die große Herausforderung gestellt, ihren Markteintritt als Gründerunternehmen mit minimalen Ressourceneinsatz erfolgreich zu gestalten.

Für die Einführung eines innovativen Produktes am Markt liefert eine geringe Time-to-market entscheidende Wettbewerbsvorteile. Eine Verkürzung der Time-to-Market kann durch einen ef- fizienten Serienanlauf erreicht werden. Dies ist Aufgabe des Anlaufmanagements (Ramp-up- Management), das hierfür einen Rahmen aufspannt, der vom Prototyp bis zur Serienproduktion reicht.

Hier tun sich zwei Fragestellungen auf: Wie können schlanke Methoden, die sich in der Produk- tion bewährt haben, auch im Anlaufmanagement verankert werden? Wie kann die Theorie des Anlaufmanagements an die speziellen Bedürfnisse von Start-up-Unternehmen angepasst wer- den? Bei Start-up-Unternehmen läuft nicht nur die Produktion an, sondern das gesamte Unter- nehmen.

2. Grundlagen des Anlaufmanagements

Innovationen sind der wesentliche Treiber für Unternehmen, die sich am globalen Markt behaup- ten wollen. Um ihre neuen Produkte am Markt durchsetzen zu können, müssen Unternehmen die- se Produkte nicht nur qualitativ gut und kostengünstig herstellen, sondern bei deren Herstellung, Produktion und Vermarktung auch die Bedingungen des globalen Marktes berücksichtigen.

Die Entwicklung der Realwirtschaft ist anhaltend geprägt durch Beschleunigung und Kostendruck. Immer kürzere Produktlebenszyklen, die dem Wettbewerbsdruck geschuldete Notwendigkeit, First-Mover zu sein und die Time-to-Market zu reduzieren, weisen dem Serienanlauf, also dem Übergang von Produktentwicklung auf Serienproduktion, zunehmende Bedeutung im Rahmen des gesamten Produktentstehungsprozesses (PEP) zu. Das Anlaufmanagement will den Serienanlauf effizienter machen.

Nach der Einführung des Lean Managements in der japanischen Automobilindustrie setzen sich schlanke Methoden in der Wirtschaft durch. Die schlanke Philosophie, Werte ohne Verschwendung zu schaffen, lässt sich sinnvoll auch auf das Anlaufmanagement anwenden.

Unternehmensgründungen sind für eine lebendige Wirtschaft wichtig. Sie haben es jedoch schwer, ihren Platz in einem beschleunigten und kostengeprägten Markt zu finden. Das Anlaufmanagement muss an die speziellen Bedürfnisse von Start-up-Unternehmen angepasst werden.

2.1. Bedingungen des globalen Marktes

Bereits 1988 beschrieb Wildemann die Treiber der Globalisierung. Er identifizierte die kritischen Erfolgsfaktoren Standardisierung, Kostenminimierung und weltweiter Vertrieb2. Diese gelten mit möglichen weiteren Schwerpunkten auch noch heute und stellen die Unternehmen vor eine Herausforderung, die es mit geeigneten Mitteln bzw. Methoden zu bewältigen gilt. Wichtige Voraussetzung ist eine eindeutige Strategie mit der Definition von Markt- und Betriebszielen, die sich an der Entwicklung der industriellen Produktionswelt weltweit und ebenso an der Notwendigkeit zur wertorientierten Gestaltung eines neuen Produktes orientieren muss.

Das schlanke Management und die ganzheitlichen Produktionssysteme (GPS) zielen auf die wer- torientierte Gestaltung von Produkten, indem sie vor allem an der Vermeidung von Verschwendung im Produktionssystem ansetzen. Dies schließt die Logistik ein, deren Anteil an der Wertschöpfungskette fortlaufend zunimmt.

2.1.1. Treiber und Wandel in der industriellen Produktion

Die Märkte haben sich in den letzten Jahren stetig gewandelt. So sind sie zum einen immer globaler geworden, die Komplexität von Produkten, Technologien und Dienstleistungen ist gestiegen und die grundlegende Kundenorientierung ist immer wichtiger geworden3. Die treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung sind vor allem neue Informationstechnologien, die voranschreitende Öffnung der Märkte, und die Senkung von Kosten durch eine verbesserte Logistik und Arbeitsteilung4. Diese Phase der Entwicklung seit Beginn des Industriezeitalters wird treffend als “ dritte industrielle Revolution ” 5 bezeichnet.

Die Minimierung der Kosten ist seit längerem der zentrale Markttreiber in dieser Phase der Globalisierung. Daneben etabliert sich mehr und mehr die Zeit als zweiter wesentlicher Markttreiber. Die Beschleunigung des Marktgeschehens drückt sich aus durch immer kürzer werdende Lebenszyklen der Produkte und durch erheblichen Druck auf eine Verkürzung der Zeitspanne zwischen Produktentwicklung und Serienanlauf (Time-to-Market). Nur wer als erster mit einem neuen Produkt auf den Markt kommt, wird Erfolg haben (First-Mover )6.

Für produzierende Unternehmen ergibt sich unter der Bedingung der begrenzten Ressourcen und des Wettbewerbs das sog. „Polylemma der Produktionsplanung und -steuerung”7. Dies beschreibt den Konflikt der Unternehmen, Kundenwünsche von Lieferzeit und Produktverfügbarkeit mit den Betriebszielen von hoher Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen zu müssen. Resultat des Zielkonflikts ist die Intensivierung und damit die Zunahme der Komplexität des Managements. „Das hieraus entstehende Spannungsfeld aus Auslastung, Spezialisierung, Verfügbarkeit und Agilität muss von den produzierenden Unternehmen erfolgreich gemeistert werden”8.

Dies stellt Unternehmen vor die große Herausforderung, sich selbst, ihre Unternehmenskultur und ihr Unternehmensphilosophie zu wandeln. Beispielhaft für einen solchen Wandel war die deutsche Automobilindustrie, die in den achtziger Jahren durch die japanischen Wettbewerber und dem TPS (Toyota Produktionssystem) eine erste Krise erlitt9. Durch Entwicklungen, Um- strukturierung und die stärkere Integration der Zulieferer konnte man mit den erfolgreichen ja- panischen Wettbewerbern konkurrieren. Die frühzeitige Umstrukturierung ist der Grund für die heutige positive Situation. Zudem sind die entwickelten Lösungskonzepte und Methoden der Automobilindustrie wie z. B. die Integration von Entwicklung und Produktion im Simultaneous Engineering (SE), effektive Verfahren und Methoden der Projektführung, die Optimierung der Supply Chain und neue technische Lösungen richtungsweisend für andere Branchen10 11.

Der Trend in der Automobilbranche geht weiter in Richtung Individualisierung durch Zunah- me der Variantenvielfalt mit einer gleichzeitigen Verkürzung der Modellzyklen. Außerdem lässt sich eine Rückgang der Wertschöpfungs- und Entwicklungstiefe in der Branche verzeichnen, wo- durch sich die OEMs auf Ihre Kernkompetenzen konzentrieren können, aber auch verstärkt die Aufgabe der Steuerung von Netzwerk und Lieferanten übernehmen müssen12 13 14. Die stärkere Kundenorientierung, die sich in der Variantenvielfalt widerspiegelt, sowie der anhaltende tech- nische Fortschritt führt zu immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen. Damit verkürzt sich auch die Zeit für die Neuentwicklung von Fahrzeugen auf aktuell bis zu vier Jahre15 16.

Die Entwicklungen in der Automobil- und Anlagenbranche in Deutschland zeigen, dass „die traditionelle Produktion und der Wettbewerb über die Erfolgsfaktoren Kosten und Qualität heute von fast allen erfolgreichen Unternehmen beherrscht werden”17. Um im Wettbewerb zu bestehen, müssen so neben der Produktion weitere Bereiche, wie die frühzeitige Integration von Verände- rungen in die Wettbewerbsstrategie, die Intensivierung der Aktivitäten entlang der Supply Chain, Tätigkeiten in Forschung und Entwicklung sowie ein durchgängiges Qualitätsmanagement in den Fokus rücken.

Weitere Randbedingungen der Märkte, die Unternehmen berücksichtigen müssen, sind vor allem neue Informationstechnologien, eine fortschreitende Arbeitsteilung am globalen Markt, eine Sen- kung von Kosten durch eine verbesserte Logistik und eine zunehmende Kundenorientierung.

2.1.2. Folgen der wertorientierten Gestaltung

Für Unternehmen stellt sich die Frage, was den Wert des Produktes bestimmt, um daraus letzten Endes das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen zu können. Porter bestimmt den Wert eines Produktes durch den Geldbetrag, den ein Abnehmer für das Produkt bereit ist zu zahlen18. Der Wert ist demnach das Ergebnis einer subjektiven Einschätzung durch den Kunden.

Im Gegensatz hierzu ist die Wertschöpfung das Ergebnis einer Abfolge von Aktivitäten, die in einen logischen Zusammenhang zu einem Produkt oder einer Leistung führen, die von einem Kunden nachgefragt wird19 20.

Ein Unternehmen muss sich jedoch primär an dem subjektiven Wert aus Sicht des Kunden ori- entieren. Diese strategische Ausrichtung führt zu dem Begriff „wertorientierte Gestaltung”. Die wertorientierte Gestaltung beinhaltet zwei unterschiedliche Bedeutungen. Zum einen folgt sie dem Verständnis des Lean Thinking, das als eines der Grundprinzipien die Orientierung am Wert eines Leistungsangebots für den Kunden darstellt. Demnach gilt es, den Wert des Produktes für den Kunden zu definieren, da der Kunde nur dafür bereit ist zu zahlen, was ihm einen direk- ten Mehrwert verschafft21 22. Zum anderen orientiert sich die wertorientierte Gestaltung an den Interessen der Eigentümer, welches bedeutet, dass jede strategische und operative Maßnahme sich an einer langfristigen Wertschaffung für das Unternehmen ausrichten muss23. Die Berück- sichtigung beider Perspektiven führt zu dem klassischen Dilemma, dass nicht jeder individuelle Kundenwunsch aus wirtschaftlicher Perspektive erfüllt werden kann.

Die Herausforderung für produzierende Unternehmen besteht darin, ihre Strategie an oben be- schriebenen Werten und den vorhandenen Investitionsmöglichkeiten und Kompetenzen auszu- richten, um deren Ziele zu erreichen. Die beschriebenen Treiber und die strategisch, wertorien- tierte Ausrichtung von produzierenden Unternehmen führen dazu, dass auf der einen Seite dem Lean Thinking fortwährend eine große Bedeutung zugemessen wird und andererseits verstärkt Investitionen und Bemühungen in Forschung und Entwicklung gesteckt werden. Die Herkunft, Entwicklung sowie heutige Verwendung und Bedeutung des Lean Thinking wird nachfolgend betrachtet und erläutert.

2.1.3. Schlankes Management

Lean Production (schlanke Produktion) erlangte 1990 weltweite Beachtung durch das Buch „Die zweite Revolution in der Automobilindustrie“ von Womack,Jones und Roos24. Die japanischen Automobilhersteller, im Besonderen Toyota, produzierten ihre Produkte mit einer deutlich hö- heren Qualität (weniger als die Hälfte an Defekten am Fahrzeug), zu geringeren Kosten und bei deutlich kürzeren Entwicklungszeiten als ihre Wettbewerber aus Nordamerika und Europa25.

Toyota hatte die von Taylor und Ford für die Massenproduktion entwickelten Konzepte der Ar- beitsteiligkeit, Fließfertiung, Systematisierung und Standardisierung weiterentwickelt, um den Wandel von Anbieter- zum Käufermarkt Rechnung zu tragen. Um den Aufwand an Kapital und Ressourcen zu verringern, wurde die Qualitätssicherung in den Fertigungsprozess integriert. Die steigenden Lohnkosten waren ein herausragender Treiber, um Verschwendung aufzuspüren und zu beseitigen. Durch den Just-in-Time Abruf von Waren, wurden Kosten in der Lagerhaltung und in den Lagerbeständen gespart. Heute gilt der aus dem Toyota-Produktionssystem (TPS) entstan- dene Lean Produktion-Ansatz als das dominierende Produktionsorganisationsprinzip26.

Diese Prinzipien wurden seitdem auch auf weitere Unternehmensbereiche angewandt. „Es entstand das Lean Management, in dem der eigentliche Leitgedanke, das Lean Thinking, als zentraler Charakter eines ganzheitlichen Managementsystems verstanden wird”27. Die Lean Philosophie (Lean Thinking) heisst im Kern „Werte ohne Verschwendung schaffen“28.

Das TPS unterscheidet sieben Arten der Verschwendung (Muda) bei der Produktion (siehe Abbildung A.1, im Anhang S. 10829 30 ). Diese sollen vermieden und beseitigt werden. Neben der konsequenten Beseitigung von Verschwendung in jeglicher Ausprägung ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) oder auch Kaizen) ein weiteres Kernelement der Lean Philosophie. Das Konzept ist ohne größere Investitionen einzuführen und es ist mit einer erheblichen Verminderung der Gesamtkosten zu rechnen31.

Lean Management kann überall dort eingeführt werden kann, wo Produkte, Service- und Dienst- leistungen irgendeiner Art für einen Kunden entstehen32. Eine Lean Management Studie aus 2009 stellte fest, das aus 800 Studienteilnehmern die Top Performer ein breites Spektrum von Lean Methoden mit hoher Intensität und Professionalität nutzen33. Die Lean Supply Chain Stu- die von Ventana Research34 zeigt, dass eine Anwendung schlanker Prinzipien und Methoden auch in angrenzende Bereiche der Fertigung zu großem Erfolg führen kann. Deshalb dehnt sich Lean Thinking auf andere die Bereiche wie Lean Innovation und Lean Logistics aus.

Der Ursprung der schlanken Philosophie, die Lean Production als Teil des Lean Manufacturing, beinhaltet die „Kernelemente der Dezentralisierung, der Gruppenarbeit und der kurzen Wege des Material- und Informationsflusses, die eine erhebliche Reduzierung des Zeit- und Kostenauf- wandes in der Produktion zur Folge haben”35. In einer ersten Konkretisierungsebene definiert Westkämper die Kerngedanken Einbindung der Mitarbeiter, Vermeidung von Verschwendung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1.: Kerngedanken des Lean Manufacturing i. A. a. Westkämper

und präventiven Fehlerbekämpfung für das Lean Manufacturing36 (siehe Abbildung 2.1, S. 737 ). Die Lean Philosophie „Werte ohne Verschwendung schaffen” heisst mehr als die Vermeidung von Verschwendung.

Aus den Kerngedanken des Lean Manufacturing leiten sich in einer zweiten Konkretisierungsebe- ne die Lean-Prinzipien ab. Liker formuliert 14 TWMPS (Toyota Way Management Principles), die in die Kategorien Philosophie, Prozessoptimierung, Personen und Partner und Problemlösung unterteilt werden können (siehe Tabelle A.1, im Anhang 10938 ). Diese Prinzipien beschreiben keinen Werkzeugkasten des TPS, es sind vielmehr allgemein gültige Grundregeln des schlanken Managements.

Im “Lean-Haus”, dessen Säulen die Grundbestandteile des Lean Production Systems sind, werden die Prinzipien durch Regeln und Methoden ergänzt39.

Ein Erfolg des Lean Manufacturing ist ohne die Einbindung aller Mitarbeiter und Hierarchien des Unternehmens nicht zu bewerkstelligen40. Neben der Mitarbeitereinbeziehung müssen die geeig- neten Methoden ausgewählt werden. Liker beschreibt, dass „Schlank nicht bedeutet, Methoden nachzuahmen, die Toyota für einen bestimmten Fertigungsprozess entwickelt hat. Schlank bedeu- tet Prinzipien zu entwickeln, die auf Ihre Organisation passen, und diese sorgfältig anzuwenden, um eine hohe Leistungsfähigkeit zu erzielen, die für Kunden und die Gesellschaft Wert gene- riert“41.

Das Lean Thinking wird heute auch für die Logistik (vergleiche Kapitel 2.1.5, S. 10) und beim Innovationsmanagement angewandt. Unternehmen, die eine effiziente und effektive Produktent- wicklung besitzen, orientieren sich an bestimmten Grundsätzen, aus denen sich die vier Leitlinien des Lean Innovation ableiten lassen: Innovationsaktivitäten strategisch positionieren, Entwick- lungsprojekte früh strukturieren, Entwicklungsprozesse einfach synchronisieren und das Innovationsmanagement sicher adaptieren42.

Im Zuge der durchgängigen Implementierung von IT-Systemen haben sich Konzepte durchge- setzt, die Unternehmen bei einer effizienten Planung und Durchführung helfen. Im Bereich der Entwicklung entstand das Frontloading und Simultaneous Engineering. Im Bereich der Fabrik- planung das Konzept der Digitale Fabrik (Erläuterungen im Glossar). Alle drei Konzepte führen zu einer schlanken Produktion, indem diese schon frühzeitig versuchen, Werte ohne Verschwen- dung zu schaffen.

Die Erfahrungen mit Lean Logistics und Lean Innovation zeigen, dass sich schlanke Prinzipien und Methoden auf angrenzende Bereiche der Fertigung und generell in MNU und KMU erfolgreich anwenden lassen. Besonders hervorzuheben sind zudem die Erkenntnisse der aktuellen Lean Management Studie der Abegglen Management Consulting.

2.1.4. Ganzheitliche Produktionssysteme

Einige Unternehmen hatten Schwierigkeiten, das Lean Production Konzept dauerhaft zu imple- mentieren43. Das GPS greift diese Herausforderung auf und verbindet verschiedene Manage- mentkonzepte und deren Methoden miteinander. Die Werkzeuge stammen zum größten Teil aus dem Lean Production Konzept und werden im GPS übersichtlich zusammengeführt. Das GPS enthält daneben Bestandteile des Taylorismus und innovativer Arbeitsformkonzepte. Ziel des GPS ist die Ausrichtung aller Unternehmensprozesse an den Kundenwünschen und die Vermei- dung von Verschwendung. Das GPS führt dabei keine neuen Managementkonzepte ein, sondern stellt die bereits vorhandenen in einen gemeinsamen Kontext. „GPS sollen die Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Methoden und Instrumenten transparenter machen und dadurch deren Umsetzung besser koordinieren. Sie sind daher als ein ordnungspolitisches Instrument zu versehen, um organisatorische Innovationen zielgerichtet und koordiniert einzusetzen”44.

Bedingung für den Einsatz des GPS ist die Einbindung des gesamten Produktionsprozesses, d. h. von allen Aktivitäten, die zur Herstellung des Produktes notwendig sind. So sind neben den Bereichen Fertigung und Montage auch die Bereiche Planen, Steuern, Logistik und Qualitätssi- cherung mit einzubeziehen. So baut das GPS einen Ordnungsrahmen über den gesamten Wert- schöpfungsprozess auf, der Prinzipien und Methoden in einen systematischen Zusammenhang stellt. Die Tabelle A.2 im Anhang auf Seite 110 zeigt die Gestaltungsprinzipien des GPS und die darin anwendbaren Methoden:

Standardisierung ist die Festlegung von Ablauf und Verantwortungsbereichen eines sich wiederholenden technischen oder organisatorischen Vorgangs, mit Hilfe dessen schnellere und stabilere Prozesse geschaffen werden. Standards bilden die Basis für ein KVP.

Das Null-Fehler-Prinzip dient der Vermeidung der Fehlerweitergabe an nachfolgende Prozessschritte und der Sicherstellung einer hohen Produkt- und Prozessqualität. Dies beinhaltet eine starke Einbindung der Mitarbeiter.

Visuelles Management dient der Transparenz von Zielen, Prozessen und Leistungen. Neben der besseren Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen bildet dies die Grundlage für KVP- Aktivitäten.

Der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) ist ein Kerngedanke des GPS, in dem alle Mit- arbeiter angehalten sind, „Methoden, Werkzeuge und Arbeitsabläufe zu hinterfragen, zu verbes- sern, den Erfolg von Maßnahmen zu überprüfen und dadurch neue Standards zu schaffen”45.

Mitarbeiterorientierung und F ü hrung sind Prinzipen, die die Kultur der Fehler- und Verschwendungsvermeidung bei Führungskräften und Mitarbeitern verankern.

Flie ß prinzip bezeichnet eine Unternehmensgestaltung, die einen „schnellen, durchgängigen und turbulenzarmen Fluss von Materialien und Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette ermöglicht”46. Gleichzeitig soll jedoch nicht die Flexibilität darunter leiden.

Das Pull-Prinzip ermöglicht, die an Kundenbedürfnissen ausgerichtete Materialversorgung. Dies soll mit geringstmöglichen Beständen und Steuerungsaufwand geschehen.

Die Vermeidung von Verschwendung entstammt dem Grundgedanken des Lean Thinking, in dem die sieben Arten der Verschwendung vermieden werden sollen. Neben Verschwendung sind auch Überlastung und Unausgeglichenheit zu vermeiden.

Jedes Gestaltungsprinzip kann durch unterschiedliche Methoden umgesetzt werden (siehe Tabel- le A.2, S. 110). Jede Methode besitzt wiederum Werkzeuge, die als standardisiertes und physisch vorhandenes Mittel die Umsetzung der Methode ermöglichen. Der VDI bietet mit seiner Richtli- nie 2870 eine Bewertung der Methoden des GPS im Wirkungsdreieck von Qualität, Kosten und Zeit an47. Dies gibt dem Unternehmen die Möglichkeit, schnell zu erkennen, welche positiven Auswirkungen durch die jeweilige Methode im Rahmen des Wirkungsdreiecks für das Unterneh- men zu erwarten sind.

Das GPS stellt übersichtlich das Instrumentarium an schlanken Methoden entlang des Wertschöp- fungsprozesses dar. Gleichzeitig nimmt es eine einfache Beurteilung der Methoden vor, mit Hilfe dessen Unternehmen schnell deren Potentiale erkennen können. Bisher wird das GPS nicht auf

den F&E-Bereich bzw. Innovationsbereich angewandt. Immer stärker jedoch fällt der Fokus von schlanken Methoden auf die Logistik.

2.1.5. Zentrale Bedeutung der Logistik

Die Logistik umfasst allgemein „die Gestaltung des Wertschöpfungsnetzwerks sowie die Planung des Kundenauftragsprozesses und die Erfüllung von Kundenaufträgen”48. D. h. die Aufgaben des Logistikmanangements sind die Gestaltung und Regelung der inner- und außerbetrieblichen Pla- nung von Material- und Warenfluss von der Beschaffung bis zur Auslieferung an den Kunden.

Das Logistikmanagement nimmt neben dem Beschaffungs- und dem Produktionsmanagement im Wertschöpfungsmanagement (value-added management) zunehmende Bedeutung ein49. Die heute global agierende und dynamische Wirtschaft veranlasst Unternehmen zu Kooperationen und zur Fremdvergabe von Produktionsteilen. Dies geht mit einem erhöhten Koordinationsaufwand und zunehmenden logistischen Prozessen einher. Hinzu kommt, dass durch den technischen Fortschritt die Logistikprozesse optimiert werden können.

Die Entwicklung und Implementierung zukunftssicherer Logistiksysteme wird immer mehr zu einem entscheidenden Wettbewerbs- und Erfolgsfaktor für Unternehmen. Dabei ist der Stand wissenschaftlicher Forschung und praktischer Nutzung im Bereich der modernen Logistik bis heute weit weniger entwickelt, als in vielen anderen Hochtechnologiefeldern50.

Die schlanke Produktion in der Automobilindustrie integriert die Tier-N Zulieferer bereits in die Produktentwicklung. Außerdem wird das innerbetriebliche Kanban-System auch auf die Liefe- ranten ausgeweitet, sodass die Zulieferungen Just-in-Time erfolgen können51. Mit der Verlage- rung von Wertschöpfungsanteilen entlang der Supply Chain muss die Logistik nach den Metho- den des Lean Thinking verbessert werden. Die schlanke Logistik verbindet und koordiniert die einzelnen Wertschöpfungsprozesse miteinander. Eine synchronisierte, getaktete und stabile Lo- gistik orientiert sich am Kundenbedarf52. Ziel ist die Schaffung einer Hochleistungslogistik, die die Anforderungen für die schlanke Fertigung erfüllt und strategische Wettbewerbsvorteile durch kurze Durchlaufzeiten mit gleichzeitiger Flexibilität schafft. Das Prinzipienhaus der Schlanken Logistik ordnet allgemein gültige Basisprinzipien und die Methoden des Lean Management den Aufgaben entlang der logistischen Kette zu53.

Zunehmendes Outsourcing in allen Industrien und damit die Konzentration auf Kernkompetenzen im Unternehmen, die Zunahme von IT-Systemen und damit die Möglichkeit der Kommunikation und des Informationsaustausches sowie die Globalisierung der Märkte sind Treiber der zunehmenden Bedeutung für die Logistik. Bereits bei der Produkt- und Prozessentwicklung sollten daher heute logistische Prozesse miteingebunden werden. Für Unternehmen stellt sich somit die Herausforderung, neben der Anwendung von schlanken Methoden in der Logistik, diese bei der Planung von Wertschöpfungsprozessen stärker zu berücksichtigen.

2.2. Anlaufmanagement

Die produzierende Industrie ist zunehmend gekennzeichnet durch ständige Innovationen und neue Technologien, einer Verkürzung der Entwicklungszeit und eine beschleunigte Marktein- führung. Das Resultat ist eine steigende Anzahl von Produktanläufen, die es in Unternehmen und Arbeitsprozesse zu integrieren gilt54. Risse stellt fest, „dass der Wettbewerb zu einem Zeitwettbe- werb und die Fähigkeit zur Beschleunigung betrieblicher Teilprozesse zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden ist. Hierbei kommt es hauptsächlich auf eine Verkürzung der nachfrage- wirksamen Prozesse an, insbesondre auf die Beschleunigung der Zeitdauer für die Entwicklung neuer Produkte und einer möglichst schnellen Markteinführung (Time-to-Market) und die Redu- zierung der Durchlaufzeiten von Kundenaufträgen (Time-to-Customer)”55.

Als Instrument, dieser Entwicklung gerecht zu werden, wurde das Anlaufmanagement entwickelt. Es „umfasst alle Tätigkeiten, von der Erstellung des Prototypen bis hin zum Produktionshochlauf sowie deren Abstimmung auf die vor- und nachgelagerten Prozesse, um bereits in einem frühen Entwicklungsstadium eine hohe Produkt- und Prozessreife zu erzielen”56.

Aufgrund der Vielzahl an Aufgaben und Funktionen, die mit dem Anlaufmanagement verbunden sind, fällt die klare Abgrenzung und Definition des Anlaufmanagements schwer. Spezifische Unternehmenskriterien verlangen eigentlich nach individuellen Konzepten für das Anlaufmanagement. In den Veröffentlichungen zum Anlaufmanagement findet man unterschiedliche Vorstellungen über das Anlaufmanagement. Schuh, Stölzle und Straube haben als erste mit ihrem integrierten Anlaufmanagementmodell versucht, einen übergreifende Ansatz für das Anlaufmanagement in der

2.2.1. Definition des Anlaufmanagements

Das Anlaufmanagement setzt an der „hochsensiblen Schnittstelle zwischen Entwicklung und Serienproduktion” an57. In der Literatur existiert keine einheitliche Definition des Anlaufmanagements. Das Anlaufmanagement weist einen starken Projektcharakter weist, dessen Auslegung von Projekt zu Projekt sehr verschieden ausfallen kann. Auch unterscheidet sich die Zuordnung der Verantwortlichkeiten in die historisch gewachsenen Unternehmensbereiche von Unternehmen zu Unternehmen. Branchenspezifika und die Größe der Unternehmen haben außerdem Einfluss auf die Auslegung des Anlaufmanagements. So fiel es bisher schwer, einen ganzheitlichen Ordnungsrahmen zu finden, der Unternehmen lösungsorientiert bei der Durchführung von Serienanläufen als unterstützendes Werkzeug dient.

Bischoff beschreibt das Anlaufmanagement als „interdisziplinären Geschäftsprozess über die ge- samte Lieferkette hinweg”58. Kuhn sieht das Anlaufmanagement als „alle Tätigkeiten und Maß- nahmen zur Planung, Steuerung und Durchführung des Anlaufs eines Serienproduktes mit den zugehörigen Produktionssystemen, ausgehend vom letzten Entwicklungsstand (ab Freigabe der Vorserie) bis zum Erreichen einer geplanten Produktionsmenge (inklusive der Auslieferung beim Kunden und unter Einbeziehung der vor- und nachgelagerten Prozesse)”59. Laick definiert in die- sem Zusammenhang die Hochlauf- bzw. Anlaufphase als „kontinuierliche Steigerung der Leis- tung des Produktionsprozesssystems mit der Sicherung von Qualität und Reproduzierbarkeit”60. Im Kontrast hierzu sehen Baumgarten und Risse die Anlaufplanung, bzw. das Anlaufmanage- ment als „Projekt- und Prozessplan ..., der die gesamte Phase der Produktentstehung dokumen- tiert von der Festlegung der Lieferanten über die Vorserienlogistik bis hin zum Erreichen der Kammlinie.”61. Die heterogenen Definitionen zeigen eine Differenzierung von Anlaufphase und -management, die zeitlich versetzt sind. Darüber hinaus beinhaltet das Anlaufmanagement Ele- mente des Änderungsmanagements, das auch nach Erreichen der Kammlinie fortgeführt wird.

Eine aktuellere Definition liefern Straube und Klinker, die das Anlaufmanagement als Vorgehen zur Sicherstellung von Qualität, Kosten und Zeit beschreiben: „Das Serienanlaufmanagement (SAM) stellt mit Methoden des Projektmanagements sicher, dass neu entwickelte Produkte zum geplanten Zeitpunkt qualitativ hochwertig und im finanziellen Rahmen in der geplanten Stück- zahl in die Serienproduktion gehen”62. Der Serienanlauf, im Englischen „Ramp-up”, wird als Zeitraum zwischen Entwicklung und Serienproduktion definiert63 64 65. Dieser Prozess wird auch mit dem Übergang von der Einzel- zur Serienproduktion umschrieben. Die Aufgabe des Anlaufmanagements ist es, die internen und Supply Chain-übergreifend komplexen Prozessketten aufzubauen und zu steuern. So sind alle Unternehmensbereiche von der Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Logistik, Vertrieb bis hin zur Qualitätssicherung involviert. Dabei gilt es die Schnittstellen vom Lieferanten bis zum Kunden zu managen66.

Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen ineffizienter Serienanläufe schlagen sich in Lost Sales, Qualitätsmängel und Sonderkosten in der Anlaufphase nieder67. Bereits der Serienanlauf kann demnach über die Produktrendite entscheiden. Ein systematisches und durchgängiges Anlaufmanagement ist notwendig, um die komplexen Prozesse und Abhängigkeiten wirklich steuern zu können. Verschiedene Managementbereiche greifen in diesem Prozess ineinander und müssen zusammenhängend betrachtet werden.

Für 70% der Unternehmen hat das Thema Anlaufmanagement große Relevanz, da Serienan- läufe ihre wirtschaftlichen (33%) und technischen (56%) Ziele verfehlen68. „Aktuell werden in zahlreichen Forschungsvorhaben Methoden und Werkzeuge zur Verbesserung des Serienanlaufs entwickelt. Diese werden in umfassende Konzepte (Organisationsmodelle) integriert”69 70. Die Verwendung der Methoden und Werkzeuge erfolgt jedoch häufig isoliert und die Modelle stellen hauptsächlich individuelle Konzepte von Großunternehmen dar. In Abbildung A.17, im Anhang S. 124 ist die zeitliche der wissenschaftlichen Veröffentlichungen über das Anlaufmanagement dargestellt. Allein schon durch die zunehmende Häufung der Arbeiten in den letzten Jahren zeigt das der Ansatz des Anlaufmanagements auf Akzeptanz in der Realwirtschaft stößt. Auch ein zunehmendes politisches Interesse, die Forschung zum Anlaufmanagement durch Fördermaßnahmen voranzutreiben, ist zu erkennen.

2.2.2. Projektcharakter und Komplexität

Die Einmaligkeit eines jeden Anlaufs führt dazu, dass „Anläufe immer noch einen Projektcharakter haben und nicht in Geschäftsprozesse überführt sind, da eine Standardisierung der Prozesse des Anlaufmanagements nur in gewissem Rahmen möglich ist”71.

Auch Bischoff, Borowski sowie Voigt sehen das Anlaufmanagement als eine Sonderform des Projektmanagements an72 73. Das Projekt kann definiert werden als ein einmaliges, zeitlich be- grenztes Vorhaben, in dem ein neuartiges Produkt oder neuartige Dienstleistung erschaffen wer- den soll74. Andere Definitionen halten sich allgemeiner75. Alle Interpretationen des Projektes beschreiben jedoch die Einmaligkeit des Vorhabens und die Konkretisierung der Ziele. Das Pro- jektmanagement hat wie jeder Managementbereich die „Aufgabe der Koordination und Führung unter Anwendung von Wissen, Fertigkeiten, Werkzeugen und Verfahren”76. Dabei muss sich auch das Projektmanagement im Wirkungsdreieck von Qualität, Kosten und Zeit positionieren, siehe Kapitel 2.2.4, S. 17.

Gerade in der Produktentwicklung wird das Projektmanagement aufgrund der Eigenschaft des einmaligen Vorgangs intensiv genutzt. Das Projektmanagement hat in den letzten Jahren eine im- mer stärkere Bedeutung und Entscheidungskompetenz der Projektorganisation in Unternehmen erhalten. In diesem Zusammenhang entstand der Produktentstehungsprozess (PEP), der Arbeits- abläufe von der Idee für ein neues Produkt bis zu dessen Herstellung und Verkauf beschreibt. Dieser nutzt die Struktur und Methoden des Projektmanagements, um die Komplexität beherrsch- bar zu machen77. Im PEP befindet sich wiederum das Anlaufmanagement, das folglich Teil eines Projektes aufgefasst werden kann.

Ein Grundkonzept des PEP und des Projektmanagements sind sog. Meilensteine und der Stage- Gate Prozess. Dort werden Phasen (Stages) und Zwischenziele (Gates) definiert, um so schon während der Projektphase Kontrollinstanzen zu schaffen, die die Qualität von Produkt und Pro- zess sicherstellen. Der Stage-Gate-Prozess ist ein häufig verwendeter Ansatz im Projektmana- gement, besonders im Bereich der Entwicklung und Einführung von neuen Produkten. Der Se- rienanlauf ist eine der Phasen des PEP, die durch den Stage-Gate-Prozess beschrieben werden können. Daher muss auch das Anlaufmanagement, als Schnittstelle zwischen Entwicklung und Serienproduktion, in den Rahmen des PEP mit dessen Projektcharakter integriert sein.

Ein Serienanlauf hat nur bedingt Projektcharakter. Einerseits ist dieser für viele Unternehmen einmalig, andererseits leitet dieser die Serienproduktion ein, die keinen Projektcharakter mehr hat. Von daher ist ein Serienanlauf komplexer als ein Projekt, so dass die Beherrschung der Komplexität eine zentrale Herausforderung im Anlaufmanagement ist.

Für eine Reduktion der Komplexität innerhalb des Serienanlaufs kann eine Unterteilung in Se- rienanlauftypen vorgenommen werden. Einen geeigneten Ansatz für die Dimensionierung und Produkt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2.: Varianten des Serienanlaufs nach Laick

Systematik des Serienanlaufs geben Laick und Bowersox78 79. Dabei wird der Serienanlauf in Abhängigkeit des Änderungsgrades von Produkt und Produktionssystem unterteilt.

Die Abbildung 2.2, S. 1580 zeigt mögliche Ausprägungen bzw. Varianten von Serienanläufen, abhängig vom Änderungsgrad von Produkt und Produktionssystem. Diese werden jeweils in die drei Stufen unterteilt. So entstehen zwei Extreme. Wird der Änderungsgrad nur angepasst, so ist der Serienanlauf nur ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, dessen Umfang eher gering ist. Ist dagegen der Änderungsgrad neu bzw. hoch, so ist eine hohe Komplexität und großer Aufgabenumfang im Anlaufmanagement erwartet. So geht Laick davon aus, das ein Anlaufmanagement nur dann nötig ist, wenn Produktionssystem oder Produkt neu sind81.

2.2.3. Zeitliche Abgrenzung

Die Entwicklung schließt ab mit einem Prototypen. Der Serienanlauf beinhaltet die Phasen Vorserie, Nullserie und Produktionshochlauf. Die vor- beziehungsweise nachgelagerten Phasen entsprechen der Entwicklung und der Serienproduktion. Risse sieht vor dem Serienanlauf die Phase der Anlaufvorbereitung, die die Teilgebiete Vorserie und Prototyping umfasst. So beinhaltet bei ihm der Serienanlauf die Phasen Nullserie und Produktionshochlauf82.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3.: Rolle des Anlaufmanagements im Produktionshochlauf i. A. a. Kuhn

Bisher existiert keine klare einheitliche zeitliche Abgrenzung des Anlaufmanagments. Romberg bezieht hier eine zeitliche Dimension mit ein. Er beschreibt das Anlaufmanagement als einen in- terdisziplinären Geschäftsprozess, der alle Vorgänge von der Planung bis zu Serienfertigung um- fasst83, legt sich aber auch nicht auf einen konkreten Beginn fest. Bischoff stellt fest: „Aufgrund der Vielzahl an Aufgaben und Funktionen, die mit dem Anlaufmanagement assoziiert werden, fällt eine klare Abgrenzung jedoch schwer, weshalb es auch in Großunternehmen immer wieder zu Überlappung kommt”84.

Die Abbildung 2.3, S. 16 zeigt in Anlehnung an Kuhn85, und Bischoff zeigt die Abgrenzung des Anlaufmanagements im Zeitfeld von der Idee für ein neues Produkts bis zur stabilen Serienproduktion. Betrachtet werden Produkt und Produktionsprozess. Die Time-to-Market und Timeto-Volume werden in Anlehnung an Bischoff dargestellt. Danach sollte das Anlaufmanagement bereits in der Entwicklung beginnen und sich über das Ende des Serienanlaufs hinaus erstrecken, bis es die Aufgaben an das Änderungsmanagement übergeben kann.

Dies führt zurück zu der Anfänglich beschriebenen Aussage von Prahalad und Hamel, die den Serienanlauf als „hochsensible Schnittstelle zwischen Entwicklung und Serienproduktion”86 beschreiben. Es geht demnach um die erfolgreiche Überführung einer Produkt- oder Prozessänderung innerhalb eines Projektes in eine dauerhafte Organisation und Serienproduktion.

2.2.4. Zielsetzung für den Serienanlauf

Anlaufkosten sind für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und multinationale Unternehmen (MNU) heute oft höher als geplant. Allerdings führen nicht nur zu hohe Anlaufkosten, sondern insbesondere verlorene Gewinne durch mangelnde Termintreue, Qualität und zu spätes Erreichen der Kammlinie im Anlaufprozess zu unzufriedenen Kunden87. Schuh, Stölzle und Straube sehen das Ziel des Serienanlaufs im „Erhöhen des Ausstoßes der Produktion bis zum nachhaltigen Er- reichen der Normalproduktivität, der Kammlinie, welche zum einen durch eine hohe Auslastung der Betriebsmittel sowie eines vorab definierten Qualitätsniveaus charakterisiert ist“88.

Betrachtet man die Zielsetzungen im Serienanlauf, so stellen Messbarkeit und Erreichbarkeit essentielle Kriterien für die Ziele dar. Nur eine Auswahl anhand dieser Merkmale kann gewähr- leisten, dass die Ziele sinnvoll gewählt sind und Abweichungen auch festgestellt werden können. Außerdem sind Konkretisierungen und Eindeutigkeit der gewählten Ziele als wesentliche Be- standteile zu nennen89. Gut organisierte und durchgeführte Planungs- und Kontrollaktivitäten wie die Planung des Anlaufprojekts und die Kontrolle von Kosten, Terminen, Qualität und Rei- fegraden sowie Prozess- und Produktänderungen haben einen entscheidenden Anteil am Erfolg eines Produktionsanlaufs90.

Die hohen Anforderungen im Hinblick auf Koordination und Durchführung im Produktionsanlauf benötigen eine Bewertung von Prioritäten im Wirkungsdreieck von Qualität, Kosten und Zeit. Die drei Faktoren stellen allgemein „die Zielgrößen einer Unternehmung dar“91. Die aktuelle Sichtweise betrachtet den Faktor Qualität nicht mehr nur als Güte der Produkte, sondern als Qualität der Geschäftsprozesse einschließlich der Qualität, mit der die Geschäftsprozesse einer kontinuierlichen Verbesserung unterliegen. Das Wirkungsdreieck aus den Zielgrößen Kosten, Qualität und Zeit in Anlehnung an Kuhn, Saatweber92 93 sowie Schneider und Lücke94 stellt den Menschen in den Mittelpunkt und versucht den Kunden mit in den Wertschöpfungsprozess einzubinden. Die Zielgrößen weisen Abhängigkeiten untereinander auf.

Die Zieldimensionen, die das Wirkungsdreieck aufspannt, sind sehr allgemein formuliert. Das hat den Vorteil, dass diese aufgrund der Allgemeingültigkeit sehr flexibel einsetzbar sind und auf die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden können. Der Nachteil ist jedoch, dass es sich in der Regel nicht um konkret messbare Größen handelt. Solche Größen sind je nach Zielsetzung noch zu bestimmen. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Zielsetzung zu sehr auf das End-

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.4.: Das integrierte Anlaufmanagementmodell nach Schuh, Stölzle, Straube

ergebnis des Produktes konzentriert und Aspekte, wie die Mitarbeiter oder die Flexibilität des Produktionssystems, vernachlässigt bzw. nur implizit mit einschließt95.

Schuh, Stölzle und Straube sehen neben der Fähigkeit der Einordnung des Produktes in den Wir- kungsrahmen auch die Beherrschung der Komplexität als Ziel des Anlaufmanagements: „Haupt- aufgabe ist dabei nicht mehr die Aneinanderreihung der Entwicklungs- und Planungsschritte, sondern vielmehr die Beherrschung der Komplexität des Anlaufmanagements, das unzählige par- allele Einzelschritte unterschiedlichster Disziplinen und Partner zusammenführen muss”96.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die dargestellten Zielsysteme weitgehend allgemein gehalten sind, um darauf aufbauend eine flexible und individuelle Gestaltung gewährleisten zu können. Die Zieldimensionen Qualität, Kosten und Zeit treffen auf alle Systeme zu. Demnach geht es beim Anlaufmanagement nicht darum, vorgegebene, generische und einfache Ziele zu erreichen, vielmehr müssen individuelle Ziele im Wirkungsdreieck definiert und anschließend möglichst effizient, durch Beherrschung der Komplexität, erlangt werden.

[...]


2 Wildemann 1998, vgl. 3 ff.

3 Bischoff 2007, vgl. S. 4.

4 Bishop, Reinke und Adams 2011, vgl. S. 118.

5 Thurow 2004.

6 Penrose 1995, vgl. S.241.

7 Friedli und Schuh 2012a, S. 36.

8 Friedli und Schuh 2012a, vgl. S. 37.

9 Gutberlet 1993, vgl. S. 3.

10 Wiesinger 2010.

11 Neff et al. 2000.

12 Eberbach-Sahillioglu 2004, vgl. S. 5.

13 Fitzek 2005, vgl. S. 4-5.

14 Stricker, Matthies und Tsang 2011.

15 Bischoff 2007, vgl. S. 2.

16 Schuh, Kampker und Franzkoch 2005, vgl. S. 405.

17 Kaluza und Blecker 1999, S. 3.

18 Porter 1999.

19 Sucky 2004, vgl. S. 12 i.A.a. Gaitanides.

20 Seliger 2010.

21 Gulden 2009, vgl. S. 88.

22 Friedli und Schuh 2012b, vgl. S. 5 ff.

23 Copeland, Koller und Murrin 2002, vgl. S. 11.

24 Womack, Jones und Roos 1994.

25 Womack, Jones und Roos 1994, vgl. S. 97.

26 Karlsson und Ahlström 1996, vgl. S. 26.

27 Klotzbach 2007, S.35.

28 Fraefel und Dörflinger 2009, S. 6.

29 Liker 2003, vgl. S. 27 ff.

30 Klug 2010, S. 254.

31 Gerberich 2011, vgl. S. 98.

32 Ventana Research 2007, vgl. S. 3 ff.

33 Fraefel und Dörflinger 2009, S. 7.

34 Ventana Research 2007.

35 Westkämper 2005, S. 222.

36 Westkämper 2005, vgl. S. 222.

37 Westkämper 2005, S. 222.

38 Liker 2011, S. 71.

39 Das Lean Haus 2012, vgl.

40 Liker 2011, vgl. S. 70.

41 Liker 2011, S. 77.

42 Schuh et al. 2010, vgl. S. 310 ff.

43 Lay und Neuhaus 2005, vgl. S. 33.

44 Lay und Neuhaus 2005, S. 34.

45 VDI 2010.

46 VDI 2010.

47 VDI 2010, vgl. S. 10.

48 Straube 2012.

49 Schönsleben 2007, vgl. S. 8.

50 Bayerischer Forschungsverbund Supra-Adaptive Logistiksysteme, vgl. S. 5 ff.

51 Womack, Jones und Roos 1994, vgl. S. 158 ff.

52 Klug 2010, vgl. S. 254.

53 Klug 2010.

54 Harjes, Bade und Harzer 2004, vgl. S. 45.

55 Risse 2003, S. 1.

56 Straube und Klinker 2012, Folie 31.

57 Prahalad und Hamel 2006, vgl. S. 1 ff.

58 Bischoff 2007, S. 5.

59 Kuhn 2002, S. 8.

60 Laick, Warnecke und Aurich 2003, S. 16.

61 Baumgarten und Risse 2006.

62 Straube und Klinker 2012.

63 Schuh, Stölzle und Straube 2008.

64 Risse 2003.

65 Kuhn und Bandow 2008.

66 Prahalad und Hamel 2006, vgl. S. 1 ff.

67 Pelousek und Bauer 2005, vgl. S. 1.

68 Schuh, Kampker und Franzkoch 2005, S. 406.

69 Dombrowski und Hanke 2009, vgl. S. 878.

70 Graduiertenkolleg 1491: Anlaufmanagement Entwicklung von Entscheidungsmodellen im Produktionsanlauf.

71 Kuhn und Bandow 2008, S. 281.

72 Bischoff 2007, vgl. S. 6.

73 Borowski und Ingenieure 2011, vgl. S. 28.

74 Jakoby 2010, vgl. S. 7.

75 Normenausschuss Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen im DIN 2009b.

76 Gernert 2003, vgl. S. 7.

77 Braess und Seiffert 2012, vgl. S. 883.

78 Laick, Warnecke und Aurich 2003, S. 14.

79 Bowersox, Stank und Daugherty 1999.

80 Laick, Warnecke und Aurich 2003, S. 14.

81 Laick, Warnecke und Aurich 2003, vgl. S. 14 ff.

82 Risse 2003.

83 Romberg, Haas und Hermenau 2005.

84 Bischoff 2007.

85 Kuhn 2002, S. 8.

86 Prahalad und Hamel 2006, vgl. S. 1 ff.

87 Gulden 2009, vgl. S. 33s.

88 Schuh, Stölzle und Straube 2008, S. 10.

89 Romberg, Haas und Hermenau 2005, vgl. S. 117.

90 FIR e. V. an der RWTH Aachen 2012, vgl. S. 16.

91 VDI 2010.

92 Saatweber 1997.

93 Kuhn 2002.

94 Schuh, Stölzle und Straube 2008, vgl. S. 11.

95 Borowski und Ingenieure 2011, vgl. S. 31.

96 Schuh, Stölzle und Straube 2008.

Ende der Leseprobe aus 140 Seiten

Details

Titel
Schlanke Prinzipien und Methoden im Anlaufmanagement
Untertitel
angewandt auf das Produkt der eROCKIT GmbH
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Logistik)
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
140
Katalognummer
V284246
ISBN (eBook)
9783656862369
ISBN (Buch)
9783656862376
Dateigröße
4778 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schlanke, prinzipien, methoden, anlaufmanagement, produkt, gmbh
Arbeit zitieren
Bernhard Glatzel (Autor:in), 2013, Schlanke Prinzipien und Methoden im Anlaufmanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284246

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