Eine empirische Untersuchung zum Einfluss musikalischer Präferenz auf die Emotion des Fahrzeugführers


Bachelorarbeit, 2012

76 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Hintergründe
2.1 Musik
2.1.1 Definition Musik
2.1.2 Das Phänomen Musik
2.1.3 Musik und ihre Wirkung
2.1.4 Die musikalische Präferenz
2.1.5 Musik während des Autofahrens
2.2 Emotionen
2.2.1 Definition Emotionen
2.2.2 Entstehung und Bedeutung von Emotionen
2.2.3 Erzeugung physiologischer Reaktionen
2.2.4 Emotionen im Straßenverkehr
2.3 Forschungsfrage
2.4 Hypothesen und Variablen

3 Untersuchungsmethode
3.1 Untersuchungsdesign
3.2 Stichprobenbeschreibung
3.3 Messmethoden/Messapparaturen
3.4 Untersuchungsdurchführung
3.5 Datenaufbereitung

4 Untersuchungsergebnisse
4.1 Einfluss der Kontrollvariablen
4.2 Einfluss der präferierten Musik auf die Emotion
4.3 Einfluss des musikalischen Arousals
4.4 Einfluss der Vertrautheit des Musikstücks

5 Diskussion
5.1 Ergebnisdiskussion
5.2 Diskussion der Methode
5.3 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einstufung verschiedener Emotionen auf den Dimensionen angenehm - unangenehm und Erregung-Ruhe (Schmidt-Atzert, 1982, S. 29),

Abbildung 2: Verlaufskurven unerfahrener Fallschirmspringer (Schmidt-Atzert, 1982, S. 34),

Abbildung 3: Untersuchungsablauf,

Abbildung 4: Phasen innerhalb eines Szenarios am Beispiel des Schleichers,

Abbildung 5: Präferierte Musik - Anzahl der Vpn pro Abfolgevariante,

Abbildung 6: Nicht präferierte Musik - Anzahl der Vpn pro Abfolgevariante,

Abbildung 7: Zusammenfassung der Items zu Ärger,

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Operationalisierung der unabhängigen Variablen,

Tabelle 2 Geschlechtsverteilung,

Tabelle 3 Altersverteilung,

Tabelle 4 Kilometer,

Tabelle 5 Stichprobenvergleich „Emotionsregulationsstrategien“,

Tabelle 6 Stichprobenvergleich „Ärgertendenz“,

Tabelle 7 Ergebnisse der varianzanalytischen Untersuchung,

Tabelle 8 Post-Hoc-Mehrfachvergleiche „Ärger“,

Tabelle 9 Post-Hoc-Mehrfachvergleiche „Herzfrequenzen“,

1 Einleitung

Eine Vielzahl in der Vergangenheit durchgeführter Studien belegen, dass circa 90 Prozent aller Autofahrer kontinuierlich Musik während des Autofahrens hören. Trotz dieser Erkenntnis wurden in diesem Zusammenhang bislang noch nicht ausreichend klärende Untersuchungen bezüglich der musikalischen Wirkung auf den emotionalen Zustand des Fahrers durchgeführt (Dibben amp; Williamson, 2007). Zudem sind in der Vergangenheit primär empirische Untersuchungen erfolgt, die den Einfluss der Musik im klinischen Kontext und weniger in alltäglichen Situationen untersuchten (Wiesenthal, Hennessy amp; Totten, 2000). Eine weitere Motivation dieser Arbeit, bestand in der zu­nehmenden Relevanz der Emotionen im Straßenverkehr. Im Besonderen stellen dabei aggressive Verhaltensweisen, zumeist ausgelöst durch das Empfinden von Ärger, die Hauptunfallursache dar (Whitlock, 1971). Heutige Fahraufgaben sind durch immer komplexer werdende Strukturen und Informationen, durch einen immer schneller wer­denden Verkehr als auch durch eine ansteigende Zahl von Funktionen innerhalb des Autos gekennzeichnet (Schade amp; Engeln, 2008). Hinsichtlich dessen scheint sich ein immer größer werdendes Aggressionspotential zu entwickeln, dem mit spezifischen Maßnahmen gezielt entgegengewirkt werden muss. Vor diesem Hintergrund soll durch die nachfolgende Untersuchung, zum Einfluss musikalischer Präferenzen auf den emo­tionalen Zustand des Fahrzeugführers, ein gewisser Beitrag, bezüglich des noch relativ geringen Forschungsstandes, gewonnen werden.

Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich aufgrund der oben darge­stellten Problematik zunächst im Rahmen theoretischer Betrachtungen mit den Grund­lagen und bereits gewonnenen Erkenntnissen der musikalischen Auswirkungen auf die Emotionen. Dabei erfolgen in diesem Zusammenhang differenzierte Darlegungen rele­vanter musik- (Abschnitt 2.1) als auch emotionspsychologischer Aspekte (Abschnitt 2.2). Anschließend wird im zweiten Teil der Arbeit die methodische Darstellung der empirischen Untersuchung stattfinden. Den Untersuchungsgegenstand stellt dabei die Frage: Lässt sich durch die Präsentation präferierter Musik ein ärgerreduzierender Ef­fekt auf die Emotion von Fahrzeugführern erzeugen? (Abschnitt 2.3) dar. An die Erläu­terungen der Untersuchungsmethode (Abschnitt 3) schließen sich die Präsentation der Untersuchungsergebnisse (Abschnitt 4) sowie deren Diskussion (Abschnitt 5) an. Zum Ende der Arbeit wird ein Ausblick (Abschnitt 5.3) über mögliche zukünftige For­schungsgegenstände erfolgen.

2 Theoretische Hintergründe

In den nachfolgenden Gliederungspunkten soll die Darlegung relevanter theore­tischer Grundlagen in den Bereichen der Musik- und Emotionspsychologie erfolgen.

Dabei werden im Besonderen auf Aspekte der musikalischen Wirkungen und Präferen­zen eingegangen. Zudem sollen Auswirkungen des Musikhörens im Rahmen des Auto­fahrens genauer betrachtet werden. Darüber hinaus finden Erläuterungen zur Bedeu­tung der Emotionen im Allgemeinen sowie Ausführungen zur Emotionsregulation statt. Den Abschluss bilden, auf Basis der theoretischen Zusammenhänge, die Formulierun­gen der Forschungsfrage als auch der Hypothesen.

2.1 Musik

Musik ist in der heutigen Zeit nahezu überall präsent und existiert unabhängig von Kulturen. Mit ihr verbunden sind stets individuelle Empfindungen und Stimmungen, positiver als auch negativer Art (Hesse, 2003). Will man nun an dieser Stelle speziell die Wirkung der Musik genauer analysieren, so darf die Frage nicht nach der Wirkung an sich gestellt werden, sondern muss lauten: „Welche Musik hat bei welchen Men­schen unter welchen Rahmenbedingungen welche Wirkung?“ (ebd., S. 8).

2.1.1 Definition Musik

Alleine aus der musikalischen Literatur gehen unzählige Definitionen für den Wortlaut Musik hervor. Des Weiteren kommt erschwerend hinzu, dass die Begrifflich- keit der Musik über die Kulturen hinweg inhaltlich variiert (Kästner, 2005). Die Formu­lierungen der nachfolgenden Definitionen sollen zunächst einen ersten Eindruck der musikalischen Definitionsvielfalt vermitteln:

„Musik ist eine symbolische Sprache. Sie ist begründet auf einer spezifischen, nichtinhaltlichen, formalen, konnotativen Beziehung zwischen Musik und dem subjekti­ven Erleben und Fühlen. Musik klingt in der Art und Weise, wie man erlebt und fühlt“ (Bruhn, Oerter amp; Rösing, 1985, S. 260).

„Musik ist die bewusst gestaltete, zeitlich strukturierte Ordnung von akustischen Ereig­nissen in sozialen Kontexten“ (Altenmüller, 2005, S. 139).

„. . . sie beeinflusst uns, motiviert uns positiv oder negativ, schafft Hörerwartun­gen und bestimmte Formen des Hörverhaltens, prägt Aversionen und Präferenzen, Musikgeschmack und Musikverständnis“ (Bruhn, Oerter amp; Rösing, 1985, S. 269).

Über alle Definitionsversuche hinweg kristallisieren sich jedoch wenige gemein­same Aspekte dieser Begrifflichkeit heraus. Zum einem ist Musik in erster Linie immer hörbar und unterliegt dabei gewissen Gestaltungsgesetzen. Zum anderen wird der Mu­sik ein gewisser kommunikativer Aspekt zugeschrieben (Kästner, 2005).

2.1.2 Das Phänomen Musik

Innerhalb Deutschlands gilt das Musikhören als die wichtigste Freizeitbeschäfti­gung Doch nicht nur in der Freizeit hat das Hören von Musik eine bedeutende Position eingenommen. Beispielsweise sind sozialpsychologische Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass das gemeinsame Hören von Musik zu einer stärkeren Gruppenbin­dung führt (Altenmüller, 2005). Des Weiteren haben sich in der Vergangenheit diverse musiktherapeutische Ansätze zur Stressbewältigung, Angstreduktion sowie zur Regu­lation physiologischer Kennwerte wie Blutdruck und Herzfrequenz entwickelt. Sogar im medizinischen Bereich ist das Phänomen Musik von entscheidender Relevanz. So zei­gen beispielsweise Chirurgen, die während der Operation selbstgewählte, sprich präfe- rierte Musik hören, eine erhöhte Effektivität ihrer Arbeit sowie einen geringeren Blut­druck als auch eine geringere Herzfrequenz auf, im Vergleich zu Chirurgen, die ohne Musik operieren. Darüber hinaus kommt es auch in Zahnarztpraxen zu einem immer häufigeren Einsatz von Musik. Demnach nehmen Zahnarztpatienten, denen zum Zeit­punkt der Behandlung Musik präsentiert wird, weniger Schmerzen und Stress wahr. Dieses führt wiederum beim behandelnden Zahnarzt zu geringerer Anspannung sowie einer höheren technischen Präzision (Wiesenthal, Hennessy amp; Totten, 2000).

Neben den oben genannten Gebieten spielt die Musik heutzutage auch wäh­rend des Alltags eine zunehmend größere Rolle. Dies ist nicht zuletzt auf den immer schneller werdenden technischen Fortschritt zurückzuführen, mit Hilfe dessen wir an nahezu allen Orten mittels iPhone, MP3-Player oder sonstiger Medien bedingungslos Musik hören können.

Auch in der Automobilindustrie haben technische Entwicklungen in den vergan­genen Jahren zu Veränderungen der Art und Weise des Musikhörens während der Fahrt geführt. Galt in den siebziger Jahren noch das Autoradio als Standard, zählen heutzutage CD- als auch MP3-Player zu den gängigen Unterhaltungssystemen inner­halb des Autos. In Folge dessen kam es zu einem erhöhten prozentualen Anteil (67 %) derjenigen, die selbstgewählte, präferierte Musik während des Autofahrens hören. Hier stellt sich die Frage, welche Ursachen und Beweggründe es für diese Bevorzugung gibt (Dibben amp; Williamson, 2007). Nguyen et al. befragten 1998 in einer Untersuchung Autofahrer hinsichtlich ihrer Motivation sich für selbstgewählte Musik während des Fah­rens zu entscheiden. Die am häufigsten genannten Antworten waren dabei, dass Mu­sik im Allgemeinen zu einer angenehmeren Gestaltung der gesamten Fahrsituation führt. Dabei wird einerseits die musikalische Wahrnehmung als unterhaltend empfun­den, andererseits trägt sie dazu bei, der Entstehung von Langeweile entgegenzuwir­ken. Gleichzeitig wirkt die wahrgenommene Musik stimulierend und entspannend. Zu­sätzlich wurde das Musikhören als eine Gegenmaßnahme für die Entstehung von Mü- digkeit bezeichnet, beispielsweise durch die bewusste Erhöhung der Musiklautstärke (zitiert nach Dibben amp; Williamson, 2007).

2.1.3 Musik und ihre Wirkung

Nach Dibben und Williamson (2007) wird der Musik im therapeutischen Kontext ein stressreduzierender Effekt sowie die positive Beeinflussung des emotionalen Zu­standes zugeschrieben. Besonders in der Musiktherapie hat sich ein verstärkter Zu­sammenhang zwischen Musik und Aggressionen herausgestellt. Demnach wirkt das Aufnehmen von Musikalischem ärger- sowie aggressionsreduzierend, zusätzlich wer­den negative Gedanken in eine positivere Richtung gelenkt (Bright, 1986; Sidorenko, 2000). Des Weiteren erleichtert Musik, hauptsächlich in Phasen der Belastung, die Entspannung (Seaward, 2012) und wirkt zudem angstlösend (Knight amp; Rickard, 2001). Auch der Vertrautheitsgrad mit einem spezifischen Musikstück beeinflusst die musikali­sche Wirkung bezüglich der empfundenen Emotionen. Zunehmend vertraute Musik, kann zu Assoziation mit bestimmten Erinnerungen, positive als auch negative, führen sowie zur Beeinflussung des Wohlbefindens. Zudem ermöglicht ein gewisser Vertrau­theitsgrad eines Musikstückes die Erleichterung der Wahrnehmung aufgrund von be­reits vorhandenem Wissen, wie beispielsweise in Bezug auf den Text oder hinsichtlich bestimmter Melodieabfolgen (Schick, 2012). Gleichzeitig kann jedoch aktuell noch nicht geklärt werden, ob der Musik diese Effekte bedingungslos auch in alltäglichen Situatio­nen zugeschrieben werden können, dazu gehört unter anderem auch der Kontext des Autofahrens. Beispielsweise liegen ebenfalls Ergebnisse vor, die aufzeigen, dass im Besonderen aggressive Texte, Heavy Metal als auch Rap Musik zu stärkeren Aggres­sionen führen (Barongan amp; Hall, 1995; Gowensmith amp; Bloom, 1997). Vor diesem Hin­tergrund verfügt die allgemeine musikalische Wirkung über ein breites Spektrum an möglichen hervorzurufenden Emotionen, von Euphorie zu Entspannung bis hin zu Traurigkeit (Juslin amp; Sloboda, 2010). Folglich kann der vielseitige, sich ändernde Effekt als die bedeutendste Funktion der Musik bezeichnet werden (van der Zwaag, Fairclough, Spiridon amp; Westerink, 2011).

Wirkung auf physiologische Parameter

Das Vorhandensein eines musikalischen Einflusses auf die physiologische Er­regung wie beispielsweise der Herzfrequenz oder der Hautleifähigkeit ist im Allgemei­nen recht unbestritten. Die Art der Beeinflussung jedoch führt in diversen früheren Stu­dien zu teilweise unterschiedlichen Erkenntnissen. Derweil sich die physiologischen Reaktionen auf die Musik im Allgemeinen von denen im Kontext des Autofahrens un­terscheiden. Aus den wissenschaftlichen Versuchen von Hanser und Thompson (1994) geht als eine Folge der Musik ohne der Berücksichtigung eines spezifischen Kontextes,die Reduzierung des physiologischen sowie des psychologischen Stressempfindens als auch eine Verringerung des körperlichen Aktivierungsgrades hervor. Zu den glei­chen Ergebnissen kamen auch Takeshi amp; Nakamura (1991), speziell, wenn es sich dabei um präferierte Musik beziehungsweise um selbst ausgewählte Musik handelte (nach Wiesenthal, Hennessy amp; Totten, 2003). Hierbei spielt auch das musikalische Tempo keine entscheidende Rolle, denn schnelle und langsame Musik sind gleicher­maßen effektiv, wenn es um die Reduzierung von Stress geht (McCaffery, 1990). Bei Musikstücken, die ein erhöhtes musikalisches Tempo aufweisen, wird dieser Effekt zwar nicht unbedingt vermutet, er tritt aber auch, wenn es sich hierbei um präferierte Musik handelt (Burns et al., 2002). Rickard (2004) konnte zudem aus seinen Untersu­chungen ableiten, dass speziell ein hohes musikalisches Arousal zu einer erhöhten Hautleitfähigkeit führt, währenddessen langsame Musik, mit einem geringen Arousal, eine Verringerung der Hautleitfähigkeit zur Folge hat (Krumhansl, 1997). Darüber hin­aus ergaben Studien, dass während des Hörens eines bestimmten präferierten Musik­stückes, unterschiedliche körperliche Erregungsgrade wahrgenommen werden können. Im Gegensatz dazu liefern jedoch auch zahlreiche Studien keinerlei Beweis hinsichtlich der musikalischen Wirkung auf physiologische Parameter. Andere Studien wiederum sprechen der Musik nur teilweise unter bestimmten Voraussetzungen eine physiologi­sche Beeinflussung zu. Dabei werden häufig methodische Probleme, wie beispielswei­se zu kleine Stichproben, nicht ausreichende statistische Kenntnisse aber auch das Fehlen von Baselines, für die inkonsistenten Ergebnisse über die Studien hinweg an­geführt. Ergänzend kommt hinzu, dass persönliche Faktoren, wie die individuelle Reak­tion auf musikalische Darbietungen als auch psychologische sowie soziale Faktoren einen Einfluss auf die physiologische Reaktionsweise ausüben (Knight amp; Rickard, 2001). Des Weiteren werden die physiologischen Reaktionen auch durch Aspekte wie der Vertrautheit mit dem Musikstück (Bartel, 1992; zitiert nach Hallam, Cross amp; Thaut, 2009), der aktuelle Gefühlszustand der Person als auch durch die Beurteilung der Mu­sik als präferiert oder nicht präferiert, beeinflusst (Abeles amp; Chung, 1996; zitiert nach Hallam, Cross amp; Thaut, 2009).

Dey et al. (2006) untersuchten hingegen die musikalischen Auswirkungen der Herzfrequenz während des Autofahrens. Hierzu erfolgten die Durchführung von Simulatorfahrten und das gleichzeitige Darbieten von entweder anregender, beruhi­gender oder keiner Musik. Die Ergebnisse der physiologischen Messungen zeigten im Falle der anregenden sowie beruhigenden Musik jeweils signifikante Anstiege der Herzfrequenz im direkten Vergleich zu den Kontrollbedingungen auf (Golka, Hengstler, Letzel amp; Nowak, 2011). Wobei die Herzfrequenzen während der Darbietung von anre­gender Musik höher waren, im Vergleich zu den Herzfrequenzen, die bei der Präsenta­tion von ruhiger Musik gemessen worden sind. Dabei spielen das Präferieren bezie­hungsweise Nicht-Präferieren von Musik, im Gegensatz zum musikalischen Arousal, keine dominante Rolle (Iwanaga amp; Moroki, 1999).

2.1.4 Die musikalische Präferenz

Schon im 19. Jahrhundert wurde der Bezeichnung Geschmack etwas Subjekti­ves sowie Irrationales zugeschrieben. Von Sozialpsychologen wird dieser bevorzugt auch als Präferenz oder Vorliebe bezeichnet. Demnach versteht man unter einer Präfe­renz die Neigungen und Vorlieben eines Menschen, welche affektiv bestimmt werden (De La Motte-Haber, 1985). Vor dem Hintergrund einer recht heterogenen Verteilung der musikalsichen Präferenzen innerhalb der Gesellschaft, können keine spezifischen ästhetischen Charakteristika zur Begründung einer musikalischen Präferenz herange­zogen werden. Stattdessen basiert nach De La Motte-Haber (1985) eine individuelle musikalische Vorliebe, auf der durch die Musik induzierte Stimmung sowie deren Ein­gängigkeit. Desweiteren können musikalische Neigungen auch im Wertesystem eines jeden Einzelnen verankert sein.

Berlyne kam in seiner Studie zu der Erkenntnis, dass größtmöglicher Gefallen bei durchschnittlicher Erregung sowie Komplexität hervorgerufen wird. Dabei verringert sich das Wohlgefallen bei sehr komplexen Wahrnehmungsleistungen, was zu einer erhöhten Aktivierung führt. Wird hingegen gar keine Aktivierung ausgelöst, tendiert das Wohlgefallen gegen Null. Problematisch sind hierbei die individuellen Unterschiede in den Definitionen von Komplexität und Erregung. Außerdem ist die subjektive Einschät­zung der Komplexität durch den sozialen Kontext, die Persönlichkeit als auch durch die jeweilige Sensibilität geprägt. Hinsichtlich dessen ist es nicht möglich, eine Gesetzmä­ßigkeit in Bezug auf eine musikalische Präferenz abzuleiten (Bühler, 2008).

Bezüglich des Musikgeschmacks gilt es das Geschlecht als einen spezifischen Einfluss zu verstehen. So bevorzugen Frauen generell ausdrucksvolle und emotionale Musik, Männer hingegen neigen dagegen zu offensiver und aggressiver Musik (Dahlhaus amp; De La Motte-Haber, 1982).

Während Anfang der Fünfziger Jahre noch von einem Zusammenhang zwi­schen der musikalischen Präferenz und den Persönlichkeitseigenschaften eines Men­schen ausgegangen wurde (Fisher, S. amp; Fisher, R.L., 1951; Cattell, Häcker amp; Schmidt, 1999), kam es circa zwei Jahrzehnte später durch De La Motte-Haber (1985) zu einer Sichtweise, welche dieses ausschließt: „Das [sic] der Geschmack aber als Indikator allgemeinerer Persönlichkeitseigenschaften fungieren könnte, ist kaum denkbar“ (De La Motte-Haber, 1985, S. 183). Erst recht nicht im Hinblick auf die musikalische Bil­dung, die einen erheblichen Einfluss auf die musikalischen Präferenzen hat. Zudem befinden sich die Korrelation zwischen musikalischem Geschmack und Persönlich­keitsfaktoren nach De La Motte-Haber nur in seltenen Fällen über 0.30. In Anbetracht dessen lässt sich nicht von der Persönlichkeit eines Menschen auf dessen musikali­sche Tendenzen schließen (ebd.). Jüngste Forschungserkenntnisse lassen jedoch wieder erneut auf einen Zusammenhang von musikalischer Präferenz und individuellen Charakteristiken schließen. Des Weiteren sind bei der Ausbildung von Präferenzen ebenfalls Einflüsse aus dem sozialen Kontext, beispielsweise durch die musikalischen Präferenzen der Eltern und Freunde, von Bedeutung (Schäfer, Tipandjan amp; Sedlmeier, 2012). Gleichwohl spielen auch die Häufigkeit, mit der eine bestimmte Musikrichtung, ein bestimmtes Lied, gehört werden und die daraus resultierende Vertrautheit, eine entscheidende Rolle (Schäfer amp; Sedlmeier, 2009 b). Hinsichtlich der Bildung einer mu­sikalischen Präferenz ist zusätzlich die jeweilige Situation, in der die Bewertung der Musik stattfindet, von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang spielen ebenfalls das aktuelle emotionale Befinden, Normen der Ästhetik sowie die musikali­sche Bildung des Einzelnen eine relevante Rolle (Behne, 1997).

2.1.5 Musik während des Autofahrens

Im Allgemeinen bestehen positive als auch negative Auswirkungen des Musik­hörens während der Autofahrt. Zu den vorteilhaften Effekten zählt unbestritten der Ein­fluss auf die aktuelle Stimmungslage des Fahrers sowie auf dessen körperlichen Akti­vierungsgrad. Die Beeinflussung der physischen Erregung hat eine positive Auswir­kung auf den Müdigkeitsgrad des Fahrers, zudem verfügen radiohörende Autofahrer über ein geringeres Unfallrisiko. Jedoch bestehen auch zeitliche Grenzen hinsichtlich des Einflusses auf die Müdigkeit. Demnach besteht der müdigkeitsreduzierende Effekt nur innerhalb der ersten 30 Minuten. Während dieser Zeit treten im Vergleich zu Auto­fahrern, die keinerlei Maßnahmen zur Müdigkeitsbekämpfung anwenden, geringere Spurschwankungen während des Fahrens auf (Cummings et al., 2001 nach Dibben amp; Williamson, 2007). Eine mögliche Erklärung für den zeitlich begrenzten Effekt auf die Müdigkeit könnte dabei sein, dass die Selbstwahrnehmung des Fahrers unbewusst beeinflusst wird und dieser demzufolge sein Müdigkeitsempfinden kurzzeitig weniger intensiv wahrnimmt (Dibben amp; Williamson, 2007).

Darüber hinaus fanden Stutts et al. (2003) in ihrer Untersuchung heraus, dass vor allem eine geringe Straßenbeleuchtung, ein mittleres Verkehrsaufkommen als auch das Fahren ohne weitere Insassen zu häufigerem Musikhören während des Fahrens führen. Mit Hilfe von Interviews versuchte Bull (2001) Erfahrungsberichte hinsichtlich der musikalischen Auswirkungen beziehungsweise der Wahrnehmung zur Zeit des Fahrens zu erfassen. Anhand der Auswertungen konnte festgestellt werden, dass die musikalische Wahrnehmung beim Autofahren gleichzeitig zur Bildung einer speziellen Form der Privatsphäre beiträgt. Diese andersartig empfundene Privatsphäre führt wie­derum zunehmend zu spezifischen Verhaltensänderungen. In Folge dessen wird bei- spielsweise vermehrt präferierte Musik gehört, dessen Hören im Beisein von anderen Mitfahrern, als unangenehm oder gar als peinlich empfunden werden würde. Zusätzlich wurde im selben Zusammenhang vom Bevorzugen höherer Lautstärken sowie von unbeirrtem Mitsingen aufgrund fehlender Beobachtung berichtet. Zudem schilderten die Befragten in Verbindung mit Musik einen gewissen Abbau fahrbedingter Frustrati­on.

Betrachtet man den Prozess des Autofahrens hinsichtlich der Inanspruchnahme kognitiver, sensorischer sowie motorischer Fähigkeiten, bedarf der Ablenkungsaspekt durch musikalische Darbietungen zunehmender Berücksichtigung. Der hohe Aufmerk­samkeitsanspruch und das ständige Assoziieren möglicher zukünftiger Verkehrsereig­nisse werden durch jeglichen konkurrierenden Stimulus beeinträchtigt. Demnach wer­den kognitive Ressourcen zunehmend auch auf Aspekte verteilt, die in keinem Zu­sammenhang mit dem eigentlichen Fahrprozess stehen. Demnach führt die musikali­sche Wahrnehmung während des Autofahrens zu einer Beeinflussung der Fahrleis­tung. Im Speziellen sind dies Beeinträchtigungen der Fahrkontrolle, der Geschwindig­keitsaufrechterhaltung sowie des Spurenhaltens. Zusätzlich trägt die verringerte Auf­merksamkeit zur Verschlechterung der Reaktionszeiten bei (Dibben amp; Williamson, 2007).

Nach der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) sind bei­spielsweise ein Viertel aller US-amerikanischen Verkehrsunfälle auf einen Ablen­kungsaspekt während der Fahrt zurückzuführen (Sundeen, 2002; Shelton, 2001). In England und Wales erwiesen sich hingegen zwei Prozent aller schweren Verkehrsun­fälle als ein Resultat der Ablenkung (Stevens amp; Minton, 2001). Während im Zusam­menhang mit dem Musikhören in erster Linie akustische Ablenkungen in Betracht ge­zogen werden, analysierte demgegenüber eine Studie des Highway Safety Research Center (2003) die Anzahl manueller Handlungen, die in Verbindung mit dem Musikhö­ren während des Fahrens stattfinden. Dabei wurde unter anderem ermittelt, dass Auto­fahrer pro Stunde durchschnittlich knapp siebeneinhalb Mal Änderungen an Radioein­stellungen vornehmen.

Hinsichtlich des Musikhörens während des Autofahrens konnten Dibben amp; Wil­liamson (2007) vier verschiedene Ablenkungsarten identifizieren: dazu zählen die Ab­lenkung auf visueller, akustischer, biomechanischer sowie auf kognitiver Ebene. Wobei diese Ablenkungsformen in Verbindung mit dem Musikhören alle gleichzeitig auftreten können. Von einer visuellen Ablenkung ist die Rede, wenn der Fahrzeugführer seine visuelle Aufmerksamkeit nicht mehr auf den Straßenverkehr, sondern beispielsweise auf das Radio oder den CD-Player richtet. Biomechanische Ablenkung hat körperliche Betätigungen, wie beispielsweise das Benutzen der Finger, um die Lautstärke zu ver­ändern oder einen anderen Radiosender einzustellen, zum Gegenstand. Akustische

Ablenkungen beinhalten hingegen das Überhören bestimmter Umweltgeräusche, hier­zu zählten unter anderem Sirenen von Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr als auch das Hupen anderer Verkehrsteilnehmer sowie das Überhören eigener Motorengeräu­sche. Darüber hinaus führt die musikalische Wahrnehmung zu kognitiver Ablenkung, indem die Aufmerksamkeit des Fahrers nicht mehr nur auf den Straßenverkehr gerich­tet ist, sondern auch auf die Musik. So führen zum Beispiel alleine Erinnerungen, die mit bestimmten Liedern assoziiert werden, gesungene Wörter oder inhaltliche Bedeu­tungen eines Musikstückes zu kognitiver Ablenkung. Vor diesem Hintergrund ist es entsprechend nachvollziehbar, dass das Musikhören in komplexen Verkehrssituatio­nen, die erhöhte kognitive Beanspruchungen mit sich bringen, zunehmend abgelehnt wird (North amp; Hargreaves, 1999). Zusätzlich gehen häufig kognitive Überlastungen mit komplexen Verkehrssituationen einher. Hierbei kann ein Gefühl der Überforderung entstehen, da die vorhandenen kognitiven Ressourcen nicht mehr zur Bewältigung der Fahraufgabe ausreichen. In diesem Zusammenhang werden in der Regel periphere Anforderungen, wie beispielsweise die Musik im Radio, ausgeblendet beziehungsweise ignoriert (Gross, 2010). Im Gegensatz dazu wird Musik während des Fahrens bevor­zugt gehört, um das subjektive Gefühl der Kontrolle zu erhöhen (Bill, 2001; nach Dibben amp; Williamson 2007), was wiederum zu einer reduzierten Stresswahrnehmung auf Seiten des Fahrers führt (Connell amp; Joint, 1997).

Nicht nur die Musik an sich hat einen Einfluss auf den emotionalen Zustand des Fahrzeugführers, sondern auch spezifische Eigenschaften eines Musikstückes wie Lautstärke und Tempo. Nach Belojevic et al. (2001) sinkt mit zunehmender musikali­scher Lautstärke die Konzentrationsfähigkeit, im Gegenzug dazu kommt es zu einer Erhöhung der wahrgenommenen Müdigkeit. Zusätzlich ruft laute Musik (85 dB) wäh­rend des Fahrens eine längere Reaktionszeit bei der Entdeckung von peripheren Sig­nalen hervor (Beh amp; Hirst, 1999). Hinsichtlich des musikalischen Tempos führt nach Brodsky (2002) das Hören schneller Musik (120 bpm) zu unvorteilhaften Fahrentschei­dungen, was im Vergleich zu langsamerer Musik eine doppelt so hohe Unfallwahr­scheinlichkeit zur Folge hat. Eine weitere Konsequenz schneller Musik sind eine erhöh­te Fahrgeschwindigkeit sowie die schlechtere Einschätzung beziehungsweise Beurtei­lung der eigenen Geschwindigkeit. Zusammenfassend kann an dieser Stelle gesagt werden, dass durch die Musikstimulation während des Autofahrens eine bedeutende Beeinflussung stattfindet, obwohl sich der Fahrzeugführer dieser Tatsache nicht be­wusst ist (Dey, Gschwend, Baumgartner, P. Jäncke amp; L. Jäncke, 2006).

2.2 Emotionen

Emotionen gelten als zentrale Phänomene des alltäglichen Lebens. Sie sind ein relevanter Bestandteil der Kommunikation als auch Interaktion und stehen in scheinbar engem Zusammenhang mit dem menschlichen Handeln (Rudolphi, 2010). Aufgabe der Emotionen ist es, individuelles Verhalten effektiv zu gestalten und dieses an die inne­ren und äußeren Bedingungen anzugleichen (Rost, 2001).

2.2.1 Definition Emotionen

Trotz der interdisziplinären Verwendung des Begriffes Emotionen ist weder in der Emotionspsychologie, in der Philosophie noch in anderen Fachrichtungen eine einheitliche Begriffsbestimmung zu finden. Obwohl der Emotionsbegriff diversen Dar­stellungen unterliegt, hat sich trotz allem im Laufe der Zeit eine gewisse Konformität herauskristallisiert. Somit lässt sich in allen literarisch dokumentierten Erklärungsver­suchen eine Übereinstimmung auf drei Dimensionen erkennen. Emotionen beschrei­ben demnach einen bestimmten Zustand, der durch „subjektives Erleben (Gefühlsemp­findungen), Ausdrucksverhalten und körperliche Veränderungen“ bestimmt wird (Schmidt-Atzert, 1982, S. 27). Wie die nachfolgende Abbildung 1 zeigt, differenziert sich ein Großteil aller Emotionen einerseits durch die Beschreibung wie angenehm beziehungsweise unangenehm die spezifische Emotion empfunden wird und anderer­seits durch eine Aussage bezüglich des Erregungsgrades, welcher mit der einzelnen Emotion in Verbindung gebracht wird.

Abbildung 1: Einstufung verschiedener Emotionen auf den Dimensionen angenehm­unangenehm und Erregung-Ruhe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Jeder einzelne Begriff in Abbildung 1, beispielsweise „Angst“, steht dabei für eine eigenständige Kategorie, der weitere Emotionen zugeordnet werden können. So gehören unter anderem Begriffe wie „Verzweiflung, Entsetzen, Panik, Schreck und Furcht“ (Schmidt-Atzert, 1982, S. 30) ebenfalls in die Kategorie „Angst“. Daraus wird ersichtlich, dass diverse Emotionsbegriffe einer gewissen Ähnlichkeit unterliegen und zu einer Kategorie zusammengefasst werden können. Diese Kategorien spiegeln wie­derum die Vielfältigkeit als auch die Weitläufigkeit des Emotionsbegriffes wider (Schmidt-Atzert, 1982).

Ergänzend zu Schmidt-Atzert fügt Altenmüller (2005) noch eine weitere Dimen­sion, die „kognitive Bewertung“ (Altenmüller, 2005, S. 143), zur Emotionsbeschreibung hinzu. Demnach versteht Altenmüller (2005) unter einer Emotion: „. . . ein Reaktions­muster, das auf vier Ebenen wirksam wird: a) als subjektives Gefühl, b) als motorische Äußerung, z.B. als Ausdrucksverhalten in Mimik, Gestik, und Stimme, c) als physiolo­gische Reaktion des autonomen Nervensystems z.B. in einer Gänsehaut und d) als kognitive Bewertung“ (Altenmüller, 2005, S. 143).

2.2.2 Entstehung und Bedeutung von Emotionen

Die Frage nach der Entstehung von Emotionen lässt sich nicht eindeutig be­antworten. Bis heute sind in der Literatur verschiedene, sich nicht gegenseitig aus­schließende Erklärungsansätze vertreten. Von sehr allgemeinem Anspruch ist dabei die Annahme, dass die Emotionsentstehung als eine Folge der Ereignisbewertung an­gesehen werden kann. Vor dem Hintergrund, dass ein und dieselbe Begebenheit für jeden Einzelnen durchaus eine andere Bedeutung haben kann, erklären sich auch die unterschiedlichen individuellen Reaktionsweisen (Lazarus amp; Smith, 1988). Aus diesem Erklärungsansatz geht jedoch nicht hervor, wie es nach der Situationsbewertung zu einer Emotionsbildung kommt (Schmidt-Atzert, 1982).

Ein weiterer Ansatz hingegen lässt die Bewertung von Ereignissen und dessen Folgen unberücksichtigt und basiert stattdessen auf der Annahme, dass Emotionen unmittelbar im Gehirn entstehen, in sogenannten „Emotionszentren“ (Schmidt-Atzert, 1982, S. 36). Die verschiedenen Emotionszentren werden hierbei durch spezifische Umweltreize angeregt. Wie genau dabei im Einzelnen die Vorgänge im Gehirn ablau­fen, bleibt zukünftig noch zu klären (Grossman, 1967; nach Schmidt-Atzert, 1982).

Bei der Frage nach der Entstehung von Emotionen liefern Schachter und Singer offenbar einen der bekanntesten Ansätze. Ihre Emotionstheorie beruht dabei auf der Annahme, dass jegliche Emotionen zu identischen physiologischen Reaktionen führen.

Der Mensch nimmt demzufolge seine körperlichen Veränderungen wahr und sucht anschließend nach einer entsprechenden Ursache dafür. In den häufigsten Fällen ist der Auslöser im unmittelbaren Umfeld der Person zu finden. Beispielsweise kann eine physiologische Erregung durch die Gestalt eines als gefährlich eingeschätzten Tieres oder auch durch eine persönliche Demütigung hervorgerufen werden (Schachter amp; Singer, 1962; zitiert nach Schmidt-Atzert, 1982). Trotz zahlreicher Experimente, die diesbezüglich durchgeführt wurden, konnte diese Theorie jedoch bis heute nicht bestä­tigt werden (Schmidt-Atzert, 1982). Eine allgemein gültige Theorie zur Entstehung von Emotionen ist somit nicht vorhanden und muss weiterhin Gegenstand zukünftiger For­schungen sein.

Im Vergleich zur Problematik der Emotionsentstehung gestaltet sich die Frage nach den verschiedenen Emotionsarten einfacher. Nach Ekman (1994) existieren über alle Kulturen hinweg sieben Basisemotionen. Dazu gehören: Freunde, Zorn, Angst, Ekel, Traurigkeit, Überraschung und Verachtung. Dabei verfügt jede dieser Emotionen über einen eigenen charakteristischen Gesichtsausdruck (Domning, Elger amp; Rasel, 2009).

Emotionsregulation

In der Emotionsforschung wird im Zusammenhang mit der Emotionsregulation auch vermehrt der Ausdruck der Intensitätsregulation beziehungsweise der Emotions­kontrolle, anstelle des Begriffs der Bewältigung, verwendet (Znoj, 2008). Nach Zim­mermann (1999) umfasst die Regulation von Emotionen unter anderem einen Prozess der Kontrolle als auch die Beurteilung sowie Veränderung emotionaler Reaktionen im Hinblick auf die Intensität und den Zeitverlauf. Unterdessen gewinnen die Eigenschaf­ten der Emotionsregulation gerade im Zusammenhang mit starken Emotionen an im­mer größerer Bedeutung. Dabei kann das Auslösen einer emotionalen Regulation von innen, also vom Individuum selbst, aber auch durch äußere Aspekte, wie beispielswei­se der Musik, erfolgen. Mayer und Salovey nehmen zudem an, dass Menschen im Be­sitz individuell geformter Modelle der Emotionskonstruktion sowie -regulation sind (Bleicher, 2003). Die Rolle der Emotionen muss dabei einer differenzierten Betrachtung unterzogen werden. Zum einen kann eine Emotion das Ergebnis einer Handlungsbe­wältigung, unabhängig davon, ob die Bewältigung erfolgreich oder nicht erfolgreich war, sein. Zum anderen kann die Initiierung einer Handlung mittels Emotionen hervor­gerufen werden. Nach Lazarus amp; Folkman (1984) wird dabei durch die Bewältigungs­prozesse die Qualität sowie die Intensität der Emotionen moduliert.

Speziell auf die Emotion Ärger bezogen, existieren zwei Regulationsformen, die sich jedoch nicht scharf voneinander trennen lassen. Dazu gehören einerseits eine typische Form der Bewältigung sowie andererseits präventive Maßnahmen zur emotio-nalen Regulation. Dabei beinhaltet der Begriff der Emotionsregulation den Aspekt des selbstständigen Steuerns von Emotionen, währenddessen der Ausdruck der Bewälti­gungsformen gleichzeitig auch automatisch ablaufende Reaktionen bezeichnet. Dem­nach sind emotionale Veränderungen in akuten Situationen nur schwer vorzunehmen und müssen aus diesem Grund auf präventive Weise erarbeitet werden, damit sie dann im Bedarfsfall automatisch zur Anwendung kommen können. Zusätzlich kommt in Ver­bindung mit der Emotion Ärger erschwerend hinzu, dass sich diese Emotionsart in den meisten Fällen gegen andere Personen richtet und somit im optimalen Fall bei der Be­wältigung auch immer der soziale Aspekt berücksichtigt werden sollte. Das Ausdrucks­verhalten von empfundenem Ärger erstreckt sich von Ärgerunterdrückung bis hin zu ungehemmtem Ausdruck (Bleicher, 2003). Wobei jedoch durch das Nicht-Ausdrücken des Ärgers physische als auch psychische Probleme entstehen können (Rothenberg, 1971; zitiert nach Bleicher, 2003). Im Gegensatz dazu soll der freie Ausdruck des Ärgerempfindens zur Reduktion von Spannungen und Aggressionen führen (Tavris, 1989). Infolgedessen muss individuell erlernt werden, was angemessene Reaktions­weisen sind. Damit einher gehen das Erkennen der Ärgerursache, entsprechende Ver­änderungen des individuellen Handelns sowie das Ausbilden von persönlichen Frustra­tionstoleranzen (Völker, 1980). Im Anschluss dessen soll, neben dem Erkennen von angemessenem Ausdrucksverhaltens des Ärgers, die Befähigung entstehen, Emotio­nen so zu regulieren, dass ein entsprechendes Bewältigungsverhalten ausgeübt wer­den kann (Hollin amp; Palmer, 2006).

2.2.3 Erzeugung physiologischer Reaktionen

Hinsichtlich der Emotionspsychologie können der Musik zwei bedeutende Funk­tionen zugesprochen werden. Zum einen gilt Musik als Emotionsauslöser und zum anderen ermöglicht Musik den Transport von Emotionen und stellt somit gleichzeitig ein Kommunikationsmittel dar. So kann sich beispielsweise je nach Musikpräferenz oder auch in Abhängigkeit der persönlichen Verbindungen mit einem Musikstück, die Intensität der Emotionen verstärken beziehungsweise vermindern (Schmidt-Atzert, 1982).

Vor dem Hintergrund des emotionsauslösenden Aspektes der Musik, ist die Tatsache, dass ein und dasselbe Musikstück bei verschiedenen Personen unterschied­liche Emotionen hervorrufen kann, von besonderer Bedeutung. Als ein Erklärungsan­satz dient dabei die klassische Konditionierung, mit Hilfe derer dargelegt werden kann, auf welche Art und Weise ein Musikstück emotional bedeutsam wird. So werden Mu­sikstücke in der Regel in bestimmten Situationen des Alltags gehört, wie beispielsweise beim Frühstück, beim Autofahren oder auf Feiern jeglicher Art. Hinsichtlich der Theorie der klassischen Konditionierung ist nun anzunehmen, dass die Emotionen, welche während des Hörens eines spezifischen Musikstückes empfunden werden, auch zu späteren Zeitpunkten erneut mit diesem Musikstück in Verbindung gebracht werden beziehungsweise erinnert werden (ebd.).

Emotionen können Auslöser verschiedener körperlicher Reaktionsweisen sein. So führen beispielsweise starke Freude oder Furcht zu einer erhöhten Herzfrequenz. Besonders peinliche Situationen bescheren uns hingegen einen roten Kopf und Aufre­gung hat nicht selten unangenehme Schweißflecken zur Folge. Hinsichtlich dieses Spektrums an physiologischen Reaktionen stellt sich die Frage, ob eine spezifische Emotion bei verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen physiologischen Reakti­onsweisen führt, beziehungsweise ob jede Emotion eine körperliche Reaktion hervor­ruft. Aufgrund von zahlreichen Untersuchungen können jedoch drei allgemein gültige Erkenntnisse als gegeben angesehen werden. Abbildung 2 stellt die folgenden drei Ergebnisse mit Hilfe eines Beispiels graphisch dar.

1. Beim Vergleich der Emotionsphase mit der neutralen Phase, in der keine Emo­tionen induziert werden, ist in der Regel in der Emotionsphase eine erhöhte physiologische Reaktion zu beobachten.
2. Des Weiteren ist kein signifikanter Zusammenhang zwischen der selbstberich­teten Emotionsstärke und der parallel dazu gemessenen physiologischen Reak­tion vorhanden.
3. Wie aus dem Beispiel in Abbildung 2 ebenfalls hervorgeht, darf im Falle einer emotionalen Erregung keine allgemeine Aktivierung angenommen werden, da unterschiedliche physiologische Parameter voneinander differenzierende Ver­laufskurven aufweisen.

1 Kontrolltag
2 Ankunft am Flug­hafen
3 Betreten des Flugzeugs
4 während des Auf­stiegs
5 Endhöhe erreicht bzw. „fertig“ Signal
6 unmittelbar nach der Landung

2.2.4 Emotionen im Straßenverkehr

Zahlreiche Faktoren können während des Autofahrens die Stimmung bezie­hungsweise den Gefühlszustand des Fahrzeugführers negativ beeinflussen. Dazu ge­hören beispielsweise Kriterien wie schlechte Wetterbedingungen, Zeitdruck als auch Stau (Wiesenthal, Hennessy amp; Totten, 2000), aber auch das Warten an roten Ampeln sowie das Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmern (Herzberg, 2004). Wobei Stau nach Gulian et al. (1989) die stärkste Quelle der Stressempfindung ist. Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zwingt den Fahrer dabei zu einer geringeren Fahrgeschwindig­keit, was wiederum zu einer negativeren Interpretation der Gesamtsituation führt (Tay­lor, 1997). Das daraus resultierende Ärger- beziehungsweise Frustrationsempfinden stellt dabei einen relevanten Wegbereiter zur Entstehung von Aggressionen dar (Holte, 2007).

Empirische Untersuchungen haben bereits die Annahmen belegt, dass ein er­höhtes Stresslevel sowie Aggressionen während des Autofahrens das Unfallrisiko in erheblichem Maße ansteigen lassen. Grund hierfür ist unter anderem die veränderte Wahrnehmung anderer Verkehrsteilnehmer als Hindernisse, die den Fahrer davon ab­halten, das gewünschte Ziel in der dafür vorgesehenen Zeit zu erreichen (Shinar, 1998, zitiert nach Dibben amp; Williamson, 2007). Nach Hennessy und Wiesenthal (1999) steht das Ausmaß von Fahreraggressionen zudem in einem direkten Zusammenhang mit der sozialen Umwelt des Fahrzeugführers.

Neben einem erhöhten Unfallrisiko aufgrund von Stress und Aggressionen des Fahrzeugführers, dürfen nach Novaco et al. (1990) die aus Stress und Aggressionen resultierenden Folgen nicht unberücksichtigt bleiben. Demzufolge kommt es nicht zu einem sofortigen Verschwinden der empfundenen Emotionen und des Stressgefühls unmittelbar nach Beendigung der Autofahrt. Vielmehr kommt es zu einer Übertragung des emotionalen Zustandes auf zeitlich direkt nachfolgende Ereignisse. Zusätzlich führt kontinuierlicher emotionaler Stress während des Fahrens langfristig zu einer negativen Beeinflussung des allgemeinen Gesundheitszustandes und des Arbeitsverhaltens im Beruf (Gulian, Debney, Glendon, Davies amp; Matthews, 1989; zitiert nach Wiesenthal, Hennessy amp; Totten, 2000). Wiesenthal et al. (2003) kamen zu dem Ergebnis, dass präferierte Musik zu einer Reduzierung von geringen Fahreraggressionen führen kann, dieses funktioniert allerdings auch nur unter moderatem Zeitdruck. Unklar hierbei ist jedoch, ob der stressreduzierende Effekt durch die Ablenkung des Musikhörens an sich erfolgt oder durch die beruhigende Wirkung der Musik.

2.3 Forschungsfrage

Die vorangegangenen theoretischen Darlegungen der Musikpsychologie vermit­teln einen ersten Eindruck über die Vielfalt der musikalischen Wirkungsmöglichkeiten. Dabei kann besonders der emotionalen Beeinflussungen durch die Musik eine beson­dere Relevanz zugesprochen werden. Demnach wird im Allgemeinen davon ausge­gangen, dass sich das Hören präferierter Musik positiv auf den emotionalen Zustand von Individuen auswirkt. Des Weiteren besteht die Annahme, dass durch die akusti­sche Darbietung musikalischer Vorlieben subjektiv empfundener Ärger reduziert und somit Emotionen unterbewusst kontrolliert werden können. Auf Basis der bereits ge­machten Erkenntnisse soll nun im Folgenden eine weitere, neue Fragestellung formu­liert und untersucht werden:

Lässt sich durch die Präsentation präferierter Musik ein ärgerreduzierender Effekt auf die Emotion von Fahrzeugführern erzeugen?

Fx Wie wirkt sich die musikalische Präferenz auf den emotionalen Zustand des Fahrzeugführers aus?

F2 Wie wirkt sich der Aktivierungsgrad präferierter Musik auf die Emotion des Fahrzeugführers in spezifischen Verkehrssituationen aus?

F3 Welchen Einfluss hat die Vertrautheit von präferierter Musik auf den Verärge­rungsgrad des Fahrzeugführers?

2.4 Hypothesen und Variablen

Nachstehend wird auf Basis der in Abschnitt 2.3 aufgeführten Forschungsfrage die Hypothesenbildung erfolgen. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage nach der ärgerreduzierenden Wirkung präferierter Musik auf den emotionalen Zustand des Fahrzeugführers. Ebenfalls sollen analysiert werden, inwieweit sich das musikalische Arousal präferierter Musik auf die Emotionen des Fahrers auswirkt und welche Bedeu­tung dem Vertrautheitsgrad präferierter Musik zugesprochen werden kann. Um auch eventuelle hervorgerufene körperliche Reaktionen zu betrachten, soll in der nachfol­genden Untersuchung die Herzfrequenz als physiologscher Parameter untersucht wer­den. Hinsichtlich des Einflusses präferierter Musik auf den individuell empfundenen Ärger, wird davon ausgegangen, dass sich präferierte Musik ärgerreduzierend auf den emotionalen Zustand des Fahrers auswirkt. Hinzukommend wird in Abhängigkeit der Stärke des musikalischen Arousals präferierter Musik eine Veränderung in den Emoti­onen der Fahrzeugführer erwartet. Im Hinblick auf die Auswirkungen der Vertrautheit eines präferierten Musikstückes, wird mit einer negativen Korrelation zwischen Ver­trautheit und Ärgerempfinden gerechnet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Eine empirische Untersuchung zum Einfluss musikalischer Präferenz auf die Emotion des Fahrzeugführers
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Veranstaltung
Verkehrspsychologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
76
Katalognummer
V284258
ISBN (eBook)
9783656839873
ISBN (Buch)
9783656839880
Dateigröße
1233 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musikpräferenz, Emotionen der Fahrzeugführer, ärgerverursachende Situation, Zeitdruck, musikalisches Arousal, musikalischer Vertrautheitsgrad, Herzfrequenz
Arbeit zitieren
Sabine Eichhorst (Autor:in), 2012, Eine empirische Untersuchung zum Einfluss musikalischer Präferenz auf die Emotion des Fahrzeugführers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284258

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