Das 1905 verfasste Werk "Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten" ist einer der ungewöhnlichsten Texte im Œuvre Sigmund Freuds. Beinahe eine Marginale seines Schaffens, kombiniert er in weiten Teilen die Grundfesten von Freuds psychoanalytischer Erfahrung: er verbindet die Trieblehre mit den kindlichen Lustprinzipien, verweist auf die Traumlehre als ein Bestandteil der Verdrängungsmechanismen in der menschlichen Psyche und destilliert genau aus diesen Erkenntnissen eine psychoökonomische Theorie des Witzes. Während Lustprinzip und Lusthemmung dabei ständig präsent sind, schimmert das psychogenerische Resultat von Freuds Überlegungen nur mit einer Nuance der Wagnis hindurch: als kindlich sei die Komik und das komische Prinzip des Witzes eigentlich aufzufassen – als eine Regression auf die Lustquellen der Kindheit, als eine Freischüttung derer von den Trümmerstücken, die die Erwachsenenmoral hinterlassen hat. Doch obwohl diese Grundthese von den infantilen Ursprüngen von Witz, Komik, später auch Humor latent bis punktuell in Freuds Witz vorhanden sind, wagt er es nur zögerlich seine Vermutung zu äußern: „Komisch ist das, was sich für den Erwachsenen nicht schickt, so fühle ich mich doch, vermöge meiner ganzen Stellung zum komischen Problem, nicht kühn genug, diesen letzten Satz mit ähnlichem Ernst wie die vorhin aufgestellten zu verteidigen.“, schreibt er kurz bevor er seine Abhandlung beendet. Die Tatsache, dass er parallel zu seinem Witz seine Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie verfasst hat, scheint auf überraschende Weise durch – wenn er in seinem Witzbuch obszöne und feindselige Tendenzen neben dem kindlichen Unsinn als die Hauptinhalte der gängigen Witze beschreibt, so scheint er direkt aus den kindlichen Lustquellen zu schöpfen, die er in diesen Essays entwickelt. An verschiedenen Einzelbehauptungen Freuds soll hier gezeigt werden, inwieweit für ihn der kindliche Anteil und Lustmechanismen Faktoren für das Wirken von Witzen sind. Methodisch wird die Untersuchung zunächst mit einem kurzen Abriss über die von Freud aufgestellte Psychogenese des Witzes (aus dem Kindlichen) beginnen, in welcher er den infantilen Unsinn als dessen Grundlage vorstellt. Dieser kann mit Freuds späteren Ausführungen zum Kinderspiel in seinem kurzen Beitrag Jenseits des Lustprinzips von 1919/1920 verbunden werden. Ebenso werden wir uns in diesem ersten Punkt mit den grundlegenden Prinzipien der Lustökonomie und Trieblehre beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Psychogenese des Witzes aus dem Kindlichen
- 2.1 Unsinn als kindliche Lust
- 2.2 Von der Unsinnlust zum Witz als ökonomisches Lustprinzip
- 3. Der Witz als psychische Regression auf das Kindliche in Bezug auf Sexualität und Aggression
- 3.1 Freuds Trieb- und Tendenzlehre
- 3.2 Aggression in Kind und Witz
- 3.3 Sexualität in Kind und Witz
- 4. Der Anteil des Kindlichen am Komischen und am Humor
- 5. Abschließende Bemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Sigmund Freuds Theorie des Witzes, insbesondere seine These, dass der Witz eine Regression auf kindliche Lustprinzipien darstellt. Die Arbeit analysiert die Psychogenese des Witzes, seine Beziehung zu kindlichem Unsinn, und die Rolle von Sexualität und Aggression in diesem Kontext. Der Fokus liegt auf der Verbindung zwischen Freuds Witztheorie und seinen Ausführungen zur kindlichen Psyche.
- Die Psychogenese des Witzes aus dem Kindlichen
- Die Rolle von Unsinn und Lustprinzipien im Witz
- Der Einfluss von Sexualität und Aggression auf den Witz
- Der Vergleich zwischen Witz, Komik und Humor
- Die Bedeutung kindlicher Erfahrung für die komische Wahrnehmung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt Freuds Werk "Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten" vor und hebt dessen ungewöhnlichen Charakter innerhalb seines Gesamtwerks hervor. Sie betont die Verbindung von Trieblehre, kindlichen Lustprinzipien und Traumlehre in Freuds Witztheorie. Die Einleitung skizziert Freuds zögerliche, aber dennoch vorhandene These über die kindlichen Ursprünge von Witz und Komik als Regression zu den Lustquellen der Kindheit. Sie verweist auf die Parallelität zwischen dem Entstehen des Werks "Der Witz" und Freuds "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie", und kündigt die Absicht an, Freuds vage Vermutung über die Regression auf das Kindliche zu einer handfesten These auszuarbeiten.
2. Die Psychogenese des Witzes aus dem Kindlichen: Dieses Kapitel erörtert die Entstehung des Witzes aus kindlichen Erfahrungen, beginnend mit dem Konzept des „Unsinns“ als Quelle kindlicher Lust. Es wird auf Freuds Bezugnahme auf das Kinderspiel und dessen Verbindung zu Lust und Wonnegefühl eingegangen, wobei die rein linguistische Betrachtung des Kinderspiels als hinfällig bezeichnet wird. Der scheinbare Unsinn im Kinderspiel wird im Kontext des „Wonnegefühls des Daseins“ (Nietzsche) und als Ausdruck „reinen Glücks“ (Darwin) interpretiert. Das Kapitel verknüpft das Kinderspiel mit dem späteren Witz und legt den Grundstein für die Analyse der Rolle von Lustökonomie, Feindseligkeit und Obszönität im Witz.
Schlüsselwörter
Sigmund Freud, Witztheorie, kindliche Lust, Regression, Unsinn, Sexualität, Aggression, Triebtheorie, Komik, Humor, Psychogenese, Lustprinzip.
Häufig gestellte Fragen zu "Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten" (Freud): Eine Analyse der kindlichen Ursprünge des Witzes
Was ist das zentrale Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit analysiert Sigmund Freuds Theorie des Witzes, insbesondere seine These, dass der Witz eine Regression auf kindliche Lustprinzipien darstellt. Der Fokus liegt auf der Verbindung zwischen Freuds Witztheorie und seinen Ausführungen zur kindlichen Psyche, untersucht die Psychogenese des Witzes und die Rolle von Sexualität und Aggression in diesem Kontext.
Welche Aspekte der Freudschen Witztheorie werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entstehung des Witzes aus kindlichen Erfahrungen, die Rolle von Unsinn und Lustprinzipien, den Einfluss von Sexualität und Aggression, den Vergleich zwischen Witz, Komik und Humor und die Bedeutung kindlicher Erfahrung für die komische Wahrnehmung. Sie untersucht Freuds Bezugnahme auf das Kinderspiel und dessen Verbindung zu Lust und Wonnegefühl.
Wie wird der Zusammenhang zwischen kindlichem Unsinn und Witz hergestellt?
Die Arbeit argumentiert, dass der scheinbare Unsinn im Kinderspiel, interpretiert im Kontext des „Wonnegefühls des Daseins“ (Nietzsche) und als Ausdruck „reinen Glücks“ (Darwin), mit dem späteren Witz verknüpft ist. Das Kinderspiel wird als Grundlage für die spätere Entwicklung des Witzes verstanden, der durch Lustökonomie, Feindseligkeit und Obszönität geprägt ist.
Welche Rolle spielen Sexualität und Aggression in Freuds Witztheorie?
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Sexualität und Aggression auf die Entstehung und den Ausdruck des Witzes im Kontext der kindlichen Entwicklung und Freuds Triebtheorie. Sie analysiert, wie diese Aspekte in der psychischen Regression zum Kindlichen im Witz zum Ausdruck kommen.
Wie werden Witz, Komik und Humor in der Arbeit verglichen?
Die Arbeit vergleicht Witz, Komik und Humor und untersucht, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sie im Lichte der kindlichen Erfahrung und der Regression auf kindliche Lustprinzipien aufweisen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Psychogenese des Witzes aus dem Kindlichen (inkl. Unterkapiteln zu Unsinn und Lustprinzipien sowie Sexualität und Aggression im Kind und Witz), ein Kapitel zum Anteil des Kindlichen am Komischen und Humor und abschließende Bemerkungen. Die Einleitung stellt Freuds Werk vor und skizziert seine These zur Regression auf das Kindliche. Kapitel 2 erörtert die Entstehung des Witzes aus kindlichen Erfahrungen, beginnend mit dem Konzept des „Unsinns“.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Sigmund Freud, Witztheorie, kindliche Lust, Regression, Unsinn, Sexualität, Aggression, Triebtheorie, Komik, Humor, Psychogenese, Lustprinzip.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Sigmund Freuds These über die kindlichen Ursprünge von Witz und Komik als Regression zu den Lustquellen der Kindheit zu untersuchen und zu einer handfesten These auszuarbeiten. Sie analysiert die Psychogenese des Witzes und seine Beziehung zu kindlichem Unsinn, Sexualität und Aggression.
- Arbeit zitieren
- Markus Müller (Autor:in), 2009, Der Witz bei Sigmund Freud als Regression auf das Kindliche. Zur Theorie des Witzes in der frühen Psychoanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284281