Das Mem feiert sein Revival. Vielleicht nicht unbedingt im Sinne der Etablierung eines validen
wissenschaftlichen Analysebegriffes, wohl aber in seinem popkulturellen Erscheinen zur
Beschreibung der Viralität von Internet-Phänomenen. Folgt man der Etymologie des Begriffes
Mem, geprägt durch Richard Dawkins in seinem Buch "das egoistische Gen", so erscheint diese
Anleihe ertragreich. Mem bedeutet hier soviel wie ein Bewusstseinsinhalt, der durch
Kommunikation repliziert wird. Dawkins wählt dies bewusst angelehnt an die biologische und evolutionstheoretische Figur um Formen der
Kultur, Sprache und Bewusstseinsinhalte, als stetige Replikationen von Informationen innerhalb der
Umwelt anderer konkurrierender Inhalte zu beschreiben.
Innerhalb der Soziologie finden wir eine eher kritisch-verhaltene bis gar keine Rezeption des Mem-
Gedankens, obwohl sich Aspekte von Dawkins Konzepten durchaus innerhalb Luhmanns
Systemtheorie und Latours Akteur-Netzwerk-Theorie (kurz: ANT) finden lassen. Bei Luhmann wird der Versuch unternommen, das
Soziale im Rahmen systemischer Selbstproduktion, etwa mittels Selektion der Umweltkomplexität
durch Sinn, zu erfassen. In Latours ANT steht indes das von und durch Akteure gebildete Netzwerk
im Fokus, wobei hier nicht der Akteur im klassischen Sinne eines intentionalen Subjekts gemeint
ist, sondern jegliches Element welches zur Netzwerkbildung
beiträgt. Die monokausale Erklärung eines Phänomens wird in diesen Theorievorschlägen
zugunsten der Replikation von Ideen aufgegeben und sich somit tendenziell einer auf Selektions- und
Mimesisprozessen fußenden Genese von Systemen/Netzwerken zugewandt. Allen drei
Theorien ist ähnlich, dass Kommunikationsinhalte durchaus als Elemente aufgefasst werden,
welche durch gewisse Weitergabefunktionen in dieser oder ähnlicher Form iterativ wieder in ein
System oder Netzwerk integriert bzw. extegriert werden.
Diese Theorien sollen, vor dem Hintergrund des Mem-Begriffes, in ihren Gemeinsamkeiten als
analytisches Fundament dienen um deren Validität anhand des Internet-Phänomens "Nyan-Cat" zu überprüfen.
Nach einer Kontextualisierung des Mem als Äquivalenzbegriff für Internetphänomen soll fußend darauf im methodischen
Teil die Offenlegung und Beschreibung des Netzwerkes erfolgen. Im Fokus steht hierbei eine genealogische Untersuchung des Akteurs
"Nyan-Cat" anhand von Mem-Ökosystem wie Foren, Chatrooms, Imageboards und Social Media-
Präsenzen, um die beteiligten Akteure und Netzwerke aufzudecken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist ein Mem? Eine theoretische Fundierung nach Dawkins und Blackmore
- Replikatoren
- Überlebenswerte von Memen
- Luhmanns Theorie selbstreferentieller Systeme
- Differenz System / Umwelt
- Sinnsysteme
- Zur Akteur-Netzwerk-Theorie bei Bruno Latour
- Vom Akteur zum Aktant
- Zwischenglieder und Mittler
- Interobjektivität und Dauerhaftigkeit
- Dawkins, Luhmann, Latour: Versuch einer memetischen Theoriesynthese
- Methodik
- Vorbemerkung: Sichtbarmachung des Sozialen
- Lokalisierung des Globalen
- Die Beschreibung des Netzwerks
- Der methodische Zugang
- Das Internet-Mem - eine analytische Konzeptualisierung
- Web 2.0 - Informationszeitalter und Prosumentenverhalten in Internetnetzwerken
- Mem als Begriff der Populärkultur
- Nyan Cat - Eine Fallanalyse
- Nyanyanyanyanyanyanya!
- Pop-Tart-Cat
- Nyan Cat
- Ausgewählte Derivate
- Abschließende memetische Aufarbeitung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht den Begriff des Mems in der Soziologie anhand einer Netzwerkanalyse des Internet-Phänomens "Nyan Cat". Ziel ist es, verschiedene soziologische Theorien (Dawkins, Luhmann, Latour) auf ihre Anwendbarkeit auf das Phänomen Meme zu überprüfen und eine synthetische Perspektive zu entwickeln. Die Arbeit analysiert die Verbreitung und den Erfolg von "Nyan Cat" im Kontext digitaler Netzwerke und untersucht die Faktoren, die zu seiner Viralität beigetragen haben.
- Theoretische Fundierung des Mem-Begriffs
- Anwendung soziologischer Theorien auf Internet-Meme
- Netzwerkanalyse des "Nyan Cat" Phänomens
- Faktoren der Viralität von Internet-Memen
- Memetische Theoriesynthese
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beschreibt die Forschungsfrage sowie die Methodik. Sie skizziert den theoretischen Rahmen und die Bedeutung der Untersuchung von Internet-Phänomenen im Kontext der Memetik.
Was ist ein Mem? Eine theoretische Fundierung nach Dawkins und Blackmore: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit dar. Es erklärt den Mem-Begriff nach Dawkins und Blackmore, wobei die Konzepte der Replikation, Imitation und der Überlebenswerte von Memen (Wiedergabetreue, Fruchtbarkeit, Langlebigkeit) im Detail erörtert werden. Es stellt die grundlegenden Prinzipien der Memetik vor, die als Grundlage für die spätere Analyse von "Nyan Cat" dienen.
Luhmanns Theorie selbstreferentieller Systeme: Dieses Kapitel beschreibt Luhmanns Theorie selbstreferentieller Systeme und ihre Relevanz für das Verständnis von Kommunikation und Sinnstiftung in sozialen Systemen. Der Fokus liegt auf der Kommunikation als zentralem Element des sozialen Systems und den Bedingungen für erfolgreichen Anschluss an Kommunikation. Die Konzepte der Redundanz und Differenz werden im Kontext der Meme-Verbreitung erläutert.
Zur Akteur-Netzwerk-Theorie bei Bruno Latour: Dieses Kapitel stellt die Akteur-Netzwerk-Theorie von Bruno Latour vor. Es erläutert die Konzepte des Akteurs, Aktanten, Zwischenglieder und Mittler sowie die Bedeutung von Interobjektivität und Dauerhaftigkeit für die Stabilität von Netzwerken. Die Theorie wird als ergänzender Ansatz zur Erklärung der Verbreitung und des Erfolgs von Memen vorgestellt.
Dawkins, Luhmann, Latour: Versuch einer memetischen Theoriesynthese: Dieses Kapitel versucht, die drei vorgestellten Theorien – Dawkins, Luhmann und Latour – zu einer synthetischen Perspektive zusammenzuführen. Es wird untersucht, wie die Konzepte der Wiedergabetreue, Langlebigkeit und Fruchtbarkeit aus den verschiedenen Theorien im Kontext der Meme-Verbreitung zusammenspielen und wie sie das Phänomen der Viralität erklären können. Hier wird ein übergreifender theoretischer Rahmen für die Analyse entwickelt.
Methodik: Dieses Kapitel beschreibt die methodischen Schritte der Netzwerkanalyse. Es erläutert die Herausforderungen der Sichtbarmachung des Sozialen im digitalen Raum und beschreibt, wie das globale Phänomen "Nyan Cat" lokalisiert und analysiert wurde. Der methodische Zugang zur Untersuchung des Netzwerks und der Datengewinnung wird detailliert dargestellt.
Das Internet-Mem - eine analytische Konzeptualisierung: Dieses Kapitel analysiert den Begriff des Internet-Mems. Es beleuchtet das Web 2.0, das Prosumentenverhalten und die Eigenheiten digitaler Netzwerke. Der Begriff des Mems im Kontext der Populärkultur wird erörtert, inklusive der Aspekte der Memhistorie, Mem-Ökosysteme und der Bedingungen für virale Verbreitung.
Nyan Cat - Eine Fallanalyse: Dieses Kapitel präsentiert die Fallstudie "Nyan Cat". Es analysiert die Entstehung und Entwicklung des Memes, indem es die einzelnen Komponenten (Musik, Animation, Künstler) und die Verbreitung über verschiedene Plattformen wie Youtube, Tumblr, Reddit etc. detailliert beschreibt. Die Analyse fokussiert auf die Faktoren, die zum Erfolg und zur Verbreitung des Memes beigetragen haben.
Schlüsselwörter
Mem, Memetik, Netzwerkanalyse, Nyan Cat, Internet-Phänomen, Viralität, Dawkins, Luhmann, Latour, Akteur-Netzwerk-Theorie, Kommunikation, Sinnsystem, Replikation, Imitation, Wiedergabetreue, Fruchtbarkeit, Langlebigkeit, Web 2.0, Populärkultur.
Häufig gestellte Fragen zur Masterarbeit: "Nyan Cat - Eine memetische Netzwerkanalyse"
Was ist der Gegenstand dieser Masterarbeit?
Die Masterarbeit untersucht den Begriff des „Mems“ in der Soziologie anhand einer Netzwerkanalyse des Internet-Phänomens „Nyan Cat“. Ziel ist die Überprüfung verschiedener soziologischer Theorien (Dawkins, Luhmann, Latour) auf ihre Anwendbarkeit auf Meme und die Entwicklung einer synthetischen Perspektive.
Welche Theorien werden in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit stützt sich auf die Theorien von Richard Dawkins (Memetik), Niklas Luhmann (Theorie selbstreferentieller Systeme) und Bruno Latour (Akteur-Netzwerk-Theorie). Diese werden auf ihre Anwendbarkeit auf das Phänomen „Internet-Mem“ geprüft und in einem synthetischen Ansatz zusammengeführt.
Wie wird das Internet-Phänomen "Nyan Cat" analysiert?
„Nyan Cat“ dient als Fallstudie. Die Analyse umfasst die Entstehung, Entwicklung und Verbreitung des Memes über verschiedene Plattformen (YouTube, Tumblr, Reddit etc.). Es werden die Faktoren untersucht, die zu seiner Viralität beigetragen haben, unter Einbezug der verschiedenen theoretischen Perspektiven.
Welche methodischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit verwendet eine Netzwerkanalyse, um die Verbreitung von „Nyan Cat“ zu untersuchen. Es wird beschrieben, wie das globale Phänomen lokalisiert und analysiert wird, inklusive der Herausforderungen der Sichtbarmachung des Sozialen im digitalen Raum.
Welche zentralen Konzepte werden behandelt?
Zentrale Konzepte sind: Mem, Memetik, Netzwerkanalyse, Viralität, Replikation, Imitation, Wiedergabetreue, Fruchtbarkeit, Langlebigkeit, Web 2.0, Populärkultur, selbstreferentielle Systeme, Akteur-Netzwerk-Theorie, Kommunikation und Sinnstiftung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu Einleitung, theoretischer Fundierung des Mem-Begriffs (Dawkins, Blackmore), Luhmanns Systemtheorie, Latours Akteur-Netzwerk-Theorie, einer memetischen Theoriesynthese, Methodik, analytischer Konzeptualisierung des Internet-Mems, der Fallstudie „Nyan Cat“ und einem Fazit.
Was ist das Ziel der memetischen Theoriesynthese?
Die memetische Theoriesynthese zielt darauf ab, die Konzepte der verschiedenen Theorien (Dawkins, Luhmann, Latour) im Kontext der Meme-Verbreitung zusammenzuführen und einen übergreifenden theoretischen Rahmen für die Analyse zu entwickeln, um Viralität zu erklären.
Welche Rolle spielt das Web 2.0 in der Analyse?
Das Web 2.0 und das damit verbundene Prosumentenverhalten in Internetnetzwerken bilden den Kontext für die Entstehung und Verbreitung von Internet-Memen wie „Nyan Cat“. Die Analyse betrachtet die spezifischen Bedingungen digitaler Netzwerke für virale Verbreitung.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Mem, Memetik, Netzwerkanalyse, Nyan Cat, Internet-Phänomen, Viralität, Dawkins, Luhmann, Latour, Akteur-Netzwerk-Theorie, Kommunikation, Sinnsystem, Replikation, Imitation, Wiedergabetreue, Fruchtbarkeit, Langlebigkeit, Web 2.0, Populärkultur.
- Arbeit zitieren
- Daniel Kusch (Autor:in), 2014, Replikation, Imitation, Viralität. Zum Begriff des Mems in der Soziologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284338