Wie lässt sich die Wikipedia optimal in die gymnasiale Oberstufe in NRW integrieren?


Seminararbeit, 2014

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bildungswissenschaftlicher Rahmen
2.1 Selbstgesteuertes Lernen im schulischen Kontext
2.2 Konstruktivismus als Grundlage selbstgesteuerten Lernens

3 Anforderungen an Schüler
3.1 Medienkompetenz im Zeitalter des Web 2.0

4 Kriterien für Quellen im Schulgebrauch
4.1 Formale Kriterien für zulässige Quellen
4.2 Inhaltliche Kriterien für die Verlässlichkeit von Quellen

5 Über die Wikipedia
5.2 Kritik an der Wikipedia
5.3 Vorteile der Wikipedia

6 Praktische Umsetzung im Schulalltag

7 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Derzeit sorgt ein kleines deutsches Unternehmen für Aufsehen: Es plant, die komplette englischsprachige Wikipedia auszudrucken und zu Demonstrationszwecken in Buchform zu veröffentlichen. Diese Printausgabe wird 1000 Bände umfassen. Jeder Band besteht aus 1200 Seiten. (www.beyond-print.de)

Vergleicht man dieses Werk mit anderen Enzyklopädien, wird das Ausmaß erst richtig deutlich. So umfasst die Brockhaus-Enzyklopädie gerade mal 30 Bände mit jeweils ca. 800 Seiten. Während Encyclopaedia Britannica ungefähr 120.000 und die Brockhaus Enzyklopädie sogar etwa 300.000 Einträge beinhalten, besteht die englischsprachige Version der Wikipedia aus ca. 4,3 Millionen Einträgen.

Die Wikipedia ist quantitativ das Maß aller Dinge. Hier findet man geballtes Wissen aus nahezu jedem Bereich, der interessant sein könnte. Noch dazu ist dieses Wissen gratis und jederzeit und überall verfügbar. Insgesamt wirkten mehr als 20 Millionen Autoren an der Entstehung dieses umfangreichen Nachschlagwerkes mit.

Und genau das ist auch der Knackpunkt der Wikipedia. Wenn so viele Autoren daran arbeiten, stellt sich die Frage, wie zuverlässig die Wikipedia eigentlich ist. Denn was bringt eine riesige Menge an Information, wenn man sich auf diese nicht verlassen kann? Im Zeitalter des „Web 2.0“ ist es enorm wichtig geworden, Schülern ein hohes Maß an Medienkompetenz zu vermitteln, denn nur so kann sichergestellt werden, dass zuverlässige Informationen für das wissenschaftliche Arbeiten herangezogen werden. Daher muss überprüft werden, ob gerade diese umfangreiche und leicht erreichbare Quelle den Ansprüchen der Wissenschaft gerecht wird.

Die Grundlagen für eine wissenschaftliche Arbeitsweise werden in hohem Maße in der gymnasialen Oberstufe gelegt. Hier lernen Schüler, sich kritisch, wissenschaftlich und selbstständig mit Themen auseinanderzusetzen, was ihnen für ein späteres Studium zu Gute kommt. Gerade hier ist es also wichtig, die Weichen so zu stellen, dass Medienkompetenz und Wissenserwerb so gefördert werden, dass später an der Universität keine Probleme entstehen.

Diese Arbeit soll aufzeigen, inwiefern die Wikipedia insbesondere im Bereich der Oberstufe für die wissenschaftliche Arbeit ein geeignetes Medium ist. Hierfür wird zunächst die bildungswissenschaftliche Rahmung, nämlich das selbstgesteuerte Lernen, welches im engen Zusammenhang mit dem pädagogischen Konstruktivismus steht, beleuchtet. Anschließend wird ein besonderer Ansprüche an heutige Schüler, nämlich die Medienkompetenz, aufgezeigt und näher erläutert. Im nächsten Schritt wird verdeutlicht, welchen Kriterien wissenschaftliche Quellen in der Schule genügen müssen. In Kapitel 5 wird dann überprüft, inwiefern die Wikipedia diesen Ansprüchen gerecht wird. Anschließend werden Empfehlungen für die praktische Umsetzung der Ergebnisse im Schulalltag gegeben. Die Arbeit endet mit einem Fazit.

2 Bildungswissenschaftlicher Rahmen

Um der Frage auf den Grund zu gehen, wie sich die Wikipedia optimal in die gymnasiale Oberstufe des Landes NRW integrieren lässt, wird zunächst ein bildungswissenschaftlich relevanter Theorierahmen gespannt. Im Zusammenhang mit Informationsbeschaffung, um die es im Umgang mit der Wikipedia immer geht, und mit selbstständiger Arbeitsweise, die in der gymnasialen Oberstufe eine gewichtige Rolle spielt, lässt sich das Thema gut im Konzept des sogenannten selbstgesteuerten Lernens verorten. Es besteht ein großer Zusammenhang zwischen diesem und dem pädagogischen Konstruktivismus. Beide werden im Folgenden kurz erläutert.

2.1 Selbstgesteuertes Lernen im schulischen Kontext

Im Hinblick auf das aktuelle Thema „lebenslanges Lernen“ hat sich die Bund-Länder-Kommission Anfang des Jahrtausends mit einem Umdenken in Bezug auf das Lernen in allen Bereichen des Bildungssystems befasst und kam zu dem Schluss, dass „Die Eigenverantwortung der Lernenden … zum Grundprinzip des Lernenden“ (BLK 2001, S. 8) werden müsse. Dies sei besonders wichtig, weil selbstbestimmtes Lernen mit dazu beitrage, dass das eigene Lernen professionalisiert werde, was die Voraussetzung für ein optimiertes, sich selbst steigerndes lebenslanges Lernen schaffe. Siebert (2001) macht deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen dennoch keine Neuheit ist. Neu seien lediglich das ökonomische Interesse daran sowie die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.

Beim selbstgesteuerten Lernen ändert sich die Perspektive des Lernens. Die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden wird verändert. (BLK) Statt einer klassischen Wissensvermittlung, welche von einem Sender linear an einen Empfänger übermittelt wird, setzt sich das Subjekt beim selbstgesteuerten Lernen aktiv mit seiner Welt auseinander und eignet sich rekursiv Wissen an, indem es mit der Welt in Interaktion tritt. (Abbildung 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Selbstgesteuertes Lernen

Der Lernende ist selbst verantwortlich für das Ergebnis des Lernprozesses. Daher kann er, auch wenn er selbst Einfluss auf Lerninhalte, -prozess sowie auf das Lernergebnis hat, nicht einfach tun, was er möchte. Deshalb ist selbstgesteuertes Lernen auch gleichzeitig selbstverantwortliches Lernen. Wichtig beim selbstgesteuerten Lernen ist, dass dies nicht mit einer normativen Pädagogik vereinbar ist, weil nicht belehrt, sondern selbstverantwortlich gelernt werden soll. Daher ist der Ansatz des selbstgesteuerten Lernens auch nicht defizitorientiert, wie es die normative Pädagogik ist. Vielmehr bleibt es dem Subjekt überlassen, zu definieren, was aus seiner Sicht defizitär ist und durch Lernprozesse kompensiert werden muss. Dies macht diesen Ansatz zu einem subjektorientierten Ansatz. Der Lernprozess des selbstständigen Lernens ist absolut individuell. Das hängt damit zusammen, dass jedes Subjekt einen einzigartigen Lebenslauf hat, der mit unterschiedlichen Erfahrungen, Lerninhalten und Assoziationen verbunden ist. Trotz dieser Individualität ist das selbstgesteuerte Lernen dennoch ein sozialer Prozess. Das Lernen kann nicht einfach isoliert stattfinden, weil das Subjekt Konsenserlebnisse und Differenzerfahrungen braucht. (Siebert 2001)

Umfragen unter Eltern von Gymnasiasten, die in einem Projekt besonders intensiv selbstgesteuert lernten, ergaben, dass durch diese Phase eine Erweiterung der Medienkompetenz bei den Schülern bewirkte. (Jürgens, Standop Hericks, 2012)

2.2 Konstruktivismus als Grundlage selbstgesteuerten Lernens

Siebert (2001) macht deutlich, dass der Konstruktivismus einen Rahmen für das selbstgesteuerte Lernen bildet. Ohne die Idee des pädagogischen Konstruktivismus gäbe es also das Konzept des selbstgesteuerten Lernens nicht.

Der Konstruktivismus basiert auf der Annahme, dass die Welt, so wie der Mensch sie wahrnimmt, ein Konstrukt des menschlichen Gehirns ist. So nimmt der Mensch zum Beispiel Töne wahr, obwohl Töne so gar nicht existieren, sondern lediglich der menschlichen Wahrnehmung von bewegter Luft entsprechen.

Jegliche Wahrnehmung basiert auf Erfahrungen des Rezipienten. Das bedeutet, dass die Wahrnehmung der Realität absolut individuell und biographieabhängig ist. So ist auch das Lernen ein Prozess, welcher vollkommen individuell abläuft. „Es gibt keine zwei Menschen, die in einem Seminar dasselbe auf dieselbe Weise lernen.“ (Siebert, 2003, S. 33) Das liegt daran, dass jeder Mensch in der Vergangenheit unterschiedliche Dinge erlebt hat, welche sein Gehirn in seine spezielle, individuelle Realität integriert hat. Beim Lernen gleicht das Gehirn in unbewussten Prozessen neue Erkenntnisse mit vorhandenem Wissen ab und versucht, diese in Harmonie zu bringen. Da das vorhandene Wissen absolut individuell ist, ist logischerweise auch jeder Lernprozess vollkommen einzigartig.

Wichtig für das selbstbestimmte Lernen ist die Erkenntnis des Konstruktivismus, dass Lernen nicht von außen bestimmt und veranlasst werden kann, sondern dass es stets ein innerer Prozess ist, bei dem das Gehirn entscheidet, was es lernt und was nicht. Hierzu bedarf es natürlich auch eines gewissen Inputs von außen. Dieser liefert also die nötigen Informationen. Intern werden diese Inputs allerdings einem Selektionsprozess unterzogen, auf den von außen kein Einfluss zu nehmen ist. Besonders lernfördernd ist die so genannte Perturbation, also eine Störung, welche durch unbequeme Differenzerfahrungen hervorgerufen wird. Diese regt das Gehirn dazu an, sich intensiv mit Information auseinanderzusetzen, um sie in vorhandenes Wissen zu integrieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des pädagogischen Konstruktivismus ist die Annahme, dass jedes Denken und Lernen eigenverantwortlich geschieht. Was ein Mensch lernt, liegt also nicht in der Verantwortung des Lehrers, sondern des Lernenden, was ebenfalls Einfluss auf das selbstbestimmte Lernen hat. (Siebert, 2003)

3 Anforderungen an Schüler

Der Alltag an deutschen Schulen hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich gewandelt. War früher die Schule noch ein autoritärer Ort, an dem jeder Schüler genau das zu lernen hatte, was ein strenger Lehrer dem Klassenkollektiv auftrug, so entwickelt sie sich mehr und mehr zu einem Ort, an dem versucht wird, Schülern optimale Bedingungen für den Erwerb von relevantem Wissen zu verschaffen. Sicher ist das noch kein Endstadium, aber der Trend ist erkennbar. Und dieser kommt auch nicht von ungefähr, sondern er ist auch der Ausdruck eines öffentlichen Willens, welcher durch die Politik an die Schulen herangetragen wird. Ein Ausdruck dafür ist der in der Einleitung erwähnte Trend zum selbstbestimmten Lernen, das deutlich an Einfluss gewonnen hat. Und so werden ganz andere Eigenschaften und Fähigkeiten von Schülern verlangt, als es etwa vor 40 Jahren noch der Fall war. Eine bedeutende Kompetenz, welche im Hinblick auf den Wandel der Unterrichtskultur und auf den Umgang mit digitalen Medien für diese Arbeit relevant ist, wird im Folgenden näher erläutert:

3.1 Medienkompetenz im Zeitalter des Web 2.0

Der Begriff Web 2.0 tauchte zuerst 2005 auf, als Tim O´Reilly einen Artikel mit dem Titel „What is Web 2.0“ veröffentliche, welcher für viel Aufsehen sorgte. (Kalz, Klamma Specht, 2008) Der Begriff ist sehr vielfältig, unscharf und schwierig zu definieren. So erklärt Grässer (2007), dass es drei verschiedene Ansätze gibt, was sich hinter der „Wortmarke“ (S.12) verbirgt. So gebe es einen technisch-marktwirtschaftlichen Ansatz, welcher neue Strukturen im World Wide Web beschreibt, die in Form bestimmter Anwendungen zur Kommunikation, Publikation und zur Bildung sozialer Netzwerke besteht. Eine andere Richtung setzt eher sozialpsychologisch an und beschreibt, dass es eine Veränderung in der Wahrnehmung des Worldwide Web und im Online-Verhalten gegeben habe, welche das Web 2.0 ausmache. Eine dritte Richtung bestreitet die Neuartigkeit des Phänomens Web 2.0 und macht deutlich, dass es sich bei dem Begriff nur um eine leere Worthülse handle, von der niemand wisse, wie man sie füllen solle. (Grässer, 2007)

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Wie lässt sich die Wikipedia optimal in die gymnasiale Oberstufe in NRW integrieren?
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Mediale Bildung und Medienkommunikation
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V284947
ISBN (eBook)
9783656850427
ISBN (Buch)
9783656850434
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wikipedia, Wiki, Gymnasium, Medienkompetenz, Wissenschaftliche Quelle, Zuverlässigkeit, Wissensaushandlung, Quellen
Arbeit zitieren
Arne Gies (Autor:in), 2014, Wie lässt sich die Wikipedia optimal in die gymnasiale Oberstufe in NRW integrieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284947

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