Handel und Kulturtransfer


Seminar Paper, 2003

20 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhalt:

Einleitende Überlegungen zum Handel in der Urgeschichte im allgemeinen und in der Nordischen Bronzezeit im besonderen

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode I

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode II

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode III

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode IV

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode V

Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit: Periode VI

Karten und Tafeln

Literaturangaben

I. Einleitende Überlegungen zum Handel in der Urgeschichte im allgemeinen und in der Nordischen Bronzezeit im besonderen:

Beschäftigt man sich mit dem Thema Handel und Kulturtransfer in der Urgeschichte, so muß man sich zunächst von einigen modernen Vorstellungen, wie ein solcher Güter- und Ideenaustausch stattzufinden hat, trennen. Im folgenden möchte ich versuchen, einige allgemeingültige Aussagen über den Handel in der Nordischen Bronzezeit, aber auch allgemein in der Urgeschichte zu treffen.

Zunächst einmal muß man sich bewußt machen, daß man nicht alle Objekte, die eindeutig in einem bestimmten Gebiet hergestellt, aber in einem anderen Gebiet gefunden wurden, Handelsgüter darstellen müssen. Es gibt noch eine Reihe anderer Möglichkeiten, wie ein Gegenstand von A nach B gelangen kann, z. B. als Heirats- oder Beutegut oder als Gastgeschenk. Sowohl echtes Handelsgut, als auch Dinge, die unter die letzten drei Oberbegriffe fallen, können aber zum Kulturtransfer gehören, sofern die fremden Einflüsse in die eigene Kultur aufgenommen, integriert und weiterentwickelt werden.

Ferner ist die Rekonstruktion von Handelsrouten aus Fundkartierungen grundsätzlich in Frage zu stellen, denn hinter diesen Fundkartierungen verbirgt sich oftmals einfach nur eine spezifische archäologische Quellenüberlieferung, mit anderen Worten ausgedrückt: Wo viel gegraben wird, wird auch viel gefunden.

Trotzdem hat Ernst Sprockhoff versucht, anhand von Funden eine Karte mit möglichen Handelswegen zu erstellen (Karte 1[1] ). Die Routen orientieren sich logischerweise hauptsächlich nach Flußläufen und an natürlichen Senken entlang. Bei aller Vorsicht kann man sich dem im großen und ganzen sicher anschließen.

Sprockhoff vermutet also folgendes: Der Transport von Handelsgütern über die Alpen sei hauptsächlich über den Brenner verlaufen, weil andere Pässe erst in späterer Zeit erschlossen worden seien. Danach bewegte man sich, wenn man nach Norden gelangen wollte, erst einmal an der Donau entlang und in der Gegend von Wien bog man ab, durchquerte die mährische Pforte und zog an der Oder entlang durch Polen und das östliche Deutschland. Zwei andere Routen führen an Elbe und Rhein entlang nach Norden.

Die Frage, inwieweit mit den fremden Gegenständen auch die Idee von deren Nutzung mitgebracht wurde, stellt sich natürlich unmittelbar. Das Beispiel von aus dem Karpatenbecken in den Nordischen Kreis importierten Schutzwaffen und Bronzegefäßen der jüngeren Urnenfelderzeit zeigt, daß die Gegenstände bei der Deponierung in Horten in beiden Gegenden ganz ähnlich behandelt wurden. Daraus kann man vielleicht – bei aller Vorsicht - schließen, daß eine Vorstellung vom „richtigen“ Gebrauch der Gegenstände gleich mit importiert wurde. Fahrende Händler, die ja eher am Rande der Gesellschaft stehen, können einen solchen Ideenimport wohl schwerlich bewerkstelligen. Vielleicht ist es richtiger, von einem organisierten Gabenaustausch einer Oberschicht zu sprechen, die definierte, wie Bestattungen und Depots auszusehen haben, als von Handel im heutigen Sinne, d. h. profitorientierten Unternehmungen unabhängiger Privatleute. Vielleicht handelte es sich in einigen Fällen auch um Tributleistungen, also um Schutzgelder ähnlich dem späteren Danegeld.

Mit anderen Worten: Es ist eher unwahrscheinlich, daß es einen systematischen Exporthandel mit einem bestimmten Absatzgebiet gegeben hat. Oft dürften Gegenstände auch durch viele Hände gegangen sein, ehe sie ihren Zielort erreichten.

Auch aus ethnologischen Quellen wissen wir außerdem, daß in vorstaatlichen Gebilden zumeist kein eigener Kaufmannsstand zu finden ist, denn es existiert dort kein Markt, der nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage existiert. Meist werden nur identische Güter miteinander ausgetauscht, z. B. Lebensmittel gegen Lebensmittel, Rohstoffe gegen Rohstoffe, etc.

Vielleicht darf man aber von Wanderhandwerkern ausgehen, die für eine weiträumige Verbreitung ihrer speziellen Techniken und ihres Formenschatzes sorgten.

Ein weiteres Indiz dafür, daß Tauschgeschäfte in weit entfernte Gebiete eher eine Sache der Oberschicht waren, ist die Tatsache, daß reichgeschmückte Frauenbestattungen in fremden Trachten auftauchen, wie die sogenannte „ungarische Frau“ aus der Lüneburger Gruppe. Hier handelt es sich vermutlich um eine Frau aus dem österreichisch-ungarischen Raum, die im Zuge der Heiratspolitik mächtiger Familien ins Ausland gelangte. In Gesellschaften mit sozialer Stratifizierung, wie die der Bronzezeit in Europa, waren solche weitreichenden Heiratsgeschäfte unter Umständen notwendig, um einen gleichrangigen Partner zu finden. Allerdings wird der bronzezeitliche Bauer kaum einmal über das Nachbardorf hinaus geheiratet haben.

Schließlich darf man nicht vergessen, daß das archäologische Fundmaterial, das uns überliefert ist, fast ausschließlich aus Metall und Keramik besteht, d. h. mit Sicherheit ebenfalls verhandelte Güter aus vergänglichem Material gehen uns durch das archäologische Netz; die Importe, die wir finden, sind also fast ausschließlich Prestigeobjekte, die nicht als ein Spiegel bronzezeitlichen Handels aufzufassen sind.

II. Abriß der Geschichte des Handels in der Nordischen Bronzezeit:

Periode I:

Das wichtigste Importgut der frühesten Periode war zweifellos die Bronze, denn in Südskandinavien und Norddeutschland gibt es keine einheimischen Kupfervorkommen, wenn man von minimalen Kupfervererzungen in den Buntsandsteinschichten Helgolands absieht, die zu gering für eine ernsthafte Nutzung sind (falls sie den Menschen damals überhaupt schon bekannt waren).

Das Aufkommen des Metalls geht im Nordischen Kreis (und nicht nur dort) mit einer Differenzierung der Gesellschaft einher; eine neue Oberschicht zieht ihre Macht und ihren Reichtum aus dem Besitz von Bronze und ist deswegen natürlich daran interessiert, die Zufuhr des Metalls zu sichern.

Als wichtigstes Tauschmittel der Leute des Nordischen Kreises wird immer wieder der Bernstein genannt. Dazu ist allerdings zu sagen, daß der Rohstoff Bernstein den Vorteil hat, daß seine Herkunft genau bestimmbar ist, das heißt mit anderen Worten, daß andere Exportprodukte aus dem Nordischen Kreis, sofern sie nicht ohnehin aus organischem Material bestanden haben, das sich so gut wie nie erhält, gar nicht als solche erkannt werden.

Darüber hinaus scheinen sich viele Autoren ohnehin zu fragen, was der Nordische Kreis den südlicheren Kulturgruppen in Europa außer Bernstein hätte bieten können. Es müssen allerdings noch andere Exportgüter vorhanden gewesen sein, denn allein mit der relativ geringen Bernsteinausbeute, die aus der Ostsee zu holen war, hätten die Leute der Nordischen Bronzezeit kaum ein so weitreichendes Handelsnetz aufbauen können.

Hans-Jürgen Hundt[2] zweifelt die These vom Bernstein als wichtigstem Exportgut ebenfalls an. Er hat festgestellt, daß es gerade dort, wo sich fremde Stileinflüsse am häufigsten zeigen, nämlich in Südskandinavien und Dänemark, gar keine ergiebigen Bernsteinvorkommen gibt; an der samländischen Küste hingegen, wo Bernstein in Hülle und Fülle vorkommt, zeigen die gefundenen Bronzeobjekte kaum fremde Stileinflüsse. Deswegen vermutet Hundt, daß die Tauschgüter Dänemarks und Südschwedens aus vergänglichem Material gewesen seien.

Allerdings ist es genausogut möglich, daß der Bernstein von weiter nördlich ebenfalls eingehandelt und dann gegen Bronze getauscht wurde, insofern überzeugt Hundts Einwand nicht völlig.

Nicht nur Rohbronze wird importiert, sondern auch fertige Produkte; das beweisen Schmuckstücke aus Böhmen, wie der Halskragen von Abbildung 1[3], und Südwestdeutschland (Radnadel, Abbildung 2[4] ), Bronzerandbeile aus England und Armschmuck im Stil der Aunjetitzer Kultur. Eines der frühesten in Dänemark gefundenen Schwerter stammt wohl aus dem ungarischen Raum (Abbildung 3[5] ), wie überhaupt die Idee des Schwerts keine einheimische Entwicklung ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3

Am Anfang der Periode I kann man davon ausgehen, daß Bronze- und Kupfergeräte ausschließlich Importstücke sind; erst in der zweiten Hälfte dieser Periode tritt im Nordischen Kreis erstmals die eigenständige Verarbeitung von Bronze und Kupfer auf.

Ein kurioses Beispiel für Importware stellt die sog. „Bronzetrommel“ (Abbildung 4[6] ) aus der Nähe von Ystad in Schonen dar, von der ein fast exaktes Gegenstück in Ungarn gefunden wurde. Ob es sich dabei allerdings tatsächlich um eine Trommel handelt, ist ungewiß.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4

Allerdings üben die ältesten Metallkulturen Mitteleuropas nur einen relativ geringen Einfluß auf Kultur und Stilentwicklung des Nordens aus. Später verstärkt sich die Beeinflussung, wie wir noch sehen werden.

Periode II:

In dieser Zeit verlagert sich der Siedlungsraum zumindest in Dänemark merklich zu den Küsten hin. Das dortige Vorkommen von Bernstein und der zunehmend immer wichtiger werdende Handel, der mit Schiffen organisiert werden muß, sind wohl zumindest eine Ursache.

Eines der wichtigsten Importgüter neben der Bronze war sicherlich das Gold. Folgt man der Spur der oft im Nordischen Kreis gefundenen einzeln oder doppelt spiralig aufgerollten Goldringe (Abbildung 5[7] ), so kommt man nach Südosten in das Ursprungsgebiet des Goldes, die österreichischen Alpen und Siebenbürgen. Die Tatsache, daß oft größere oder kleinere Stücke aus diesen Ringen herausgebrochen wurden, spricht dafür, in ihnen ein neutrales Zahlungsmittel ähnlich dem späteren Hacksilber zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5

Abb. 6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7

Schwert aus Apa (Rumänien) Schwert aus Dänemark

[...]


[1] E. Sprockhoff (1930), Tafel 45.

[2] H.-J. Hundt (1978), 125-162.

[3] Brøndsted (1962), Abb. 24e.

[4] Brøndsted (1962), Abb. 24a.

[5] Brøndsted (1962), Abb. 15a.

[6] Brøndsted (1962), Abb. 26.

[7] Brøndsted (1962), Abb. 52 a-c.

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Handel und Kulturtransfer
College
University of Heidelberg  (Institut für Ur- und Frühgeschichte)
Course
Die Nordische Bronzezeit
Grade
1,7
Author
Year
2003
Pages
20
Catalog Number
V28521
ISBN (eBook)
9783638302784
File size
1231 KB
Language
German
Notes
Hausarbeit im Rahmen des Mittelseminars "Die Nordische Bronzezeit" am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Keywords
Handel, Kulturtransfer, Nordische, Bronzezeit
Quote paper
Antje König (Author), 2003, Handel und Kulturtransfer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28521

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Title: Handel und Kulturtransfer



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