Das Frühinterventionsprogramm STEEP im Kontext der Bindungstheorie


Hausarbeit, 2013

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Bindungstheorie
1.1. Was ist Bindung?
1.2. Entwicklung von Bindung
1.3. Inneres Arbeitsmodell
1.4. Bindungsqualitäten
1.4.1. Fremde Situation
1.4.2. Sichere Bindung (B-Typ)
1.4.3. Unsicher-vermeidende Bindung (A-Typ)
1.4.4. Unsicher-ambivalente Bindung (C-Typ)
1.4.5. Desorganisierte/desorientierte Bindung (D-Typ)
1.4.6. Auswirkungen einer unsicheren oder desorganisierten Bindung

2. Das Frühinterventionsprogramm STEEP™
2.1. Was ist STEEP™?
2.2. Zielgruppe
2.3. Historischer Hintergrund
2.4. Theoretische Fundierung
2.5. Grundsätze
2.6. Ziele
2.7. Umsetzung
2.8. Wirksamkeit

Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Gefährdung von Kindern durch Vernachlässigung und Misshandlung ist ein topaktuelles Thema und verlangt seit jeher nach einer Lösung. Gerade bei Familien, bei denen viele Risikofaktoren (wie finanzielle Armut, Suchtproblematik, frühe Schwangerschaft etc.) zusammenkommen ist die Gefahr von Kindeswohlgefährdung groß. Auf der anderen Seite werden im Zuge des Schutzes viel zu viele Kinder aus ihren Familien genommen. Die Frage ist nun, wie diese beiden Schwierigkeiten angegangen werden können.

Ein möglicher Weg zur Prävention solcher Vernachlässigungs- und Misshandlungsfälle ohne eine Herausnahme ist das Frühinterventionsprogramm STEEP™ zur Stärkung der Eltern- Kind-Bindung, welches in dieser Arbeit vorgestellt werden soll. Da STEEP™ wissenschaftlich auf der Bindungstheorie begründet ist und diese, sowie die verschiedenen Bindungsqualitäten, für das Verständnis wichtig sind sollen sie hier zuvor eingehend erläutert werden.

1. Die Bindungstheorie

Die Bindungstheorie hat einen wesentlichen Beitrag zu den heutigen Grundlagen der Psychologie und Pädagogik geleistet, wird vielerorts zu Diskussionen herangezogen und stetig weiterentwickelt (vgl. Bethke et al. 2009, 8 & 24).

Sie wurde Mitte des 19. Jahrhunderts vom britischen Kinderpsychiater und Psychoanalytiker Johny Bowlby und der kanadischen Psychologin Mary Ainsworth begründet und basiert auf der Annahme, dass ein Kind einen angeborenen Drang besitzt, sich an andere Menschen (Erwachsene) zu binden, um von ihnen Schutz und Fürsorge zu erhalten (vgl. Bethke et al. 2009, 9). Die Bindungstheorie befasst sich mit dieser These, sowie mit den Auswirkungen auf die weitere Persönlichkeitsentwicklung und psychische Gesundheit eines Menschen (vgl. Zimmermann/Spangler 2008, 689). Sie beschäftigt sich insbesondere mit den Bindungserfahrungen des Kindes und leitet daraus unterschiedliche Qualitäten der Eltern- Kind-Bindung ab (vgl. Ahnert 2004, 67).

Die Bindungstheorie bietet einen interdisziplinären Orientierungsrahmen, welcher zwischen der Evolutionstheorie Charles Darwins, der Anthropologie, Psychoanalyse, Entwicklungspsychologie, Kontrolltheorie und Ethologie anzusiedeln ist (vgl. Ahnert 2004, 28-29).

1.1 Was ist Bindung?

Bindung im Sinne der Bindungstheorie wird von Bowlby als ein enges gefühlstragendes Band zwischen dem Kind und der ihm vertrauten Person beschrieben, welches die Beiden über Zeit und Raum hinweg verbindet. Diese Personen - die sogenannten Bindungspersonen - können die Eltern, aber auch Groß- oder Adoptiveltern, Geschwister oder andere Erwachsene sein, soweit sie für das Kind häufig und stabil verfügbar sind. (vgl. Bethke et al. 2009, 9) Die Entwicklungspsychologen Zimmermann und Spangler beschreiben Bindungspersonen als Personen, zu denen das Kind in enger emotionaler Beziehung steht und von der es Schutz und Unterstützung erwartet. Die Nähe zu einer Bindungsperson trägt zur Beruhigung und einem Gefühl von Sicherheit bei (vgl. Zimmermann/Spangler 2008, 689).

Das Bindungsverhalten zwischen dem Kind und seiner Bindungspersonen sei nach Bowlby existenziell wichtig für das kindliche Überleben und deren weitere Entwicklung, speziell der Entwicklung emotionaler Bindungen zu anderen Menschen. Deshalb müsse ihr genauso viel Geltung beigemessen werden, wie der Nahrungsaufnahme, Hygiene oder Exploration. (vgl. Bethke et al. 2009, 9)

1.2 Entwicklung von Bindung

Die menschliche Neigung eines Kindes eine Bindung zu einem Erwachsenen zu entwickeln, ist angeboren und erfolgt nach Bowlby typischerweise in vier aufeinander aufbauenden Phasen (vgl. Siegler et al. 2005, 587-588 & Bethke et al. 2009, 14-16):

1. Vorphase der Bindung (Geburt bis 6 Wochen):

In dieser ersten Phase zeigt das Kind allgemeine angeborene Signale (wie Anschauen, Klammern, Schreien etc.) mit dem es andere zu sich ruft. Hierbei unterscheidet das junge Kind noch nicht zwischen den Personen, die es anspricht. Alle Menschen in der Nähe werden gleichermaßen kontaktiert. Durch die auf die Signale folgende Interaktion fühlt sich das Kind getröstet.

2. Entstehende Bindung (6 Wochen bis 6 - 8 Monate)

Während dieser Phase fokussiert sich der Säugling zunehmend auf besonders vertraute Erwachsene und steuert sein soziales Verhalten zunehmend zielorientiert. Er reagiert auf vertraute Personen schneller und differenzierter als auf andere und lässt sich leichter von ihnen beruhigen. In dieser Zeit entwickelt das Kind Erwartungen, wie ihre Fürsorger auf ihre Bedürfnisse reagieren und ein Gefühl dafür, wie sehr es ihnen vertrauen kann. Diese Phase mündet langsam in der Entwicklung von stabilen Bindungen zu den vertrauten Personen.

3. Ausgeprägte Bindung (zwischen 6 - 8 Monaten und 1 ½ - 2 Jahren)

Nun sucht das Kleinkind aktiv Kontakt zu seinen Bezugspersonen. Durch die mittlerweile verbesserten motorischen Fähigkeiten kann es aktiv durch fort- oder hinbewegen die für ihn angemessene Nähe oder Distanz zu anderen Personen herstellen. Auch kann es Freude und Unbehagen, bspw. bei der Begrüßung oder Trennung der Mutter oder des Vaters, ausdrücken. Während dieser Zeit entwickelt das Kind immer klarere Vorstellungen von seinen Eltern. Es lernt deren Reaktionen auf Bedürfnisäußerungen besser vorherzusagen und das eigene Verhalten dementsprechend anzupassen. Es beginnt eine zunehmende Steuerung des Verhaltens gegenüber den Bindungspersonen. Auch wird in dieser Phase die Bindungsperson zum Mittelpunkt der kindlichen Welt und dient nun als sichere Basis für weitere Erkundungen, zu der das Kind zurückkehren kann, wenn es Sicherheit braucht. 4. Reziproke Beziehungen (von 1 ½ oder 2 Jahren an)

Diese letzte Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass das Kind rasch zunehmende kognitive und sprachliche Fähigkeiten entwickelt und die Gefühle, Ziele und Motive der Eltern begreift. Es entsteht ein Verständnis darüber, dass es zu Interessenskonflikten zwischen ihm und der Bindungsperson kommen kann, da beide unterschiedliche Ziele verfolgen. Das Kind beginnt darüber nachzudenken, was andere denken und fühlen. Es entsteht eine zunehmend wechselseitig geregelte Beziehung.

1.3 Inneres Arbeitsmodell

Infolge der zuvor beschriebenen vier Phasen der Bindungsentwicklung entsteht in der Regel eine andauernde emotionale Verbindung zwischen dem Kind und seiner vertrauten Person. Darüber hinaus bildet sich durch die vielen Erfahrungen, die das Kind mit den Eltern macht, eine unbewusste Erwartungshaltung des Kindes heraus, die das Erlebte im Ganzen abbildet. Diese Repräsentation des Selbst, der Bindungspersonen und der Beziehungen im Allgemeinen nennt Bowlby das „innere Arbeitsmodell“. Es wird eine immer treffsichere Vorhersage über die zukünftigen Reaktionen der Bindungspersonen auf das eigene Verhalten entwickelt. Die gesammelten Erfahrungen bilden sich dann mit zunehmendem Alter langsam zu einem generellen Welt- und Selbstbild (vgl. Siegler et al. 2005, 588 & Bethke et al. 2009, 16).

Sowie die ersten frühkindlichen Erfahrungen Einfluss auf die Entwicklung des inneren Arbeitsmodell eines Menschen haben, so hat dieses wiederum auch Einfluss auf dessen weiteres Verhalten. Das Kind interpretiert mit seinem inneren Arbeitsmodell die Beziehungen zu anderen Personen und der Umwelt insgesamt. Die Reaktionen der Bindungspersonen auf das eigene Verhalten zeigen dem Kind wie liebenswert und kompetent es selbst ist und haben somit Einfluss auf dessen Selbstbild (vgl. Bethke et al. 2009, 17). Bowlby war der Meinung, dass das innere Arbeitsmodell die Erwartungen des Menschen hinsichtlich sozialer Beziehungen das ganze Leben hindurch steuere. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts stellte er erstmalig im Rahmen seiner Tätigkeit mit straffällig gewordenen Kindern fest, dass frühere (Trennungs-) Erlebnisse und Erfahrungen einen erheblichen Einfluss auf die kindliche Entwicklung und deren späteres Verhalten haben. Dies war zur damaligen Zeit eine heikle These, da sie der damals bestehenden Lehrmeinung widersprach. In den 1960er Jahren konnte Bowlby zusammen mit der Psychologin Mary Ainsworth seine theoretischen Erkenntnisse auch empirisch belegen. Ainsworth entwickelte auf Bowlbys Grundlage eine Laboruntersuchung (dazu mehr unter Pkt. 1.4.1), mit der die unterschiedlichen Reaktionen von Kindern auf eine Trennung von vertrauten Personen sichtbar gemacht werden konnten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen belegten Bowlbys Annahmen. (vgl. Bethke et al. 2009, 8)

Auch heute noch wird angenommen, dass das Bild des Kindes von Bindung dessen allgemeine Einstellung, das zukünftige soziale Verhalten und das Bewusstsein seines Selbst beeinflussen (vgl. Siegler et al. 2005, 588).

1.4 Bindungsqualitäten

Allerdings seien nach Bowlby Bindungen nicht gleich Bindungen. Je nach Art und Weise des Miteinanders, der Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit von Bindungsperson und Kind und anderen frühkindlichen Erfahrungen entwickeln sich bedeutende Unterschiede in Form und Qualität der Bindung (vgl. Bethke et al. 2009, 9).

John Bowlbys frühere Studentin und spätere Mitarbeiterin Mary Ainsworth entwickelte zur wissenschaftlichen Feststellung der Qualitäten von Bindung ein Testverfahren, das „Fremde Situation“ (engl. strange situation) genannt wird.

1.4.1 Fremde Situation

Wie bereits in Punkt 1.2 beschrieben, nutzen Kinder ihre Bezugsperson (zumeist die Eltern) als sichere Basis für ihre weitere Exploration. Ainsworth kam durch ihre Untersuchungen und Beobachtungen zu dem Entschluss, dass das Ausmaß dieser kindlichen Fähigkeit und die Art der Reaktion des Kindes auf eine kurze Trennung von der Bindungsperson, sowie das erneute Zusammentreffen mit ihr, Erkenntnisse über die Bindungsqualität zwischen dem Kind und dieser Person geben können (vgl. Siegler et al. 2005, 588). Diese Erkenntnis bietet die Grundlage des, Ende der 1960er Jahre von Ainsworth und ihren Mitarbeitern entwickelten, Labortests „Fremde Situation“, bei dem die Bindungsqualität von Kindern im Alter von ein bis zwei Jahren gemessen wird (vgl. Fonagy 2001, 27).

Der Test besteht aus acht dreiminütigen Episoden und findet in einer für das Kind unvertrauten Umgebung statt, da dies die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Bedürfnis des Kindes nach seiner Mutter oder seinem Vater verstärkt wird (vgl. Siegler et al. 2005, 589). Für den Test wird das Kind in Begleitung seiner Bindungsperson (meistens der Mutter) und einer fremden Person in ein Spielzimmer des Labors gesetzt. Dieses ist mit attraktivem Spielzeug ausgestattet, welches das Explorationsverhalten des Kindes aktivieren soll. Die Testsituation umfasst nach einer kurzen Eingewöhnungsepisode zwei kurze Trennungsphasen zwischen Kind und Bindungsperson, einmal in Anwesenheit der fremden Person und einmal alleine, sowie zwei anschließende Wiedervereinigungen. Die gesamte Testsituation wird auf Video aufgenommen und anschließend von der Testleitung im Hinblick auf das Verhalten des Kindes während der Trennung und insbesondere der Wiedervereinigung ausgewertet (vgl. Bethke et al. 2009, 18).

Anhand dieser Untersuchungen und Videoanalysen konnte Ainsworth insgesamt drei verschiedene Verhaltensmuster während der Trennungs- und Wiedervereinigungsphase ausmachen. Später fand die Psychologin Mary Main noch ein viertes Muster. Diese vier Muster wurden bestimmten Bindungsqualitäten zugeordnet, welche im Folgenden erläutert werden sollen (vgl. Bethke et al. 2009, 18).

1.4.2 Sichere Bindung (B-Typ)

Verhalten (in der Fremden Situation):

Kleinkinder, die sicher gebunden sind, nutzen ihre Mutter in der Anfangsepisode der Fremden Situation als sichere Basis, um den Raum und die Spielzeuge von ihr aus zu erkunden. Dabei schauen sie gelegentlich zur Mutter zurück, um sich ihrer Fürsorge zu versichern und beziehen diese teilweise mit ins Spiel ein (vgl. Siegler 2005, 590). Wird ein Kind mit dieser Bindungsqualität von seiner Mutter verlassen, so zeigt es seine emotionale Belastung, indem es z.B. schreit, weint oder nach seiner Mutter sucht. Eine Tröstung durch die fremde Person ist zumeist nicht möglich. Bei der Wiedervereinigung mit der Mutter wendet sich das Kind dieser sofort zu und begrüßt sie freudig. Das Kind möchte Körperkontakt zur Mutter herstellen und beruhigt sich in ihrer Nähe schnell wieder. Nach relativ kurzer Zeit beschäftigt es sich wieder neugierig mit anderen Dingen (vgl. Bethke et al. 2009, 20).

Für eine gute Kindesentwicklung ist eine ausgewogene Balance zwischen Bindung und Exploration wichtig. Um diese zu erreichen schafft sich das Kind in der Regel eine funktionierende Bindungsorganisation. Ist das sicher gebundene Kind emotional belastet sucht es Nähe bei der Bindungsperson. Negative Emotionen werden durch dessen Nähe hinreichend reguliert und es entsteht ein Gefühl von Sicherheit, sodass das Kind wieder explorationsbereit ist (vgl. Zimmermann/Spangler 2008, 689 & 691).

Entwicklung dieses Bindungstyps:

Die Bindungsqualität ist davon abhängig, wie feinfühlig die Bindungsperson die Zeichen des Kindes deutet und auf diese reagiert (vgl. Erickson/Egeland 2009, 33). Wenn die Mutter die Signale und Bedürfnisse ihres Kindes wahrnimmt, sie richtig interpretiert und zuverlässig, prompt und angemessen auf diese reagiert, macht das Kind die Erfahrung, dass es sich auf seine Mutter verlassen kann und entwickelt so mit ziemlicher Sicherheit eine sichere Bindung zu ihr. In Belastungssituationen (wie Krankheit, Trauer, Müdigkeit etc.) wird sich das Kind mit der Überzeugung sofortige Hilfe zu bekommen vertrauensvoll an die Mutter wenden, da es ein tiefes Vertrauen in ihre Verfügbarkeit bekommen hat. Das Kleinkind entwickelt so die Fähigkeit der Selbstregulation (vgl. Bohlen/Mail 2007, 16 & Bethke et al. 2009, 20).

Auswirkungen auf die spätere Entwicklung:

Das Bindungsmuster der sicheren Bindung spiegelt ein inneres Arbeitsmodell wieder, bei dem das Kind darauf vertraut Trost bei seinen Mitmenschen zu finden (vgl. Fonagy 2001, 27). Erfährt ein Kind in seiner frühen Entwicklung fürsorgliche Unterstützung, so wird es auch später vertrauensvoll Unterstützung suchen, da es Vertrauen in die Welt und seine Mitmenschen gewonnen hat (vgl. Bethke et al. 2009, 20).

Sicher gebundene Kinder besitzen ein hohes Maß an wichtigen Kompetenzen. Ein im Sinne der Bindungstheorie kompetentes Kind empfindet sich selbst als wert, Hilfe zu erhalten und kann dies deutlich seiner Bindungsperson mitteilen (vgl. Ahnert 2004, 29). Soziale Kompetenzen im Umgang mit anderen, sowie vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten sind gut ausgeprägt. Auch sind Kinder mit einer sicheren Bindung später weniger von den Erziehern abhängig, haben eine relativ hohe Frustrationstoleranz, sind weniger aggressiv gegenüber anderen Kindern und spielen konzentrierter (vgl. Bethke et al. 2009, 20-21). Studien konnten auch belegen, dass sicher gebundene Kinder später insgesamt besser in der Schule und mit Freundschaften zurechtkommen. Sie arbeiten erfolgreicher mit Lehrern zusammen, entwickeln gute Beziehungen zu Mitschülern und lernen mit größerer Ausdauer und Begeisterung. Diese positiven Erfahrungen, die das Kind infolge seines sicheren Bindungsverhaltens macht, wirken sich wiederum positiv auf seine weitere Entwicklung und das innere Arbeitsmodell aus. Es entsteht ein positiver Kreislauf (vgl. Erickson/Egeland 2009, 33-34).

Das Kind hat Zutrauen in seine eigene Fähigkeit entwickelt, die Zuwendung der Bindungsperson auszulösen. Dieses Grundvertrauen entwickelt sich mit der Zeit weiter und beeinflusst die Erwartungen und Verhaltensweisen des Kindes in späteren Beziehungen zu anderen. Eine sichere Bindung bildet eine Grundlage für eine spätere kompetente Lebensbewältigung und eine bessere Problemlösungskompetenz bei emotionalen und entwicklungsbezogenen Schwierigkeiten (vgl. Erickson/Egeland 2009, 33-34). Das Kind kann sich angemessen an der Wirklichkeit orientieren und kann, trotz emotional belastender Gefühle, zierorientiert planen und handeln. Diese sichere Organisation von Gefühlen ist eine ungemein gute Voraussetzung für eine positive weitere Entwicklung - wenn allerdings auch keine Garantie (vgl. Ahnert 2004, 29-30). In einer sicheren Bindungsbeziehung lernt das Kind sozio-emotionale Kompetenzen, Beziehungsfähigkeit generell, den Umgang mit Gefühlen und die Erkundung der Umwelt. Somit ist sie Voraussetzung für Autonomie und Kompetenz (vgl. Becker-Stoll 2007, 30).

Es gibt drei Bindungsmerkmale, die sich infolge sicherer Bindungsbeziehungen qualitativ zusammenfügen sollten: Integrität der Gefühle, Klarheit der eigenen Motive und die uneingeschränkte und unbelastete Breite der Handlungsmöglichkeiten (vgl. Ahnert 2004, 30).

1.4.3 Unsicher-vermeidende Bindung (A-Typ)

Verhalten (in der Fremden Situation):

Das unsicher-vermeidend gebundene Kleinkind wirkt in der Fremden Situation zunächst sehr selbstständig und unabhängig. Es ist Fremden gegenüber zutraulich und vermittelt insgesamt Erkundungsbereitschaft (vgl. Bethke et al. 2009, 19). In den Trennungssituationen zeigt das Kind wenig Kummer, allerdings auch deutliches Desinteresse an der Mutter bei der Wiedervereinigung (vgl. Zimmermann/Spangler 2008, 690). Es kommt zu vermeidenden Verhaltensmustern, wie Blick vermeiden, Kopf abwenden, Rücken zukehren oder gänzliches entfernen. Teilweise erfolgt sogar ein scheinbares Nichtwiedererkennen der Mutter bzw. Nichtreagieren auf ihre Angebote (vgl. Ahnert 2004, 68).

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Das Frühinterventionsprogramm STEEP im Kontext der Bindungstheorie
Hochschule
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Veranstaltung
Interdisziplinäre Fallarbeit: Multiperspektivische Fallbearbeitung
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
24
Katalognummer
V285223
ISBN (eBook)
9783656855606
ISBN (Buch)
9783656855613
Dateigröße
680 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Steep, Frühintervention, Bindungstheorie, Bindung, Bindungsqualitäten, Kindeswohlgefährdung, Vernachlässigung, Misshandlung
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Lisa Piel (Autor:in), 2013, Das Frühinterventionsprogramm STEEP im Kontext der Bindungstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285223

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Frühinterventionsprogramm STEEP im Kontext der Bindungstheorie



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden