Leseprobe
Inhalt
Einleitung
1 Einführung: Geschlechtertheoretische Grundlagen
1.1 Definition „Gender“
1.2 Definition „Doing Gender“
1.3 Zusammenfassung
2 Gender in der Grundschule
2.1 Geschlechterdifferenzen in der Schule
2.1.1 Geschlechtertypische Schulleistungen der Schüler und Schülerinnen
2.1.2 Geschlechterbezogene Interaktionen in der Schule
2.2 Doing Gender im Schulalltag – Unterrichtsbeispiele
2.3 Zusammenfassung
3. Wege zu mehr Geschlechtergleichheit
3.1 Geschlechtersensible Schule
3.1.1 Herausforderung für die Lehrkräfte
3.1.2 Chancen und Blockaden zur geschlechtergleichen Schulkultur
3.2 Zusammenfassung
Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Einleitung
Geschlechtsrollenverhalten wird von klein auf gelernt und durch die Rollenerwartungen des Umfelds bestärkt. Das Denken in zwei Geschlechtern hat in jedem Menschen Vorstellungen und Erwartungen zur Folge, wie das eigene oder das andere Geschlecht zu sein oder sich zu verhalten hat. Diese Vorstellungen sind ein gestaltendes und prägendes Element in der Interaktion und Kommunikation. So wird „Gender“ als soziale Konstruktion im Alltag ständig hergestellt. Dieser Prozess wird als „Doing Gender“ bezeichnet. Auch die Institution Schule ist ein soziales System, in der die Konstruktion von Geschlecht eine wichtige Rolle spielt.
Im Rahmen dieser Arbeit wird sich mit dem Thema „Doing Gender“ in der Grundschule auseinandergesetzt. Es soll herausgearbeitet werden, wie die Lehrkräfte zur Konstruktion von Geschlecht in der Grundschule beitragen. Zu diesem nicht ganz unkomplizierten Feld der Schulforschung existieren bis heute erst wenige Studien. Dies erstaunt, da Lehrkräften ein wichtiger Anteil bei der Gestaltung des schulischen Alltags zukommt.
Zuerst wird eine Grundlage für die weitere Vorgehensweise geschaffen, indem die Begriffe „Gender“ und „Doing Gender“ definiert werden. Im nächsten Kapitel wird näher auf „Gender“ in der Grundschule eingegangen. Hierzu wird auch die Geschlechterdifferenzen bezüglich der Leistungen und der Interaktionen zwischen den Schüler und Schülerinnen und Lehrkräften eingegangen. Anschließend soll anhand von Unterrichtsbeispielen aufgezeigt werden, wie „Doing Gender“ in der Schule stattfindet. Im letzten Kapitel wird erläutert, wie anhand von einer geschlechtersensiblen Schulatmosphäre die Geschlechterdifferenzen und Stereotypisierungen vermieden werden können. Dazu wird zunächst vorgestellt was eine geschlechtersensible Schule ausmacht, welche Herausforderungen sich für die Lehrkräfte stellen und wie man die Blockaden zum geschlechtersensiblen Agieren abstellen kann.
Den Abschluss der Arbeit bildet das Fazit.
1 Einführung: Geschlechtertheoretische Grundlagen
Zunächst wird eine theoretische Grundlage gegeben. Die Begrifflichkeiten „Gender“ und „Doing Gender“ werden im Folgendem erläutert, um ein besseres Verständnis für den weiteren Verlauf zu schaffen.
1.1 Definition „Gender“
Aufgrund der Frauenbewegung, in den 1970er Jahren wurden die Begrifflichkeiten „sex“ und „gender“ unterschieden.[1]
Unter „sex“ wird das angeborene biologische Geschlecht verstanden. Der Begriff verweist also auf körperlichbiologische Differenz zwischen männlichem und weiblichem Geschlechtskörper.[2]
Unter dem Begriff „Gender“ wird dagegen das soziale Geschlecht verstanden und wird folgendermaßen definiert: „ Gender ist ein analytischer Begriff zur Bezeichnung der sozialen Konstruiertheit geschlechtsspezifischer Merkmale und Verhaltensweisen“. Er bezeichnet alles an der Geschlechterdifferenz was nicht Biologie ist: persönliche Identität, familiale Sozialisation, kulturelle Stereotypen, Macht- und Liebesbeziehungen, ökonomische Lebenslagen, soziale Ungleichheit usw.[3] Der Begriff soll aufzeigen, dass die Geschlechteridentität nicht angeboren ist, sondern sozio-kulturell durch diskursive Zuschreibungen erworben wird. Was eine Gesellschaft als männlich oder weiblich wahrnimmt, ist demzufolge das Ergebnis von interpretativen Zuschreibungen.[4]
1.2 Definition „Doing Gender“
Was Frauen und Männer sind und wie sie sein sollen, wird gesellschaftlich hergestellt. Das Geschlecht wird „sozial konstruiert“. Die alltägliche kontinuierliche Herstellung von Geschlecht wird als „doing gender“ bezeichnet. Die zentrale Annahme dieses Ansatzes ist, dass nicht eine biologische oder natürliche Anlage das Verhalten steuert, sondern die alltäglichen Interaktionen der Menschen entscheidend dafür ist, ob sich eine Person als „weiblich“ oder „männlich“ darstellt und so wahrgenommen wird.[5] Geschlecht wird also von Menschen in Interaktion „gemacht“. Schon nach der Geburt werden Menschen in zwei Geschlechterkategorien eingeordnet, entweder Mädchen oder Junge. Daraus resultieren Geschlechtereigenschaften, wie zum Beispiel blau für die Jungen und rosa für die Mädchen. Im weiteren Verlauf des Lebens wird der Mensch dann in einem komplexen Prozess von Erziehung gesellschaftlichen Normen und Werten und Traditionen zum Mädchen bzw. zur Frau oder zum Jungen bzw. zum Mann „gemacht“.[6]
Diese „Doing-Gender–Prozesse“ vollziehen sich in der Gesellschaft nicht nur anhand von Individuen, sondern auch durch gesellschaftlich normierte Praktiken wie beispielweise durch Rechte oder durch die Institution Familie. Diese Prozesse werden aber nicht nur von der Gesellschaft vollzogen, sondern von der Person selbst. Die Personen betreibt „Doing Gender“, indem sie sich selbst einem Geschlecht zuordnen und dafür sorgt, dass das Erkennen des eigenen Geschlechts dem Gegenüber sofort möglich ist.[7]
Die institutionellen Reglungen spielen beim „Doing Gender“ eine wichtige Rolle und sind ein Schauplatz für Geschlechterkonstruktionen. Als Beispiele sind die stereotypen Darstellungen in den Medien, Strukturen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung oder geschlechtshomogene Gruppen in der Schule, Beispiele für institutionelle Reglungen. Als weiteres Beispiel ist die Trennung von Frauen- und Männertoiletten aufzuführen. Diese institutionelle Reglung und „Doing Gender“ führen zur Herstellung von Geschlechterdifferenzen und geschehen meist unbewusst. Die Geschlechtersegregation in Institutionen bestätigen die „Kultur der Zweigeschlechtlichkeit“.[8] Jeder denkt in zwei Geschlechtern und hat Vorstellungen und Erwartungen, wie das eine oder andere Geschlecht zu sein oder sich zu verhalten hat.
1.3 Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich daraus schließen, dass das soziale Geschlecht „Gender“ im Alltag durch alltägliche Interaktionen zwischen den Menschen hergestellt wird. Auch institutionellen Reglung tragen zur Konstruktion von Geschlecht bei und verlaufen meist unbewusst. Auch die Institution Schule ist ein Schauplatz für Geschlechterkonstruktionen. Wie nun die Lehrkräfte zur Konstruktion von Geschlecht in der Grundschule beitragen, soll im Folgenden erläutert werden.
[...]
[1] Düro, Nicola, Lehrerin-Lehrer, Welche Rolle spielt das Geschlecht im Schulalltag?, Opladen 2008, S.16.
[2] Vgl. Düro, S. 16.
[3] Gender Studies 2004, S.22ff.
[4] Kroll, Renate, Metzler Lexikon, Gender Studies, Geschlechterforschung, Stuttgart 2002, S. 141.
[5] Faulstich-Wieland, Hannelore, Spielt das Geschlecht (k)eine Rolle im Schullalltag? Plädoyer für eine Endramatisierung von Geschlecht, Berlin 2005, S.7.
[6] Vgl. http://www.genderkompetenz.info/w/files/gkompzpdf/gkompz_was_ist_gender.pdf
[7] Budde, Jörgen; Venth, Angela, Genderkompetenz für lebenslanges Lernen, Bielefeld 2010, S. 14.
[8] Vgl. Budde 2010, S. 14f.