Schaut man sich traditionelle Modelle der repräsentativen Demokratie von Rousseau und Montesquieu an, so ergibt sich als gemeinsamer Nenner die Vorstellung, der Abgeordnete sei der verlängerte Arm des Volkswillens, es gäbe also eine Stimmigkeit zwischen den Interessen der Wähler und den Interessen der Gewählten. Aber diese unterstellte Homogenität ist damals wie heute reines Wunschdenken, vor allem wird die hohe gesellschaftliche Differenzierung moderner Industriestaaten übersehen. Fraenkel kommt in seinen Überlegungen zu dem Schluss, dass unsere Gesellschaftsstruktur in höchsten Maße heterogen ist und das diese Vielfalt nicht nur zulässig, sondern durchaus erwünscht, dass sie quasi eine Bedingung für das Funktionieren des politischen Systems sei. Daraus folgt eine schier unübersichtliche Flut unterschiedlicher Interessen, bei gleichzeitiger zunehmender Komplexität der politischen Sachfelder, die die Parlamentarier nicht alle gleichermaßen berücksichtigen können. Das bedeutet, dass der Wähler andere Kanäle der Interessenvermittlung finden muss, wenn seine Interessen nicht Einzug in das Parlament finden. Dies geschieht vor allem über die Mitgliedschaft in Parteien und Interessenverbänden.
Vor allem ist es der Bundestag, wo gesellschaftliche Interessen und Staat aufeinanderprallen, wo Parteien und Verbände in allen Phasen der Gesetzgebung um die richtige Formulierung ringen.
Zunächst werde ich versuchen mich an den Begriff „Interesse“ anzunähern, um in einem nächsten Schritt Bedingungen und Konsequenzen der Interessenartikulation aufzuzeigen. In Abschnitt 2 wird dargestellt werden, welche Strategien und Gründe die Parteien und Verbände entwickelt haben, um ihre Interessen zu realisieren. Darauf folgt (3) ein kurzer Einblick in Möglichkeiten der Einflussnahme von Seiten der Verbände: Die Pluralismus- und Neokorporatismustheorien.
Der vierte Teil beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung die Verbände im Bundestag haben und welche rechtlichen Möglichkeiten die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt, um eine Vernetzung von Parlament und Lobbys zu gewährleisten. Zu guter Letzt beschreibe ich die Verzahnung der Parteien und der Verbände auf der Arbeitsebene: Auf welche Art werden die Interessen in Gesetze umgesetzt, welche Rolle spielen dabei beispielsweise die Ausschüsse und die Fraktionen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- 1. Theorie der Interessenvermittlung
- 1.1. Der Begriff Interesse
- 1.2. Funktion der Interessenartikulation
- 2. Die Rolle der Parteien und der Verbände im Vermittlungsprozess
- 2.1. Parteien und Interessenvermittlung
- 2.2. Verbände und Interessenvermittlung
- 3. Möglichkeiten der Einflussnahme: Der Pluralismus und der Neokorporatismus.
- 4. Die Vernetzung von Verbändesystem und Bundestag
- 4.1. Kontakte zu Politikern
- 4.2. Bedeutung der Verbände im Bundestag
- 4.3. Die Geschäftsordnung des Bundestages
- 4.4. Die Verbändeliste des Bundestages
- 5. Das Zusammenspiel der Parteien und der Verbände im Gesetzgebungsprozess..
- 5.1. Die Gesetzesinitiative
- 5.2. Das Plenum
- 5.3. Die Fraktionen
- 5.4. Die Opposition
- 5.5. Die Ausschüsse
- 5.6. Die Anhörungen
- 5.7. Die Enquete- Kommissionen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von Parteien und Verbänden im deutschen politischen System im Kontext der Interessenvermittlung. Dabei werden verschiedene theoretische Ansätze zur Interessenvermittlung beleuchtet und die Rolle der Parteien und Verbände im Gesetzgebungsprozess des Deutschen Bundestages analysiert.
- Theorie der Interessenvermittlung
- Rolle von Parteien und Verbänden im Vermittlungsprozess
- Einflussnahme durch Verbände (Pluralismus, Neokorporatismus)
- Vernetzung von Verbänden und Bundestag
- Zusammenspiel von Parteien und Verbänden im Gesetzgebungsprozess
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Diskrepanz zwischen dem Idealbild einer repräsentativen Demokratie und der komplexen Realität der Interessenvermittlung in modernen Gesellschaften. Sie stellt die Bedeutung von Parteien und Verbänden als Kanäle der Interessenartikulation heraus und hebt die zentrale Rolle des Bundestages als Ort des Zusammenpralls gesellschaftlicher Interessen und staatlicher Willensbildung hervor.
- 1. Theorie der Interessenvermittlung: Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit dem Begriff "Interesse" und der Funktion der Interessenartikulation in einem demokratischen System. Er analysiert, wie unterschiedliche Interessen in einem pluralistischen Kontext artikuliert und berücksichtigt werden können.
- 2. Die Rolle der Parteien und der Verbände im Vermittlungsprozess: Das Kapitel beleuchtet die Strategien und Motivationen von Parteien und Verbänden bei der Interessenvermittlung. Es untersucht die Rolle von Parteien als Vermittler von Wählerinteressen und die Funktion von Verbänden als organisierte Interessenvertretungen.
- 3. Möglichkeiten der Einflussnahme: Der Pluralismus und der Neokorporatismus: Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die Pluralismus- und Neokorporatismustheorien als Modelle der Interessenvermittlung. Es untersucht die verschiedenen Möglichkeiten, die Verbände nutzen, um Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess zu nehmen.
- 4. Die Vernetzung von Verbändesystem und Bundestag: Dieser Abschnitt beleuchtet die Bedeutung von Verbänden im Deutschen Bundestag und die rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Vernetzung von Parlament und Lobbys ermöglichen. Er untersucht die Kontakte von Verbänden zu Politikern, die Rolle der Verbände im Bundestag und die Relevanz der Geschäftsordnung des Bundestages.
- 5. Das Zusammenspiel der Parteien und der Verbände im Gesetzgebungsprozess: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der konkreten Umsetzung von Interessen in Gesetzesvorhaben. Es analysiert die Rolle verschiedener Akteure im Gesetzgebungsprozess, wie beispielsweise die Gesetzesinitiative, das Plenum, die Fraktionen, die Opposition, die Ausschüsse, Anhörungen und Enquete-Kommissionen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Interessenvermittlung, repräsentative Demokratie, Parteien, Verbände, Deutscher Bundestag, Gesetzgebungsprozess, Pluralismus, Neokorporatismus, Einflussnahme, Interessenartikulation, Interessenaggregation, Lobbyismus.
- Arbeit zitieren
- Axel Limpert (Autor:in), 2004, Interessenvermittlung in den Bundestag - Möglichkeiten der Parteien und Verbände, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28573