Rechtsextremismus in den neuen Medien. Untersuchung der jugendlichen Wahrnehmung rechtsextremer Agitation im Internet


Seminararbeit, 2014

32 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis:

Thema: Seitenzahl:

1. Thema

2. Theorie
2.1 Begriffsdefinition Rechtsextremismus
2.2 Trends rechtsextremer Internetnutzung
2.3 Ausgewählte Gruppierungen und Strategien
2.4 Internetnutzung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen
2.5 Hypothesen

3. Untersuchung
3.1. Operationalisierung
3.1.1. Items
3.1.2. Erhebung
3.1.3. Stichprobe
3.2. Auswertung
3.2.1. Rechtsextreme und menschenfeindliche Aussagen im Netz
3.2.2. Plattformen
3.2.3. Selbsteinschätzung im Erkennen rechtsextremer Inhalte
3.2.4. Politische Zuordnung von Symbolen
3.2.5 Selbsteinschätzung und tatsächliches Erkennen von Symbolen

4. Diskussion

5. Resümee

6. Erfahrungsbericht Lehrforschung

7. Literaturverzeichnis

8. Webseiten

9. Anhang

1. Thema

Jugendliche und junge Erwachsene stellen seit jeher eine wichtige und attraktive Zielgruppe für die Verbreitung rechtsextremer und menschenfeindlicher Inhalte dar: Sie gelten als weniger resistent gegenüber rechtsextremer Agitation als Erwachsene, da sie in ihrer politischen Meinung oftmals noch nicht gefestigt sind und über ein großes Aktionspotenzial verfügen. Rechtsextreme Parteien, Vereine und auch Einzelpersonen verbreiten daher oftmals einschlägige Inhalte zeitgemäß und auf Jugendliche zugeschnitten.1 Eine klassische Strategie von Neonazis ist es, Tonträger mit nationalistischen und ausländerfeindlichen Musikstücken auf Schulhöfen und an Jugendtreffpunkten zu verteilen. Mit einem stetigen Wandel der Mediennutzung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ändern sich auch die Strategien der Verbreitung von rechtsextremen Inhalten. Als Medium der Kommunikation, des Austausches und der Informationsbeschaffung ist das Internet für viele Jugendliche nicht mehr wegzudenken. In der Freizeitgestaltung von Jugendlichen nimmt das Internet, nach dem Konsum von Musik, einen hohen Stellenwert ein.2 Deshalb wird das Internet auch zunehmend wichtiger, als Rekrutierungsbasis für rechtsextreme Strömungen und Gruppierungen.3 Die Verbreitungsstrategien von rechtsextremen Inhalten werden zunehmend und vielfältiger an die digitale Lebenswelt Jugendlicher angepasst.

Zur internen Kommunikation verwenden rechtsextreme Gruppierungen eher geschlossene Foren und Kommunikationsnetzwerke.4 Demgegenüber ermöglichen bei Jugendlichen beliebte soziale Netzwerke im Internet, wie Facebook, Twitter, Youtube und Co, jedem, seine Meinung zu aktuellen Themen an viele Menschen auf einmal zu verbreiten und auf andere Einträge zu antworten. Zudem beeinflusst die Anonymität im Netz die Hemmschwelle Parolen und Einstellungen kundzutun, die in der Öffentlichkeit wahrscheinlich nicht geäußert würden. Die für die Nutzer der sozialen Netzwerke im Internet offensichtlichen Vorteile wurden auch von rechtsextremen Agitatoren erkannt.

Die Nutzung sozialer Netzwerke im Internet für die Rekrutierung neuer Mitglieder, ist aus diesen

Gründen für rechtsextreme Gruppierungen von großer Bedeutung. „Die Nutzung sozialer Netzwerke und Videoplattformen gehört heute zur erklärten Strategie von Rechtsextremen.“5

Oftmals werden dabei Inhalte verbreitet, ohne dass die politische Intention auf den ersten Blick zu erkennen ist. Strafbare Inhalte werden vermieden. Einige Strategien regen Jugendliche zum Mitmachen an und kombinieren die Präsenz im Internet mit Aktionen in der Öffentlichkeit, die auf Jugendliche ansprechend wirken sollen.6

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, wie das Internet zur Verbreitung von rechtsextremen Inhalten genutzt wird. Ein Augenmerk wird auf die verschiedenen agierenden Gruppierungen und ihre Strategien der Verbreitung gelegt. Nach einem Blick auf die Internetnutzung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll untersucht werden, wie sehr rechtsextreme und menschenfeindliche Inhalte das Erscheinungsbild des Internets in der Wahrnehmung von jungen Internetnutzern prägen.

Zudem wird die Frage beantwortet, wie resistent Jugendliche und junge erwachsene Thüringer, die derartige soziale Netzwerke im Internet nutzen, gegenüber unterschwelliger aber auch gegenüber offensichtlicher Verbreitung von rechtsextremen Inhalten im Netz sind. Ein Schwerpunkt wird darauf gelegt, wie realistisch sich Internetnutzer beim Erkennen von rechtsextremen Inhalten einschätzen. Wie sehr sich diese zutrauen rechtsextreme Inhalte zu erkennen und wie gut derartige Inhalte tatsächlich erkannt werden. Diese Selbsteinschätzung erscheint insbesondere bei der Resistenz gegenüber unterschwelliger rechtsextremer Agitation im Internet wichtig.

Aufgrund des Themas der vorliegenden Arbeit musste bei der Recherche der Sachverhalte selbst verstärkt auf das Internet zugegriffen werden.

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass neben der ausführlichen Zitation der Autoren auch einige Begrifflichkeiten von Behrens, Glaser und Kiess7 übernommen wurden. Um den Umfang der vorliegenden Hausarbeit auf ein angemessenes Niveau zu begrenzen, mussten einige weiterführende Gedanken außen vor gelassen werden.

2. Theorie

In diesem Abschnitt soll zunächst geklärt werden, was unter rechtsextremen Inhalten im Internet verstanden wird. Dazu wird auf die Begriffsdefinition des Rechtsextremismus im Allgemeinen eingegangen und ein Bezug zum Begriff der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit hergestellt. Im Folgenden werden Trends rechtsextremer Internetnutzung unter die Lupe genommen und Gruppierungen, die als rechtsextrem einzustufende Agitatoren im Internet erwähnenswert sind, näher beleuchtet. Anschließend wird auf die Entwicklung der Internetnutzung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen eingegangen.

2.1. Begriffsdefinition Rechtsextremismus

Der Begriff des „Rechtsextremismus“ ist in den Sozialwissenschaften unklar umrissen und wird oft als gleichbedeutend mit Begriffen wie Rechtsradikalismus, Neonazismus, Faschismus etc. verwendet.8 „Eine allgemein akzeptierte Theorie des Rechtsextremismus existiert bisher nicht in der Forschungslandschaft“.9 Um den Begriff des Rechtsextremismus für die vorliegende Arbeit einzugrenzen wird im Folgenden auf eine Fallstudie von Johannes Kiess Bezug genommen, die unterschiedliche Begriffe von Rechtsextremismus analysiert. Als bedeutsame und häufig benutzte Definition identifiziert Kiess den von Gerd Jaschke geprägten Begriff des Rechtsextremismus:

In dieser Definition wird Rechtsextremismus als ein Zusammenschluss von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen verstanden. Diese Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen gehen von einer rassistischen oder ethnischen Ungleichheit der Menschen aus und erstreben eine ethnische Homogenität der Völker. Der Organisationsgrad der Verbreitung spielt dabei keine Rolle. Eine allgemeingültige Gleichheit der Menschen wird abgelehnt und das Wohl der Gemeinschaft wird über das Wohl von Individuen gestellt. Damit werden die Bedürfnisse der Bürger unter die Bedürfnisse der Staatsmacht geordnet. Ein zentraler Punkt der Begriffsdefinition ist die Ablehnung des Demokratisierungsprozesses.10 Ein wichtiger Punkt im Demokratieverständnis des Autors ist die Akzeptanz von Minderheiten und die Toleranz gegenüber Menschen mit diversifizierten Meinungen und Lebensstilen. Aus diesem Grund muss an dieser Stelle auch dem Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) Beachtung geschenkt werden. Laut Kiess prägte der Soziologe Wilhelm Heitmeyer den Begriff der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in einer langjährigen Untersuchungsreihe, die in mehreren Dimensionen eine „Ideologie der Ungleichwertigkeit“ erfassen sollte.11 GMF beinhaltet die Elemente „Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Heterophobie, Etabliertenvorrechte und Sexismus.“12 Weitere Dimensionen, die von Heitmeyer im Bezug auf gesellschaftliche Entwicklungen der GMF- Skala hinzugefügt wurden, sind: „Islamophobie […], Abwertung von Homosexuellen, Obdachlosen und Behinderten […], (sowie die) Abwertung von Langzeitarbeitslosen“.13 Die Demokratiefeindlichkeit spielt im GMF-Konzept, im Gegensatz zur oben beschriebenen Definition des Rechtsextremismusbegriffes keine Rolle. Doch laut Kiess liefert Heitmeyer eine Verbindung zum Begriff des Rechtsextremismus: „menschenfeindliche Einstellungen (können) als Nährboden für >>rechtsextreme<< Parteien, Gewalttaten und andere Phänomene auf der Handlungsebene angesehen werden“.14 Den Begriff Rechtsextremismus nutze Heitmeyer nur, wenn Einstellungs- und Handlungsebene aufeinandertreffen.15 Da im Falle eines Internetbeitrags, sei es durch das Hochladen von Videos, dem Posten von Kommentaren in sozialen Netzwerken oder der aktiven Suche nach Gesinnungsgenossen konkrete Handlungen vorliegen, spiegelt die Handlungsebene die Einstellungsebene wieder. Somit könnte man bei Internetbeiträgen, nach Heitmeyer, von Rechtsextremismus sprechen.

Ein Schwachpunkt des Syndroms gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit liegt in dem Begriff an sich und in der Auswahl der Dimensionen. Alle Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber Menschen einer bestimmten Gruppe, gleich welcher Gruppe, könnten als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, im Sinne des Begriffs, aufgefasst werden. So könnten beispielsweise auch Personen die eine abwertende Meinung gegenüber NPD-Wählern, politischen Extremisten, Punkern oder Anarchisten haben eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aufweisen, wenn auch sicher nicht im Sinne der GMF-Dimensionen von Heitmeyer. Es ist zu überlegen, ob GMF nicht viel mehr ein Maß an Toleranz gegenüber den Gruppen der abgefragten Dimensionen erfasst.

Da sich die vorliegende Arbeit speziell mit Rechtsextremismus im Internet und in den neuen Medien befasst, soll an dieser Stelle auch der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und den Telemedien zur Sprache kommen.16

„Zweck des Staatsvertrages ist der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen.“17

Unzulässige Angebote sind laut Staatsvertrag „Propagandamittel […], deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist“.18 Auch Angebote, die „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen [..] verwenden“19 oder „zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“20

gelten als unzulässig. Angebote die Handlungen während der Herrschaft des Nationalsozialismus leugnen oder verharmlosen, grausame oder unmenschliche Gewalttaten schildern, verharmlosen oder verherrlichen, den Krieg verherrlichen oder gegen die Menschenwürde verstoßen, sind laut §4 ebenfalls unzulässig.21

Der JMStV (Jugendmedienstaatsvertrag) greift in keiner Weise auf den Begriff des Rechtsextremismus zurück. Dennoch ist eine Parallele zu Heitmeyers Definition des Rechtsextremismus zu erkennen. Im Staatsvertrag ist zwar nicht die Rede von Einstellungen, dafür aber von konkreten Handlungen, wie Aufstacheln, zu Gewalt auffordern oder beschimpfen, etc. Von konkreten Handlungen auszugehen liegt dabei in der Natur eines Gesetztextes.

Für die vorliegende Arbeit wird Rechtsextremismus ebenfalls als eine Kombination von vorhandenen Einstellungen und konkreten Handlungen betrachtet. Für das Agieren im Internet müssen Handlungen ausgeführt werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass Einstellungen, die durch Handlungen abgebildet werden (Beiträge in Netzwerken etc.) schon vorher in den handelnden Personen vorhanden sind. Eine nähere Prüfung der zugrundeliegenden Einstellung bei Aktionen im Internet ist nicht möglich. Rechtsextreme Einstellung wird im Folgenden unter Bezug auf Jaschke und Heitmeyer definiert als: Einstellungen die von einer rassistischen und ethnischen Ungleichheit der Völker ausgehen, sich dem Nationalsozialismus zugewandt fühlen oder die Demokratisierung ablehnen. Als wesentlicher Bestandteil einer Ablehnung der Demokratisierung werden ausgeprägte Intoleranz und stark abwertende Meinungen gegenüber Minderheiten angesehen. In der Itembildung für die folgende Untersuchung wurde daher sowohl Aufwertung des Nationalsozialismus und Demokratiefeindlichkeit als auch verschiedene GMF-Dimensionen aufgenommen. In der Untersuchung und in der vorliegenden Arbeit konnten Begriffe wie Rechtsextremismus, Neonazismus etc. nicht immer scharf voneinander getrennt werden. Jedoch ist davon auszugehen, dass eine generelle Auffassung und ein Verständnis des Phänomens in der Bevölkerung vorliegt.

2.2. Trends rechtsextremer Internetnutzung

Die Organisation Jugendschutz.net ist damit beauftragt Telemedien und interaktive sowie kommunikative Angebote auf jugendgefährdende Inhalte gemäß den Bestimmungen des oben aufgeführten JMStV22 zu überprüfen. Bei Verstößen werden die Anbieter auf diese Inhalte aufmerksam gemacht und um Löschung der Inhalte gebeten. Unzulässige Angebote sind laut JMStV unter anderem „Inhalte (die) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung … gerichtet sind“23. Inhalte, die „zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln“24 oder „gegen die Menschenwürde verstoßen“25. Im Jahresbericht 2012 stellt Jugendschutz.net fest, dass die Anzahl rechtsextremer Inhalte stark angestiegen ist. Während 2011 etwa 5.400 rechtsextreme Webseiten und Beiträge in sozialen Medien dokumentiert wurden stieg die Anzahl der Sichtungen 2012 auf 7.000 an.26 Gleichzeitig ist ein Rückgang an deutschsprachigen „Statische(n) Szenewebsites“27 zu verzeichnen: „Die Gesamtzahl der Websites von Kameradschaften (2012: 368, 2011: 391) und von der NPD (2012: 226, 2011: 238) lagen leicht unter dem Niveau des Vorjahres.“28 Die Rolle der sozialen Medien für rechtsextreme Agitatoren wird allerdings zunehmend wichtiger. Der Sichtung von 3.700 rechtsextremen Beiträgen in sozialen Medien 2011 stehen 5.500 gesichtete Beiträge 2012 gegenüber, so dass neben einem Anstieg der rechtsextremen Agitation in den sozialen Medien auch die Wichtigkeit dieser Plattformen für rechtsextreme Propaganda ersichtlich wird.29 Beiträge in sozialen Medien machen dabei einen Großteil der gesichteten Beiträge insgesamt aus. Der Onlinekommunikationsdienst Twitter nimmt laut Jugendschutz.net eine besondere Rolle ein. Dort haben sich die Kanäle rechtsextremer Gruppierungen 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 35% auf insgesamt 196 erhöht. Die Hälfte geht dabei auf rechtsextreme Kameradschaften zurück, während ein Viertel von der NPD stammt. 30 Weitere Verbreitung rechtsextremer Inhalte findet durch Webseiten statt, die auf Events und Kampagnen hinweisen und zum Mitmachen auffordern; sowie durch szenenahe Versandhändler.31

Der Großteil aller deutschsprachigen rechtsextremen Internetinhalte (76%) ist auf Servern in den USA abgespeichert. Dieser große Anteil liegt unter anderem an der Konzentration der rechtsextremen Inhalte in den sozialen Medien Facebook, Youtube und Twitter: „70% aller Sichtungen bezogen sich auf diese US-Dienste“32

2.3 Ausgewählte Gruppierungen und Strategien

Rechtsextreme Agitation im Internet ist ein Abbild der Ideen und Aktionen die seit jeher in der Szene verbreitet und ausgeführt werden. Im Internet ist die Verbreitung jedoch vielschichtiger und oft multimedial verpackt. Insbesondere um die Aufmerksamkeit von Jugendlichen zu erringen werden die Strategien an das Internet angepasst, modernisiert und weiterentwickelt. Protagonisten sind sowohl einzelne Neonazis, die ihre Ideologie in Blogs oder Einzelbeiträgen über soziale Netzwerke verbreiten, als auch lose Gruppierungen, Kameradschaften, die NPD und andere rechtsextreme Parteien sowie Szene-Versandhändler.33 „Neue technische Entwicklungen und mediale Trends werden (dabei) unmittelbar zur Verbreitung von Propaganda genutzt.“34 Beispielsweise werden sogenannte QR-Codes eingesetzt, die mit Smartphones gescannt direkt auf einschlägige Webseiten führen. Abgedruckt und verbreitet werden diese Codes auf Flyern, Aufklebern oder auf Profilen in sozialen Netzwerken.35 Das Erscheinungsbild im Netz ist oft professionell aufgezogen und durch Musik, Flash-Animationen oder Videos ergänzt. Es werden Strategien bevorzugt bei denen nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, woher die Inhalte stammen. Desweiteren werden strafbare Inhalte gezielt vermieden oder umschrieben: „Stattdessen wird versucht, Jugendliche unterschwellig zu beeinflussen und über Lebensweltbezüge zu ködern.“36 Durch einfache Antworten auf kontroverse Themen wie die Finanzkrise, Arbeitslosigkeit oder den Umgang mit „Kinderschändern“ werden auf den ersten Blick neutrale Aktionen in sozialen Netzwerken und auf Online-Blogs verbreitet.37 Internetauftritte verweisen auf Aktionen in der Öffentlichkeit und sollen gezielt zum Mitmachen anregen. Die Partei PRO-NRW richtete sich im Landtagswahlkampf systematisch an Jugendliche. Im Zuge der Kampagne „Wir oder Scharia“ wurden Schüler und Jugendliche durch einen Internetwettbewerb dazu aufgefordert Videos, Lieder oder Grafiken, welche die Gefahr der Islamisierung verdeutlichen sollen, in das Internet zu laden, um ein Preisgeld von 300€ zu gewinnen.38 Diese Strategie kann auch umgekehrt zur Anwendung kommen. Bei Aktionen in der Öffentlichkeit, wie Flashmobs oder spontanen Treffen, bei denen verschleiert wird von welcher Gruppe diese ausgehen, wird ein geschlossenes und selbstsicheres Auftreten an den Tag gelegt und ein erlebnisorientierter Lebensstil zur Schau gestellt. Diese Aktionen sollen attraktiv auf andere Jugendliche wirken und damit deren Aufmerksamkeit wecken. Im Zuge der Aktionen werden Flyer mit QR-Codes oder Weblinks verteilt, die direkt auf einschlägige Webseiten verweisen und den Kontakt zur rechtsextremen Szene erleichtern. Diese Taktik ist vergleichbar mit dem Vier-Stufen-Modell „AIDA“39 aus der Werbebranche. In der ersten Stufe „Attention“ soll die Aufmerksamkeit der Zielgruppe errungen werden. Dies geschieht durch eine moderne Aufmachung, emotionalisierte Themen und einen Wiedererkennungseffekt.

[...]


1 Vgl.: Glaser, Stefan; Schneider, Christiane (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 62 (18-19), S. 40-46. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Frankfurter Societäts-Verlag, Möhrfelden-Walldorf. S. 41

2 Vgl.: Behrens, Peter & Thomas Ratgeb et. Al. (2011): JIM 2011. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Hrsg.: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, Stuttgart. << http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf11/JIM2011.pdf>> (Zugriff: 04.06.2014) (Stand: 2011) S.15

3 Vgl.: Glaser, Stefan; Schneider, Christiane (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 62 (18-19), S. 40-46. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Frankfurter Societäts-Verlag, Möhrfelden-Walldorf. S. 40f

4 Vgl. Ebenda S. 42

5 Glaser, Stefan; Schneider, Christiane (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 62 (18-19), S. 40-46. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Frankfurter Societäts-Verlag, Möhrfelden-Walldorf. S. 42

6 Vgl͘ Jugendschutz͘net (Hrsg͘) (2011): „Werde unsterblich“͘ Neonazis mobilisieren multimedial auf allen Kanälen͘ << http://hass-im-netz.info/fileadmin/dateien/dokumente/PDFs/volkstod.pdf>>

(Zugriff: 03.06.2014) (Stand: September 2011) S. 1f

7 Siehe Literaturverzeichnis

8 Vgl.: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre Begriff »Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 240

9 Nattke, Michael (2009): Rechtsextreme Einstellungen von BerufsschülerInnen. Eine empirische Untersuchung. Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Dresden. S. 3

10 Vgl.: Jaschke (2001): 20. zit. in: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre Begriff »Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremis-musforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 244

11 Vgl.: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre Begriff

»Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 252

12 Heitmeyer (2002): 20. zit. in: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre

Begriff »Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 252

13 Heitmeyer (2009). zit. in: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre Begriff »Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 252

14 Heitmeyer (2007): 196. zit. in: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre

Begriff »Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 253

15 Vgl.: Kiess, Johannes (2011)1: Rechtsextrem - extremistisch - demokratisch? Der prekäre Begriff

»Rechtsextremismus« in der Einstellungsforschung. In: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung. Hrsg.: Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells. VS Verlag, Wiesbaden. S. 253

16 Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und TelemedienJugendmedienschutz-Staatsvertrag- JMStV.

17 Ebenda §1

18 Ebenda §4 Abs. 1

19 Ebenda Abs. 2

20 Ebenda Abs. 3

21 Vgl. Ebenda Abs. 4-8

22 Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und TelemedienJugendmedienschutz-Staatsvertrag- JMStV.

23 Ebenda § 4

24 Ebenda

25 Ebenda

26 Vgl. Glaser, Stefan (2013): Rechtsextremismus online beobachten und nachhaltig bekämpfen. Bericht über Recherchen und Maßnahmen im Jahr 2012. Hrsg.: Jugendschutz.net, Mainz. S. 3

27 Ebenda

28 Ebenda S. 4

29 Vgl. Ebenda S.3

30 Vgl. Ebenda

31 Vgl. Ebenda S.4

32 Ebenda

33 Vgl. Glaser, Stefan & Christiane Schneider (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 62 (18-19), S. 40-46. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Frankfurter Societäts-Verlag, Möhrfelden-Walldorf. S. 40

34 Glaser, Stefan (2013): Rechtsextremismus online beobachten und nachhaltig bekämpfen. Bericht über Recherchen und Maßnahmen im Jahr 2012. Hrsg.: Jugendschutz.net, Mainz. S. 5

35 Vgl. Ebenda

36 Glaser, Stefan & Christiane Schneider (2012): Zielgruppe Jugend: Rechtsextreme im Social Web. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 62 (18-19), S. 40-46. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Frankfurter Societäts-Verlag, Möhrfelden-Walldorf. S. 42

37 Vgl. Ebenda S. 43

38 Vgl. Ebenda S. 41

39 AIDA= Attention, Interest, Desire, Action.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Rechtsextremismus in den neuen Medien. Untersuchung der jugendlichen Wahrnehmung rechtsextremer Agitation im Internet
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Lehrveranstaltung: Milieus politischer Einstellungen junger Thüringer
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
32
Katalognummer
V285958
ISBN (eBook)
9783668667310
ISBN (Buch)
9783668667327
Dateigröße
1055 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtsextremismus, Internet, Jugendliche
Arbeit zitieren
Florian Buchholz (Autor:in), 2014, Rechtsextremismus in den neuen Medien. Untersuchung der jugendlichen Wahrnehmung rechtsextremer Agitation im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285958

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