Seitdem im Jahre 1979 das Europäische Parlament (EP) erstmals direkt durch die Bürger der Mitgliedsstaaten gewählt wurde, ist die Wahlbeteiligung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf einen deutlich niedrigeren Wert als zur ersten Direktwahl gesunken (1979: 62%; 2009: 43,2%). Das bedeutet, dass die Nichtwähler-Quote von 1979 um fast 20 Prozentpunkte gestiegen ist. Als Begründung geben die meisten Nichtwähler (68%) an, dass ihre Stimme bei der Europawahl nichts an der Politik ändern würde.
Ein Grund für diese Annahme ist zum einen, dass das europäische Parlament nicht die Aufgabe einer Regierungsbildung hat, da es in der EU keine Regierung gibt. Und zum anderen, dass den Bürgern die Kompetenzvielfalt des EP noch nicht klar ist. Ebenso vermittelt die Union durch seine Suche nach einem dreifachen Konsens zwischen den Staaten, den großen politischen Gruppen und den Interessensvertretern, ein politisches System, in dem die Wahl nur wenig ausrichten kann (Costa 2009). Weiterhin bezeichnet Costa (2009) die Europawahlen als Wahlen, die ohne echten Hintergrund gesehen werden, da das EP keinen politischen Wechsel verursachen kann.
Doch die EU, insbesondere das EP, hat im Verlauf der Zeit von der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl bis hin zur heutigen Union und insbesondere seit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam sukzessive an Kompetenzen gewonnen. Deshalb ist es nicht mehr vertretbar, die Lethargie der EU-Bürger auf die Bedeutungs- und Einflusslosigkeit des europäischen Parlamentes zurückzuführen (Oppeland 2010). Mittlerweile hat das Parlament neben dem Gesetzgebungsrecht (Hegewald/Schmitt 2009) - jedoch kein Gesetzinitiativrecht (Hrbek 2009) - zusammen mit dem Ministerrat auch die Aufgabe dem EU-Haushalt zuzustimmen und die Organe der EU zu kontrolieren (Hegewald/Schmitt 2009).
Desweiteren wählt das EP, auf Vorschlag des europäischen Rates, mit absoluter Mehrheit den Präsidenten der europäischen Kommission (Oppeland 2010). Die meisten Funktionen des Europäischen Parlaments zeigen aber gleichzeitig das Problem, dass dieses nur reagieren, aber selber nicht aktiv werden kann, wie man an der Gesetzgebungskompetenz sieht (Hrbek 2009).
Die Direktwahl zum europäischen Parlament ist weiterhin ein Gradmesser um zusehen, inwiefern die EU-Bürger die Institutionen anerkennen und mehrheitlich hinter den gefällten Entscheidungen stehen. Bürgernähe ist somit einer der wesentlichen Schlüsselfaktoren politischen Handelns.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Variablen und Problemstellung
- Erklärungen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der geringen Wahlbeteiligung bei Europawahlen, trotz der zunehmenden Kompetenzen des Europäischen Parlaments. Sie analysiert die Gründe für diese Entwicklung und untersucht die Faktoren, die die Wahlentscheidung der Bürger beeinflussen.
- Geringe Wahlbeteiligung bei Europawahlen
- Kompetenzgewinnung des Europäischen Parlaments
- Einflussfaktoren auf die Wahlentscheidung
- Mikroebene der Wahlbeteiligung
- Hypothesen zur Wahlenthaltung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Problem der niedrigen Wahlbeteiligung bei Europawahlen dar und erläutert die Bedeutung des Themas. Sie zeigt auf, dass die Wahlbeteiligung seit der ersten Direktwahl des Europäischen Parlaments im Jahr 1979 deutlich gesunken ist und dass die Nichtwähler-Quote gestiegen ist. Die Einleitung beleuchtet die Gründe für diese Entwicklung, wie die fehlende Regierungsbildungsfunktion des Europäischen Parlaments und die mangelnde Klarheit über dessen Kompetenzen.
Das Kapitel "Variablen und Problemstellung" definiert die abhängige Variable, die Wahlbeteiligung, und die unabhängigen Variablen, die zur Erklärung der geringen Wahlbeteiligung herangezogen werden. Es werden die Hypothesen vorgestellt, die in der Arbeit untersucht werden sollen. Die unabhängigen Variablen umfassen das Interesse am Wahlkampf, die Parteibindung, die EU-Mitgliedschaft, den sozialen Status und den politischen Informationsgrad.
- Citar trabajo
- Konrad Steinwachs (Autor), 2013, Warum bleibt die Wahlbeteiligung bei Europawahlen trotz Kompetenzgewinnung des europäischen Parlaments gering?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286420