Die ETA und die spanischen Medien

Analyse mit Zeitungsartikeln aus der spanischen Tageszeitung "El pais" und der baskischen "Gara"


Seminararbeit, 2013

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Informationen zu der ETA

3. Medienstrategie der ETA
3.1 Modell der Kommunikationsstrategie
3.2 Medien als Instrument

4. Medieninszenierungen
4.1 Instrumentalisierung der Medien durch die ETA
4.1.1 Medien als Propagandaplattform
4.1.2 Medien zur Informationsbeschaffung der ETA
4.1.3 Erpressung der Medien durch die ETA
4.2 Rollenmodell der Medien in Konflikten
4.2.1 Medien als Co-Konfliktpartei
4.2.2 Medien als Konfliktvermittler
4.2.3 Medien als Dritte Partei
4.3 Gegenüberstellung von konträren spanischen Zeitungen
4.3.1 Rollenmodell der medialen Konfliktkommunikation am Beispiel der El Pais
4.3.2 Rollenmodell der medialen Konfliktkommunikation am Beispiel der Gara/Egin
4.4 Symbolik der ETA
4.5 Madrider Mediengau

5. Resümee

Bibliographie

1. Einleitung

Konflikte [entstehen…] aus Kommunikationsstörungen, aus Missverständnis und Unverständnis, Unaufrichtigkeit und Irreführung. Die Spirale der Gewalt beginnt mit einer Spirale der gestörten Kommunikation, die über die Spirale des unbeherrschten reziproken Misstrauens zum Abbruch der Kommunikation führt. (Habermas/ Derrida 2004: 61)

Anhand dieses Statements des etablierten Professors für Philosophie und Soziologie Jürgen Habermas wird deutlich, dass der Kommunikation ein bedeutender Faktor im sozialen Kontext zukommt und diese mitunter verantwortlich sein kann für die Entstehung von Konflikten.

Die spanische Erbmonarchie ist berüchtigt für ihre inländische Zersplitterung und dem Wunsch einiger Regionen nach mehr beziehungsweise vollkommener Autonomie. Im Norden Spaniens befindet sich das Baskenland, eine Region die seit mehreren Jahrhunderten für die eigene Unabhängigkeit kämpft. Nach der Abschaffung der Fueros[1] ging der Kampf für die eigene Autonomie weiter. Im Jahre 1959 gründete sich eine baskische Organisation, die sich zur Aufgabe machte dem baskischen Autonomiestreben mit Gewalt Nachdruck zu verleihen, um somit die Aufmerksamkeit der Regierung und des Landes auf sich zu ziehen und Verhandlungen einzuleiten.

Die Euskadi Ta Askatasuna versuchte über 55 Jahre mit ihren Gewaltakten die Forderungen nach einem unabhängigen Baskenland durchzusetzen. Die Berichterstattung über die ETA und ihre Taten fiel in verschiedenen Medien sehr unterschiedlich aus. Während einige Medien die Euskadi Ta Askatasuna als terroristische Vereinigung bezeichnen, werden die Mitglieder der Organisation von anderer Seite als Freiheitskämpfer dargestellt.

In der vorliegenden Seminararbeit soll die Beziehung zwischen der ETA und den spanischen Medien analysiert werden. Als konkrete Beispiele werden Zeitungsartikel aus der spanischen Tageszeitung El Pais sowie der baskischen Gara herangezogen. Als theoretische Grundlage für die Analyse dient Kai Hafez’ Theorie zu den Rollenmodellen der medialen Konfliktkommunikation. Am Ende der Seminararbeit soll geklärt werden, welches Rollenmodell für die jeweilige Zeitung zutreffend ist. Abschließend wird der Mediengau, der während der Anschläge in Madrid entstand, ausgearbeitet und in einen Gesamtkontext gestellt.

2. Allgemeine Informationen zu der ETA

Die Basken sind eine Bevölkerungsgruppe, die im spanisch-französischen Grenzgebiet angesiedelt sind und während der Diktatur Francos ab 1936 stark unterdrückt wurden (Vgl. Eichhorst 2005: 139ff.). Der Franquismus verbot die baskische Sprache und Kultur und die baskische Bevölkerung wurde gezwungen ihre Autonomierechte abzugeben (Vgl. ebd.: 139ff.). Als Gegenreaktion auf das damalige Regime kann der baskische Nationalismus verstanden werden.

Die „Euskadi Ta Askatasuna“ (ETA), was mit „Baskenland und Freiheit“ übersetzt wird, wurde am 31.7.1959 gegründet, mit dem Ziel die vorherrschende Unterdrückung durch das Franco-Regime zu beseitigen und die heimische baskische Kultur aufrechtzuerhalten (Vgl. Niebel 2011: o.S.). Zu dieser Zeit spaltete sich die ETA von der Partido Nationalista Vasco[2] ab, die für den gemäßigten, baskischen Nationalismus einstand (Vgl. Bernecker 2004: 215f.). Diese Entwicklung brachte radikale marxistische Elemente im Baskenland zum Vorschein, verkörpert durch die ETA (Vgl. Eichhorst 2005: 146). Auch wenn die ETA zunächst gegen das Franco-Regime arbeitete, blieb die Organisation nach dem Ende der Diktatur weiterhin aktiv.

Die ETA versteht sich als eine separatistische Organisation von Linksnationalisten und eine Vertretung der Basken, die mittels gezielter medienwirksamer Aktionen, die Autonomie des Baskenlandes erzwingen will. Ursprünglich titulierte die ETA ihre Aktionsformen als „patriotisch, demokratisch und akonfessionell“, wobei ihre Artikulationsform von Anfang an von Gewalt geprägt war. Vorbilder ihrer Strategien stellten die kubanische Revolution, die Lehren von Mao Tse-tung sowie die algerischen und vietnamesischen Befreiungskämpfe dar (Vgl. Bernecker 2004: 216f.).

Zu den primären Anschlagszielen der ETA zählen Vertreter des Staates, wie z.B. Polizisten, Politiker, Soldaten und Journalisten, aber auch Unternehmer und private Sicherheitsangestellte (Vgl. Niebel 2009: 184). Die traurige Bilanz der Untergrundorganisation beläuft sich auf insgesamt 800 Menschen, die durch Anschläge der ETA ihr Leben ließen.

Im Jahr 2011 verkündete die ETA ihren Waffenstillstand (Vgl. Süddeutsche Zeitung 2011: o.S.). Das Ziel sei durch Verhandlungen mit der spanischen Regierung die Vorstellungen über die Unabhängigkeit des Baskenlandes durchzusetzten (Vgl. ebd.: o.S.). Trotz der Ankündigung die Waffen niederzulegen ist das Misstrauen gegenüber der ETA weiterhin groß, denn schon in der Vergangenheit nutzte die ETA die Zeit von Waffenstillständen, um sich neu zu organisieren und weitere Anschläge zu planen.

3. Medienstrategie der ETA

Die Strategie der ETA ist geprägt von Gewalt. Mit Hilfe der Medien entwickelt sich diese dabei immer mehr zu einer „Kommunikationsstrategie“, die vor allem an die politischen Gegner und die Öffentlichkeit gerichtet ist. In Spanien liegt das Gewaltmonopol in staatlichen Händen und schockierende Gewalt ist hier nicht alltäglich. Gruppen, die sich des ihrer bedienen, nutzen diese Tatsache um medienwirksam Furcht und Schrecken zu verbreiten und den Staat zu einer möglichst starken Reaktion zu bewegen (Vgl. Waldmann 2005: 15).

Die einzige Tat macht mehr Propaganda in wenigen Tagen als tausend Pamphlete. Die Regierung wütet gnadenlos; aber dadurch bewirkt sie nur, dass weitere Taten begangen werden und spornt die Aufstände zum Heldentum an. (Waldmann 2005: 55)

3.1 Modell der Kommunikationsstrategie

In Anlehnung an das Kommunikationsmodell von Roman Jakobson, das sich unterteilen lässt in die Trias Sender-Mitteilung-Rezipient, im Folgenden wird dieses Modell auf die Strategie der ETA angewendet. Für die ETA stellen die gewalttätigen Anschläge eine Möglichkeit dar, die jeweilige Zielgruppe zu erreichen. Cornelia Glück hat die Idealvorstellung der kommunikativen Wirkung eines Anschlags der ETA bildlich veranschaulicht und spezifiziert (Vgl. Glück 2003: 173.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

An diesem Modell wird deutlich, dass die ETA durch ihre Gewalttaten und den hierfür benötigten Mitteln ihre Adressaten direkt erreichen will. Stellungnahmen dienen dazu die politische Botschaft zu untermauern und skeptische Anhänger von der Richtigkeit ihrer Taten zu überzeugen. Die Rekrutierung von neuen Mitgliedern zählt ebenfalls zu den Zielen der ETA sowie die Einschüchterung aller Gegner.

Das angeführte Modell entspricht jedoch nicht der Realität und ist unvollständig ohne die Beteiligung der Medien, die innerhalb des Prozesses eine Art Filterwirkung einnehmen und über die Ereignisse und Taten der ETA berichten. Dadurch wird das ursprüngliche Modell ergänzt und den Medien kommt innerhalb des Modells die Position eines Intermediärs zu (Vgl. ebd.: 173.):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Medien als Instrument

Objektive und freie Medien werden die Gewaltanschläge der ETA realistisch widergeben und dies bedeutet für die ETA eine Negativassoziation, verursacht durch die Medien.

Laut Nacos können die Medien auch als Schlüsselfunktion gesehen werden mit deren Hilfe es gelingt den Regelkreis politischer Kommunikation zu durchbrechen und zu manipulieren. Ansatzpunkt bietet das Modell über das „Dreieck der politischen Kommunikation“ nach Nacos: (eig. Darst. nach Nacos 2002: S.12.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hieran wird deutlich, dass die ETA über die Medien versucht einen Rahmen zu schaffen, der es ihr ermöglicht indirekt mit der Regierung und der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Für die Medien hängt die Publikationschance eines Ereignisses von der sogenannten Nachrichtenwerttheorie ab, demnach sind die Nachrichtenfaktoren Frequenz, Negativismus und Konsonanz entscheidend für die Medienberichterstattung. Die Anschläge der ETA bieten für die Medien einen hohen Stellenwert aufgrund ihrer Nachrichtenwerte und werden deswegen bevorzugt veröffentlicht. Laut Lippmann stellt dies eine Problematik dar, weil die Medien die öffentliche Meinung beeinflussen können und dies auch negativ erfolgen kann (Vgl. Dahlem 1989: S.248.)

4. Medieninszenierungen

4.1 Instrumentalisierung der Medien durch die ETA

Nachdem zuerst die ideale Medienwirkung für separatistische Vereinigungen, wie z.B. der ETA, geklärt wurde, soll im folgenden Abschnitt genauer auf die Nutzung der Medien durch die ETA eingegangen werden. Konkreter wird auf die Einbeziehung der Medien durch die ETA als Propagandaplattform, zur Informationsbeschaffung und zur Erpressung näher eingegangen.

4.1.1 Medien als Propagandaplattform

Die Aussage, dass „ohne die Massenmedien [...] der moderne Terrorismus [...] nicht existieren“ (Borchardt 2004: 17) kann, ist auch für separatistische Gruppierungen, wie die Euskadi Ta Askatasuna eine ist, zutreffend. Der öffentliche politische Diskurs findet im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co. primär in den Massenmedien statt.

Im Falle der ETA ist das hauptsächlich genutzte Medium die baskische Tageszeitung Gara, die ehemalige Egin. Wie in dem vorher dargestellten Kommunikationsmodell nach Roman Jakobson hat die Botschaft der ETA mehrere Empfänger, u.a. Unterstützergruppen. Diese werde mit Hilfe von Berichten oder veröffentlichten Kommuniqués durch die Gara erreicht. Die öffentliche Darstellung ihrer Anliegen ermöglichte der ETA jedoch nicht nur mit bereits bestehenden Unterstützergruppen leichter zu kommunizieren, sondern auch neue Sympathisanten und Unterstützer zu erreichen.

Ein erwähnenswertes Beispiel für die Mobilisierung weiterer Bevölkerungsschichten zeigt das Verhalten der baskischen Freiheitskämpfer in den 80er Jahren:

Nachdem sich das Image der ETA seit circa 1980 durch zunehmende Gewalttaten, wie z.B. den Anschlag auf einen Supermarkt in Barcelona stark verschlechterte, fing die ETA an sich auch für Themen einzusetzen, die in keiner Relation zum baskischen Selbstbestimmungsrecht standen. Exemplarisch hierfür ist das Engagement der ETA in der Anti-Atomkraft-Bewegung, indem mit verschiedenen gewaltaffinen Aktionen der Bau eines Atomkraftwerkes im spanischen Baskenland verhindert wurde. Außerdem ermordete die ETA mehrere mutmaßliche Drogendealer im Kampf gegen die Drogen (Vgl. Glück 2003: 176f.).

4.1.2 Medien zur Informationsbeschaffung der ETA

”[...] the media have become the eyes, ears and general intelligence service of the terrorists.” (Glück 2003: 179, zitiert nach Miller 1982: 45.)

Im Alltag nutzen Menschen auf der ganzen Welt die Möglichkeiten des Fernsehens, der Zeitungen und des Internets, um sich über das politische Geschehen und aktuelle Nachrichten auf dem Laufenden zu halten. Auch separatistische Organisationen und ihre Mitglieder nutzen die Medien täglich. Im Gegensatz zu der Mehrheit der Bevölkerung geht es den Vereinigungen dabei in erster Linie darum, Informationen „zu potentiellen oder bereits entführten Opfern“ (ebd.: 178.) zu sammeln oder mögliche Anschlagsziele ausfindig zu machen (Vgl. ebd.: 178.).

Des Weiteren sind die Medien eine absolut notwendige Bedingung, um nach einem Attentat die Reaktionen der Regierung, sowie deren weitere Vorgehensweise verfolgen zu können (Vgl. ebd.:178f.).

Außerdem liefern Medien auch Informationen über Ausrüstung und Strategien der Polizei und natürlich auch über die Attentate anderer Organisationen, die als Leitbild für das eigene weitere Vorgehen dienen können (Vgl. ebd.: 178.).

4.1.3 Erpressung der Medien durch die ETA

Radikale Vereinigungen nutzen auch die Erpressung von Journalisten, um z.B. die ideale Medienwirkung ihrer Attentate zu erreichen (Vgl. ebd.: 185f.).

Obwohl die ETA die spanischen Medien, wie vorher erläutert für die eigenen Propagandazwecke missbraucht und manipuliert und in Bezug auf die Informationsbeschaffung sogar auf sie angewiesen ist, waren Journalisten immer schon im Fadenkreuz der nationalistischen Organisation. Grund hierfür ist die Behauptung der ETA, dass die spanischen Medien nicht unabhängig seien, sondern von der Regierung in ihrer Berichterstattung besonders in Bezug auf das Baskenland beeinflusst und gesteuert werden (Vgl. ebd.: 1.).

Die Ermordung José Luis López de Lacalle, Journalist bei der spanischen Zeitung El Mundo, mehrere versendete Briefbomben an Journalisten sowie der Anschlag auf das Elternhaus des Chefredakteurs der baskischen Zeitung El Correro sind nur einige Beispiele für das drastische Vorgehen der ETA mit dem Hintergrund durch Erpressung, Ermordung oder Verfolgung die Berichterstattung der Medien zu manipulieren (Vgl. Spiegel Online 2000: o.S.).

[...]


[1] Rechte, die die Grundlage der baskischen Selbstregierung bildeten.

[2] Übersetzung: national – baskische Partei.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die ETA und die spanischen Medien
Untertitel
Analyse mit Zeitungsartikeln aus der spanischen Tageszeitung "El pais" und der baskischen "Gara"
Hochschule
Universität Passau
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
22
Katalognummer
V287105
ISBN (eBook)
9783656876793
ISBN (Buch)
9783656876809
Dateigröße
651 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
medien, analyse, zeitungsartikeln, tageszeitung, gara
Arbeit zitieren
Elisabeth Anderhofstadt (Autor:in), 2013, Die ETA und die spanischen Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287105

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