Von der Erzählung "Kalkstein" Adalbert Stifters, die erstmals 1853 in den "Bunten Steinen" erschienen ist, heißt es bereits in ihrem ersten Satz, dass „nichts Ungewöhnliches“ darin vorkommen werde. Tatsächlich erscheint der Pfarrer im Kar, von dessen Leben die Geschichte erzählt, auf den ersten Blick als ein zwar sonderbarer, aber in seiner Nächstenliebe durchaus vorbildlicher und tugendhafter Mensch, was ihn wiederum als geeignete Figur für die "Bunten Steine" auszeichnet, welche Stifter selbst in deren Einleitung als „Sammlung für die Jugend“ bezeichnet.
In der vorliegenden Arbeit soll jedoch gezeigt werden, dass dieses „nichts Ungewöhnliche“, das die Erzählung suggeriert, bei einer genaueren Analyse des Pfarrers genauso fadenscheinig wird wie es seine Kleidung selbst ist. Was sich tatsächlich unter seiner unscheinbaren Kutte, also unter der sichtbaren „gewöhnlichen“ Oberfläche des Pfarrers verbirgt, legt schließlich das Innerste und Geheimnisvollste des Pfarrers offen: Sein fetischistisches Verhältnis zu weißer Wäsche, auf welchem das Hauptaugenmerk meiner Arbeit liegen wird.
Um in die Arbeit einzuleiten, werden anfangs einige Eigenarten in der Beschreibung des Pfarrers herausgearbeitet, welche ihn als durchaus ambivalente Figur entlarven.
Der Hauptteil der Arbeit widmet sich ausführlich dem Wäschefetischismus des Pfarrers, seinem Ursprung, seinen Mechanismen sowie seinem Bezug zur kargen, „abscheulichen“ Kalksteinlandschaft, die der Pfarrer dermaßen schätzt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Pfarrer im Kar - Personifizierte Tugend?
- Ein farblicher Widerspruch in sich
- Askese versus Luxus
- Selbstverrat durch die Verkehrung des Verschleierungsmechanismus
- „Und ich hatte die weißen Dinge sehr lieb“
- Die Geburt des Fetischs
- Die Wäsche als Reliquie
- Die Frage nach dem Warum?
- Imitation
- Substitution
- Wäsche als Memorialzeichen
- Reinheit
- Der Erzähler und des Pfarrers Fetisch
- Der Kalkstein als Projektionsfläche
- Nachwort
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Figur des Pfarrers im Kar in Stifters Erzählung Kalkstein und beleuchtet dessen ambivalente Natur, die sich in seinem fetischistischen Verhältnis zu weißer Wäsche manifestiert. Die Arbeit untersucht die Entstehung und die Mechanismen dieses Fetischismus sowie dessen Bezug zur kargen Kalksteinlandschaft.
- Ambivalenz der Figur des Pfarrers im Kar
- Fetischismus des Pfarrers und seine Beziehung zur Wäsche
- Die Rolle der Farbe und Farbsymbolik in der Erzählung
- Die Bedeutung der Kalksteinlandschaft für den Fetischismus des Pfarrers
- Die Beziehung zwischen dem Pfarrer und dem Erzähler
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Figur des Pfarrers im Kar als scheinbar tugendhaften Menschen vor, der jedoch bei genauerer Betrachtung eine ambivalente Natur aufweist. Die Kapitel 2.1 bis 2.3 untersuchen die widersprüchliche Darstellung des Pfarrers durch die Farbsymbolik in der Erzählung, insbesondere den Schwarz-Weiß-Kontrast und die Bedeutung der Farbe Rot. Kapitel 3 widmet sich dem Wäschefetischismus des Pfarrers, seiner Entstehung, seinen Mechanismen und seiner Beziehung zur Kalksteinlandschaft. Die Kapitel 3.1 bis 3.4 analysieren die verschiedenen Aspekte des Fetischismus, wie die Imitation, Substitution, die Wäsche als Memorialzeichen und die Reinheit. Kapitel 3.5 beleuchtet die Beziehung zwischen dem Erzähler und dem Fetischismus des Pfarrers, während Kapitel 3.6 die Kalksteinlandschaft als Projektionsfläche für den Fetischismus des Pfarrers untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Figur des Pfarrers im Kar, die Ambivalenz, den Fetischismus, die Wäsche, die Farbe, die Farbsymbolik, die Kalksteinlandschaft, die Askese, die Reinheit, die Sexualität, die Literatur von Adalbert Stifter und die Interpretation der Erzählung Kalkstein.
- Arbeit zitieren
- Barbara Spögler (Autor:in), 2014, Stifters "Kalkstein".Exemplifizierung der Doppelnatur des Pfarrers im Kar anhand seiner Beziehung zur Wäsche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287198