Öko Fashion. Möglichkeiten zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Supply Chain


Bachelorarbeit, 2014

60 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Struktur der Arbeit

2. Grundlagen
2.1 Entwicklung der Nachhaltigkeit
2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.1.2 Dimensionen der Nachhaltigkeit
2.2 Definition des Begriffs Supply Chain
2.3 Gesellschaftlicher Wertewandel und LOHAS
2.4 Trend Öko Fashion
2.5 Beschreibung der bekanntesten Siegel und Initiativen

3. Analyse der Akteure in der Supply Chain in Bezug auf Nachhaltigkeit
3.1 Produzent
3.2 Händler
3.3 Endverbraucher

4. Handlungsoptionen zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Supply Chain
4.1 Herausforderungen des Produzenten
4.2 Herausforderungen des Händlers
4.3 Herausforderungen des Endverbrauchers

5. Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung
5.2 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell

Abbildung 2: Gewichtetes Säulenmodell der nachhaltigen Entwicklung

Abbildung 3: Supply Chain mit hoher Komplexität

Abbildung 4: Textile Supply Chain mit hoher Komplexität

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Die Menschheit ist einer nachhaltigen Entwicklung fähig – sie kann gewährleisten, dass die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen“[1].

Brundtland-Kommission

1.1 Problemstellung

Das Thema Nachhaltigkeit (sustainability) gewinnt in der gesellschaftlichen Diskussion seit Jahren zunehmend an Bedeutung. Die Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung (sustainable development) zielt auf eine Verbesserung der Lebensumstände der heutigen Generation in Bezug auf ökonomische, ökologische und soziale Belange, ohne die Bedürfnisse nachfolgender Generationen zu gefährden.[2] Angesichts alarmierender Nachrichten über den Klimawandel, diverse Lebensmittelskandale, die Wirtschafts- und Finanzkrise oder, im Bereich der Produktion von Bekleidung, die Katastrophe von Rana Plaza (Bangladesch), bei der mehr als 1.100 Menschen starben und mehr als 2.400 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden, sieht die Öffentlichkeit die Handelnden in den ökonomischen Prozessen immer mehr in der Verantwortung.[3] Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die öffentliche Wahrnehmung des Problems der Nachhaltigkeit auf herausragende Einzelvorkommnisse und Entwicklungen bezieht und weniger auf den Vorsorgecharakter des Nachhaltigkeitsprinzips, der darauf ausgerichtet ist, präventiv das Entstehen von Alarmsituationen zu vermeiden.[4] Dennoch kann man im Alltag einen gesellschaftlichen Wertewandel beobachten. In den Kühlregalen der Lebensmittelläden finden sich immer mehr „Bio-Produkte“ und Produkte für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren wollen und hierbei eine bewusste Kaufentscheidung treffen können. Es gibt die Energiewende mit „grünem“ Strom, die tierversuchsfreie Kosmetik und auch beim Einkauf von Bekleidung spielen Gedanken an Nachhaltigkeit für die Konsumenten eine immer größer werdende Rolle. Dies lässt sich z.B. an der wachsenden Konsumentengruppe der sog. LOHAS (Lifstyle Of Health And Sustainibility) erkennen, Anhänger eines gesunden und nachhaltigen Lebensstils.[5] Auf die Konsumentengruppe der LOHAS wird unter Gliederungspunkt 2.3 näher eingegangen. Auch die Unternehmen in der Modebranche wenden sich verstärkt „grüner“ Mode zu, um im Wettbewerb um den Konsumenten nicht zurück zu bleiben. Als Teil nachhaltigen Wirtschaftens übernehmen sie seit einiger Zeit Verantwortung unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ (CSR). Corporate Social Responsibility betrifft die Art und Weise, wie Unternehmen ihr aufgrund der Globalisierung weltweites Geschäft betreiben. Es soll umweltverträglich, ethisch und sozial verantwortlich und gleichwohl ökonomisch erfolgreich sein.[6] Die EU-Kommission hat Ende Oktober 2011 ihre CSR-Strategie bis 2014 vorgelegt und teilt darin die zuvor genannte Auffassung zum Inhalt der CSR, wobei sie erstmals rechtliche Konsequenzen ankündigt.[7] Die Unternehmen greifen das Thema CSR auf, in dem sie z.B. die Sortimente um sog. Öko Fashion erweitern und dabei insbesondere auf die Herstellung aus Bio-Baumwolle achten. Allerdings lag der Anteil der Bio-Baumwolle im Erntejahr 2009 bei weniger als einem Prozent der weltweiten Baumwollproduktion.[8] Im Jahr 2010 belief sich der Umsatz mit Bio-Baumwollprodukten auf weltweit knapp 6,8 Milliarden US-Dollar wohin gegen er 2001 lediglich bei 0,25 Milliarden US-Dollar lag.[9] 2012 war Baumwolle z.B. in Deutschland mit 21 verarbeiteten Kilotonnen nach Chemiefasern (121 Kilotonnen) und vor Wolle (17 Kilotonnen) der am häufigsten verwendete textile Stoff.[10] In diesem Zusammenhang sollte allerdings erwähnt werden, dass die Textilindustrie zu den größten industriellen Umweltverschmutzern gehört.[11] Vor allem werden der enorme Wasser- und Energieverbrauch sowie die Kontaminierung des Wassers kritisiert.[12] Zusätzlich hat die Fertigung jedes Kleidungsstückes weitere Auswirkungen. Die Herstellung geschieht i.d.R. in sog. Billiglohnländern, in denen katastrophale Arbeitsbedingungen herrschen und Kinderarbeit alltäglich ist.[13] Außerdem führt der Einsatz von Pestiziden und Chemikalien zu Gesundheitsschäden bei den Arbeitern und gelangt darüber letztlich in die Bekleidung.[14] Trotz allem lässt der stetige Zuwachs von sozialverträglich hergestellter „grüner“ Mode ein Umdenken erkennen.[15] Spätestens seit der bereits erwähnten Katastrophe von Rana Plaza ist das öffentliche Bewusstsein für nachhaltige Mode und ganzheitliche Verantwortung der Unternehmen geschärft. Allerdings kann man bei einigen Unternehmen vermuten, dass sie sich nachhaltiger präsentieren als sie sind. Hier für ist bereits eine kritische Bezeichnung gefunden worden, das sogenannte „Greenwashing“.[16] Es steht für den Versuch der Unternehmen, durch Public Relation nicht soziale Verhaltensweisen zu verschleiern.[17] Dieses Verhalten, d.h. verantwortungslos zu handeln, aber Verantwortlichkeit zu kommunizieren, ist allerdings i.d.R. nicht eindeutig zu identifizieren.

1.2 Zielsetzung und Struktur der Arbeit

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es darzulegen, ob und in welchem Umfang dem Nachhaltigkeitsgedanken in der Bekleidungsbranche bereits Rechnung getragen wird und welche Möglichkeiten bestehen, langfristig innerhalb der Supply Chain für Nachhaltigkeit zu sorgen. Betreiben die meisten Unternehmen nur „Greenwashing“, um vordergründig als umweltbewusst, bzw. auf faireArbeitsbedingungen achtend, zu wirken oder achten sie wirklich auf Nachhaltigkeit? Welche Herausforderungen stellen sich dabei den Unternehmen? Wie genau wollen Unternehmen und Konsumenten ihr Handeln auf Nachhaltigkeit ausrichten? Um diese Fragen zu beantworten, wurde hauptsächlich auf vorhandene Literatur sowie auf Homepages aus den Themenbereichen Öko Fashion, Nachhaltigkeit, LOHAS, Handel und Bekleidung zurückgegriffen. Um außerdem das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen greifbarer zu machen, wurden die Firmen Hamp;M, Hess Natur sowie ZARA detaillierter betrachtet, da alle drei Unternehmen versuchen, das Thema auf ihren Homepages bzw. in ihren aktuellen Nachhaltigkeitsberichten transparenter zu machen.

Der Begriff Öko Fashion wird häufig noch mit wenig attraktiver Garderobe in Verbindung gebracht.[18] Tatsächlich ist es aber so, dass die Ware der mehr und mehr werdenden kleineren Unternehmen den Weg auf die internationalen Modenschauen in New York, London und Berlin schaffen.[19] Längst hat das hippe, umweltbewusste Image das angestaubte und langweilige abgelöst. Das haben auch die Global Player der Modebranche erkannt und springen nach und nach auf die Trendwelle Öko Fashion auf, weil sich das Thema Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil entpuppt hat.[20] So wirbt zum Beispiel Hamp;M mit hochkarätigen Modells, wie Vanessa Paradis oder jetzt Amber Valetta in seiner „Conscious Kampagne“ für Nachhaltigkeit. Allerdings fragt man sich bei all den „guten Taten“, ob ein wirklicher Wertewandel vorliegt oder doch das zuvor genannte „Greenwashing“. Welche Rolle spielt dabei zum Beispiel die Einführung eines einheitlichen Siegels oder wie findet sich der Nachhaltigkeitsgedanke in der Lieferkette Produzent-Händler-Endverbraucher, bezogen auf die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales, wieder?

Im Verlauf der Arbeit wird der Nachhaltigkeitsgedanke in der Supply Chain der Bekleidungsbranche analysiert. In den Grundlagen erfolgt zunächst eine Erläuterung der Begriffe Nachhaltigkeit und Supply Chain. Dann wird der gesellschaftliche Wertewandel erklärt und welchen Einfluss die Konsumentengruppe der LOHAS hat. Im Anschluss daran wird auf den Trend Öko Fashion eingegangen und die Siegel und Initiativen in der Bekleidungsbranche werden erläutert. Im Hauptteil werden die Auswirkungen des Nachhaltigkeitsgedankens auf die Lieferkette analysiert. Der Produzent, Händler sowie der Endverbraucher werden hier zueinander abgegrenzt. Anschließend werden die Handlungsoptionen in der Lieferkette beleuchtet. Wieder sind die Schnittstellen in der Supply Chain der Produzent, der Händler und der Endverbraucher. Mögliche Herausforderungen für die Sicherung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette werden aufgezeigt. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung in der Schlussbetrachtung. Im Fazit und Ausblick wird die anfänglich gestellte Frage nach dem Schein bzw. Sein der Nachhaltigkeit („Greenwashing“) in der Lieferkette der Unternehmen beantwortet und Strategien zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Supply Chain dargestellt.

2. Grundlagen

„Ich bin überzeugt, dass die Attraktivität des Grünseins anhalten wird, die grünen Märkte weiter wachsen und der grüne Konsum eine Idee ist, die bleibt. Zu öffentlich und zu prominent ist das Thema, als dass es bald wieder wie eine Blase zerplatzt“[21].

Kirsten Brodde

2.1 Entwicklung der Nachhaltigkeit

Im Folgenden wird der geschichtliche Hintergrund der Nachhaltigkeit betrachtet. Anschließend erfolgt die Erläuterung der Dimensionen der Nachhaltigkeit

Ökonomie, Ökologie und Soziales.

2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund

Der Begriff Nachhaltigkeit ist nach und nach zu einem Modebegriff avanciert und hat seinen Bekanntheitsgrad in den letzten 10 Jahren stark gesteigert.[22] Er hat sich bereits im allgemeinen Sprachgebrauch manifestiert und wird im Duden wie folgt definiert: „Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann“[23]. Häufig wird das 1713 verfasste forstwirtschaftliche Werk „Sylvicultura Oekonomica“, des sächsischen Oberberghauptmanns von Carlowitz, genannt mit dem erstmals der Begriff der Nachhaltigkeit eingeführt worden ist.[24] Letztlich besagte seine Abhandlung, dass pro Jahr nicht mehr Holz geschlagen werden sollte, als durch Neupflanzungen an Bäumen nachwachsen würde.[25] Für spätere Nachhaltigkeitsüberlegungen wurde dieses ressourcenschonende Prinzip, welches das ökonomische Ziel der maximalen dauerhaften Nutzung des

Waldes mit den ökologischen Bedingungen des Nachwachsens kombinierte, ein Vorbild.[26] So findet sich die Idee, von den Erträgen einer Substanz und nicht von der Substanz selbst zu leben, u.a. auch in den Wirtschaftswissenschaften wieder, z.B. in Form des Einkommensbegriffes.[27] John Hicks prägte den Begriff in den 1940er Jahren, in dem er das „Einkommen“ als den Teil der zur Ver-fügung stehenden Gütermenge definierte, der verbraucht werden kann, ohne die künftigen Konsummöglichkeiten einzuschränken – allerdings wird der Faktor Natur, bzw. ihre Endlichkeit, in der neoklassischen Wirtschaftstheorie weitestgehend unbeachtet gelassen.[28] Den Anfang der wissenschaftlichen Auseinandersetzung über „nachhaltige Entwicklung“ machte eine Studie von 1972 zu den „Grenzen des Wachstums“, die an den „Club of Rome“ ging.[29] Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine Fort-führung der seinerzeit aktuellen Gewohnheiten bei Bevölkerungswachstum, Ressourcenausbeutung und Umweltverschmutzung im Laufe der nächsten hundert Jahre zu einem ökologischen Kollaps und in der Folge zu einem katastrophalen wirtschaftlichen Niedergang führen müsse.[30] Die entscheidende Wirkung des Berichtes war, dass intensiver über die Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Produktions- und Lebensstilen, Wirtschaftswachstum und Endlichkeit von Ressourcen nachgedacht wurde.[31] Im Jahr 1983 gründeten die Vereinten Nationen die „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung“ (WCED = World Commission on Environment and Development) mit Sekretariat in Genf.[32] Die Kommission sollte einen Perspektivbericht erstellen zu langfristig tragfähiger, umweltschonender Entwicklung im Weltmaßstab bis zum Jahr 2000 und darüber hinaus.[33] Die Kommission, unter dem Vorsitz der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland, veröffentlichte im Jahr 1987 ihren Abschlussbericht „Our Common Future“.[34] Der Bericht ist deshalb von besonderer Bedeutung, da hier erstmals das Leitbild einer „nachhaltigen Entwicklung“ (sustainable development) formuliert und einer breiteren, auch nichtwissenschaftlichen Öffentlichkeit näher gebracht worden ist.[35] Im Wesentlichen forderte die Brundtland-Kommission eine ethische Perspektive, d.h. die Bewahrung der Umwelt, die Herstellung sozialer Gerechtigkeit sowie die Gewährleistung von politischer Partizipation und stellte damit das Prinzip der Verantwortung gegenüber den gegenwärtig und zukünftig lebenden Menschen und deren Bedürfnissen in den Mittelpunkt.[36] Der Bericht der Brundtland-Kommission wurde vor allem wegen seiner allgemein gehaltenen Formulierungen kritisiert.[37] Diese waren dem Umstand geschuldet, eine möglichst breite Zustimmung der 19 Kommissionsmitglieder zu erhalten, wobei u.a. den unterschiedlichen Schwerpunkten im Hinblick auf ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungsaspekte Rechnung getragen werden sollte.[38] Weitere Kritikpunkte waren die optimistischen Einschätzungen des Wirtschaftswachstums sowie des technischen Fortschritts.[39] Auf Vorschlag der Brundtland-Kommission kam es im Jahr 1992 in Rio de Janeiro zu der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED), in der sich die Staaten verpflichteten, nationale Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln.[40] Die internationale Staaten-gemeinschaft, bestehend aus 178 Staaten, bekannte sich zum Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung und formulierte u.a. die Agenda 21.[41] Ein Aktions-programm, welches sich vorwiegend auf die politischen und gesellschaftlichen Bereiche, wie Generationengerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, internationale Verantwortung und Lebensqualität, bezieht.[42] In Deutschland wurde der Nachhaltigkeitsbegriff 1995 mit der Anerkennung des Drei-Säulen-Modells durch die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ weiterentwickelt.[43] Hierauf wird im nachfolgenden Gliederungspunkt vertieft eingegangen.

Die Konferenz von Rio gilt aus heutiger Sicht als herausragendes Ereignis bei den Bemühungen um nachhaltige Entwicklung.[44] Ähnlich wie beim Brundtland Bericht wird allerdings die begriffliche Unschärfe, die verschiedenartige Aus-legungsmöglichkeiten zulässt, kritisiert sowie die Abnutzung des Nach-haltigkeitsbegriffs als permanent zur Verfügung stehendes Schlagwort auf politischer und gesellschaftlicher Ebene.[45] In der Folgezeit kam es zu weiteren UN-Konferenzen, die sich direkt oder indirekt mit dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung beschäftigten, zuletzt wieder in Rio de Janeiro im Jahr 2012.[46] Im April 2001 wurde in Deutschland der „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ von der damaligen Bundesregierung berufen.[47] Aufgabe des Rates ist, die Regierung bezüglich ihrer Nachhaltigkeitspolitik zu beraten. Er soll Vorschläge zur Fortentwicklung und Umsetzung nationaler Nachhaltigkeitsstrategien erarbeiten.[48] Ebenfalls entwickelt er Empfehlungen für unternehmensbezogene Nach-haltigkeit und Möglichkeiten zur CSR.[49] Das Thema CSR ist seit 2005 fester Bestandteil der Arbeit des Rates.[50]

2.1.2 Dimensionen der Nachhaltigkeit

Im Kontext der nachhaltigen Entwicklung spricht man auch von den drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Diese Dimensionen sind alle gleichermaßen zu berücksichtigen, wenn es um Debatten zu konkreten Strategien und Maßnahmen, die für mehr Nachhaltigkeit sorgen sollen, geht.[51] Die Säulen stützen das Dach der Nachhaltigkeit jeweils mit der gleichen

Gewichtung. Ziel dieses Drei-Säulen-Modells ist es, eine nachhaltige

Entwicklung im Sinne der Brundtland-Definition zu erreichen.[52]

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Spindler, E. A. (o.J.), S.13.

Abbildung 1: Drei-Säulen-Modell[53]

Die Frage der Gleichrangigkeit der drei Dimensionen und deren richtige

Gewichtung in der praktischen Umsetzung steht im Mittelpunkt

wissenschaftlicher und politischer Diskussionen.[54] Die Gewichtungsprobleme bzw. Herausforderungen an die Prioritätensetzung, insbesondere wenn Ziel-konflikte zwischen den Dimensionen auftreten, sind häufig zwischen der öko-logischen und ökonomischen Dimension sowie der ökonomischen und sozialen Dimension zu beobachten.[55] So konzentriert sich die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit kapitalerhaltend auf langfristige Erträge aus der Nutzung vorhandener Ressourcen und steht damit im Gegensatz zu einer Wirtschaft, die auf schnelle Gewinne abzielt. Allerdings ist quantitatives Wachstum notwendig, um den Entwicklungsländern, die unter ständiger Unterversorgung leiden eine aufholende Entwicklung zu ermöglichen.[56] Bei der ökologischen Dimension steht weitestgehend der Erhalt der natürlichen Ressourcen im Mittelpunkt, da diese endlich sind. In den Bilanzen der Weltwirtschaft ist demnach das qualitative Verständnis wirtschaftlichen Wachstums von ökologischen Kosten der Produktion und des Konsums zu beachten.[57] Im Fokus der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit steht schließlich die Verteilungsgerechtigkeit, die sich dabei auf den Zugang zu Chancen und Ressourcen sowohl innerhalb einzelner Länder und Gesellschaften als auch im globalen Verteilungskonflikt zwischen den Industrie- und Entwicklungsländer bezieht. Neben dem Ziel, die Grundbedürfnisse der heutigen und zukünftigen Generationen zu befriedigen, ist auch das gerechte Verhältnis von Frau und Mann Gegenstand der sozialen Dimension.[58] Vertreter dieses häufig im Zusammenhang mit dem Nachhaltigkeitsbegriff genannten Drei-Säulen-Modells ist u.a. die Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundestages „Schutz des Menschen und der Umwelt“ (1998).[59] Im Jahr 1998 hat die Enquete-Kommission in ihrem Abschlussbericht mit dem Titel „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" u.a. definiert, dass in Zukunft die Bedürfnisse einer wachsenden Anzahl von Menschen nur befriedigt werden können, wenn die vielfältigen ökonomischen, ökologischen, demographischen, sozialen und kulturellen Problemdimensionen in ein globales, regionales, lokales und zugleich in die Zukunft gerichtetes Handeln gelenkt werden, denn nur so bleibt die Erde auf die Dauer bewohnbar.[60] Hier stellt sich die Frage, wie nachhaltige Entwicklung im Zusammenwirken der verschiedenen Dimensionen verstanden und realisiert werden soll, vor allem, wenn die Nachhaltigkeitseffekte teilweise in den unterschiedlichen Dimensionen gegenläufig sind, obwohl von einer prinzipiellen Gleichrangigkeit der Dimensionen aus-gegangen wird.[61] Eine Antwort von Kritikern des Mehr-Säulen-Konzeptes ist es, sich lediglich zu einer einzigen Dimension zu bekennen, i.d.R. zur öko-logischen.[62] Daneben wird die Meinung vertreten, den drei Säulen noch eine vierte integrative Dimension hinzuzufügen, da sich die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales nicht unabhängig voneinander realisieren lassen.[63] Die Integrationsherausforderung besteht einerseits in dem Anspruch, die drei bereits beschriebenen Dimensionen gleichzeitig zu erfüllen und andererseits dem Anspruch, das Umwelt- und Sozialmanagement mit ihren Management-ansätzen in das konventionelle ökonomisch ausgerichtete Management methodisch einzufügen.[64] Im sog. „gewichteten Säulenmodell“ wird der Öko-logie ein größeres Gewicht verliehen, indem sie als Fundament der drei Säulen dargestellt wird und hierbei die Säule Ökologie durch die Säule Kultur ersetzt wird. Auf die Säulen stützt sich das Dach der nachhaltigen Entwicklung. Aus der nachfolgenden Darstellung des Modells geht hervor, dass die Bereiche Öko-nomie, Kultur und Soziales in direkter Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen und dem Klima stehen:[65]

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Spindler, E. A. (o. J.), S.14.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Gewichtetes Säulenmodell der nachhaltigen Entwicklung[66]

Abänderungen und Ergänzungen des dargestellten theoretischen Modells sind insbesondere im Hinblick auf Corporate Social Resonsibility (CSR) seit einiger Zeit erwünscht.[67] Im November 2011 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Leitfaden zur ISO-Norm 26000 herausgegeben, der die Ein-bindung der Nachhaltigkeit in den CSR-Prozess ebenfalls thematisiert.[68] Eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung ist nur im Einklang aller Dimensionen möglich und stellt damit eine Abkehr vom bisherigen Denken dar, nach dem Unternehmen von ihren Stakeholdern ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien beurteilt werden.[69] Der Gesamtverband textil+mode hat einen eigenen Code of Conduct in Anlehnung an den UN Global Compact erstellt.[70] In dem 2011 überarbeiteten Schriftstück bekennen sich der „Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie (t+m), seine Mitgliedsverbände und die Unternehmen der Branche zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, unabhängig davon, ob sie in Deutschland, Europa oder in anderen Teilen der Welt ihre wirtschaftlichen Aktivitäten entfalten.“[71] Wesentliche Punkte aus dem Dokument sind die gesellschaftlich verantwortliche Unternehmensführung, die Einhaltung der Menschenrechte, die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen und der Umweltschutz.[72] Darüber hinaus veröffentlichen Unternehmen im Rahmen ihrer Informationspolitik Nachhaltigkeitsberichte, die sich an den Dimensionen der Nachhaltigkeit orientieren.

2.2 Definition des Begriffs Supply Chain

Zu dem Begriff Supply Chain (SC) bzw. Supply Chain Management (SCM) findet man in der Literatur eine Vielfalt von Definitionen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Supply Chain, in den 1980er Jahren in den USA geprägt, erst in den 1990er Jahren in Deutschland an Bedeutung gewann. Auch gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven und Leistungsum-fängen.[73] Der Umstand, dass der Ursprung des SCM im Logistikmanagement zu finden ist, kann zu der Ausrichtung an nachfolgenden logistischen Zielen geführt haben: Reduzierung der Durchlaufzeiten, Verringerung der Bestände und die Erhöhung der Liefertreue.[74] Letztlich geht es also um die Erhöhung des Serviceniveaus für die Endverbraucher und die Kostensenkung über alle Wertschöpfungsstufen der Supply Chain.[75] Arndt definiert Supply Chain als unternehmensübergreifende Koordination und Optimierung der Material-, Informations- und Wertflüsse über den gesamten Wertschöpfungsprozess.[76] Angefangen bei der Rohstoffgewinnung über die einzelnen Veredelungsstufen und schließlich bis hin zum Endverbraucher ist das Ziel, den Gesamtprozess unter Einbezug der Verbraucherbedürfnisse sowohl kosten- als auch zeitoptimalzu gestalten.[77] Für Dangelmaier, Pape und Rüther steht die Supply Chain außerdem noch für eine Lieferanten-, Angebots-, Versorgungs- oder Logistikkette.[78] Demnach handelt es sich dabei also um das Netzwerk von Lieferanten, Dienstleistern und anderen an einer Produktion beteiligten Partnern sowie um die einzelnen Schritte von der Beschaffung der Rohstoffe bis hin zur Entsorgung der Produkte bzw. ihrer Wiederverwertung. Damit es innerhalb der Supply Chain zu möglichst wenig Störungen kommt, sind die einzelnen Schritte aufeinander abzustimmen, denn durch die zunehmende Vernetzung mit Lieferanten, Vertriebspartnern und Kunden steigt hier die Komplexität immer weiter an.[79] Wie in nachfolgender Abbildung dargestellt, umfasst eine Supply Chain ein Netzwerk von Unternehmen, bei dem Geldmittel, Güter und Informationen sowohl sequenzartig als auch parallel fließen:

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dangelmaier, W., Pape, U., Rüther, M. (2003), S.7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Supply Chain mit hoher Komplexität[80]

SCM ist also ein Verkettungskonzept, welches eine umfassende Wertschöpfungsoptimierung vorsieht. Demnach kann man SCM als höchste Entwicklungsstufe der Logistik betrachten sowie als die Logistik überwindende Weiterentwicklung.[81] Bezieht man nun die Supply Chain auf die Bekleidungsindustrie, würde die sogenannte textile Kette folgende Produktions- und Handlungs-schritte umfassen: Rohstoffgewinnung (Baumwollplantage), Textilerzeugung (Spinnerei, Weberei), Textilveredelung (Färberei), Konfektion (Näherei), Vertrieb/Distribution (Großhandel, Einzelhandel), Gebrauch (Endverbraucher) und letztlich die Verwertung (Entsorgung/Recycling).[82] Die beschriebene textile Kette ist komplex und kann verwirrende und undurchsichtige Strukturen aufweisen, je nachdem, wie weit entfernt produziert wird und wie viel Subunternehmer zwischen geschaltet sind.[83] Viele Unternehmen nutzen das Prinzip der internationalen Arbeitsteilung, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Usus ist, die Teile der Produktion, die besonders hohe Arbeits- und Lohnkosten verursachen, ins Ausland, meistens in Billiglohnländer nach Asien oder Osteuropa, zu verlagern.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dangelmaier, W., Pape, U., Rüther, M. (2003), S.7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Textile Supply Chain mit hoher Komplexität[84]

Im weiteren Verlauf konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die drei Schnittstellen: Produzent, Händler und Endverbraucher der Supply Chain. Aus-führungen über die darüber hinaus bestehenden Schnittstellen sowie das

Thema des Recycling der Ware würden über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

2.3 Gesellschaftlicher Wertewandel und LOHAS

Ein wachsender Teil der westlichen Gesellschaft setzt sich zunehmend im öffentlichen Diskurs mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. Darunter sind auch die sog. Stakeholder zu fassen, interne und externe Anspruchsgruppen, die Einfluss auf den Entscheidungsprozess eines Unternehmens nehmen

können.[85] Hierbei gehören, z.B. Management und Mitarbeiter zu den internen Stakeholdern, während Fremdkapitalgeber, Lieferanten, Kunden und politische Institutionen externe Anspruchsgruppen sind.[86]

Im öffentlichen Bewusstsein ist der Prozess des Wertewandels spätestens seit der Katastrophe von Rana Plaza, der Textilfabrik in Sabhar (Bangladesch), angestoßen. Am 24.04.2013 starben mehr als 1.100 Menschen und mehr als 2.400 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer.[87] Die meisten der Toten und Verletzten waren Textilarbeiterinnen, die für ihre Arbeit einen Hungerlohn von 0,38 Dollar pro Stunde erhielten.[88] Der Besitzer des Hoch-hauses hatte illegal drei weitere Stockwerke auf das fünfstöckige Gebäude

setzen lassen. In Rana Plaza wurden Jeans, T-Shirts und Schlafanzüge für

Europa und die USA gefertigt.[89]

Seit sich weite Teile der Bevölkerung mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, entwickeln die modernen Konsumenten ihren persönlichen Lebensstil zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens im privaten Bereich.[90] Daraus ist die nachhaltige Konsumentengruppe der sog. LOHAS entstanden. Mit diesem

Begriff bezeichnet man Menschen, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen können, meist jedoch zahlungskräftig sind und ihre Lebensweise auf Gesundheit und Nachhaltigkeit ausrichten.[91] Auf Komfort bzw. Annehmlich-keiten will diese Zielgruppe dabei nicht verzichten.[92] LOHAS kaufen im Bio-supermarkt und konsumieren Fleisch aus artgerechter Tierhaltung oder ver-zichten ganz auf Fleisch. Sie kaufen Naturkosmetik und eben auch fair ge-handelte Kleidung. LOHAS sind außerdem onlinefreundlich und gehen mit dem Trend, dass immer mehr Mode via Internet verkauft wird.[93] Diese Konsumenten sind laut der New York Times die am schnellsten wachsende Konsumentengruppe weltweit.[94] Entstanden ist die Bewegung der LOHAS in den USA. Dort tendieren bereits ca. 63 Millionen Konsumenten zu diesen neuen Idealen, das sind ca. 30 Prozent der Erwachsenen.[95] Auch wenn der Begriff in Deutschland noch weitestgehend unbekannt ist, hat sich dieses Lebensgefühl längst

etabliert.[96] Denn dieser beschriebene neue Lebensstil ist der Lebensstil der

Zukunft. Heute schon wird mehr als ein Drittel der Bevölkerung der westlichen Länder zu den sog. LOHAS gezählt. Laut dem deutschen Zukunftsinstitut wird es mittelfristig sogar die Hälfte der Bevölkerung sein.[97] Die Unternehmen

reagieren auf diese Entwicklung, in dem sie mehr Bio-zertifizierte Baumwollware anbieten, bzw. mit einer Geschichte zu der Ware aufwarten können. Die

LOHAS hinterfragen u.U. die Glaubwürdigkeit der Unternehmen hinsichtlich der Produktion von Öko Fashion, bzw. wie viel Nachhaltigkeit wirklich in dem je-weiligen Unternehmen gelebt wird. Dem immer lauter werdenden Bedürfnis nach Transparenz stellen sich insbesondere die kleinen Concept Stores, wie „grüne wiese“ aus Münster.[98] Dieses Geschäft macht auf seiner Homepage z.B. die Angabe, wo seine Inneneinrichtung beschafft wurde. Als ein aktuelles

Paradebeispiel für transparente Produktion ist die „Lunge Schuh“-Manufaktur aus Mecklenburg-Vorpommern zu nennen. Jeder Aspekt der Herkunft eines dort gefertigten Laufschuhs ist bekannt. Die veganen und schadstofffreien Schuhe werden ausschließlich in Deutschland produziert.[99]

2.4 Trend Öko Fashion

Die derzeitige Modebranche unterscheidet im wesentlichen zwei Fashion-Typen: die Fast Fashion und die Slow Fashion.[100] Fast Fashion bezeichnet kurzlebige Massenware, die in schnellem Modewechsel den Verbraucher

erreicht und diesem nahelegt, dass es sich lohnt, seine Bekleidung ständig zu wechseln, zumal sie zu einem Spottpreis zu haben ist. Der Begriff Slow Fashion meint nachhaltige, entschleunigte und bewusste Mode.[101] Dies ist ein neues „unsichtbares“ Qualitätsmerkmal von Mode, bei dem es um die tatsächliche Herkunft, um ökologische Unbedenklichkeit sowie faire Arbeitsbedingungen geht.[102] Aus diesem Grund sind einige Modefirmen auf Nachhaltigkeit umgestiegen und haben zum Teil ihre Produktion sozial vertretbar und transparenter gemacht. Der „grüne“ Lifestyle ist eines der großen Zukunftsthemen für den

Handel.[103] Immer mehr Modehändler nehmen Öko Fashion in ihre Sortimente auf, wobei sie zum Teil Öko Label mit herkömmlicher Mode mischen. Dies gibt kleinen Labels, die ausschließlich im Öko Fashion Bereich tätig sind, die

Chance, sich auf dem Markt zu etablieren.[104] Mit einer Vielzahl kreativer Ideen sind die Ökolabel Trendsetter und erreichen damit auch den kritischen mode-affinen Kunden der auf der Suche nach etwas Besonderem ist.[105] Zur öko-logischen Sexyness tragen namhafte Designer, Luxusmarken und Streetwear-Labels, wie z.B. Nike, American Apparel, Hermès, Oscar de la Renta, Diane von Fürstenberg, Stella McCartney etc., bei.[106] Auch die äußerst einflussreiche Modekritikerin Suzy Menkes (International Herald Tribune) beschreibt den neuen Modetrend mit „Grün ist das neue Schwarz“, was bedeuten soll, das

„grüne“ Mode in keinem Kleiderschrank fehlen darf.[107] Dieser Ausspruch überzeugte auch die High-Fashion-Riege, von der man kaum annahm, sie würde sich auf Öko Fashion einlassen.[108] Stella McCartney war eine der ersten auf dem Gebiet der ökosozial verantwortungsbewussten Mode. Sie weigerte sich, Pelz und Leder zu verarbeiten und gründete 2001 unter dem Dach des Gucci-Konzerns ihr eigenes Label. Dann ebnete sie 2005 mit ihrer veganen Kollektion für Hamp;M den Weg der Mode mit „gutem Gewissen“ ein Stück weit und brachte es so dem Mainstream näher.[109] Unternehmen wie American Apparel pro-duzieren ihre ganzjährigen Kollektionen im eigenen Betrieb in Los Angeles. Für die Basics mit Kultstatus soll niemand in der Dritten Welt für einen Hungerlohn ausgebeutet werden. Die Näherinnen in Los Angeles verdienen übertariflich und sind sozial abgesichert.[110] American Apparel erwirtschaftet seine Umsätze nicht nur über Coolness, sondern auch über die Moral – so war das trendige Vorzeige-Unternehmen erheblich daran beteiligt, Ethical Fashion auf dem amerikanischen Markt zu etablieren.[111] Ein weiteres Beispiel für Öko Fashion ist Bernhard Willhelm – er entwirft hippe Trainingsjacken und unterstützt damit das Projekt Misericordia in Peru. Von dem Erlös werden eine eigene Schneiderwerkstatt und die Schulausbildung für die dort lebenden Kinder finanziert.[112] Die sog. „social wear“, deren Hauptanliegen die sozialen Standards sind, gewinnt somit zunehmend an Bedeutung.[113] Zu den nachhaltigen Labels auf dem deutschen Markt zählt u.a. das Upcycling-Konzept Aluc, Berlin. Seine innovative Idee es ist, Hemden aus Stoffresten zu produzieren und abnehmbare Kragen dazu zu verkaufen, weil diese die am schnellsten verschleißenden Teile am Hemd sind.

Wer den Öko Trend mitmachen möchte, braucht dafür nicht zwingend ein dickes Portmonee, aber der Großteil der Konsumenten greift erst dann zur Öko Ware, wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis des nachhaltigen Produktes stimmt.[114] Immer mehr große Modeunternehmen, wie z.B. Hamp;M, haben den Trend erkannt und etablieren sog. Öko Fashion zum erschwinglichen Preis in Form ihrer „Conscious Kollektionen“. Die aktuelle Kampagne mit dem Topmodel Amber Valetta macht darauf aufmerksam.[115] Der Otto Konzern, das weltweit größte Versandhaus, unterstützt seit Jahren den ökologischen Anbau von Baumwolle in Afrika und bietet ebenfalls seine Öko-Eigenmarke an.[116]

Inzwischen erobert auch „grüner“ Glamour die internationalen Laufstege auf den „Fashion Weeks“ in Berlin, New York, Paris und London mit ihren Ethical Fashion Shows.[117] Das zeigt, dass Öko Fashion ihren Platz in der Modebranche gefunden hat.

2.5 Beschreibung der bekanntesten Siegel und Initiativen

Im Gegensatz zu unseren Lebensmitteln gibt es für Bekleidung keine gesetz-lichen Bestimmungen zu den Begriffen „Bio“, „Öko“ oder „Organic“. Eine Kennzeichnung von Textilien ist in der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung geregelt.[118] Aus dem in jedem Kleidungsstück eingenähten Etikett lässt sich ersehen, welche textilen Materialien als Rohstoff verwandt worden sind, diese Angabe ist verpflichtend.[119] In der Verordnung ist ebenfalls geregelt, wie die Fasernamen bezeichnet werden müssen. Eine Kennzeichnungspflicht für Bio-Fasern gibt es nicht, eine Deklarierung als Bio-Produkt kann daher nur gesondert durch den Hersteller vorgenommen werden.[120] Ebenfalls gibt es keine Kennzeichnungspflicht für die Verwendung von Farbstoffen und chemischen Behandlungen, lediglich gesetzlich festgelegte Grenzwerte für Schadstoffe und Chemikalien, die allerdings nicht kontrolliert werden.[121] Wegen einer bisher fehlenden gesetzlichen einheitlichen Regelung hinsichtlich der nachhaltigen Herstellung von Bekleidung kommt den Zertifizierungen durch Siegel diverser Organisationen erhebliche Bedeutung zu. Nach bisheriger Handhabung werden Kleidungsstücke dann als nachhaltig eingestuft, wenn ökologische und soziale Standards in allen Stufen der textilen Kette beachtet worden sind.[122] Ökologischer Standard bedeutet vor allem, der Verzicht auf schädliche Chemikalien und ein nachhaltiger Ressourcen Einsatz. Die Wahrung der Menschenrechte sowie existenzsichernde Löhne, Arbeitsrechte und –sicherheit zählen zu den sozialen Kriterien.[123] In dieser Richtung gibt es mittlerweile diverse Gütesiegel. In diesem Siegeldschungel lassen sich die beiden eben genannten Schwerpunkte unterscheiden - zu den ökologischen Produktsiegeln zählen z.B. IVN Best, GOTS sowie OE 100. Faire Produkt- und Unternehmenssiegel, die sich die sozialen Standards als Schwerpunkt gesetzt haben, sind z.B. Fairtrade und Fair Wear Foundation. Nachfolgend werden die wichtigsten vorgestellt:

[...]


[1] Lexikon der Nachhaltigkeit (2014b).

[2] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 11.

[3] Vgl. Bohn, A. (2014), S. 6.

[4] Vgl. Grunwald, A.;Karger, C. (2001), S. 175.

[5] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.152.

[6] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014c).

[7] ebenda.

[8] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.146.

[9] Vgl. Statista – Das Statistik-Portal (2014).

[10] ebenda.

[11] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.91.

[12] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.92.

[13] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 45ff.

[14] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 57f.

[15] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 54.

[16] Vgl. Bentele, G., Nothhaft, H. (2011), S.67 f.

[17] ebenda.

[18] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 178.

[19] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 182.

[20] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 168.

[21] Brodde, K. (2009), S. 25.

[22] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 11.

[23] Vgl. Duden (2014).

[24] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 18.

[25] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 18f.

[26] ebenda.

[27] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 20.

[28] ebenda.

[29] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014e).

[30] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 21.

[31] ebenda.

[32] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014b).

[33] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014b).

[34] ebenda.

[35] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 23f.

[36] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 24.

[37] ebenda.

[38] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 24.

[39] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 25.

[40] Vgl. Coenen, R. (2001), S.60.

[41] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 26.

[42] Vgl. Rogalla, C. (2003), S. 65.

[43] Vgl. Jonker, J., Stark, W., Tewes, S. (2011), S. 7.

[44] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 25.

[45] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2014).

[46] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 28.

[47] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.154.

[48] ebenda.

[49] Vgl. Diekamp, K., Koch, W. (2010), S.154.

[50] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014a).

[51] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 54.

[52] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014d).

[53] Vgl. Spindler, E. A. (o.J.).

[54] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2014).

[55] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 54.

[56] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2014).

[57] ebenda.

[58] ebenda.

[59] Vgl. Renn, O. et al. (2007), S.27.

[60] Vgl. o.V. (1998), S.16f.

[61] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S. 59.

[62] ebenda.

[63] ebenda.

[64] Vgl. Schaltegger, S. et al. (2007), S. 12.

[65] Vgl. Stahlmann, V. (2008), S. 61.

[66] Vgl. Spindler, E. A. (o.J.).

[67] ebenda.

[68] Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2011).

[69] Vgl. Jonker, J., Stark, W., Tewes, S. (2011), S. 7.

[70] Vgl. Gesamtverband textil+mode (2014).

[71] o.V. (2010), S.1.

[72] Vgl. o.V. (2010), S.1-3.

[73] Vgl. Werner, H. (2010), S. 3.

[74] Vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2001), S. 94.

[75] Vgl. Stölzle, W. (1999), S. 164.

[76] Vgl. Arndt, H. (2010), S. 47.

[77] Vgl. Arndt, H. (2010), S. 47.

[78] Vgl. Dangelmaier, W., Pape, U., Rüther, M. (2004), S. 5.

[79] Vgl. Lehmacher, W. (2013), S.3; Vgl. Dangelmaier, W., et al. (2004), S. 7.

[80] Vgl. Dangelmaier, W. et al. (2003), S. 7.

[81] Vgl. Eichler, B. (2008), S. 362.

[82] Vgl. o.V. (2013c), S. 3.

[83] Vgl. Diekamp, K.; Koch, W. (2010), S. 25.

[84] Vgl. Dangelmaier, W. et al. (2003), S. 7.

[85] Vgl. Vahs, D., Schäfer-Kunz, J. (2012), S. 15.

[86] ebenda.

[87] Vgl. Bohn, A. (2014), S. 6.

[88] ebenda.

[89] Vgl. Süddeutsche Zeitung (2014).

[90] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S.16.

[91] Vgl. Grunwald, A., Kopfmüller, J. (2012), S.16.

[92] Vgl. Köhn-Ladenburger, C. (2013), S. 2.

[93] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 182.

[94] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 28f.

[95] Vgl. Spiegel Special (2005).

[96] ebenda.

[97] Vgl. Zukunftsinstitut (2014).

[98] Vgl. Grüne Wiese (2014).

[99] Vgl. Lunge Manufaktur (2014).

[100] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit (2014f).

[101] ebenda.

[102] Vgl. Modekultur. Info – Magazin für Berlin (2009).

[103] Vgl. Wickerath, C. (2013), S. 65.

[104] ebenda.

[105] Vgl. Modekultur. Info – Magazin für Berlin (2009).

[106] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 171.

[107] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 116.

[108] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 175.

[109] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 172.

[110] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 173.

[111] ebenda.

[112] Vgl. Modekultur. Info – Magazin für Berlin (2009).

[113] Vgl. Wenzel, E., Kirig, A., Rauch, C. (2008), S. 167f.

[114] Vgl. Modekultur. Info – Magazin für Berlin (2009).

[115] Vgl. H M (2014c).

[116] Vgl. Modekultur. Info – Magazin für Berlin (2009).

[117] Vgl. Brodde, K. (2009), S. 116.

[118] Vgl. o.V. (2013c), S. 3.

[119] ebenda.

[120] Vgl. o.V. (2013c), S. 3.

[121] Vgl. o.V. (2013c), S. 3.

[122] ebenda..

[123] ebenda.

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Öko Fashion. Möglichkeiten zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Supply Chain
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Dortmund früher Fachhochschule  (Business Administration)
Veranstaltung
International Management
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
60
Katalognummer
V287283
ISBN (eBook)
9783656877073
ISBN (Buch)
9783656877080
Dateigröße
905 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Öko Fashion, Eco Fashion, Nachhaltigkeit, Supply Chain, LOHAS, CSR, Textilsiegel, Nachhaltigkeitsbericht
Arbeit zitieren
Iris Kücükince (Autor:in), 2014, Öko Fashion. Möglichkeiten zur Sicherung der Nachhaltigkeit in der Supply Chain, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287283

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