Der Fokus auf den drittgrößten Staat im Reich mit über 4 Millionen Einwohnern um 1900 und somit der regionalgeschichtliche Zugang erklärt sich durch die besonderen politischen und sozioökonomischen Verhältnisse im Königreich. Dieser Zugang reiht sich ein in die Debatte, ob der sächsischen Geschichte im deutschen Vergleich eine Besonderheit zugrunde liegt. Hintergrund dieser Überlegung bildet die Annahme des kanadischen Historikers James Retallack, dass „Preußen eben nicht Deutschland und Deutschland nicht Preußen war“ – die Geschichte des Kaiserreichs nicht nur unter dem Gesichtspunkt preußischer Hegemonie zu schreiben ist, sondern regionale Spezifika für ein differenziertes Gesamtbild herauszuarbeiten sind. Der Antisemitismus bietet sich für ein solches Vorgehen an, da dieser das Verhältnis zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft kennzeichnet und besonders in Zeiten ökonomischer Krisen und gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit offenbart, wie es um die (sächsische) Mehrheitsgesellschaft im Untersuchungszeitraum bestellt war.
Es wird der Frage nachgegangen, was die sächsischen Spezifika an der Nahtstelle zwischen jüdischen Leben und sächsischen Antisemitismus in Bezug auf die ideologische, parteipolitische und gesellschaftliche Sphäre waren? Demnach wird eine Betrachtung beider Perspektiven vorgenommen: Die der sächsischen Juden und der sächsischen Antisemiten, um einerseits die Beweggründe der Letzteren zu konkretisieren und um andererseits die jüngsten Studien zum Thema zusammenzufassen.
Im ersten Kapitel erfolgt eine überblicksartige Darstellung des Antisemitismus im Kaiserreich, um so eine übergeordnete Vergleichsebene für die nachgestellten regionalgeschichtlichen Kapitel zu schaffen. Anschließend wird das jüdische Leben in Sachsen skizziert, damit der Antisemitismus nicht losgelöst betrachtet und so eine entsprechende Rahmung vorgenommen wird. Im dritten Kapitel sind die Spezifika des politischen, administrativen wie gesellschaftlichen Antisemitismus im Königreich herauszuarbeiten. Schließlich wird das letzte Kapitel zentrale Aussagen zusammenfassen und die Besonderheiten jüdischen Lebens in der »antisemitischen Hochburg« pointiert darlegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und methodische Überlegungen
- I. Überblick: Antisemitismus im Kaiserreich
- II. Jüdisches Leben: jüdischer Sachse?
- III. Antisemitismus im Königreich Sachsen
- Fazit: Jüdisches Leben in der »antisemitischen Hochburg<<
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der spezifischen Ausprägung des Antisemitismus im Königreich Sachsen zwischen 1871 und 1914. Sie untersucht die Interaktion zwischen jüdischem Leben und antisemitischen Strömungen in Sachsen, wobei der Fokus auf den regionalgeschichtlichen Kontext und die Besonderheiten des sächsischen Antisemitismus im Vergleich zum Reich liegt. Die Arbeit analysiert die ideologische, parteipolitische und gesellschaftliche Sphäre des Antisemitismus in Sachsen und beleuchtet die Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in diesem Zeitraum.
- Sächsische Besonderheiten des Antisemitismus im Vergleich zum Reich
- Interaktion zwischen jüdischem Leben und antisemitischen Strömungen in Sachsen
- Ideologische, parteipolitische und gesellschaftliche Dimensionen des Antisemitismus in Sachsen
- Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in Sachsen
- Bedeutung des regionalgeschichtlichen Kontextes für die Analyse des Antisemitismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und die methodischen Überlegungen der Arbeit dar. Sie beleuchtet die Relevanz des Themas und die Besonderheiten des sächsischen Kontextes. Die Arbeit greift auf verschiedene Quellen zurück, darunter autobiographische Aufzeichnungen, wissenschaftliche Publikationen, antisemitische Broschürenliteratur und Zeitungsartikel. Sie setzt sich mit den Herausforderungen der Quellenkritik und der Interpretation historischer Begriffe auseinander.
Kapitel I bietet einen Überblick über den Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. Es werden die wichtigsten Strömungen und Akteure des Antisemitismus in dieser Zeit vorgestellt. Kapitel II beleuchtet das jüdische Leben in Sachsen und untersucht die Frage, ob es spezifische Merkmale eines "jüdischen Sachsen" gab. Es werden die Lebensbedingungen, die Integrationsprozesse und die gesellschaftliche Rolle der jüdischen Bevölkerung in Sachsen dargestellt.
Kapitel III widmet sich dem Antisemitismus im Königreich Sachsen. Es werden die spezifischen Ausprägungen des Antisemitismus in Sachsen im Vergleich zum Reich analysiert. Die Arbeit untersucht die Rolle von Politik, Gesellschaft und Kultur im Kontext des sächsischen Antisemitismus. Sie beleuchtet die verschiedenen Formen des Antisemitismus, von der politischen Agitation bis hin zu alltäglichen Diskriminierungen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Antisemitismus im Königreich Sachsen, die jüdische Bevölkerung in Sachsen, die spezifischen Ausprägungen des Antisemitismus in Sachsen, die Interaktion zwischen jüdischem Leben und antisemitischen Strömungen, die ideologische, parteipolitische und gesellschaftliche Sphäre des Antisemitismus in Sachsen, die Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in Sachsen, die Bedeutung des regionalgeschichtlichen Kontextes für die Analyse des Antisemitismus, die Quellenkritik und die Interpretation historischer Begriffe.
- Arbeit zitieren
- Heiko Neumann (Autor:in), 2013, Jüdische Sachsen im antisemitischen Königreich? Antisemitismus im Königreich Sachsen 1871-1914, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288088