Klaus Brinker stellte noch 2005 fest, dass die Textsortenlinguistik „von der Aufstellung einer geschlossenen und in sich stimmigen Texttypologie […] noch weit entfernt“ ist (Brinker 2005, S. 139). Eine mögliche Lösung für dieses Problem bietet die Analyse der kommunikativen Funktion einer Textsorte. Den theoretischen Rahmen für diese Betrachtung kann die genuin soziologische Systemtheorie Niklas Luhmanns liefern. Durch die Beschreibung von Kommunikation in (sozialen) Systemen können die, für die Textsortenlinguistik so wichtigen, Fragen: „In welchem Rahmen tauchen die Texte auf?“ „Wer ist an der Textproduktion und Rezeption beteiligt?“ „Welche Funktion hat der Text?“ gestellt und möglicherweise auch beantwortet werden.
In Anlehnung an die Untersuchungen von C. Christoph (2008), C. Gansel (2008) und L. Voßschmidt (2008), wird in dieser Arbeit am Beispiel der Verlagsvorschauen von sieben unabhängigen Verlagen aus der Saison 2011/ 12 untersucht, ob sich dieser systemtheoretische Zugang zur Textsorte eignet.
Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass die Verlagsvorschau unter systemtheoretischem Aspekt als „Textsorte der strukturellen Kopplung“ (Gansel/ Jürgens 2007, S. 78) bezeichnet werden kann. Damit einhergehend stellen sich die Fragen, wo und wie man die Systemtheorie mit der Textsortenlinguistik verknüpfen kann, welchem System die Verlagsvorschau zuzuordnen ist und was Niklas Luhmann unter „struktureller Kopplung“ in Bezug auf Texte versteht. Ziel der Untersuchung ist es, Rückschlüsse auf die Klassifizierung der Textsorte Verlagsvorschau zu ermöglichen, in dem Luhmanns Begriff des „sozialen Systems“ auf den textsortenanalytischen Begriff des „Kommunikationsbereiches“ transferiert wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Verknüpfung von Systemtheorie und Textsortenlinguistik
- 2.1 Die System/ Umweltdifferenz als konstitutives Merkmal der Systemtheorie
- 2.2 Autopoiesis
- 2.3 Biologisch, psychisch, sozial- Die drei Systemtypen
- 2.4 Soziale Systeme
- 2.5 Kommunikation als Operation sozialer Systeme
- 2.6 Das System der Kunst
- 2.6.1 Literatur innerhalb des Kunstsystems
- 2.6.2 Texte sind Kunstwerke
- 2.6.3 Buchdruck und Kommunikation unter Nichtanwesenden
- 2.7 Der Verlag innerhalb funktional differenzierter Gesellschaften
- 2.8 Der Verlag kommuniziert im Kunstsystem
- 3. Die funktional-kommunikative Analyse der Textsorte Verlagsvorschau
- 3.1 Wie lassen sich Textsorten definieren?
- 3.2 Durch den Kommunikationsbereich!
- 3.3 Die funktional-kommunikative Analyse
- 3.3.1 Interne Strukturebene
- 3.3.2 Die Externe Strukturebene
- 4. Strukturelle Kopplung ermöglicht konventionalisierte Anschlusskommunikation
- 4.1 Die Rezension als Anschlusskommunikation der Massenmedien
- 4.2 Der Verkauf als Anschlusskommunikation des Wirtschaftssystems
- 4.3 Lesen als Anschlusskommunikation des psychischen Systems
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Textsorte "Verlagsvorschau" aus systemtheoretischer Perspektive. Ziel ist es, die Eignung der Systemtheorie als Paradigma für die Klassifizierung von Textsorten zu evaluieren. Die Arbeit untersucht, wie sich die Systemtheorie mit der Textsortenlinguistik verknüpfen lässt, welchem System die Verlagsvorschau zuzuordnen ist und wie Luhmanns Begriff der "strukturellen Kopplung" auf Texte angewendet werden kann.
- Verknüpfung von Systemtheorie und Textsortenlinguistik
- System/Umwelt-Differenz als konstitutives Merkmal der Systemtheorie
- Funktionale-kommunikative Analyse der Textsorte "Verlagsvorschau"
- Strukturelle Kopplung als Konzept der Anschlusskommunikation
- Die Eignung der Systemtheorie als Paradigma für Textsortenklassifikation
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Textsortenanalyse aus systemtheoretischer Perspektive ein und stellt die Fragestellung der Arbeit vor. Das zweite Kapitel widmet sich der Verknüpfung von Systemtheorie und Textsortenlinguistik. Es werden die zentralen Konzepte der Systemtheorie, wie die System/ Umwelt-Differenz, Autopoiesis und die verschiedenen Systemtypen, erläutert. Zudem wird der Begriff der "strukturellen Kopplung" eingeführt. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der funktional-kommunikativen Analyse der Textsorte "Verlagsvorschau". Es werden die interne und externe Strukturebene der Textsorte untersucht und die Kommunikationsbereiche der Verlagsvorschau beleuchtet. Im vierten Kapitel wird die "strukturelle Kopplung" als Konzept der Anschlusskommunikation betrachtet und die Rezeption der Verlagsvorschau durch verschiedene Systeme (Massenmedien, Wirtschaftssystem, psychisches System) untersucht. Das fünfte Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen und beantwortet die Frage, ob sich die Systemtheorie als Paradigma für Textsortenklassifikation eignet.
Schlüsselwörter
Systemtheorie, Textsortenlinguistik, Verlagsvorschau, strukturelle Kopplung, Kommunikation, Anschlusskommunikation, soziale Systeme, System/Umwelt-Differenz, Autopoiesis, funktional-kommunikative Analyse, Kommunikationsbereiche
- Quote paper
- Ludwig Lohmann (Author), 2012, Die Textsorte „Verlagsvorschau“ aus der Perspektive der Systemtheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288311