Organisationaler Wandel in der Ministerialverwaltung am Beispiel der Bundesagentur für Arbeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Theorien
1. Historischer Institutionalismus
2. Soziologischer Institutionalismus –Institutioneller Isomorphismus

III. Empirie - Die Bundesagentur für Arbeit – Beispiel für den Wandel einer Verwaltungsbehörde
1. Historische Entstehungsgeschichte der Bundesagentur für Arbeit
2. Veränderungen durch die Hartz III Reform
a. Umbau der Zentrale
b. Restrukturierung der Landesarbeitsämter
c. Arbeitsagenturen
d. Weitere Reformausprägungen

IV. Analyse
1. Historisch Institutionalismus
2. Soziologischer Institutionalismus – institutioneller Isomorphismus

V. Fazit

VI. Literatur

I. Einleitung

Ende August 2014 veröffentlichte die Bundesagentur für Arbeit ihren Arbeitsmarktbericht für das zweite Quartal 2014. In diesem hebt sie eine moderat positive Entwicklung trotz schrumpfenden Wirtschaftswachstums hervor (vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2014). Zu einer solchen Stellungnahme war diese Verwaltungsbehörde nicht immer befähigt. Insbesondere auch nicht in dieser organisationalen Ausgestaltung, denn die einem Ministerium nachgeschaltete Bundesagentur veränderte sich im Rahmen ihrer historischen Entwicklung stark.

Vor genau diesem Hintergrund soll eine Theorie-Testung vorgenommen werden. Anhand der historischen Entwicklung und insbesondere anhand des organisationalen Wandels werden dabei zwei Theorien auf ihren Erklärungswert hinsichtlich dieses organisationalen Wandels untersucht. Im Rahmen eines Auswahlprozesses erschienen zwei Theorie-Schulen naheliegend. Beide Theorien gehören der sehr divergenten Schule des Neo-Institutionalismus an. Es handelt sich innerhalb desselben um den historischen und soziologischen Institutionalismus.

Die erfolgende Ausarbeitung wird zunächst auf die Theorien und ihren erwarteten Erklärungswert eingehen. Nachfolgend wird dann anhand der historischen Entwicklung und des Evaluationsberichtes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Darstellung des organisationalen Wandels vorgenommen. Abschließend erfolgt eine Analyse, innerhalb derer der Erklärungswert der Theorien in Bezug auf die empirische Darlegung ausgewertet wird.

II. Theorien

Die Erforschung von den Gründen, Ausprägung und Verlauf von organisationalem Wandel ist sehr weitreichend. Ursprünge lassen sich in der Organisationsforschung finden, welche sich bereits in der Managementtheorie von Taylor, bei Max Weber und vielen nachfolgenden Schulen ausprägte (vgl. Scott/Davis, 2007). Gegenwärtig sind vor allem zwei Schulen der Organisationsforschung hervorzuheben: Die Kontingenztheorie und der Neo-Institutionalismus. Auch innerhalb dieser Schulen sind vielfältige Ströme und Ausprägungen zu erkennen. Im näheren Zusammenhang der Entwicklung der Bundesagentur für Arbeit finden sich dann vereinzelt Vertreter in der Literatur, welche sich mit der Problematik der Arbeitsrechtsreform oder Hartz-Reformen auseinandersetzen. Dabei treten teilweise auch Vorstöße aus dem Blickwinkel der Organisationstheorie zu Tage (vgl. Boss, 2007; Hielscher, 2006). In den folgenden Ausführungen wird allerdings vertieft auf den historischen sowie den soziologischen Institutionalismus eingegangen.

1. Historischer Institutionalismus

Der historische Institutionalismus bildete sich ab 1980 als Strömung des Neo-Institutionalismus heraus und wurde zunächst insbesondere durch Peter Hall vertreten. Diese Schule stellt im Zusammenhang der neo-institutionalistischen Theorien einen eklektizistischen Ansatz dar (Morisse-Schilbach, 2013:271).

Zentrale Annahmen dieser Ausprägung rotieren um die Strukturierung des Konflikts rivalisierender Gruppen um knappe Ressourcen (Taschowsky, 2001:5) und ergänzen die Institutionalistischen Theorien durch den Aspekt der Historizität von Institutionen und Entscheidungsprozessen (Morisse.Schilbach, 2013:273). Innerhalb der Gesellschaftsstruktur nehmen hier also Institutionen, welche sich als in Organisationsstrukturen verwirklichte formale und informelle Prozesse, Handlungsmuster, Normen und Konventionen darstellen (Hall/Taylor, 1996:6), eine zentrale Funktion ein. Die Bedeutung dieser Funktion lässt sich anhand des Akteur-Bildes erklären. So geht der historische Institutionalismus von am Zielerreichungsgrad orientierten Akteur-Handeln unter Berücksichtigung der eigenen Präferenzordnung aus (Taschowsky, 2001:5).

Hierbei werden weiterführend zwei Stränge hinsichtlich der Ausbildung der Präferenzen unterschieden: der historisch-ökonomische sowie der historisch-soziologische Strang. Erster Strang fußt auf einem Verständnis von Institutionen, welches als „thin institutions“ bezeichnet wird (Morisse.Schilbach, 2013:274). So verringern Institutionen der Gesellschaftsstruktur inhärente Unsicherheiten durch die Bereitstellung von Informationen sowie Durchsetzungs- und Sanktionsmechanismen (Taschowsky, 2001:6). Hierdurch wird ein Muster von Zwängen und Anreizen geschaffen, welches seinerseits dem Akteur exogen generierte typische Strategien, Problemlösungs- und Entscheidungsoptionen auferlegt (Morisse.Schilbach, 2013:274). Diese Logik wird als Pfadabhängigkeit bezeichnet und schafft die Unsicherheit reduzierende Vorhersehbarkeit (Thelen/Steinmo, 1992). Jedoch ist zu betonen, dass hier nicht von einer rein exogenen Determination des Akteurs ausgegangen werden kann, da insbesondere Struktur und Handeln in ihrer Zweidimensionalität wechselseitig auf einander einwirken (Kaiser, 2001:263). Der Wandel von Organisationsstrukturen wird hier also als inkrementeller Prozess begriffen, der aus dem strategischen Bestreben der Akteure erwächst. Wichtig ist dabei der inkrementelle Charakter, da lediglich Innovationen oder Krisen zu einem grundlegenden Wandel führen (vgl. Beyer, 2005:18).

Dem gegenüber unterliegt der historisch-soziologische Institutionalismus einem „thick institutions“-Verständnis (Morisse.Schilbach, 2013:274). Nach dieser Ansicht kommt Institutionen also ein prägender, identitäts- und präferenzenstiftender Charakter zu (ibid.). Demnach gestaltet sich der Charakter von Akteuren nicht mehr als rein rationaler Nutzenmaximierer (Taschowsky, 2001:6), sondern vielmehr als überwiegend gesellschaftlich definierten Regeln folgend und nicht zweckrational auf (eigene) Vorteilmaximierung ausgelegt. Mithin handelt es sich um eher normengeleitete Akteure. Weiterführend bedeutet dies aber auch, dass Institutionen den Handlungskontext der Akteure, sprich das Umfeld und die Machtverteilung, regeln. Dadurch bilden sich Präferenzen endogen heraus (ibid.). Dies bewirkt den identitätsstiftenden Charakter und steckt den Rahmen politischer Prozesse ab (Morisse.Schilbach, 2013:274). Sodann führt aber auch die benannte Wechselwirkung dazu, dass die auf endogenen Präferenzen hervorgerufenen Handlungen der Akteure ebenso ursächlich für die Veränderungen der Institutionen an sich sind. Vor eben diesem Hintergrund erklärt der historisch-soziologische Institutionalismus, dass die endogenen Präferenzen, die Entscheidungen und das Handeln der Akteure durch die historische Entwicklung hervorrufen. Diese Pfadabhängigkeit grenzt über die historische Entwicklung hinweg die Entscheidungsspanne durch die getroffenen Entscheidungen immer weiter ein. Auch hier wird der Ursprung von grundlegendem organisationalem Wandel in Krisen gesehen, hervorgerufen durch so ein genanntes punctuated equilibrium (Beyer, 2005:13). Erklärungsansätze beruhen dabei auf weiterführenden Modellen wie dem sunk cost Ansatz.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass der historische Institutionalismus erwarten würde, dass die Bundesagentur für Arbeit einen inkrementellen Wandel unterzogen wurde, wodurch sich die organisationalen Veränderungen erklären lassen würden; oder aber aufgrund einer Innovation oder Krise einer grundlegenden Veränderung unterworfen wurde.

2. Soziologischer Institutionalismus –Institutioneller Isomorphismus

In eine verwandte Kerbe schlägt dann auch der soziologische Institutionalismus. Dieser beruht auf einem makro- institutionalistischen Ansatz, welcher die Bedeutung der Umwelt hinsichtlich Strukturierung und Handeln einer Organisation herausstellt (Jörges-Süß, 2007:196 ff.). Dabei wird dem Akteur-Bild zentral die Vorstellung des homo sociologicus zugrunde gelegt, sprich eines normengeleiteten Akteurs. In diesem Zusammenhang wirken die Institutionen ebenfalls identitätsstiftend (vgl. Zucker, 1987). Auch erfolgt hier eine endogene Bestimmung der Präferenzen des Akteurs. Dem historischen Institutionalismus diametral gegenüber steht jedoch der Aspekt der Eindimensionalität. Mithin erfolgt zwar eine Prägung des Akteurs seitens der Organisation, Eine Wechselwirkung wird jedoch ausgeschlossen (vgl. ibid). Auch fehlt es an der Historizität (Morisse.Schilbach, 2013:273). Vielmehr bestimmt sich die Struktur und Handlungsweise nach den Erwartungen, die die Umwelt an die Institution bzw. Organisation erhebt. Somit stellt der soziologische Institutionalismus auf die Legitimität der Organisation ab. Diese Erwartungen der Umwelt werden als Rationalitätsmythen bezeichnet, da sie die rationale Gestaltung der Organisation prägen, aber zugleich keinen objektiven oder empirischen Kriterien unterliegen (Jörges-Süß, 2007:196 ff.). So erschließen sie sich unter anderem aus Gesetzen oder der öffentlichen Meinung (ibid).

Der soziologische wie auch der historische Institutionalismus erkennen die Komplexität und Wandelbarkeit von Umwelten an (ibid). Dies macht eine fortwährende Anpassung notwendig, um die Legitimität zu wahren (ibid). Aufgrund genau diesem Aspekt der Komplexität und Wandelbarkeit bildete sich eine differenzierte Strömung des soziologischen Institutionalismus heraus: der institutionelle Isomorphismus (DiMaggio / Powell, 1983). Grundaussage ist dabei, dass die als legitim oder illegitim bewerteten Umweltaspekte auf Organisationen einwirken und so zu einer Homogenisierung, einer Strukturangleichung (Isomorphie) führen (Jörgens-Süß, 2007). Dabei sind drei Mechanismen zu identifizieren: Zwang, Mimese und normativer Druck (DiMaggio / Powell, 1983). Der zwangsweise erreichte Isomorphismus stellt dabei auf die Abhängigkeit von einer anderen Organisation des organisationalen Umfeldes ab. Je größer die Abhängigkeit von dieser Organisation oder von zentralisierten Ressourcen, desto stärker fällt die isomorphe Anpassung einer Organisation oder des gesamten organisationalen Umfeldes an die übergeordnete Organisation aus (Schütz, 2008:48). Die dabei erfolgende Legitimitäts- und Ressourcensicherung erfolgt also aufgrund des Druckes der Umwelt – wobei insbesondere Gesetze und Richtlinien anzubringen sind (Jörges-Süß, 2007:75). Dem gegenüber führen beim mimetischen Isomorphismus Unsicherheiten über erfolgreiche Zielerreichungspraktiken und uneindeutige Organisationsziele zu isomorphen Prozessen (Schütz, 2008:48). Ausschlaggebend ist dabei die rezipierte Legitimation der imitierten Organisation (Jörges-Süß, 2007:76). Letztlich stellt dann der auf normativem Druck beruhende Isomorphismus auf die Professionalisierung ab (Schütz, 2008:48). Diese führe nämlich zu berufsspezifischen Standards und Denkweisen, welche auf Basis einer gemeinschaftlichen, kognitiven Grundlage eine Legitimation schaffen (Jörges-Süß, 2007:76).

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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Organisationaler Wandel in der Ministerialverwaltung am Beispiel der Bundesagentur für Arbeit
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Organisationaler Wandel in der Ministerialverwaltung
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V288393
ISBN (eBook)
9783656886983
ISBN (Buch)
9783656886990
Dateigröße
392 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisation, Organisationaler Wandel, BAG, Bundesagentur, Neo-Institutionalismus, Institutionalismus, historischer Institutionalismus, soziologischer Institutionalismus
Arbeit zitieren
Jan Alexander Linxweiler (Autor:in), 2014, Organisationaler Wandel in der Ministerialverwaltung am Beispiel der Bundesagentur für Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288393

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