Das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung ist uns aus dem alltäglichen Erleben gut zugänglich, denn kaum jemand wird bestreiten, dass wir im Allgemeinen angenehme Zustände anstreben und unangenehme Erfahrungen vermeiden wollen. Und wir sind zu erheblichen Anstrengungen bereit sind, um hierin erfolgreich zu sein.
Auch in der Psychologie wird diesem psychischen Grundbedürfnis schon seit langem eine zentrale Rolle beigemessen, wie den von mir ausgewählten Darstellungen aus psychoanalytischer und lernpsychologischer Sicht unmittelbar zu entnehmen ist.
Sigmund Freud (1856 – 1936), der Erfinder der Psychoanalyse, hat dieses Bestreben des Menschen nach Lustgewinn und Unlustvermeidung als Lustprinzip bezeichnet und zudem noch als ein Bedürfnis verstanden, das zu seiner sofortigen Befriedigung drängt und dabei auf einen größtmöglichen Lustgewinn abzielt. Deshalb sei es nach Freud auch wichtig, dieses starke menschliche Streben nach Lustgewinn einer Kontrolle zu unterwerfen, damit es nicht in bedrohliche Konflikte mit den Anforderungen der Alltagsrealität oder ethischen sowie sozialen oder gesellschaftlichen Forderungen gerät.
Lerntheoretiker, wie zum Beispiel der US-amerikanische Psychologe Burrhus F. Skinner (1904-1990), haben der Befriedigung dieses Grundbedürfnisses ebenfalls eine besondere Bedeutung zugewiesen. Auch nach Skinners Auffassung sind Menschen bestrebt, durch ihr Verhalten Positives zu erleben und Unangenehmes zu vermeiden. Beides lässt sich am ehesten über unterschiedliche Verhaltensverstärkungen erreichen. Durch eine positive Verstärkung des Verhaltens etwa in Form von materiellen oder sozialen Verstärkern, wie zum Beispiel Belohnungen, Lob oder Anerkennung, können bei der Person positive Gefühle hervorgerufen werden; durch negative Verstärker, wie Flucht oder Vermeidung, besteht die „Belohnung“ in der Abschwächung oder Beendigung von etwas, das von Menschen als unangenehm, schmerzhaft, peinlich oder negativ erlebt wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zwei Motivsysteme
- Das Lustprinzip
- Das Prinzip der positiven und negativen Verstärkung
- Wie Kinder nach Unlustvermeidung und Lustgewinn streben
- Beispiel 1: Das Streben nach Unlustvermeidung
- Beispiel 2: Das Streben nach Lustgewinn
- Das „Gute\" an positiven Emotionen
- Lustgewinn, Unlustabbau und Stärkenentwicklung beim Spiel und anderen kreativen Tätigkeiten
- Wie können Eltern zur Entwicklung einer positiven Emotionalität ihrer Kinder beitragen?
- Ein anregendes Familienklima schaffen
- Dem Kind vielfältige Spielmöglichkeiten bieten
- Mit dem Kind spielen
- Positive Emotionen kultivieren
- Der Lustgewinn kann nicht grenzenlos sein
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Buch befasst sich mit der stärkenorientierten Kindererziehung und beleuchtet die Bedeutung des Bedürfnisses nach Lustgewinn und Unlustvermeidung für die kindliche Entwicklung. Es untersucht, wie Kinder durch die Verfolgung von Annäherungs- und Vermeidungszielen lernen und wachsen. Der Autor beleuchtet dabei die Rolle positiver Emotionen in der kindlichen Entwicklung und zeigt, wie Eltern ihre Kinder bei der Entwicklung einer positiven Emotionalität unterstützen können.
- Das Lustprinzip und die Bedeutung von positiven Emotionen für die kindliche Entwicklung
- Die Unterscheidung zwischen Annäherungs- und Vermeidungszielen und deren Auswirkungen auf das kindliche Verhalten
- Die Rolle der Eltern bei der Schaffung eines förderlichen Umfelds für die Entwicklung einer positiven Emotionalität bei Kindern
- Die Bedeutung von Spiel und anderen kreativen Tätigkeiten für die Stärkenentwicklung und den Lustgewinn bei Kindern
- Die Grenzen des Lustgewinns und die Notwendigkeit einer ausgewogenen Balance zwischen Annäherungs- und Vermeidungszielen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der stärkenorientierten Kindererziehung ein und stellt die zentrale Bedeutung des Bedürfnisses nach Lustgewinn und Unlustvermeidung in der kindlichen Entwicklung dar. Das Kapitel "Zwei Motivsysteme" beleuchtet das Lustprinzip nach Sigmund Freud und das Prinzip der positiven und negativen Verstärkung nach Burrhus F. Skinner.
Das Kapitel "Wie Kinder nach Unlustvermeidung und Lustgewinn streben" illustriert anhand von Beispielen, wie Kinder nach Unlustabbau bzw. nach Lustgewinn streben. Der Autor hebt die Unterschiede und Wirkungen dieser beiden Verhaltensweisen hervor. Das Kapitel "Das „Gute\" an positiven Emotionen" verdeutlicht die Bedeutung von positiven Emotionen für die kindliche Entwicklung. Das Kapitel "Lustgewinn, Unlustabbau und Stärkenentwicklung beim Spiel und anderen kreativen Tätigkeiten" untersucht die Rolle des Spiels für die Stärkenentwicklung und den Lustgewinn bei Kindern. Das Kapitel "Wie können Eltern zur Entwicklung einer positiven Emotionalität ihrer Kinder beitragen?" gibt Eltern praktische Tipps, wie sie ihren Kindern bei der Entwicklung einer positiven Emotionalität unterstützen können.
Schlüsselwörter
Stärkenorientierte Kindererziehung, Lustprinzip, Unlustvermeidung, positive Emotionen, Annäherungsziele, Vermeidungsziele, Spiel, Kreativität, Elternrolle, Familienklima.
- Arbeit zitieren
- Dr. Bodo Klemenz (Autor:in), 2007, Stärkenorientierte Kindererziehung. Das Bedürfnis des Kindes nach Lustgewinn und Unlustvermeidung befriedigen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/289293