Trotz des wissenschaftlich längst vollzogenen Paradigmenwechsels weg von „traditionellem Lernen“ hin zu „konstruktivistischem Lernen“ scheint der fragendentwickelnde Frontalunterricht immer noch die dominierende Unterrichtsform in deutschen Schulen zu sein (SEIFRIED 2006a, 109). Dieser mit stark lehrerzentrierten Arbeitsphasen einhergehende Unterricht sieht sich jedoch bereits seit Anfang der siebziger Jahre zunehmender Kritik ausgesetzt (SCHEWIOR-POPP 1998, 112-113). Bemängelt wird etwa, dass Schülerfragen oftmals keine Rolle spielen (SEMBILL, WUTTKE, SEIFRIED, EGLOFFSTEIN & RAUSCH). Einige Forschungsprojekte haben diese Problematik aufgegriffen und die Auswirkungen eher schüler- bzw. lehrerzentrierter Unterrichtformen auf die Schüler untersucht (siehe hierzu etwa SEMBILL 1984; SEMBILL 2004; SEMBILL, SCHUHMACHER, WOLF, WUTTKE & SANTJER-SCHNABEL 2001, 257ff.; GRUEHN 2000; SEIDEL 2003a). Dadurch konnte sicherlich ein großer Beitrag geleistet werden, diese Schwachstelle im deutschen Schulsystem (wieder) in den Blickpunkt des Interesses zu rücken.
Allerdings muss konstatiert werden, dass zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Untersuchung bekannt ist, die sich explizit mit dem Lehrererleben und insbesondere der Emotionalen Befindlichkeit von Lehrkräften in Abhängigkeit eher schüler- oder lehrerzentrierter Unterrichtsformen befasst. Daher kann diesbezüglich von einer Forschungslücke ausgegangen werden.
Das Konstrukt der „Emotionalen Befindlichkeit“ wurde im Rahmen von Lehr-Lern-Prozessen bisher vor allem im Zusammenhang mit Lernmotivation und Lernprozessen (vgl. etwa die Arbeiten von ACHTENHAGEN, LÜDECKE & SEMBILL 1988, 50ff.; LÜDECKE-PLÜMER 1991, SEIFRIED & SEMBILL 2005, 656ff.; SEMBILL 2003, 181ff.) Lernumgebungen (SANTJER-SCHNABEL 2002; SEIFRIED 2003, 207ff.; SEIFRIED 2004, 193) sowie Lerngruppen (SCHUMACHER 2002; SANTJER & SCHUMACHER 1999, 167ff.) untersucht. Dahingehend bleibt festzustellen, dass die bisherigen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet hauptsächlich aus Perspektive der Schüler erfolgen. Eine allgemeine und über die Person des Schülers hinausgehende Betrachtung des Konstrukts „Emotionale Befindlichkeit“ findet sich in SEMBILL (1992).
Die vorliegende Schrift nimmt sich der geschilderten Problematik an und unternimmt den Versuch auf explorative Weise folgende Forschungsfrage zu beantworten:
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen schüler- oder lehrerzentrierten Arbeitsphasen und der emotionalen Befindlichkeit von Lehrenden? [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Problemstellung
- 2. Emotionale Befindlichkeit
- 2.1 Zum Begriff der Emotionalen Befindlichkeit
- 2.2 Emotion, Motivation und Kognition als integrative Bestandteile und Dimensionen emotionaler Befindlichkeit
- 3. Lehrerbelastung und emotionale Befindlichkeit bei Lehrkräften
- 4. Lehrer- und Schülerzentrierte Arbeitsphasen und ihr Zusammenhang zur emotionalen Befindlichkeit bei Lehrkräften
- 4.1 Operationalisierung Schüler- und Lehrerzentrierter Arbeitsphasen
- 4.2 Der Einfluss Schüler- oder Lehrerzentrierter Arbeitsphasen auf die emotionale Befindlichkeit von Lehrkräften dargestellt anhand der zu untersuchenden Items
- 5. Untersuchungsdesign
- 6. Empirische Befunde
- 6.1 Strukturelle Aspekte Unterrichtlicher Zeitnutzung
- 6.1.1 Unterrichtsphasen
- 6.1.2 Sozialformen
- 6.1.3 Unterrichtsphasen und Sozialformen
- 6.1.4 Lehreraktivitäten
- 6.2 Emotionale Befindlichkeit
- 6.2.1 Lage- und Streuungsmaße zur Emotionalen Befindlichkeit
- 6.2.2 Zusammenhang zwischen schüler- und lehrerzentrierten Arbeitsphasen und der emotionalen Befindlichkeit?
- 6.1 Strukturelle Aspekte Unterrichtlicher Zeitnutzung
- 7. Zusammenfassung und Ausblick
- Literaturverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Forschungsarbeit befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen schüler- und lehrerzentrierten Arbeitsphasen im Unterricht und der emotionalen Befindlichkeit von Lehrkräften. Ziel ist es, die Forschungslücke zu schließen, die bisherige Untersuchungen auf diesem Gebiet aufweisen. Die Arbeit untersucht, inwiefern die Gestaltung von Unterrichtseinheiten, die entweder stärker auf die Schüler oder den Lehrer fokussieren, die emotionale Befindlichkeit von Lehrkräften beeinflusst.
- Emotionale Befindlichkeit von Lehrkräften
- Schüler- und Lehrerzentrierte Arbeitsphasen im Unterricht
- Zusammenhang zwischen Unterrichtsgestaltung und emotionaler Befindlichkeit
- Einfluss von Unterrichtsformen auf das Lehrererleben
- Forschungslücke im Bereich der Lehrerbelastung und emotionalen Befindlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel zwei führt in das Konstrukt der „Emotionalen Befindlichkeit“ ein und beleuchtet die wechselseitige Beziehung zwischen Emotion, Motivation und Kognition. Kapitel drei fokussiert auf die emotionale Befindlichkeit von Lehrkräften und stellt einen Bezug zur Lehrerbelastungsforschung her. Kapitel vier untersucht den Zusammenhang zwischen schüler- und lehrerzentrierten Arbeitsphasen und der emotionalen Befindlichkeit von Lehrkräften. Kapitel fünf beschreibt das Studiendesign, das auf Daten der „Basisstudie“ von DREYER (2009) basiert. Kapitel sechs präsentiert die empirischen Befunde der Untersuchung, die sich mit den strukturellen Aspekten der Unterrichtszeitnutzung und der emotionalen Befindlichkeit von Lehrkräften befassen. Kapitel sieben fasst die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die emotionale Befindlichkeit von Lehrkräften, schüler- und lehrerzentrierte Arbeitsphasen im Unterricht, Lehrerbelastung, Unterrichtsgestaltung, Forschungslücke, empirische Befunde und die Auswirkungen von Unterrichtsformen auf das Lehrererleben.
- Quote paper
- M. Sc. (Univ.), Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Schmid (Author), 2010, Welche Zusammenhänge bestehen zwischen schüler- oder lehrerzentrierten Arbeitsphasen und der emotionalen Befindlichkeit von Lehrenden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292916