Der Aufstieg des italienischen Faschismus nach dem Ersten Weltkrieg ist das Ergebnis tiefgreifender ökonomischer und gesellschaftlicher Krisenerscheinungen gewesen.
Besonders das von vielen Italienern gefürchtete Gespenst einer die Nation überrennenden sozialistischen Revolution hat der faschistischen Bewegung starken Auftrieb gegeben. Aber auch andere Faktoren, wie z. B. das Problem des unvollendeten Nationalstaates, spielten eine gewichtige Rolle. Viele bürgerliche und aristokratische Herrschaftseliten sahen den italienischen Nationalstaat als lediglich fragmentiert an, da bei der Gründung nicht alle beanspruchten Gebiete dem neuen Staat eingegliedert werden konnten. Mit der Zeit entwickelte sich aus dieser Unzufriedenheit ein imperialistisch aufgeladener Nationalismus, der trotz einiger territorialer Zugeständnisse auf der Pariser Friedenskonferenz nicht befriedigt werden konnte. Vielmehr entwickelte sich ein Gefühl ungerechter Behandlung, welches sich in der Wahrnehmung eines „verstümmelten Sieges“ offenbarte.
Zusammen mit der Schwäche des italienischen Liberalismus als auch mit den Problemen des organisierten Kapitalismus, auf die an anderer Stelle genauer verwiesen wird, hatte sich eine umfassende gesamtgesellschaftliche Krise entwickelt.
Das gewaltsame Vorgehen des Faschismus in dieser Krisensituation, vor allem gegen die Sozialisten, die besonders bei den traditionellen Herrschaftseliten des Landes Angst geweckt und diese verunsichert hatten, führte in nicht sozialistischen Kreisen zu der Ansicht, dass die Faschisten als Hüter der bestehenden Ordnung auftraten. Folglich ließen sich besonders konservative Kräfte immer wieder auf ein Zusammengehen mit dem Faschismus ein, was in hohem Maße darauf zurückzuführen ist, dass diese entweder nicht begriffen, dass die Faschisten auch ihre eigene politische Hegemonie bedrohten oder sie daran glaubten die faschistische Bewegung politisch einbinden und so mäßigen zu können. Dass die Faschisten dann 1922 trotzdem die Macht übernehmen und Italien ihr eigenes System aufzwängen konnten, ist hauptsächlich der o. g. politischen Unterschätzung der faschistischen Bewegung geschuldet.
Was aber war der Faschismus für eine Bewegung? Welche Ziele verfolgte er und wodurch ist seine Herrschaft charakterisiert? Diesen Fragen soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodisches Vorgehen
- Forschungsstand und Literaturhinweise
- Begriffsdefinitionen
- Der Totalitarismusbegriff nach Friedrich und Brzezinski
- Der italienische Faschismus
- Entstehungsbedingungen der faschistischen Bewegung
- Anfänge der faschistischen Bewegung 1919-1922
- Entwicklung des faschistischen Diktaturregimes 1922-1929
- Konsolidierung und Radikalisierung des Regimes 1929-1943
- Die italienische Sozialrepublik 1943-1945
- Fazit: War der italienische Faschismus totalitär?
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht, ob das faschistische Regime Italiens nach dem Totalitarismusbegriff von Friedrich und Brzezinski als totalitär bezeichnet werden kann. Sie analysiert die Entstehung, Entwicklung und Herrschaft des italienischen Faschismus und setzt diese in Bezug zum Totalitarismusmodell von Friedrich und Brzezinski.
- Entstehungsbedingungen und Anfänge des italienischen Faschismus
- Entwicklung und Konsolidierung des faschistischen Regimes
- Die italienische Sozialrepublik und der Untergang des Faschismus
- Der Totalitarismusbegriff nach Friedrich und Brzezinski
- Die Einordnung des italienischen Faschismus in das Totalitarismusmodell
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und das methodische Vorgehen der Arbeit vor. Sie diskutiert den Forschungsstand und relevante Literatur zum Thema. Das zweite Kapitel definiert die Begriffe demokratisch, autoritär und totalitär im Sinne von Robert Dahl und Juan Linz. Das dritte Kapitel präsentiert das Totalitarismusmodell von Friedrich und Brzezinski, welches als Maßstab für die Einordnung des italienischen Faschismus dient. Die Kapitel 4.1 bis 4.5 behandeln die Entstehungsbedingungen, Anfänge, Entwicklung, Konsolidierung und den Untergang des italienischen Faschismus. Dabei wird die Herrschaft des faschistischen Regimes systematisch auf die sechs totalitären Charakteristika des Modells von Friedrich und Brzezinski untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den italienischen Faschismus, den Totalitarismusbegriff, Friedrich und Brzezinski, die Entstehung und Entwicklung des faschistischen Regimes, die italienische Sozialrepublik, die sechs totalitären Charakteristika, die Einordnung des italienischen Faschismus in das Totalitarismusmodell.
- Quote paper
- M. A. Alexander Gajewski (Author), 2011, Der Faschismus Italiens als totalitäres Regime? Nach dem Totalitarismusbegriff von Friedrich und Brzezinski, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292932