Ungleichheitsdimensionen im Werk Max Webers


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ungleichheitsdimensionen im Werk von Max Weber
2.1 Schichtungstypologie
2.1.1 Typen der Herrschaft
2.1.2 Klassen
2.1.3 Stände

3. Schluss

Bibliografie

1. Einleitung

Thema der vorliegenden Seminararbeit ist die Entstehung und Beschreibung sozialer Ungleichheit im Werk Max Webers. Hierbei wird auf verschiedene Ungleichheitsdimensionen eingegangen, die Weber in seinem Werk thematisiert. Zentral ist die Schichtungstypologie und die damit im Zusammenhang stehende soziale Ungleichheit, welche unter anderem aus der ungleichen Verteilung der Machtressourcen resultiert. Es werden die drei idealtypischen Legitimitätsgründe für Herrschaft angeführt und es wird darauf eingegangen, welche Unterschiede zwischen den drei idealtypischen Herrschaftsformen bestehen und welche Folgen sich hieraus für Beherrschte und Herrschende ergeben.

Durch die Einteilung der Gesellschaft in Klassen ergeben sich Ungleichheiten, welche vor allem aus Unterschieden im Besitz resultieren. Bei der Einteilung der Gesellschaft in Schichten sind es Unterschiede in Prestige und Anerkennung, welche die Ungleichheit verursachen.

In den Landarbeiterenquêten untersuchte Max Weber mit dem Verein für Sozialpolitik die Lage der ostelbischen Landarbeiter um der Frage nachzugehen, ob die Lebenssituation der Landarbeiter der landläufigen Meinung, dass Landarbeit vor allem im Vergleich zur Industriearbeit besonders niederträchtig sei, entspricht oder ob sich die Situation in der Realität anders gestaltet.

Ein weiterer Punkt wird die Rassenzugehörigkeit als Kriterium für soziale Ungleichheit sein. Weber setzt sich bspw. kritisch mit der landläufigen Meinung auseinander, dass „Neger“ einen typischen „Negergeruch“ aufweisen und aus diesem Grunde unsauber seien und beschreibt die Lage der „Neger“ in Amerika, welche aufgrund ihrer Hautfarbe mit Ausstoßungen konfrontiert sind. Eine weitere Gruppe der Ausgestoßenen stellen die Juden dar, welche nach Weber ein sogenanntes „Pariavolk“ seien und unter anderem aufgrund ihrer weltlichen Einstellung in einer religiös geprägten Gesellschaft ausgestoßen wurden. Auch die Geschlechtszugehörigkeit, insbesondere in patriarchalisch gegliederten Gesellschaften, in denen Frauen wie Besitz erworben und für sexuelle Zwecke zur Verfügung gestellt werden konnten, war eine Dimension der Ungleichheit, welche Weber in seinem Hauptwerk „Wirtschaft und Gesellschaft“ beschreibt.

2. Ungleichheitsdimensionen im Werk von Max Weber

2.1 Schichtungstypologie

In seiner Schichtungstypologie beschreibt Max Weber Soziale Ungleichheit, welche unter anderem aus der Verteilung der Machtressourcen innerhalb der Gesellschaft resultiert. Laut Webers Definition ist Macht die "Chance eines Handelnden, den eigenen Willen auch gegen Widerstand Anderer durchzusetzen" (Weber, 1972: 28). Politische und ökonomische Macht kann entweder ein Mittel zum Zweck sein, ein höheres Ziel zu erreichen, welches sowohl idealer als auch egoistischer Art sein kann oder ihrer selbst Willen erstrebt werden, da mit Macht Prestige, Anerkennung sowie soziale Ehre einhergehen. Ein Staat kann nur funktionieren, wenn sich das Volk der Autorität der zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschenden Gruppe oder Führerperson fügt. Die drei Legitimitätsgründe, die das Volk dazu veranlassen sich der Autorität zu fügen, werden im nächsten Abschnitt dargelegt.

2.1.1 Typen der Herrschaft

Der Herrschaftsbegriff ist zentral in Webers Werk. „Herrschaft" soll, definitionsgemäß (Kap. I, § 16), die Chance heißen, für spezifische (oder: für alle) Befehle bei einer angebbaren Gruppe von Menschen Gehorsam zu finden“ (Weber, 1972: 122).

Weber führt drei Legitimitätsgründe für Herrschaft an: die „Autorität des „ewig Gestrigen“ […,] die Autorität der außeralltäglichen persönlichen Gnadengabe [und] Herrschaft kraft Legalität“ (Weber, 1919: 398). Die drei prinzipiellen Legitimitätsgründe sind Idealtypen, welche in ihrer Reinform in der Realität kaum vorkommen. Demnach unterscheidet sich der Realtypus fast in jedem Fall vom Idealtypus, in dem Sinne, dass oft Mischformen der drei Idealtypen bestehen. Die Idealtypen entwickelte Weber als analytische Kategorien um eine Beschreibung und Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse zu ermöglichen. Im Folgenden wird dargestellt, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten diese drei Herrschaftsformen aufweisen und welche Differenzen sich daraus für die Beherrschten ergeben.

2.1.1.1 Charismatische Herrschaft

Die Charismatische Herrschaft, bzw. die Autorität der außeralltäglichen persönlichen Gnadengabe gründet sich auf das Vertrauen in die Führungseigenschaften der Führungspersönlichkeit. Auch die Hingabe an die Führungsperson spielt für diese Form von Herrschaft eine entscheidende Rolle. Macht wird nicht mit Zwang ausgeübt, da die Beherrschten aus freiem Willen und weil sie an ihn glauben dem Willen des charismatischen Führers folgen (vgl. Baier et. al.: 397- 399).

Wird dieser Glaube an den charismatischen Herrscher durch ausbleibende Bewährung jedoch enttäuscht, so kann sein Einfluss geringer werden oder schließlich verschwinden. Um als charismatischer Herrscher zu bestehen ist es notwendig, dass die Bevölkerung Wohlergehen erfährt. Ist dies nicht der Fall scheint der charismatische Herrscher von seinem Gott verlassen und verliert das sogenannte „Gottesgnadentum“. Weber führt die Beispiele der altgermanischen Könige und des Monarchen in China für die Möglichkeit des Verlustes der charismatischen Autorität an. Der Monarch konnte die Gunst des Volkes durch jegliches Missgeschick verlieren, auch wenn es nicht selbst verschuldet war. Während bspw. Kriegsunglücke durchaus vom Monarchen selbst verschuldet worden sein konnten, verlor der Monarch ebenso sein Charisma durch das Auftreten von Naturkatastrophen wie einer Dürre oder Überschwemmung, was ihn zur öffentlichen Buße oder schließlich zur Abdankung zwang.

Der charismatische Herrscher besitzt einen Verwaltungsstab, welcher jedoch nicht nach Fachgeschultheit, sondern vor allem nach charismatischen Gesichtspunkten ausgewählt wird (vgl. Weber, 1972: 140f).“ [D]em „Propheten"entsprechen die „Jünger", dem „Kriegsfürsten" die „Gefolgschaft", dem „Führer" überhaupt: „Vertrauensmänner" " (Weber, 1972: 141). Der Stab wird nach der Eingebung des Führers aufgrund charismatischer Eigenschaften berufen und nicht etwa angestellt oder entlassen. In einer Gesellschaft mit einer charismatischen Herrschaft wird kein Gehalt ausgezahlt, sondern die Gefolgschaft lebt mit dem Führer im Liebes- oder Kameradschatfskommunismus aus den vom Herrscher beschafften Mitteln. Auch eine exakte Rechtssprechung fehlt. Urteile werden von Fall zu Fall entschieden, wobei Gottesurteile maßgeblich sind. Weber führt weiter "Napoleons „Herrschaft des Genies", welche Plebejer zu Königen und Generälen machte" (Weber, 1972: 141f) an. Es entschied also nicht Macht und Prestige über die Stellung in der Gesellschaft, sondern allein Charisma war ausschlaggebend für die gesellschaftliche Position in charismatisch geführten Gesellschaften. Charisma ist nach Weber also wirtschaftsfremd. Eine ökonomische Verwertung der Gnadengabe als eine Einkommensquelle wird strikt abgelehnt, wobei in der Realität diese Maxime kaum eingehalten werden kann (vgl. Weber, 1972: 141f).

Ein weiteres Beispiel für die charismatische Herrschaft ist der Faschismus, welchen Weber nur eineinhalb Jahre miterlebte. Der Faschismus erlebte seinen Aufstieg als Massenbewegung erst nach Webers Tod. Faschismus ist zum einen eine Form der charismatischen Herrschaft und zum anderen auch die Herrschaft einer Partei. Ernst Nolte beschäftigte sich mit der Fragestellung, welche Minimalbedingungen gegeben sein müssen, um ein Regime als faschistisch klassifizieren zu können (vgl. Breuer 2003: 352f). Auf das Problem des Faschismus wird im Abschnitt zur Rassenzugehörigkeit näher eingegangen.

2.1.1.2 Traditionale Herrschaft

In der traditioanlen Herrschaft, bzw. der „Autorität des ewig Gestrigen“ spielt im Vergleich zur charismatischen Herrschaft weniger das Gottesgnadentum eine Rolle als vielmehr ökonomische Privilegien des Herrschenden.

Die primären Typen der traditionalen Herrschaft, welche teilweise auch nebeneinander existieren können, sind die Gerontokratie, in der die Ältesten Herrschaft ausüben, in dem Falle, dass überhaupt Herrschaft ausgeübt wird, sowie der primäre Patriarchalismus (vgl. Weber, 1972: 133). „Patriarchalismus heißt der Zustand, daß innerhalb eines, meist, primär ökonomischen und familialen (Haus-)Verbandes ein (normalerweise) nach fester Erbregel bestimmter Einzelner die Herrschaft ausübt" (Weber, 1972: 133). Dem Herrscher ist in beiden primären Formen der traditionalen Herrschaft kein Verwaltungsstab untergeordnet, was ihn abhängig macht vom Gehorchenwollen seiner Genossen. Aus diesem Grund werden sie in der traditionalen Herrschaft als Genossen und nicht als Untertanen bezeichnet. Erst in der extremsten Form des Patrimonialismus, dem Sultanismus werden die Genossen zu Untertanen, im Zusammenhang mit der Entstehung eines dem Herren untergestellten Verwaltungs- sowie Militärstabes (vgl. Weber, 1972: 133). „Patrimoniale Herrschaft soll jede primär traditional orientierte, aber kraft vollen Eigenrechts ausgeübte, sultanistische eine in der Art ihrer Verwaltung sich primär in der Sphäre freier traditionsungebundener Willkür bewegende Patrimonialherrschaft heißen. Der Unterschied ist durchaus fließend. Vom primären Patriarchalismus scheidet beide, auch den Sultanismus, die Existenz des persönlichen Verwaltungsstabes“ (Weber, 1972: 134).

Eine weitere Form des Patriarchalismus ist neben dem Sultanismus die ständische Herrschaft. Sie unterscheidet sich vom reinen Typus der Patrimonarchie darin, dass ein Verwaltungsstab existiert, dem bestimmte Herrengewalten und damit einhergehende ökonomische Chancen zur Verfügung stehen (vgl. Weber, 1972: 134). „Ständische Gewaltenteilung soll der Zustand heißen, bei dem Verbände von ständisch, durch appropriierte Herrengewalten Privilegierten durch Kompromiß mit dem Herrn von Fall zu Fall politische oder Verwaltungssatzungen (oder: beides) oder konkrete Verwaltungsanordnungen oder Verwaltungskontrollmaßregeln schaffen und eventuell selbst, zuweilen durch eigene Verwaltungsstäbe mit, unter Umständen, eigenen Befehlsgewalten, ausüben" (Weber, 1972: 137). Durch die Finanzpolitik des Gewaltenteilung ist es möglich die Willkür des Herren in Bezug auf Monopolbildung und von ihm erteilten Auflagen zu beschränken (vgl. Weber, 1972: 139). "Die Patrimonialstaaten des Mittelalters unterschieden sich durch die formal

rationale Art eines Teils ihres Verwaltungsstabes (vor allem: Juristen, weltliche und kanonische) prinzipiell von allen andern Verwaltungsstäben aller politischen Verbände der Erde" (Weber, 1972: 140). In einem folgenden Abschnitt werden die Geschlechterungleichheiten in patrimonialen Gesellschaften des Mittelalters behandelt.

2.1.1.3 Legale Herrschaft

Die legale Herrschaft ist charakteristisch für die moderne Gesellschaft zu Webers Zeit. Sie wurde von Weber teilweise als rationale Herrschaft beschrieben, jedoch zog er die Verwendung des Begriffs der legalen Herrschaft vor, da der Begriff der „Rationalität“ vermutlich zu vieldeutig sei. Die reinste, wenn auch nicht einzige Form der legalen Herrschaft ist die bürokratische Herrschaft. Das jeweils geltende Recht ist rational und es beinhaltet keine inhaltliche Heiligkeit, wie es noch bei der charismatischen Herrschaft der Fall war. Die Beherrschten müssen eine Bereitschaft zeigen, sich den zweckrational gesatzten Regeln zu fügen. Die legale Herrschaft ist wie die beiden anderen Herrschaftsformen eine Herrschaftsbeziehung, welche die Herrschenden mit den Beherrschten verbindet, jedoch reichen alleine zweckrationale Motive nicht aus, um Fügsamkeit oder Gehorsam der Beherrschten zu erreichen. Fügsamkeit kann bspw. aus individueller Hilflosigkeit oder Schwäche sowie aus materiellem Eigeninteresse resultieren. Die Beziehung zwischen Herrscher und Gehorchenden wird jedoch erst stabil durch die Erhebung eines überzeugenden Legitimitätsanspruchs, welcher die Herrschaftsbeziehung zu einer legitimen und stabilen Herrschaft macht. Die legale Herrschaft beruht demnach auf dem Glauben der legalen Satzung. Es handelt sich um ein System gesatzter „rationaler Regeln, welche als allgemein verbindliche Normen Fügsamkeit finden, wenn der nach der Regel dazu, ´Berufene´ sie beansprucht“ (Breuer, 2011: 206).

Legale Herrschaft beruht ebenso auf der Überzeugung, dass „jedes Recht seinem Wesen nach ein Kosmos abstrakter, normalerweise: absichtsvoll gesatzter Regeln sei, die Rechtspflege die Anwendung dieser Regeln auf den Einzelfall, die Verwaltung die rationale Pflege von, durch Verbandsordnungen vorgesehenen, Interessen, innerhalb der Schranken von Rechtsregeln, und: nach allgemein angebbaren Prinzipien, welche Billigung oder mindestens keine Mißbilligung in den Verbandsordnungen finden" (Weber, 1972: 125). Maßgeblich ist, dass sich auch der Herr, wie seine Gefolgschaft an die gesatzten Regeln hält. Der Gehorchende wird als Genosse bezeichnet (vgl. Weber, 1972: 125).

Charakteristisch für die legale Herrschaft ist demnach, dass sich die Gehorchenden nicht an einer Person orientieren, sondern an den gesatzten Regeln des Gesetzes (vgl. Breuer, 2011: 202-206). In diesem Punkt unterscheidet sich die legale Herrschaft von den anderen Herrschaftsformen, innerhalb derer sich die Gehorchenden an der Autorität der Führungsperson orientieren. Im folgenden Abschnitt werden weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Herrschaftsformen beschrieben.

2.1.1.4 Ungleichheit nach Herrschaftsformen

Je nachdem, welche Herrschaftsform in einer Gesellschaft vorherrscht ergeben sich Unterschiede für die Beherrschten und Herrscher einer Gesellschaft.

Die charismatische Herrschaft nimmt in gewisser Weise eine Sonderstellung ein. Hierfür lassen sich verschiedene Beispiele in Webers Beschreibung der Legitimitätsgründe für Herrschaft finden. Die Rechtsprechung unterscheidet sich, wie gezeigt, zwischen den drei idealtypischen Herrschaftsformen entscheidend. In der charismatischen Herrschaft bestehen im Vergleich zu den anderen Herrschaftsformen keine strikten Gesetzte, sondern Entscheidungen von Fall zu Fall, wobei Gottesurteile maßgeblich sind. Hieraus ergibt sich eine entscheidende Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung, da das gleiche Vergehen, von verschiedenen Personen ausgeführt unterschiedlich bestraft werden kann. In der legalen und traditionalen Herrschaft dahingegen werden die Personen nach legal gesatzten Regeln, also dem Gesetz beurteilt, erhalten also für das gleiche Vergehen die gleiche Strafe.

Aus der Herrschaftsform ergeben sich auch Unterschiede im Bezug auf die Möglichkeit Macht zu erlangen. In der charismatischen Herrschaft unter Napoleon bspw. konnten einfache Plebejer Könige werden, wenn sie mit Charisma gesegnet waren. Dies ist in keiner der beiden anderen Herrschaftsformen vorstellbar. In der traditionalen und legalen Herrschaft bestimmen Qualifikation und Macht über das Erlangen einer Herrscherposition.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Ungleichheitsdimensionen im Werk Max Webers
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Soziologie)
Veranstaltung
Max Weber- Rekonstruktion eines Klassikers
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
27
Katalognummer
V292947
ISBN (eBook)
9783656901518
ISBN (Buch)
9783656901525
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ungleichheitsdimensionen, werk, webers
Arbeit zitieren
Luise Richter (Autor:in), 2014, Ungleichheitsdimensionen im Werk Max Webers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292947

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ungleichheitsdimensionen im Werk Max Webers



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden