„Der Teil der Philosophie, mit dem wir es hier zu tun haben, ist nicht wie die anderen rein theoretisch - wir philosophieren nämlich nicht, um zu erfahren, was ethische Werthaftigkeit ist, sondern um wertvolle Menschen zu werden.“ Dieses Zitat finden wir in der Nikomachischen Ethik des Aristoteles im Buch II, zu Beginn des 2. Kapitels. Im vorhergehenden Satz schreibt Aristoteles: „Ob wir gleich von Jugend auf in dieser oder jener Richtung uns formen - darauf kommt nicht wenig an, sondern viel, ja alles.“ Beide Zitate beziehen sich auf die ethische Tugend, letzteres auf deren Formung durch Gewöhnung von Jugend an, woraus eine gefestigte Haltung erwächst, die durch unsere Handlungen unterschiedlich gestaltet werden kann. Dieses interessante erzieherische Element springt mir, als angehenden Ethiklehrer natürlich sogleich ins Auge. Noch interessanter finde ich die Stelle im ersten Zitat, in welcher es um die Entwicklung zu einem wertvollen Menschen geht. Denn sollte es nicht das Ziel eines jeden Lehrers sein, aus seinen Schülern wertvolle Menschen zu machen, oder es zumindest zu versuchen? Auch wenn die Schule viele weitere Ziele verfolgt, halte ich dieses Ideal für das wichtigste, was es als Gesamtziel anzustreben gilt. Man erkennt also, daß die Gedanken eines Denkers des 4. vorchristlichen Jahrhunderts auch nach ca. 21/2 Tausend Jahren noch sehr aktuell sind und zum nachdenken anregen. Ich finde diese zeitlose Aktualität immer wieder faszinierend. Doch zurück zu Aristoteles. In beiden Zitaten wurde auf die ethische Tugend Bezug genommen. Gibt es nach Aristoteles noch andere Formen der Tugend? Um dies zu erfahren möchte ich im folgenden kurz näher auf den aristotelischen Tugendbegriff eingehen. Als Grundlage für meine weiteren Ausführungen verwende ich Aristoteles’ Werk „Nikomachische Ethik“ in der dt. Übertragung von Franz Dirlmeier.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung
2. Die Tugendlehre
3. Die Tugend als eine Mitte
4. Beispiele sittlicher Tugenden
5. Die Mitte im Sinne des Richtigen
6. Das tugendhafte Verhalten
7. Die Grenze der Mesoteslehre
8. Schlußbemerkung
Endnoten
Literatur
1. Vorbemerkung
„Der Teil der Philosophie, mit dem wir es hier zu tun haben, ist nicht wie die anderen rein theoretisch - wir philosophieren nämlich nicht, um zu erfahren, was ethische Werthaftigkeit ist, sondern um wertvolle Menschen zu werden.“
Dieses Zitat finden wir in der Nikomachischen Ethik des Aristoteles im Buch II, zu Beginn des 2. Kapitels.
Im vorhergehenden Satz schreibt Aristoteles: „Ob wir gleich von Jugend auf in dieser oder jener Richtung uns formen - darauf kommt nicht wenig an, sondern viel, ja alles.“
Beide Zitate beziehen sich auf die ethische Tugend, letzteres auf deren Formung durch Gewöhnung von Jugend an, woraus eine gefestigte Haltung erwächst, die durch unsere Handlungen unterschiedlich gestaltet werden kann.
Dieses interessante erzieherische Element springt mir, als angehenden Ethiklehrer natürlich sogleich ins Auge. Noch interessanter finde ich die Stelle im ersten Zitat, in welcher es um die Entwicklung zu einem wertvollen Menschen geht. Denn sollte es nicht das Ziel eines jeden Lehrers sein, aus seinen Schülern wertvolle Menschen zu machen, oder es zumindest zu versuchen? Auch wenn die Schule viele weitere Ziele verfolgt, halte ich dieses Ideal für das wichtigste, was es als Gesamtziel anzustreben gilt.
Man erkennt also, daß die Gedanken eines Denkers des 4. vorchristlichen Jahrhunderts auch nach ca. 21/2 Tausend Jahren noch sehr aktuell sind und zum nachdenken anregen. Ich finde diese zeitlose Aktualität immer wieder faszinierend.
Doch zurück zu Aristoteles. In beiden Zitaten wurde auf die ethische Tugend Bezug genommen. Gibt es nach Aristoteles noch andere Formen der Tugend? Um dies zu erfahren möchte ich im folgenden kurz näher auf den aristotelischen Tugendbegriff eingehen. Als Grundlage für meine weiteren Ausführungen verwende ich Aristoteles’ Werk „Nikomachische Ethik“ in der dt. Übertragung von Franz Dirlmeier.
2. Die Tugendlehre
In der heutigen Zeit zeichnet sich ein guter Mensch dadurch aus, daß er bestimmte moralische Standards erfüllt. Für Aristoteles steckt noch mehr hinter diesem Begriff. Er beschreibt im Buch I, Kap. 13 die Teilung der Seele in ein rationales und ein irrationales Element. Dies ist die Voraussetzung für Aristoteles Lehre von ethischer und dianoetischer Tugend.
Letztere sind Bestandteil des rationalen Teils der Seele. Es handelt sich dabei um die Tugenden des Verstandes, wie etwa Weisheit, Intelligenz, Einsicht und Wissen. Die Philosophie oder Wissenschaften, wie z.B. die Mathematik gehören zu diesem Bereich. Bei diesen Tugenden spielt die Lehre eine große Rolle.
Der andere Teil der Seele, von Franz Dirlmeier [1] als irrational übersetzt, wobei ich die Bezeichnung arational für zutreffender halte, beinhaltet die dianoetischen Tugenden. Aber auch das rein Vegetative, wie z.B. Wachstum oder Atmung, also nicht durch die Vernunft steuerbares, fällt hier mit hinein.
Es stellt sich die Frage, weshalb Aristoteles das Vegetative als Bestandteil
der Seele zählt. Vermutlich hängt dies aber mit einem - im Gegensatz zur Moderne - erweiterten antiken Seelenbegriff zusammen. Für die antiken Denker und Philosophen ist Seele da, wo Leben ist.
Die dianoetischen Tugenden bezeichnen Vorzüge des Charakters, wie etwa Großzügigkeit oder Besonnenheit. Sie werde im Gegensatz zur Lehre bei den ethischen Tugenden durch Gewöhnung herausgebildet.
Den Begriff irrational lehne ich deswegen ab, weil ich glaube, daß z.B. die Leidenschaften, wie Liebe, Zorn oder Haß nicht irrational sind. Sie widerstreben zwar der Vernunft, sind aber dennoch steuerbar und können trotzdem der Vernunft gehorchen. Ich glaube beispielsweise, daß man seinen Zorn durchaus beeinflussen kann. Wenn ich also wütend bin, könnte die Vernunft zu mir sagen : “Es bringt nichts, wütend zu sein und diese Wut heraus zu lassen. Denke an die Konsequenzen!“ Dabei könnte man natürlich an die unmittelbaren Folgen für die eigene Person denken, überspitzt formuliert z.B. an die nachfolgende Bestrafung für eine im Zorn begangene Straftat, wie etwa die Sprengung des hiesigen Finanz- bzw. BaföG-Amtes. Aber selbstverständlich können auch höherstufige vernünftige Überlegungen mit hineinspielen, z.B. „Wie sähe die Welt aus, wenn jeder so affektiv handeln würde?“
Aristoteles unterscheidet also zwischen einer Verstandestugend und einer Charaktertugend. Helmut Seidel [2] schreibt: „Der Keim jeder Sittlichkeit liegt in der Natur des Menschen, in seiner „natürlichen Tugend.““
Weiter meint er, daß dieser Keim ausgebildet werden muß, was aber in erster Linie nicht durch erlerntes Wissen, sondern durch Übung = Gewöhnung passiert. So kann ein Mensch noch so viel über Musik und Musikinstrumente wissen, ohne Übung wird er jedoch nie ein guter Musiker. Auf mich selbst bezogen hieße das, daß ich nach Beendigung meines Studiums noch längst kein guter Lehrer bin, nur weil ich mir ein entsprechendes Wissen angeeignet habe. Zum Wissen gehört die Übung, erst beides zusammen kann den Weg zu dem Ziel, ein guter Lehrer zu werden, eröffnen.
Diese Meinung halte ich für durchaus richtig und kann hier also zustimmen.
Zusammenfassend kann schließlich gesagt werden, daß die Vernunft und die Gewöhnung des Willens zwei wesentliche Faktoren für die Entwicklung eines guten Menschen sind, neben der Natur als drittem Faktor.
Hirschberger [3] beschreibt die aristotelische Tugend als „das naturgerechte Handeln des Menschen in seiner Vollkommenheit“ und meint das Gleiche wenn er sagt [4], daß nach Aristoteles für die Entstehung der Tugend einer guten Naturanlage, dem Wissen um die Werte mit dem bewußten Streben nach dem Guten und besonders der Übung und Gewöhnung große Bedeutung zukommen.
Da aber die meisten Menschen nicht ständig in ethisch/philosophischen Dimensionen denken, ist für Aristoteles der erfolgreichste Weg zur Tugend das Gesetz.
Doch ich möchte das Terrain des Philosophischen nicht verlassen.
Im 2. Buch der Nikomachischen Ethik [5] setzt Aristoteles drei seelische Phänomene voraus:
1.) „Irrationale Regungen“ = Leidenschaften/ pathe
Hierzu zählen Zorn, Liebe, Wut, Mißgunst, also Affekte. Alles, was mit Lust und Unlust verbunden ist.
2.) „Anlagen“ = Fähigkeiten/ dynameis
Gemeint sind die Fähigkeiten, unsere Regungen zu fühlen, also wodurch wir z.B. fähig sind, in Zorn zu geraten oder Mitleid zu fühlen. Kurz, die Fähigkeiten sind das, wodurch wir zu den Leidenschaften fähig sind.
3.) „feste Grundhaltungen“ = Eigenschaften/Einstellung/ hexeis
Mit den Eigenschaften verhalten wir uns richtig oder falsch zu den Leidenschaften.
Wo ist nun aber die Tugend einzuordnen?
3. Die Tugend als eine Mitte
zu 1.) Für die Leidenschaften werden Menschen nicht gelobt oder getadelt, man kann z.B. niemanden für die Liebe tadeln.
Aber für unser Verhalten zu den Leidenschaften kann getadelt oder gelobt werden. Leidenschaften entstehen ohne Entscheidung/ prohairesis. Die Tugenden sind aber mit Entscheidungen verbunden.
Also gehört die Tugend nicht zu den Leidenschaften.
zu 2.) Menschen sind nicht gut oder schlecht, weil sie zu Leidenschaften fähig sind. Es sind naturgegebene Sinneseindrücke, Tugenden jedoch nicht.
Somit sind die Tugenden auch keine Fähigkeiten.
zu 3.) Die Tugenden sind Eigenschaften
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