Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Anhangsverzeichnis
1 Gegenstand und Ziel der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen der Risikoidentifikation
2.1 Definition des Begriffs Risiko
2.2 Risikoidentifikation als erste Phase des Risikomanagementprozesses
2.2.1 Risikomanagement-Prozess
2.2.2 Risikoidentifikation als wichtiger Ausgangspunkt des Risikomanagementprozesses
2.3 Verbindungen zwischen strategischer Planung, Szenario-Technik und Risikoidentifikation
3 Produktlebenszyklus als Instrument des strategischen Controllings
4 Unternehmensrisiken und deren Projektion auf den Produktlebenszyklus
4.1 Risiken in der Entstehungsphase
4.2 Risiken in der Einführungsphase
4.3 Risiken in der Wachstumsphase
4.4 Risiken in der Reifephase
4.5 Risiken in der Degenerationsphase
4.6 Risiken in der Nachlaufphase
4.7 Zusätzliche, nicht phasenspezifische Risikoaspekte
5 Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Übersicht zum Risikomanagementprozess
Anhang 2: Bild eines Szenariotrichters
Anhang 3: Übersicht zum erweiterten Produktlebenszyklus
Anhang 4: Übersicht zur „Zehnerregel der Fehlerkosten“
1 Gegenstand und Ziel der Arbeit
Die wichtigste Herausforderung betriebswirtschaftlicher Entscheidungen liegt darin begrün- det, dass die Zukunft nicht vorhersehbar ist. Manager sind seit jeher gezwungen Entscheidun- gen unter Unsicherheit zu treffen, bei denen die Folgen ihres Handelns nur schwer absehbar sind. Im Mittelpunkt steht hierbei der Fokus auf gewisse Zustände in der Zukunft, die bewusst gestaltet werden. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht einfach, weil viele verschiedene Risiken auf das Unternehmen einwirken, deren Einfluss und Ausmaß aufgrund vieler gesellschaftli- cher, politischer und wirtschaftlicher Veränderungen in den letzten Jahren stark zugenommen hat.
Vor allem hat das Risikomanagement in der wissenschaftlichen Theorie und Praxis einen Be- deutungszuwachs erfahren. Für das Management ist es in der heutigen Zeit entscheidend, we- sentliche Risiken, die das gesamte Unternehmen beeinträchtigen können, zu identifizieren. Werden Risiken nicht rechtzeitig erkannt, schaden sie dem Fortbestehen des Unternehmens und den aktuellen sowie potenziellen Investoren, die ihr Kapital maximal verzinsen und mög- lichst nicht verlieren wollen. In diesem Zusammenhang erscheint eine produktlebenszyklus- bezogene Erfassung von Unternehmensrisiken zweckmäßig zu sein. Das heutige Wirtschafts- geschehen wird durch ein zunehmend volatiles Umfeld bestimmt. Die Öffnung der internatio- nalen Märkte hat dazu beigetragen, dass ständig Innovationen auf den Markt gelangen und dass sich Unternehmen einem zunehmend verschärfenden Wettbewerbsdruck und erhöhter Komplexität ausgesetzt sehen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, wesentliche Unternehmensrisiken und deren Inhalte an- hand einer produktlebenszyklusbezogenen Sichtweise ausfindig zu machen, welche die Wett- bewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinflussen können. Dabei soll jede Produktlebenszyk- lusphase einzeln auf Unternehmensrisiken untersucht werden. Die folgende Analyse adres- siert vorrangig Industrie -und Handelsbetriebe, da diese auf Produktmärkten agieren. Des Weiteren erfolgt eine Einordnung der behandelten Problemstellung in das Controlling. Um den Leser eine Einführung in die Thematik zu geben, werden zu Beginn die Begriffe Risiko sowie Risikoidentifikation definiert. Die Risikoerfassung wird hierbei in den Risikomanage- mentprozess eingeordnet (Kapitel zwei). Daran anschließend erfolgt eine kompakte Beschrei- bung des Produktlebenszyklus, seinen Phasen und den dort notwendigen spezifischen Metho- den (Kapitel drei). Der Hauptteil dieser Arbeit befasst sich mit der Erfassung und Beschrei- bung von Unternehmensrisiken entlang der Produktlebenszyklusphasen (Kapitel vier). Die Ausführungen schließen mit einer Zusammenfassung (Kapitel fünf).
2 Theoretische Grundlagen der Risikoidentifikation
2.1 Definition des Begriffs Risiko
In der betriebswirtschaftlichen Literatur existiert eine Vielzahl von Erklärungen zum Begriff Risiko, die größtenteils auseinandergehen. Kromschröder und Lück beschreiben Risiken als Zielverfehlungen aus dem ökonomischen Handeln in Bezug auf den zukünftigen Erfolg des Unternehmens.1 Hierbei sind sowohl Chancen als auch Risiken gemeint, die sich als positive bzw. negative Abweichungen in Bezug auf ein gewünschtes Unternehmensziel ergeben. Da- mit ist der sogenannte weite Risikobegriff gemeint. Dieser wird mit der Varianz um den Er- wartungswert gemessen. Der enge Risikobegriff hingegen ist ausschließlich das nachteilige Ergebnis der Divergenz vom Bezugspunkt. Günstige Abweichungen zu einem Referenzpunkt werden als Chancen bezeichnet.2 Hellbrück und Fischer halten fest, Risiko ist ein wahrschein- licher Nachteil oder Schaden, der mit einem Vorgang einhergeht.3 Jungermann hingegen kon- statiert, das Ausmaß eines Risikos ist die Multiplikation der Wahrscheinlichkeit mit der Höhe des Verlusts.4
2.2 Risikoidentifikation als erste Phase des Risikomanagementprozesses
2.2.1 Risikomanagement-Prozess
Der Risikomanagementprozess ist ein Regelkreis, der sich aus den Elementen Risikostrategie, Risikoidentifikation, Risikobeurteilung und -bewertung, Risikosteuerung sowie dem Risikocontrolling in Form der Risikoüberwachung und -kontrolle zusammensetzt.5 Er zielt auf eine aktive Gestaltung von unternehmerischen Risiken ab.6
Der Ausgangspunkt ist eine aus der Unternehmensstrategie abgeleitete Risikostrategie, die die allgemeine Vorgehensweise zur Behandlung von unternehmerischen Risiken beschreibt. Sie gibt vor, welches Maß an Risiko im Unternehmen generell eingegangen werden soll und ab welchem Verlustbetrag Gegensteuerungsmaßnahmen für einzelne Bereiche oder das Unternehmen als Ganzes vorgenommen werden sollen.7
In der Risikoidentifikation werden alle wesentlichen Unternehmensrisiken erfasst. Die Phase hat eine besondere Bedeutung im Risikomanagement-Prozess, da nur solche Unternehmensrisiken gesteuert und bewältigt werden können, die vorher erfasst worden sind. Eine detaillierte Beschreibung dieser Phase erfolgt in Abschnitt 2.2.2. Die identifizierten Unternehmensrisi- ken, die als Einzelrisiken aus operativer Sicht erfasst wurden, werden in der zweiten Phase der Risikobeurteilung und -bewertung unter strategischen Gesichtspunkten bewertet. Hierbei werden die erkannten Risiken aggregiert und die bedeutenden Verlustpotenziale herausgefil- tert, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensziele haben. Vor der Bewertung wird untersucht, mit welcher Wahrscheinlichkeit und welchem Schadensausmaß zu rechnen ist und ob monetäre bzw. nicht monetäre Konsequenzen resultieren. Dies ist Inhalt der Risi- koanalyse.8 In der Phase der Risikosteuerung ist es wichtig, für die bewerteten und klassifi- zierten Risiken entsprechende Maßnahmen vorzusehen. Als adäquate Maßnahmen eignen sich die Risikovermeidung, die Risikoreduktion, die Überwälzung von Risiken auf andere Ver- tragspartner oder die Akzeptanz der Risiken.9 Das Risikocontrolling erfolgt fortlaufend und ist mit der Überwachung und Kontrolle der Risiken betraut. Soll-Ist-Vergleiche, Abwei- chungsanalysen sowie Vollständigkeitskontrollen sind wesentliche Methoden dieses Prozes- ses. Der soeben beschriebene Regelkreis des Risikomanagements ist ein kontinuierlicher Pro- zess, der dazu dient, die Abläufe in der Form beizubehalten bzw. zu optimieren.
2.2.2 Risikoidentifikation als wichtiger Ausgangspunkt des Risikomanagementprozesses
Die Risikoidentifikation umfasst die rechtzeitige, vollständige sowie wirtschaftliche Erfas- sung aller Gefahrenquellen und Einzelrisiken, die das Erreichen der Unternehmensziele beein- trächtigen können.10 Im Rahmen des Risikomanagementprozesses kommt der Risikoidentifi- kation große Bedeutung zu. Werden wesentliche Risiken nicht erkannt, können die anderen Phasen des Risikomanagementprozesses nicht eingreifen und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens kann gefährdet werden. Romeike empfiehlt in diesem Zusammenhang eine Untergliederung in verschiedene Risikobereiche, wie beispielsweise Einkauf, Fertigung, Inf- rastrukturbereiche, Marketing u.a.11
In Form einer Risikoinventur werden alle Verlustmöglichkeiten und Schadensgefahren in Form von Unternehmensrisiken fortlaufend erfasst. Unternehmensrisiken werden vor und nach ihrem Eintritt strukturiert festgehalten. Die Basis für eine gelungene Risikoidentifikation ist die Planung von Beobachtungsbereichen auf interner und externer Ebene. In der Unternehmenspraxis ist es problematisch alle vorhandenen Risiken zu erkennen. Folglich verbleibt immer ein Restrisiko, dem sich das Unternehmen ausgesetzt sieht.12
Folgende Erfordernisse an eine effiziente Risikoidentifikation sollten nach Kromschröder und Lück beachtet werden. Sie sollte möglichst fortlaufend und vollständig sein. Neue und erstmals entdeckte Risiken sind schnell zu erfassen. Zudem ist die Entfernung zu den Informationspotentialen möglichst gering zu halten, d.h. die Wege zwischen der Datenbasis und den risikorelevanten Abteilungen im Unternehmen sollen möglichst klein ausfallen.13 Wolf und Runzheimer ergänzen diese Erfordernisse dadurch, dass der Nutzen einer Risikoidentifikation größer als die Kosten sein sollte (Wirtschaftlichkeit).14
Unternehmensrisiken können entweder systematisch oder unsystematisch erfasst werden.15 Eine unsystematische Erfassung von Risiken erfolgt dann, wenn das Risikofeld nicht abgrenzbar ist. Die systematische Identifikation von Unternehmensrisiken geht davon aus, dass Kenntnisse zu bestimmten Risikokategorien vorliegen und dass daher mithilfe von Kennzahlen- und Indikatorsystemen eine Vorab-Ermittlung von Risiken in Form einer Frühwarnung möglich ist. Risiken können durch die Nutzung einer Vielzahl von Methoden identifiziert werden. Häufig verwendete Instrumente sind:16
- Kreativitätsmethoden, wie beispielsweise Brainstorming, Brainwriting, Delphi Methode, Synektik
- analytische Methoden, z.B. Risikokataloge, Fehlerbaumanalysen bzw. Ausfall- effektanalysen, Simulationsmodelle, Dokumentenanalysen
- Kollektionsmethoden, wie Checklisten, SWOT-Analysen, Risikomatrizen, In- terviews.
Kreativitätstechniken eignen sich zur Identifikation von unsystematischen Risiken, bei denen das Risikofeld noch nicht eindeutig abgegrenzt ist und bei der Erfassung von unbekannten Verlustpotenzialen. Beispielsweise werden beim Brainstorming in Form von Gruppenarbeit kreative Ideen generiert. Hierbei spielt die vorhandene Erfahrung und Intuition eine große Rolle. Das Brainstorming wird zudem als Vorarbeit zur eigentlichen Risikoidentifikation be- trachtet, bei der ungehemmt Ideen zur späteren Systematisierung von Einzelrisiken erzeugt werden.17 Analytische Methoden werden überwiegend bei der Erfassung von zukünftigen und unentdeckten Verlustpotenzialen im Rahmen eines proaktiven Risikomanagements genutzt. Zum Beispiel zerlegen Fehlerbaum -und Ausfalleffektanalysen einen zu betrachtenden Be- reich bzw. Geschäftsfelder in seine Bestandteile und überprüfen diese auf mögliche Störpo- tenziale. Während bei Ausfalleffektanalysen das gesamte Unternehmen in seine Komponen- ten zerlegt wird und anhand eines Soll-Zustandes untersucht wird, überprüfen Fehlerbaum- analysen aufgetretene Defekte bzw. Störungen in einem System und suchen nach möglichen Ursachen. Kollektionsmethoden bieten sich vor allem bei der Identifikation von aufgedeckten und offensichtlichen Risiken an. Ein mögliches Verfahren hierbei sind Checklisten. Bei die- sen wird ein vorgefertigtes Prüfschema genutzt. Sie sind systematisch aufgebaut und enthalten offene sowie geschlossene Fragen innerhalb verschiedener Detaillierungsgrade.18 Für Check- listen sprechen die einfache Nutzung, die weite Verbreitung sowie die individuelle Gestalt- barkeit. Die ermittelten Unternehmensrisiken werden anschließend in einem Risikoinventar zusammengefasst und genauer beschrieben. Hinsichtlich der notwendigen Prozesse während der Risikoidentifikation wird auf die vorhandene Literatur verwiesen, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.19
2.3 Verbindungen zwischen strategischer Planung, Szenario-Technik und Risikoidentifikation
Die strategische Unternehmensplanung20 ist langfristig ausgerichtet. Von großer Bedeutung sind hierbei qualitative Zielgrößen, wie beispielsweise Erfolgs- und Fähigkeitenpotentiale, Wettbewerbstrategien oder die Entwicklung von Produkten. In rationaler Hinsicht untersucht die strategische Planung die aktuelle und zukünftige Situation des Unternehmens, in dem sie mögliche Chancen und Gefahren und somit auch Unternehmensrisiken einkalkuliert. Wäh- rend des strategischen Planungsprozesses werden bestimmte Annahmebündel für die Zukunft festgelegt. Meyer-Schönherr beschreibt die Szenario-Technik als ein effektives Instrument der strategischen Planung. In Vergleich zu anderen Planungsinstrumenten ist sie nicht nur vergangenheits-, sondern auch zukunftsorientiert und berücksichtigt neben quantitativen auch qualitative Faktoren. Folglich ist sie in einer volatilen Welt mit hoher Unsicherheit, überraschenden Ereignissen und hoher Komplexität besonders geeignet.21
In der Szenario-Technik werden die beiden Extremsituationen Best-case, Worst-case sowie das mittlere Base-Case-Szenario in Form eines Szenariotrichters erstellt.22 Für die Bestim- mung des Planwertes wird empfohlen, aus allen vorhandenen Einzelwahrscheinlichkeiten entlang der jeweiligen Szenariopfade einen Erwartungswert zu bilden. Der ermittelte Wert stellt den Planwert für den gewählten Planungshorizont dar.23 Zudem werden mögliche Stör- ereignisse bei der Zukunftsprognose angenommen. Diesen Störparametern kommt eine große Bedeutung zu, da diese wesentliche Unternehmensrisiken widerspiegeln. Sie können zu einem bestimmten Zeitpunkt einzeln oder als eine Vielzahl von Unternehmensrisiken aggregiert auf- treten. Deshalb sind sie bewusst und möglichst genau bei einer Szenario-Technik zu berück- sichtigen.
In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sämtliche Unternehmensrisiken, die in Form von Störereignissen in der Szenario-Analyse auftreten, bei der strategischen Unternehmensplanung eine wichtige Rolle spielen. Sie können die längerfristige Leistungsfähigkeit des Unternehmens vor allem negativ beeinflussen. In dem Sinne leistet die Szenario-Technik, bei der aggregierte Gesamtrisiken betrachtet werden, Vorarbeit für die Phase der Risikoidentifikation, in der vorrangig Einzelrisiken detailliert untersucht werden.24
[...]
1 Vgl. Kromschröder/Lück (1998), S. 1573.
2 Vgl. Kromschröder/Lück (1998), S. 1573.
3 Vgl. Hellbrück/Fischer (1999), S. 496.
4 Vgl. Jungermann (1991), S. 335.
5 Vgl. Anhang 1.
6 Vgl. Diederichs (2012), S. 15.
7 Vgl. Lück (1998), S. 1926.
8 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 45f.
9 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 49f; vgl. Rosenkranz/Missler-Behr (2005), S. 45f.
10 Vgl. Diederichs (2012), S. 50; vgl. Romeike (2005), S. 18.
11 Vgl. Romeike (2005), S. 18f.
12 Vgl. Kromschröder/Lück (1998), S. 1573-1576.
13 Vgl. Kromschröder/Lück (1998), S. 1573-1576.
14 Vgl. Wolf/Runzheimer (2009), S. 41.
15 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 68.
16 Vgl. Romeike (2005), S. 27; vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 67-90.
17 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 69-71.
18 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 88f.
19 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 33-38.
20 Vgl. Weber/Schäffer (2011), S. 373-378; vgl. Bea/Haas (2013), S. 54-68.
21 Vgl. Meyer-Schönherr (1992), S. 2.
22 Vgl. Anhang 2.
23 Vgl. Ihlau/Duscha (2013), S. 2350.
24 Vgl. Burger/Buchhart (2002), S. 94f.