Design for Six Sigma und seine Methoden im Produktentstehungsprozess

Ein Kombinationsmodell von Lean Management und Design for Six Sigma in KMUs


Bachelorarbeit, 2014

91 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Einleitung
1.2. Ziel der Arbeit
1.3. Aufbau der Arbeit

2. Six Sigma als Ausgangspunkt
2.1. Qualitätsbegriff
2.2. Statistische Grundlage
2.3. Six Sigma-Methode

3. Design for Six Sigma als Weiterentwicklung
3.1. Produktentstehung
3.1.1. Produkte und Technische Systeme
3.1.2. Produktentwicklungskonzepte
3.1.3. Produktentstehungsprozess
3.2. Design for Six Sigma
3.2.1. Innovationsmanagement
3.2.2. Von Six Sigma zu Design for Six Sigma
3.2.3. Design for Six Sigma-Methode
3.3. DMADV-Zyklus für DFFS
3.3.1. D - Define
3.3.2. M - Measure
3.3.3. A - Analyze
3.3.4. D - Design
3.3.5. V-Verify
3.4. Verwendete Methoden
3.4.1. VOC - Voice of the Customer
3.4.2. QFD - Quality Function Deployment
3.4.3. FMEA- Failure Mode and Effects Analysis
3.4.4. TRIZ - Theory of Inventive Problem Solving

4. Kombination von Design for Six Sigma und Lean-Management
4.1. Lean-Management
4.1.1. Lean-Philosophie
4.1.2. Policy Deployment als Managementkonzept
4.1.3. Methodenanalyse von Lean-Management
4.2. Kombination von DFSS und Lean-Management
4.2.1. Methodenanalyse von DFSS
4.2.2. Vergleich von Lean-Management und DFSS
4.2.3. Das Kombinationsmodell Lean-DFSS
4.3. Umsetzung der Implementierung in KMUs
4.3.1. Merkmale der Produktentwicklung in KMUs
4.3.2. Der Lean-DFSS-Zyklus für KMUs
4.3.3. Einführung von Lean-DFSS in KMUs

5. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungen:

Abb. 1 Die drei Ebenen der Qualitätsbetrachtung (Quelle: www.tu-berlin.de/qualitaet/qualitaetsmanagement/qms)

Abb. 2 Hypergeometrische Verteilung (Quelle: www.mathpoint.ch/18wahrscheinlichkeit)

Abb. 3 Standard-Normalverteilung (Quelle: www.ifp-duesseldorf.de/sixsigma.php)

Abb. 4 DMAIC-Zyklus (Quelle: www.symbolbv.com/en/six-sigma.html)

Abb. 5 Zwiebelschalenmodell (Quelle: www.cobocards.com)

Abb. 6 Systeme der Produkterstellung (Quelle: Ehrlenspiel, K., Integrierte Produktentwicklung, S. 26)

Abb. 7 Produktlebenszyklus (Quelle: www.tcw.de/management-consulting/innovationsmanagement)

Abb. 8 Produkterstellung im Produktlebenslauf (Quelle: www.daswirtschaftslexikon.com/d/konstruktion/konstruktion.htm)

Abb. 9 IPE - Integrierte Produktentwicklung (Quelle: www.quizlet.com/ipe)

Abb. 10 Dimensionen einer Innovation (Quelle: www.hausarbeiten.de)

Abb. 11 Six Sigma Synergie (Quelle: Töpfer, A., Six Sigma, S. 51)

Abb. 12 5-Sigma-Schallmauer (Quelle: Bergbauer, A., Six Sigma in der Praxis, S. 111)

Abb. 13 Fehlerentstehung (Quelle: www.micha-proch.de/FMEA.html)

Abb. 14 DFSS-System (Quelle: www.buchalik-broemmekamp.de)

Abb. 15 DMADV-Zyklus (Quelle: www.symbolbv.com/en/design-for-six-sigma.html)

Abb. 16 MGP - Multigenerationenplan (Quelle: www.sixsigmablackbelt.de/projektrahmen/multigenerationenplan)

Abb. 17 KANO-Modell (Quelle: www.bohrenkaemper.net/facharbeit_qm_ll/kano.htm)

Abb. 18 House ofQuality. (Quelle: www.was-ist-qm.de)

Abb. 19 QFD-Fluss (Quelle: www.origina1.de/wp/qfd-methode)

Abb. 20 FMEA-Ablauf (Quelle: www.robert-bauer.eu/lesenswert)

Abb. 21 PDCA-Zyklus (Quelle: www.tu-chemnitz.de/mb/Fakult/qualitaet_mb.php)

Abb. 22 TRIZ-Problemlösungsprozess (Quelle: www.expertprogrammanagement.com)

Abb. 23 Spannungsdreieck (Quelle: www.ibf-online.net)

Abb. 24 Policy Deployment (Quelle: www.bizmanualz.com)

Abb. 25 Bewertungskriterien nach Töpfer (Quelle: Töpfer, A., Lean Six Sigma, S. 26)

Abb. 26 Netzdiagramm Methodenvergleich (Quelle: Ergebnis eigener Analysen)

Abb. 27 Einstufung von KMUs (Quelle: www.ffegmbh.de)

Abb. 28 Lean-DFSS-Zyklus (Quelle: Ergebnis eigener Analysen)

Abb. 29 Verschwendungsarten (Quelle: Romberg, A., Schlank entwickeln, schnell am Markt, S. 54)

Abb. 30 Concurrent Engineering (Quelle: www.globaldenso.com/INVESTORS/f-info/annual/2004/denso.html)

Tabellen:

Tab. 1 Six Sigma-Niveaus (Quelle: Töpfer, A., Six Sigma, S. 12 / Benes, G., Grundlagen des Qualitätsmanagements, S. 184)

Tab. 2 DFSS-Vergleich (Quelle: Gamweger, J., Design for Six Sigma, S. 13)

Tab. 3 DFSS-Zyklen (Quelle: Rehbehn, R., Produkt- und Prozessdesign für Six Sigma mit DFSS, S. 143)

Tab. 4 Säulen des TRIZ (Quelle: Kamiske, G., Design for Six Sigma umsetzen, S. 32)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhangsverzeichnis

A1: Produktentstehungsprozess (PEP) nach Gausemeier (Quelle: Gausemeier, J., 2012, S.16)

A2: DFSS-Zyklen mit ihren Methoden und den PEP-Phasen (Quelle: Rehbehn, R., 2005, S. 63f.)

A3: QFD - House of Quality (Quelle: www.projektmagazin.de/glossarterm/house-quality)

A4: Vorgehensweise der FMEA (Quelle: www.fmea.net/copy_of_bilder/5SchrittederFMEA.png)

1. Einführung

1.1. Einleitung

Auf dem heutigen Markt nimmt die Qualität der Produkte neben dem Preis für immer mehr Kunden eine wichtige Rolle ein. So achten viele Endverbraucher beim Kauf eines neuen Produktes nicht nur auf einen günstigen Preis, sondern auch auf die Zuverlässigkeit des erworbenen Konsumgutes.

Dieses Qualitätsbewusstsein der Konsumenten stellt Unternehmen, die einigermaßen erfolgreich am Marktgeschehen teilnehmen wollen, vor die Aufgabe, ihre Produkte unter strengeren Qualitätsrichtlinien zu produzieren. Um diese Richtlinien in den Prozessen umsetzen und kontrollieren zu können, ist ein effektives Qualitätsmanagement für ein erfolgreiches Produktionssystem von großer Bedeutung. Im Rahmen eines solchen Qualitätsmanagements müssen Methoden verwendet werden, welche die Einhaltung von Qualitätszielen mit einer möglichst geringen Fehlerquote garantieren. Die Six Sigma­Methode ermöglicht durch einen genau detaillierten Prozessablauf eine Erreichung von Qualitätseigenschaften, diefürein Null-Fehler-Management unerlässlich sind.

Wie die Einführung eines Null-Fehler-Managements zum Erfolg eines Unternehmens beitragen kann, hat Jack Welch bei General Electric mit der Six Sigma-Methode ab der Einführung 1996 eindeutig bewiesen. Während seiner Amtszeit konnte General Electric seinen Umsatz erheblich steigern, was nicht zuletzt auf die hohe Qualität der Produkte zurück zu führen ist.

Die Six Sigma-Methode ist der Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer Qualitätsmanagementmethoden, welche zusammen ein System zur Fehlervermeidung ermöglichen. Für eine Fertigung von fehlerfreien Produkten muss schon in der Entwicklung auf eine Vermeidung von Qualitätsrisiken geachtet werden. Hierfür stellt die Entwicklungsmethode „Design for Six Sigma“ einen strukturierten Prozessablauf mit bewährten Qualitätswerkzeugen zur Verfügung, durch dessen Umsetzung mögliche Fehler schon vor Produktions-beginn vermieden werden können.

1.2. Ziel der Arbeit

In vielen Unternehmen ist die Six Sigma-Methode im Rahmen des Qualitätsmanagements ein fester Bestandteil des Prozessmanagements geworden. In Folge dessen sind auch die zu besetzenden Stellen an entsprechend ausgebildete Belts und Champions vergeben. Durch den regelmäßigen Gebrauch der Six Sigma-Methode ist die Arbeit mit Qualitätszielen für größere Unternehmen zur Routine geworden und es konnten regelmäßige Kosteneinsparungen erzielt werden.

Mit der Einführung von „Design for Six Sigma“ in den vorhandenen Entwicklungsprozess wurde die Six Sigma-Methode weiterentwickelt, um die Erfolge aus dem Prozessmanagement auch für die Optimierung der Produktentwicklung nutzen zu können. Bisher sind die Erfahrungen mit „Design for Six Sigma“ eher gering und die Einführung stellt die Verantwortlichen vor eine anspruchsvolle Aufgabe.

An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit mit einer Darstellung des Ist-Zustandes in der Entwicklung von „Design for Six Sigma“ an. Ausgehend von einem vorhandenen Produktentstehungsprozess werden die einzelnen Prozessschritte erarbeitet und die elementaren Eigenschaften dieser Methode zur Verbesserung der Entwicklungsqualität fixiert. Einen zentralen Bestandteil werden dabei die innerhalb von „Design for Six Sigma“ verwendeten Methoden einnehmen. Durch die Analyse dieser Methoden wird die Umsetzung im schon bestehenden Produktentstehungsprozess veranschaulicht werden. Für die Erarbeitung von vertiefenden Ergebnissen wird die Möglichkeit einer Kombination der Vorteile des Lean-Managements mit den Richtlinien von „Design for Six Sigma“ geprüft. Abgeleitet von der Umsetzung eines Lean Six Sigma-Konzeptes in der Produktion wird eine Möglichkeit zur Implementierung eines ähnlichen Konzeptes für „Design for Six Sigma“ in der Produktentwicklung erarbeitet. Abschließend wird dadurch die einfache Umsetzung von „Design for Six Sigma“ detailliert beschrieben.

1.3. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile, wobei der erste Theorieteil die Basis für den zweiten Teil in Form der Wissenschaftlichen Vertiefung darstellt. Im Theorieteil werden die fachlichen Hintergründe von „Design for Six Sigma“ mit Hilfe von Fachliteratur strukturiert erarbeitet. Die Wissenschaftliche Vertiefung befasst sich mit der Analyse der Kombination von „Design for Six Sigma“ und Lean-Management.

Der Theorieteil gliedert sich in Kapitel 2 und 3, welche aufeinander aufbauen. Der Einstieg in das Thema der Arbeit wird in Kapitel 2 mit der Erarbeitung der fachlichen Aspekte von Six Sigma ermöglicht, weil es sich bei „Design for Six Sigma“ um eine Weiterentwicklung der Six Sigma-Methode handelt. Das Kapitel 3 umfasst dann die stufenweise Erarbeitung der Eigenschaften von „Design for Six Sigma“. Ausgehend vom Produktentstehungs­prozess, werden die grundsätzlichen Eigenschaften aufgezeigt und die Ausführung mit geeigneten Methoden dargestellt. Diese Methoden werden im Rahmen des DMADV- Projektzyklus genauer beschrieben.

Die Wissenschaftliche Vertiefung beinhaltet in Kapitel 4 die Bearbeitung der Fragestellung, wie „Design for Six Sigma“ in einen Unternehmensablauf integriert werden kann. Um den Ablauf dieser Implementierung zu vereinfachen wird zusätzlich eine mögliche Kombination mit Lean-Management erarbeitet. Zu diesem Zweck gibt die Wissenschaftliche Vertiefung einen Einblick in die Aspekte einer schlanken Unternehmensstrategie. Die erarbeiteten Ergebnisse werden durch den Vergleich mit recherchierten Abläufen aus der Praxis in der Industrie bewertet und weiterentwickelt.

Insgesamt soll der Aufbau der Arbeit einen konzentrierten Einblick in die Funktionsweise von „Design for Six Sigma“ geben und die Umsetzung in einem Unternehmen mit den Ergebnissen aus der Wissenschaftlichen Vertiefung vereinfachen. Die Wissenschaftliche Vertiefung baut dabei auf der fachlichen Grundlage des Theorieteils auf und ist das Ergebnis von durchgeführten Experteninterviews und eigenen Überlegungen.

2. Six Sigma als Ausgangspunkt

2.1. Qualitätsbegriff

Für ein einheitliches Verständnis des Begriffs „Qualität“ in der vorliegenden Arbeit ist es unerlässlich eine genaue Definition der Bedeutung von Qualität zu formulieren. Unabhängig vom Zusammenhang in dem Qualität eine übergeordnete Rolle spielt, geht es meistens um die gleiche Beurteilung einer bestimmten Situation. Die Bedeutung von Qualität im Sprachgebrauch lässt sich auf das lateinische Wort „Qualitas“ zurückführen, das hauptsächlich für die Beschreibung von Beschaffenheit, Eigenschaft und Güte von Gegenständen verwendet wurde. Daraus lässt sich zusätzlich der Zustand von Stoffen, Objekten oderZuständen ableiten. Bei derVerwendung kann die Qualität entweder neutral oder mit einer Wertung des Betrachters wie gut oder schlecht verbunden werden, um einen Gegenstand oder einen Zustand lediglich zu beschreiben, oder in positiver oder negativer Weise zu bewerten. In der deutschen Industrie wurde 1995 Qualität in der Norm DIN EN ISO 8402 wie folgt definiert: „Qualität ist die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, die festgelegten oder vorausgesetzten Erfordernisse zu erfüllen“ (vgl. Günther, S. 2010, S. 93).

Bis heute wurden diese Normen, auf denen die meisten Qualitätsmanagementsysteme basieren, immer wieder überarbeitet und den Entwicklungen der Technologie und des Marktes angepasst. Die aktuelle Fassung für den Begriff Qualität ist in der DIN EN ISO 9000 festgehalten, welche im Dezember 2005 veröffentlicht wurde. Hier wird Qualität als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“ definiert. Ein Satz inhärenter Merkmale steht dabei für eine bestimmte Einheit, der eine Anzahl von Merkmalen innewohnen. Diese Einheit kann im Qualitätsmanagement als ein Produkt, ein Prozess oder ein System betrachtet werden. Aus diesen drei Arten von Einheiten kann ein Gesamtschaubild erstellt werden, in dem diese Einheiten auf drei Ebenen zusammenhängen (Abb. 1). Die erste Ebene zeigt das Produkt und seine gewünschte Qualität. Dieses Produkt entsteht auf der zweiten Ebene durch einen Prozess, der in einer definierten Qualität durchgeführt werden muss. Die dritte Ebene umfasst die Qualität des gesamten Systems in einer Organisation mit Prozessen und notwendigen Ressourcen (vgl. Herrmann, J. 2011, S. 28ff.).

Für die Bestimmung der Qualität an Hand der Anforderungen die an die Merkmale gestellt werden, können fünf unterschiedliche Ansätze herangezogen werden (vgl. Garvin, D. A. 1984, S. 25ff.):

Ergebnis eines Prozesses (Hardware.Software, Dienstleistung oder verfahrentechnisches Produkt)

Satz von in Wechselbeziehung oder Wechselwrrkunc stehenden Tätigkeiten, der Eingaben in Ergebnisse umwandelt

Gesamtheit der Prozesse und Infrastruktur der Organisation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Die drei Ebenen derQualitätsbetrachtung

1. Ein Unternehmen legt im prozessbezogenen Ansatz die Anforderungen an Produktions­oder Dienstleistungsprozesse fest. Dieser Ansatz beschreibt die Qualität der Wertschöpfungskette, welche durch den Grad der Erfüllung von Kundenanforderungen mit Hilfe von bestimmten Produktmerkmalen gemessen werden kann.
2. Der produktbezogene Ansatz beschreibt allein die Qualität eines Produktes durch die Messung von Eigenschaften im Produktionsprozess. In diesem Ansatz ist auch ein Vergleich zweier Produkte durchführbar, um beispielsweise die Wertigkeit zu messen. Die Kundenanforderungen werden hier allerdings nicht berücksichtigt.
3. Die Erstellungskosten werden im wertbezogenen Ansatz als Maßstab für die Qualität herangezogen. Ein gutes Qualitätsprodukt befriedigt die Kundenanforderungen und hat ein günstiges Preis/Leistungs-Verhältnis. Die Durchführung von Kosten/Nutzen­Analysen kann hier die gewünschten Ergebnisse liefern.
4. Die Nutzungsphase des Produktes wird für den kundenbezogenen Ansatz als Bewertungsgrundlage für die Qualität verwendet. Die Forderungen der Kunden bestimmen hier die Verwendbarkeit eines Produktes. Die Schwierigkeit liegt darin, verschiedene Bedürfnisse mit nur einem Produkt zu erfüllen, weil gerade diese Produkte als qualitativ hochwertig eingestuft werden.
5. Für den transzendenten Ansatz werden schließlich eine zeitlose Einheit von formvollendeten und absoluten Produkteigenschaften für eine subjektive Qualitätseinschätzung von Individuen herangezogen. Diese Auffassung lässt sich nur auf Basis von Erfahrungen und Empfindungen während der Handhabung eines Produktes bestimmen und kann nicht durch eine allgemeine Definition und Messung erfasst werden.

Bei der Bestimmung der Qualität ist es von Vorteil, möglichst viele dieser fünf Ansätze zu verwenden. Für die Six Sigma-Methode werden die ersten vier Ansätze verwendet, nur der transzendente Ansatz bleibt unberücksichtigt. Durch diese Betrachtungsweise auf mehreren Ebenen wird sichergestellt, dass die Anforderungen von allen wichtigen Parteien für die Bewertung des Qualitätsergebnisses berücksichtigt werden. Zusätzlich zu den fünf Ansätzen von Garvin werden drei Sichtweisen auf die Qualität unterschieden. Die Allgemeinheit gibt die Rahmenbedingungen wie gesetzliche Vorschriften, soziale Aspekte und Umweltschutz vor, welche die Unternehmen in der Systemgestaltung berücksichtigen müssen. Der Kunde und die Marktsituation bestimmen ebenfalls Anforderungen, wie Nachfrage, Preis, Zufriedenheit und Erfahrungen mit Produkten, die durch die Qualitätspolitik des Unternehmens berücksichtigt werden müssen. Diesen zwei Sichtweisen steht das Unternehmen mit seinem eigenen Interesse gegenüber, die Produktionsprozesse so zu leiten, dass der Qualitätsaufwand in einer wirtschaftlichen Relation zu dem erwarteten Ergebnis steht. Es wird also erst durch die Definition der verschiedenen Anforderungen möglich, die Qualität des erzeugten Ergebnisses durch den Vergleich mit eben diesen Anforderungen zu bestimmen (vgl. Benes, G. 2011, S. 40f.).

2.2. Statistische Grundlage

Im Rahmen der Six Sigma-Methode werden statistische Verfahren genutzt, um die Fehlerquote von laufenden Prozessen festzustellen. Die Qualität von Produktions­prozessen wird anhand der Anzahl fehlerhafter Teile während der Fertigung bestimmt. Im Mittelpunkt des Six Sigma-Gedankens steht das Einhalten eines Null-Fehler-Niveaus und die ständige Verbesserung der Prozesse um dieses Niveau zu erreichen. Für die Bestimmung der Fehlerquote werden Produktmerkmale, wie der Durchmesser einer Bohrung oder die Kratzer pro Blechteil kontrolliert. Zusätzlich werden Prozessmerkmale, wie z. B. eine Schnittgeschwindigkeit oder die Art des Schutzgases, festgelegt (vgl. Gamweger, J. 2009, S. 2).

Diese Merkmale lassen sich wiederum gruppieren, um die geeignete statistische Methode für die Auswertung zu finden.

Quantitative Merkmale:

- Kontinuierliche Merkmale sind stetige und messbare Eigenschaften, wie die Länge eines Bauteils oder die Füllmenge einer Flasche.
- Diskrete Merkmale sind veränderliche und zählbare Eigenschaften, die nur ganzzahlig sein können. Es werden die Anzahl von Fehlern oder fehlerhaften Einheiten gezählt.

Qualitative Merkmale:

- Mit Ordnungsbeziehungen können die Merkmalsträger durch eine Bewertung sortiert werden, wodurch eine Aufteilung in Klassen vorgenommen wird.
- Ohne Ordnungsbeziehungen können die Merkmalsträger nur zu Klassen ohne Bewertung zugeteilt werden, wie es bei einem Kreisdiagramm der Fall ist.
Die Six Sigma-Methode konzentriert sich bei der Auswertung hauptsächlich auf kontinuierliche und diskrete Merkmale, welche mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen ausgewertet werden können (vgl. Wappis, J. 2013, S. 30).

Je nach Art der zu untersuchenden Merkmale werden in der Statistik verschiedene Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Auswertung eingesetzt. Der Einsatz ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn viele Störgrößen aufden Prozess einwirken und eine hohe Anzahl von Messdaten vorliegen. An dieser Stelle sollen die hypergeometrische Verteilung für diskrete Merkmale und die Normalverteilung für kontinuierliche Merkmale kurz erläutert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die hypergeometrische Verteilung in Abbildung 2 zeigt den Zusammenhang zwischen der Menge fehlerhafter Einheiten in einer Stichprobe und der erwarteten Wahrscheinlichkeit. Ein zur Überprüfung gezogenes Teil wird dabei nicht wieder zurück gelegt. Die Parameter für die Berechnung sind die Grundgesamtheit, die Anzahl fehlerhafter Einheiten und die Größe der Stichprobe. Das Ergebnis ist die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Anzahl von fehlerhaften Bauteilen zu ziehen. Die hypergeometrische Verteilung eignet sich nur für ganzzahlige Merkmalswerte, wie sie bei diskreten Merkmalen Vorkommen (vgl. Brüggemann, H. 2012, S. 88).

Bei der Auswertung von kontinuierlichen Merkmalswerten, die eine beliebige Zahl annehmen können, wird die Normalverteilung am häufigsten verwendet. Diese wird auch häufig als Gauß'sche Glockenkurve nach dem deutschen Mathematiker bezeichnet und basiert auf zwei Parametern. Zum einen legt der arithmetische Mittelwert g die Lage der Glockenkurve mit der größten Dichte an Messwerten fest, zum anderen gibt die Standardabweichung б die Streubreite der Glockenkurve an. Die Fläche unter der Glockenkurve bestimmt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert eine bestimmte Zahl erreicht. Abbildung 3 zeigt die Standard-Normalverteilung, welche für praktische Berechnungen verwendet wird. Hier wird der Mittelwert g=0 gesetzt und die Standardabweichung beträgt б=1. Dazu werden die realen Werte in eine standardisierte Varia ble transformiert (vgl. Wappis, J. 2013, S. 38ff.).

Die Bezeichnung Six Sigma ist von einer Standard-Normalverteilung mit sechs Standardabweichungen auf jeder Seite des Mittelwertes abgeleitet. Das entspricht einem Prozess mit einer sehr geringen Streubreite zwischen den beiden festgelegten Spezifikationsgrenzen. Für die praktische Anwendung geht man jedoch über einen längeren Prozesszeitraum von einer Schwankung der Normalverteilung um die mittige

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Standard-Normalverteilung

deren Mittelwert nur noch 4,5 б von der Spezifikationsgrenze entfernt ist, wird nun die kaum sichtbare Fehlerquote berechnet. Die Fläche unter der verschobenen Normalverteilung, welche um 1,5 б über die Spezifikationsgrenze heraus ragt, entspricht etwa einer Fehlerquote von 3,4 Fehlern pro einer Million Möglichkeiten (vgl. Benes, G. 2011, S. 184).

Diese Fehlerquote wird für viele Merkmale oder Branchen kaum realistisch sein. Es steht aber weniger dieser Zielwert sondern mehr eine generelle Optimierung der Prozesse im Vordergrund.

2.3. Six Sigma-Methode

Im Fokus der Six Sigma-Methode steht die Verbesserung von Produktions- und Geschäftsprozessen, um qualitativ hochwertige Produkte auf den Markt bringen zu können. Auf der Grundlage von bisher verwendeten statistischen Werkzeugen, wird mit der Six Sigma-Methode im Rahmen von Verbesserungsprojekten ein Null-Fehler­Management in die schon vorhanden Prozesse eingearbeitet. Als Prozess wird eine Reihe von Tätigkeiten verstanden, die sich immer wiederholen und eingesetzte Ressourcen in Produkte oder Dienstleistungen verarbeiten (vgl. Wappis, J. 2013, S. 4f.). Die Anwendung der Normalverteilung ist ein gängiges Verfahren, um eine große Anzahl von gemessenen Merkmalswerten übersichtlich zu strukturieren. Sie wurde aber bisher unter anderen Zielvorgaben verwendet. Erst mit dem Einsatz für die Six Sigma-Methode werden die Zielvorgaben für die Fehlerquote auf ein höheres Niveau gelegt, sodass sie mit einer sehr geringen Anzahl von Fehlern einem Null-Fehler-Management gerecht werden. Bisher erreichte die deutsche Industrie ein durchschnittliches Niveau von 3,8 6, welches jedoch noch gesteigert werden kann (vgl. Töpfer, A. 2004, S. 13f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(DPMO=Fehler pro einer Million Möglichkeiten) Tab. 1 Six Sigma-Niveaus

In Tabelle 1 sind für die einzelnen Sigma-Niveaus die erreichbaren Ergebnisse aufgetragen. Das Six Sigma-Niveau ist bis auf einige Ausnahmen, wie Fluggesellschaften oder Stromversorger, deren Sigma-Niveau sogar noch höher liegt, in der Industrie noch unerreicht. Eine Verbesserung auf ein Niveau von 6 6 bietet aber die Möglichkeit, einen großen Anteil des Umsatzes durch geringere Qualitätskosten einsparen zu können (vgl. Benes, G. 2011, S. 184).

Die Anhebung des Qualitätsniveaus erreicht die Six Sigma-Methode durch die Orientierung an den vier zentralen Anforderungen im Wettbewerb. Bei der Umsetzung stehen folglich die Qualität, die Zeit und Kosten sowie die Innovation im Vordergrund. Die Differenzierung vom Wettbewerb wird durch folgende Philosophie, Konzeption und

Umsetzung von Six Sigma erreicht:

- Die Kundenanforderungen als „Critical to Quality“ Merkmale (CTQs) sind die Basis fürjedes Six Sigma-Projekt.
- Die Reduzierung von Durchlaufzeiten durch die grundlegende Optimierung von Prozessen im Unternehmen.
- Die Eliminierung und zukünftige Vermeidung von Fehlerkosten macht erhebliche Kosteneinsparungen möglich.

Durch diese grundlegenden Aspekte bietet die Six Sigma-Methode nicht nur für technologieorientierte Unternehmen, sondern gerade auch für Service- und Dienst­leistungsunternehmen in innovativen Sparten einige Vorteile (vgl. Töpfer, A. 2007, S. 9). Das Six Sigma-Programm ist eine strategische Initiative, dessen konzeptioneller Rahmen sich über das gesamte Unternehmen erstreckt. Diese integrierte Umsetzung der Verbesserungsprojekte macht schnelle und brauchbare Ergebnisse möglich, die erheblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Dieser konzeptionelle Rahmen besteht aus vier Elementen: Commitment der Unternehmensleitung, Einbeziehung der Stakeholder, Ausbildungsprogramm und Messsystem. Das Zentrum des Rahmenkonzeptes nehmen die Verbesserungsprojekte ein. Die Führungskräfte geben den Anstoß für Six Sigma-Projekte und unterstützen die beteiligten Mitarbeiter bei der Ausführung. Die Einbeziehung der Stakeholder, wie Kunden, Mitarbeiter, Eigentümer und Lieferanten, macht die ganzheitliche Umsetzung der Projekte erst möglich und fixiert die Vision von Six Sigma bei allen Beteiligten auch außerhalb des Unternehmens. Das Ausbildungsprogramm schafft bei allen Beteiligten die notwendige Wissensbasis in Bezug auf Kundenorientierung, Prozessleistungen, Verbesserungsmethodik und die notwendigen Managementtools. Mit Hilfe des Messsystems werden die benötigten Daten für die Projekte an den geeigneten Stellen in der Wertschöpfungskette gesammelt (vgl. Magnusson, K. 2004, S. 19ff.).

Wenn dieser konzeptionelle Rahmen aufgebaut ist, werden die durchzuführenden Verbesserungsprojekte definiert. Zu Beginn dieser Projekte steht die Auswahl von bestimmten Prozessen, welche durch die Six Sigma-Methode optimiert werden sollen. Nach der Definition dieser Prozesse wird das Verbesserungsprojekt nach der in Abbildung 4 gezeigten Systematik durchgeführt. In der Define-Phase wird das Problem fixiert und das Projektteam gebildet. An dieser Stelle werden auch die Kundenanforderungen berücksichtigt. Die darauffolgende Measure-Phase dient zu Messung aller für die Qualität relevanter Wirkungs- und Ergebnisgrößen. Im Anschluss werden in der Analyse-Phase die

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ursachen durch Statistiken analysiert und nach Einflussnahme strukturiert. Im Rahmen der Improve-Phase wird ein Aktionsplan für die Umsetzung der Optimierung erarbeitet. Den Abschluss bildet die Control-Phase, in der der optimierte Prozess überwacht und dauerhaft abgesichert wird. Der DMAIC-Zyklus basiert auf einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess und ist deshalb ein sich wiederholender Prozess. Durch diese Wiederholung kann das Qualitätsniveau immer weiter gesteigert werden (vgl. Toutenburg, H. 2008, S. 22f.).

3. Design for Six Sigma als Weiterentwicklung

3.1. Produktentstehung

3.1.1. Produkte und Technische Systeme

Ein umfassendes Qualitätsmanagement kann sich nicht nur auf die Kontrolle und die Verbesserung von Prozessen konzentrieren, sondern muss sich für die Befriedigung der Kundenanforderungen auch mit den Produkten des Unternehmens befassen. Somit nimmt auch die Ausführung der Produktentwicklung im Rahmen des Produktentstehungs­prozesses einen immer wichtiger werdenden Teil bei der Generierung eines hohen Qualitätsniveaus ein. Im Zentrum dieser Entwicklungsprozesse steht das Produkt mit seinen Eigenschaften.

Das Ziel eines Unternehmens ist es, ein Produkt zu entwickeln und zu fertigen, mit dem es am Markt einen Gewinn erzielen kann. Als Produkt sind in diesem Zusammenhang alle Leistungen materieller und immaterieller Art gemeint, die ein Unternehmen im Markt präsentiert, um seine Unternehmensziele zu verwirklichen. Das Produkt ist dementsprechend im Markt ein Wirtschaftsgut, welches im Unternehmen durch die Umsetzung eines Wertschöpfungsprozesses generiert wird (vgl. Engeln, W. 2011, S. 4). Für Methoden, die aufSix Sigma-Qualitätszielen basieren, spielt die Kundenorientierung in den Verbesserungsprojekten im Gegensatz zu anderen Qualitätsmanagement-Methoden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Zwiebelschalenmodell

eine wichtige Rolle. Der Aufbau des Endproduktes in Verbindung mit dem späteren Nutzen für den Kunden kann durch ein Zwiebelschalenmodell strukturiert werden. Wie in Abb. 5 nimmt hier der Produktkern den Grundnutzen für den Kunden ein. Das funktionsfähige Basisprodukt für diese Problemlösung wird dann auch als Generisches Produkt bezeichnet. Das erwartete Produkt ist ein Bündel von Rahmenbedingungen für das Basisprodukt, die der Kunde beim Kauf des Produktes fordert. Wenn das Produkt durch besondere Eigenschaften differenziert wird, bezeichnet man es als erweitertes Produkt. Die äußere Schale des Modells bildet die Konzeptionsebene mit allen zukünftigen und potentiellen Umgestaltungsmöglichkeiten. Anders als bei dem erweiterten Produkt handelt es sich hier um eine zukünftige Produktvision (vgl. Hofbauer, G. 2011, S. 43ff.).

Produkte lassen sich in zwei Hauptgruppen typologisieren. So gibt es Sachgüter, wie Konsum- und Industriegüter, und Dienstleistungen ohne einen materiellen Bestandteil. Einen großen Anteil an den Sachgütern nehmen technische Produkte ein. Diese technischen Produkte unterscheiden sich durch den Anwendungsbereich und die Komplexität des Produktaufbaus. Das Spektrum von technischen Produkten erstreckt sich von Haushaltsgeräten, Sportgeräten und Automobiltechnik im privaten Bereich bis zu Anlagentechnik, Medizintechnik und Produktionstechnik im industriellen Bereich. Der Produktaufbau unterscheidet sich bei diesen technischen Produkten deutlich, wodurch die Komplexität bei Haushaltsgeräten niedriger ist, als im Bereich der Anlagentechnik. Aber auch für einfache Produkte kann die Komplexität umfangreicher sein, wenn die Prozesse der Auslegung, Herstellung oder Distribution in den Vergleich mit einbezogen werden (vgl. Ponn, J. 2011, S. 14).

Technische Produkte werden in der Produktentwicklung durch die Konstruktion eines Systems erstellt. Ein System enthält eine Vielzahl von Elementen, die Eigenschaften besitzen und durch Wechselreaktionen miteinander in Verbindung stehen. Die Systemgrenze trennt es von der Umwelt ab, mit der es durch Ein- und Ausgangsgrößen in Kontakt steht. Die Funktion des Systems wird durch diese Ein- und Ausgangsgrößen bestimmt und kann beispielsweise bei einer Bohrmaschine der eingehende Strom und die Beschleunigung des Bohrers sein. Bei der Konstruktion wird das System in einen Modell­und einen Objektbereich unterteilt (Abb. 6). Im Modellbereich wird ein technisches System gedanklich mit Hilfe von Berechnungen, Zeichnungen und Modellen entwickelt. Diese Entwicklung wird im Modellbereich durch das Zusammenwirken von Ziel-, Sach- und Handlungssystemen durchgeführt. Das Zielsystem enthält alle Anforderungen des Marktes und der Nutzer und deren Verknüpfungen, die als Grundlage für das Sachsystem notwendig sind. Im Handlungssystem werden alle Tätigkeiten der Personen zusammengefasst, die an der Erstellung des Produktes beteiligt sind. Das Ergebnis entsteht dann im Sachsystem durch ein erstes Modell. Aus diesem Modell wird dann anschließend durch die Produktion im Objektbereich das technische System gefertigt (vgl. Ehrlenspiel, K. 2013, S.21ff.).

Als technische Systeme werden künstlich entwickelte geometrisch-stoffliche Gegenstände bezeichnet, die einer vorgegebenen Funktion dienen und bestimmte Prozesse ausführen. Wenn bei der Bezeichnung weniger die Prozesse sondern mehr der konstruierte Gegenstand im Vordergrund steht, wird dieser wieder als technisches Produkt bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das „Denken in Systemen“ vereinfacht aber die Planung, Entwicklung und Konstruktion und die Produktion des technischen Produktes, weil mit einem Systemmodell die wesentlichen Eigenschaften Übersichtlichergestaltetwerden.

3.1.2. Produktentwicklungskonzepte

Technische Produkte durchlaufen im Unternehmen und am Markt unterschiedliche „Lebensphasen“, die in einem Produktlebenszyklus aufgetragen werden können (Abb. 7). Dieser Zyklus umfasst von der ersten Produktidee bis zur Entsorgung die gesamte Lebensdauer eines Produktes. Eine umfassende Betrachtungsweise enthält auch vor- und nachgelagerte Prozesse, wie die Aneignung von notwendigem Grundlagenwissen vor der eigentlichen Produktentwicklung und die Wiederverwertung von Rohstoffen nach der Entsorgung des Produktes (vgl. Ponn, J. 2011, S. 17).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Produktlebenszyklus

Der Produktlebenszyklus besteht aus zwei Hauptzeitabschnitten, in denen sowohl die Kosten für die Entwicklung als auch der Umsatz mit dem entsprechenden Gewinn aufgezeichnet werden. Der Zeitablauf beginnt mit dem Entstehungszyklus, der von den Entwicklungskosten bestimmt wird. In diesem Entstehungszyklus laufen nacheinander alle Prozesse ab, die für die Entwicklung eines Produktes in einem Unternehmen durchgeführt werden. Er beginnt mit der Konzeptentwicklung und endet mit dem Prototypenbau. An den Entstehungszyklus schließt sich dann der Marktzyklus an, der die Zeit beschreibt, die das Produkt von der Markteinführung bis zum Auslauf am Markt besteht. Im Laufe des Marktzyklus wird bei einem erfolgreichen Produkt steigender Gewinn durch Umsatz erwirtschaftet. Bis zum „Break-Even“ müssen sich die Kosten für die Entwicklung amortisieren, und erst danach bleibt der Gewinn dem Unternehmen erhalten. Der Verlauf des Gewinns folgt einer Kurve, welche die Phasen Einführung, Wachstum, Sättigung und Abstieg des Produktes am Markt enthält (vgl. Gochermann, J. 2004, S. 34ff.).

Die aktuelle Entwicklung am Markt führt zu immer kürzeren Produktlebenszeiten und höheren zeitlichen Anforderungen an die Produktentwicklung. Das macht die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Produkten notwendig, um möglichst lange auf dem Markt erfolgreich zu sein. Um diese Qualität erreichen zu können, müssen auch die Prozesse der Produkterstellung schnell und effektiv durchgeführt werden. In der Produkterstellung (Abb. 8) werden die Eigenschaften des Produktes erst als Konzept entwickelt und dann in der Produktion materiell umgesetzt, woran fast alle Bereiche des Unternehmens beteiligt sind. Die Produkterstellung beginnt mit der Definition der Produktidee, welche die Produkteigenschaften festlegt. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Art der späteren Nutzung und die Recyclingfähigkeit des Produktes definiert. Daran schließt sich die Entwicklung und Konstruktion eines Prototypen an. Wenn dieser Prototyp ausgereift ist und alle Testdurchläufe erfolgreich bestanden hat, kann die Serienproduktion beginnen. Die Produkterstellung wird dann mit dem Vertrieb und Versand der fertigen Produkte

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

abgeschlossen. Die Art und Weise wie die Produkterstellung durchgeführt wird, bestimmt die Qualität und den späteren Erfolg des Produktes am Markt erheblich (vgl. Ehrlenspiel, K. 2013, S.162f.).

Die kürzeren Produktlebenszyklen und die steigende Komplexität der Produkte können mit dem konventionellen Entwicklungskonzept kaum noch erreicht werden. Die Globalisierung des Käufermarktes und der Technikproduktion bringt ebenfalls die Notwendigkeit von Anpassungen in der Produktentwicklung mit sich. Das konventionelle Entwicklungskonzept beinhaltet drei Problembereiche, die den aktuellen Anforderungen der Produktentwicklung nicht mehr gerecht werden. Organisatorische Hürden in Form von Zusammenarbeits-, Führungs-, Motivations-, Qualifikations- und Weiterbildungsproblemen, sowie die Organisation von Hilfsmitteln erschweren den Entwicklungsablauf. Auch dieser Entwicklungsablauf selbst beinhaltet Probleme bei der Klärung der Kundenanforderungen und der Steuerung der Prozesse. Diese Schwierigkeiten können in die Produktion eines fehlerhaften Produktes mit technischen und wirtschaftlichen Problemen münden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 IPE-Konzept

Um diese Probleme zu bewältigen, ist die Einführung der integrierten Produktentwicklung von Vorteil. Das IPE-Konzept in Abbildung 9 beinhaltet dafür eine Vereinigung organisatorischer und methodischer Maßnahmen, welche durch technische Entwicklungstools ergänzt werden. Die Hürden der konventionellen Produktentwicklung zwischen den einzelnen Abteilungen werden durch die Zusammenarbeit der beteiligten Personen in Projektteams abgebaut. Das erfordert eine Umstrukturierung des Unternehmens in einen prozessorientierten Aufbau, welcher durch einen teilweise parallelen Prozessablauf alle Unternehmensbereiche miteinander verbindet. Das IPE- Konzept löst den Druck von Zeit, Kosten und Qualität durch die Entwicklung von günstigen Qualitätsprodukten (vgl. Ehrlenspiel, K. 2013, S. 189ff.).

3.1.3. Produktentstehungsprozess

Die Strukturierung der Produktion in einem Unternehmen wird durch die Aufzeichnung von Prozessen vorgenommen, die sich schon durch die zielgerichteten Abläufe in modernen Produktionslinien leicht festlegen lassen. Diese Prozessstruktur erleichtert folglich auch die Einführung der Six Sigma-Methode in der Produktionsabteilung, um die Qualität der Prozesse und der gefertigten Teile zu verbessern. Der Produktentstehungsprozess in einem Unternehmen umfasst jedoch noch weitere Bereiche, die für die Erstellung eines technischen Produktes notwendig sind. Diese der Produktion vor- und nachgelagerten Abläufe sollten bei einem umfassenden Qualitätsmanagement auch berücksichtigt werden (s. A1 PEP).

Der Produktentstehungsprozess umfasst für die Produkterstellung drei Prozesszyklen, die aufeinander aufbauen. In diesen drei Zyklen werden die notwendigen Tätigkeiten für die Produktentwicklung in Form von Prozessen definiert und festgehalten. Die Produkterstellung beginnt üblicherweise mit dem Zyklus der strategischen Produktplanung. Ausgehend von der Geschäftsplanung, in der die Strategie des Unternehmens festgehalten ist, wird die Produktstrategie entworfen. Das Unternehmen führt die für die Potentialfindung notwendigen Marktanalysen durch und legt in der Produktfindung ein erfolgversprechendes Produktkonzept fest, welches den Kundenanforderungen gerecht wird. Dieser Zyklus wird auch für schon bestehende Produkte durchgeführt, um notwendige Änderungen am Produkt zu erkennen (vgl. Gausemeier, J. 2012, S. 14).

Auf diesem Produktkonzept baut der darauf folgende Produktentwicklungszyklus auf. Dieser beginnt mit der detaillierten Ausarbeitung des vorher festgelegten Produktkonzeptes, um die technischen Eigenschaften des Produktes zu definieren. Im nächsten Schritt werden diese technischen Eigenschaften durch die Konstruktion der notwendigen Baugruppen für das Produkt entworfen und ausgearbeitet. Je nach Art des technischen Produktes werden die Mechatronik, die Regelungstechnik, die Elektronik und notwendige Softwaretechnik vollständig ausgearbeitet und mit geeigneten Modellen veranschaulicht. Die Produktintegration führt schließlich zum Bau eines ersten Prototypen, der die virtuell entwickelten Baugruppen enthält (vgl. Engeln, W. 2011, S. 25ff.).

Für dieses technische Produkt wird abschließend im dritten Zyklus ein Produktionssystem entwickelt. Um das Produkt mit möglichst geringem Zeitaufwand zu erstellen, bietet sich eine parallele Durchführung des zweiten und dritten Zyklus an. Eine Verknüpfung der einzelnen Teilprozesse ermöglicht einen möglichst frühen Serienanlauf. Zusätzlich bietet die frühe Abstimmung der beiden Zyklen die Möglichkeit das Produktkonzept mit den erforderlichen Fertigungstechnologien optimal abzustimmen. Dementsprechend beginnt der dritte Zyklus ebenfalls mit der detaillierten Konzipierung der Fertigungsanlagen, wonach dann der gesamte Produktionsablauf entworfen und ausgearbeitet wird. Alle notwendigen Kriterien der Arbeitsablaufplanung, der Arbeitsmittelplanung, der Arbeitsstättenplanung und der Produktionslogistik werden abschließend in den Aufbau des Produktionssystems integriert. Der Vorteil des 3-Zyklen-Modells liegt in der Wiederholung des Prozessablaufes, wodurch eine stetige Verbesserung möglich ist (vgl. Gausemeier, J. 2012, S. 15).

Insgesamt bilden diese drei Zyklen der Produktentstehung von der Produktidee bis zum Anlauf der Serienproduktion den „Time to Markeť'-Prozess. An die Produktentstehung schließt sich der „Time to Customer“-Prozess mit der Produktion und dem Vertrieb der Produkte an, der alle Abläufe vom Auftrag bis zum Versand der fertigen Produkte umfasst. Die Prozesse der Serienproduktion können für die Erstellung von hochwertigen Produkten mit der Six Sigma-Methode überwacht und kontinuierlich verbessert werden. Es wird allerdings deutlich, dass der vorgelagerte „Time to Markeť'-Prozess ebenso eine große Anzahl von Abläufen enthält und die Qualität des Endproduktes auch von diesen Prozessen der Produkterstellung abhängt. Demnach ist es von Vorteil, die Prozessabläufe der Produktentwicklung in der Organisation des Unternehmens zu erfassen und auch die Konstruktion mit Hilfe von Six Sigma zu optimieren (vgl. Kohnhauser, V. 2013, S. 161f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Design for Six Sigma und seine Methoden im Produktentstehungsprozess
Untertitel
Ein Kombinationsmodell von Lean Management und Design for Six Sigma in KMUs
Hochschule
Hochschule Esslingen  (Betriebswirtschaft)
Veranstaltung
Qualitätsmanagement
Note
1,8
Autor
Jahr
2014
Seiten
91
Katalognummer
V293468
ISBN (eBook)
9783656909682
ISBN (Buch)
9783656909699
Dateigröße
2287 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
design, sigma, methoden, produktentstehungsprozess, kombinationsmodell, lean, management, kmus, DFSS
Arbeit zitieren
Kephas Kühn (Autor:in), 2014, Design for Six Sigma und seine Methoden im Produktentstehungsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293468

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Design for Six Sigma und seine Methoden im Produktentstehungsprozess



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden