Die Rechtmäßigkeit des Veröffentlichens von Bildnissen als Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Anfertigens von Bildnissen


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2015

17 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

I. Sondergesetzliche Fotografierverbote

II. Wortlaut des KUG

III. Fotografierverbot aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht

IV. Generelle Gleichsetzung von Herstellen und Veröffentlichen
1. Meinungen in Literatur und Rechtsprechung
2. Gleichsetzung von Herstellen und Veröffentlichen im Licht der Pressefreiheit
a) Zeitpunkt der Widmung des Bildnis für Pressezwecke
b) Erkennbarkeit der maßgeblichen Umstände im Zeitpunkt des Herstellens
c) Möglichkeit der rechtlichen Würdigung im Zeitpunkt der Herstellung
d) Feststehen des Veröffentlichungskontext im Zeitpunkt der Herstellung

V. Zwischenergebnis

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Für die Arbeit der Medien ist der Umgang mit Bildmaterial, auf denen Personen zu sehen sind, essentiell. Die Digitalisierung der Fotografie und die breite Durchsetzung des Internets, auch mobil, sowie die vielfältigen Formen der elektronischen Kommunikation haben die Bedeutung des Rechts am eigenen Bild in den vergangenen Jahren weiter vergrößert. Da bei der Anwendung der bestehenden Gesetze jedoch stets die grundrechtlich verbürgte Freiheit der Medien mit dem ebenfalls im Verfassungsrang stehenden Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten zum Ausgleich gebracht werden muss, bestehen in der Praxis erhebliche Unsicherheiten.

Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend Tendenzen in der Rechtsprechung untersucht, die Befugnis ein Bild anzufertigen, auf die Fälle zu beschränken, in denen auch eine Veröffentlichung zulässig wäre. Hier wird anhand der verfassungsrechtlichen Vorgaben und auf Basis der praktischen Abläufe der Arbeit der Medien erörtert, inwieweit die Maßstäbe, die die Regelungen zum Recht am eigenen Bild aufstellen, bereits zum Zeitpunkt der Anfertigung eines Bildnis gelten können.

I. Sondergesetzliche Fotografierverbote

Zunächst sind die Fälle aus der folgenden Betrachtung auszuscheiden, in denen ein Fotografierverbot oder eine Fotografiererlaubnis ausdrücklich für bestimmte Einzelfälle besteht. So verbietet § 169 GVG bestimmte Aufnahmen im Zusammenhang mit Gerichtsverhandlungen. § 5 Abs. 2 Schutzbereichsgesetz verbietet das Fotografieren in besonders für Zwecke der Verteidigung geschützten Gebieten. § 109g StGB verbietet bestimmte Abbildungen im Bereich der militärischen Tätigkeit. Und schließlich begründet der bereits angesprochene § 201a StGB Bildaufnahmen im höchstpersönlichen Lebensbereich. Ausdrücklich gestattet sind Personenaufnahmen für die Arbeit der Polizei in den §§ 100h Abs. 1 Nr. 1 StPO und § 12a Abs. 1 Versammlungsgesetz. Diese gesetzlichen Sonderregeln betreffen jedoch nur einen winzigen Ausschnitt aus der Lebenswirklichkeit. Für die ganz überwiegende Anzahl der Fälle, in denen Bildaufnahmen gemacht werden, stehen spezielle gesetzliche Regelungen nicht zur Verfügung.

II. Wortlaut des KUG

Insbesondere die Vorschriften über das Recht am eigenen Bild der §§ 22ff KUG enthalten keine Regelung über die Befugnis, Bildnisse anzufertigen, sondern befassen sich ausweislich des Wortlauts von § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG ausschließlich mit der Verbreitung und dem öffentlich zur Schau stellen von Bildnissen. Hierüber herrscht soweit ersichtlich auch weitgehend Konsens.1 Allerdings sehen einige Autoren in der Entscheidung des OLG Oldenburg aus dem Jahr 19632 eine abweichende Meinung vertreten. Danach soll die Entscheidung auf eine analoge Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG hinauslaufen3. Die ganz überwiegende Meinung hält diese Auffassung schon wegen des (strafrechtlichen) Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB für nicht zutreffend4, da § 33 Abs. 1 KUG eine Verletzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG für strafbar erklärt. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass nicht einleuchten will, warum das strafrechtliche Analogieverbot eine Analogie im Bereich des Zivilrechts ausschließen soll. Jedoch wird man auch ohne Rekurrieren auf das Analogieverbot zu dem Ergebnis gelangen, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG nicht analog anzuwenden ist, da die Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen. Zwar ist zuzugestehen, dass eine vergleichbare Interessenlage zwischen den Handlungsalternativen „Herstellen“ und „Zur-Schau-stellen“ besteht, jedoch liegt die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke eher fern, da der Gesetzgeber in Form einer Aufzählung bestimmte Handlungen ausdrücklich benennt. Es hätte nahegelegen, hier das Veröffentlichen mit aufzunehmen, wenn es beabsichtigt gewesen wäre.

III. Fotografierverbot aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht

Konsens herrscht auch darüber, dass der persönlichkeitsrechtliche Schutz einer Person vor Bildaufnahmen - ungeachtet einer expliziten Regelung des Gesetzgebers - nicht erst auf der Ebene der Verwendung eines Bildnisses einsetzt, sondern, dass es Fälle gibt, in denen bereits die Anfertigung eines Bildnisses unzulässig ist. Begründet wird das mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Soweit ersichtlich wurde vom BGH erstmals 1957 in der Spätheimkehrer-Entscheidung5 ausdrücklich formuliert, dass die Herstellung eines Personenbildnisses einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen kann. In der Entscheidung „Vor unserer eigenen Tür“ aus dem Jahr 19666 hat der BGH dies eingehender begründet und ausgeführt: „Hat die Bildberichterstattung infolge der Entwicklung des Fernsehens, der Kinematographie und der Bild-Zeitungen heute eine sehr große Bedeutung erlangt, so darf deshalb der Rechtsschutz der Einzelperson gegenüber einer von ihr nicht gestatteten Fixierung und Vorführung eines Bildnisses nicht abgebaut werden. Sind durch die Fortschritte der Technik die Möglichkeiten erleichtert worden, heimliche Bildnisaufnahmen herzustellen, sie zu vervielfältigen und einer breiten Öffentlichkeit vorzuführen, so muß besonderer Anlaß bestehen, auf eine Wahrung der vom Recht gesetzten Schranken zu achten und einem Mißbrauch des leichter verletzbar gewordenen Persönlichkeitsrechts vorzubeugen. Das Recht darf sich in diesem Punkt der technischen Entwicklung nicht beugen“.

Geht man davon aus, dass das die Bedeutung der Bild- und Bewegtbildmedien seit dem Jahr 1966, insbesondere durch die Digitalisierung, das Internet und die ständige Verfügbarkeit von Bildaufnahmegeräten, insbesondere in Form von Smartphones, weiter deutlich zugenommen hat, muss man nach diesen Maßgaben des BGH davon ausgehen, dass auch die Bedeutung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte entsprechend zugenommen hat.

In den 60er Jahren stellte der BGH die Annahme eines Eingriffs ins Persönlichkeitsrecht noch unter die Prämisse, dass das Herstellen von Personenaufnahmen heimlich, d.h. ohne Wissen des Betroffenen und gegen seinen Willen7 geschieht. Zwischenzeitlich ist eine starke Tendenz zu beobachten diese Regeln nicht für das heimliche Anfertigen von Personenaufnahmen anzuwenden. So stellt Dreier in den Mittelpunkt seiner Argumentation, dass es als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Selbstdarstellungsrecht gebe, in das mit dem Anfertigen des Bildnisses eingegriffen werde, weil dadurch das Bildnis von der Person abgelöst und damit dessen Kontrolle und Verfügungsgewalt entzogen wird8. Bis hierhin besteht weitgehend Konsens.

IV. Generelle Gleichsetzung von Herstellen und Veröffentlichen

Einer genaueren Betrachtung bedarf jedoch eine Auffassung, die in Literatur und Judikatur erhebliche Verbreitung gefunden hat.

1. Meinungen in Literatur und Rechtsprechung

Wohl mehr aus dem Bedürfnis heraus ein klaren, praktisch handhabbaren Maßstab zu haben, als wegen der Überzeugung der inhaltlichen Richtigkeit wird - verkürzt gesagt - vertreten, dass immer nur das fotografiert werden darf, was auch veröffentlicht werden darf. Konkret trifft man in der Literatur auf folgende Formeln:

„Deswegen ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Anfertigung eines Bildnisses zulässig ist, wenn es wegen einer nach § 22 KUG erteilten Einwilligung oder nach § 23 KUG verbreitet werden darf“9 „Dabei kann jedoch grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Fotografieren einer Person nur in dem Umfang zulässig ist, in dem auch die spätere Verbreitung dieser Aufnahme zulässig wäre.“10

„Im Ergebnis ist die Anfertigung eines Bildnisses weithin in dem Umfang zulässig, in dem es auch verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden darf.“11

Auch die Judikatur verwendet ähnliche Formeln:

„Im Ergebnis ist die Anfertigung eines Bildnisses weithin in dem Umfang zulässig, in dem es auch verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden darf.“12

[...]


1 BGH, „Spätheimkehrer“, BGHZ 24, 200; Dreier/Schulze, § 22 KUG, Rn. 8 und 13; Götting/Schertz/Seitz, § 12, Rn. 4.

2 NJW 1963, 920, 922.

3 Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 22, Rn. 11.

4 Castendyk, Rn. 468, Dreier in Dreier/Schulze, § 22 KUG, Rn. 11; OLG Hamburg, MDR 1972, 622, 623.

5 BGHZ 24, 200.

6 NJW 1966, 2353.

7 BGHZ 24, 200.

8 Dreier/Schulze, § 22 KUG, Rn. 12.

9 Wenzel, Kapitel 7, Rn. 25.

10 Götting/Schertz/Seitz, § 12, Rn. 10.

11 Dreier/Schulze, § 22 KUG, Rn. 13.

12 OLG Hamburg, AfP 2012, 392.

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Details

Titel
Die Rechtmäßigkeit des Veröffentlichens von Bildnissen als Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Anfertigens von Bildnissen
Autor
Jahr
2015
Seiten
17
Katalognummer
V294613
ISBN (eBook)
9783656923923
ISBN (Buch)
9783656923930
Dateigröße
388 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rechtmäßigkeit, veröffentlichens, bildnissen, maßstab, anfertigens
Arbeit zitieren
Markus Heinker (Autor:in), 2015, Die Rechtmäßigkeit des Veröffentlichens von Bildnissen als Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Anfertigens von Bildnissen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294613

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