Im Jahr 1935 erschien das von Hans Günther verfasste Buch „Der Herren eigener Geist. Die Ideologie des Nationalsozialismus“. Es war ein bedeutendes Werk für die Auseinandersetzung mit den ideologischen Grundlagen des deutschen Faschismus und verkörpert die Abwendung der Komintern von der Sozialfaschismusthese hin zur Volksfrontpolitik. In diesem Sinne ist Günthers Werk auch als eine Kampfschrift anzusehen, denn sie ruft zum gemeinsamen Kampf der linken Parteien gegen den Faschismus auf, lässt jedoch auch immer wieder Kritik an den sozialistischen Parteien zutage kommen. Der Autor analysiert das Wesen und die Entstehungsgeschichte des Nationalsozialismus und richtet ein besonderes Augenmerk auf die Ideologie dessen, um ihr Erfolgsrezept zu enttarnen. Dabei stellt er eine Doppelstruktur der nationalsozialistischen Ideologie fest, welche ihre eigentliche Absichten, die Rettung des Kapitalismus – tarne. Hans Günther fasst die Fassade dieser Doppelstruktur wie folgt auf:
„Die Opfer wurden durch einen beispiellosen gigantischen Betrug in die Irre geführt“ und um „die Opfer als Heerschar des Nationalsozialismus auch nur zeitweilig gegen die proletarische Revolution führen zu können, versprach ihnen derselbe Faschismus, der Deutschland weiter in der Sklaverei des nationalen und internationalen Finanzkapitals gefangenhält, die nationale Befreiung.“ Hans Günther betont seine These, dass ein „Schreckensregiment gegen die Massen [...] mit Hilfe der Massen errichtet werden“ sollte. Den Arbeitern versprach die NSDAP „[h]ohe Löhne, Gewinnbeteiligungen an Großbetrieben. Gewerkschaftlichen Schutz ihrer berechtigten Lebensansprüche. Streikrecht. Ausbau der Altersversorgung“ und „[s]ozialen Aufstieg“. Günther scheint also einen massentheoretischen Ansatz bei der Erklärung der Wahlerfolge der NSDAP zu vertreten und rückt den Arbeiter in den Fokus der NSDAP-Zielgruppen.
Diese Arbeit setzt sich das Ziel herauszuarbeiten inwieweit die Aussagen Hans Günthers im nachhinein empirisch belegbar sind und versucht einen Einblick in die Problematik zeitgenössischer Interpretationen von Wahlergebnissen dieser Zeit zu ermöglichen. Hierbei gerät vor allem die Monographie „Hitlers Wähler“ von Jürgen Falter in den Mittelpunkt der Betrachtung, eine Wahlanalyse die bisher alles veröffentlichte mit ihrem hohen Maß an Empirie übertrifft und vielseitig rezeptiert wurde.
Hierzu werden zunächst Werk und Autor ein wenig genauer betrachtet. Nach einem kurzen biografischen Überblick wird die em
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Der Autor und Werk
- 2. Quellen und Intention Hans Günthers
- 3. Problematik zeitgenössischer Betrachtungen des Wählerverhaltens
- 4. Vorgehensweise und Probleme der Wahlforschung – Beispiel der Wählerschaft der NSDAP, die sich aus Arbeitern zusammensetzte
- 4.1 Forschungsstand
- 4.2 Region und ihre politische und gesellschaftliche Situation und Vergangenheit
- 4.3 Quellenlage, -beschaffung
- 4.4 Soziale Motivation
- 4.4.1 Propaganda als schwer einzuschätzendes Mittel der Wählergenerierung
- 4.5 Die Verwertbarkeit von Zahlen
- 4.6 Definitionsproblematik des Arbeiters
- 5. Der Arbeiter – Einblick in die Forschungsergebnisse der Wahlforschung
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die empirische Belegbarkeit der Aussagen Hans Günthers in seinem Werk "Der Herren eigener Geist" und analysiert die Problematik zeitgenössischer Interpretationen von Wahlergebnissen der NS-Zeit. Im Mittelpunkt steht die Monographie "Hitlers Wähler" von Jürgen Falter als Referenzpunkt für aktuelle Wahlanalysen. Die Arbeit beleuchtet die Methodik der Wahlforschung und deren Herausforderungen anhand des Beispiels der Arbeiterwählerschaft der NSDAP.
- Empirische Überprüfung der Aussagen Hans Günthers
- Problematik zeitgenössischer Interpretationen von Wahlergebnissen
- Methodologie der Wahlforschung im historischen Kontext
- Analyse der Arbeiterwählerschaft der NSDAP
- Bewertung der Quellenlage und Methodik in der Wahlforschung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Der Autor und Werk: Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über das Leben und Werk von Hans Günther, einem Exilschriftsteller und Mitglied der KPD, der 1935 das Buch "Der Herren eigener Geist" veröffentlichte. Es beschreibt Günthers Engagement in der internationalen Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller und seine akademische Laufbahn, wobei seine Promotion über die Marxschen Mehrwerttheorie hervorgehoben wird. Der Fokus liegt auf Günthers kritischen Analysen des Nationalsozialismus und seiner ideologischen Grundlagen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeiterklasse als Zielgruppe der NSDAP-Propaganda.
2. Quellen und Intention Hans Günthers: Hier wird die Quellenlage von Hans Günthers Werk "Der Herren eigener Geist" kritisch beleuchtet. Die Arbeit stellt die mangelnde Transparenz und die unzureichende Dokumentation der Quellen in Frage. Die Verwendung von "Exerpte" anstelle von Originalquellen und der unspezifische Verweis auf "Diverse Zeitungen und Zeitschriften" ohne detaillierte Angaben zu Autor und Quelle schwächt die empirische Basis der Argumentation deutlich. Die kritische Auseinandersetzung mit der Objektivität von Zeitungsberichten und Kommentaren, besonders im Kontext von Kriegspropaganda, wird angedeutet.
3. Problematik zeitgenössischer Betrachtungen des Wählerverhaltens: Dieses Kapitel diskutiert die Herausforderungen der zeitgenössischen Wahlforschung im Kontext des Nationalsozialismus. Es verweist auf die Arbeit von Jürgen Falter, der die unzureichende empirische Basis und die spekulativen Annahmen vieler zeitgenössischer Analysen zum Wählerverhalten der NSDAP kritisiert. Die Arbeit betont die Notwendigkeit, die Richtigkeit der unterstellten Wählerbewegungen und die soziale Basis der NSDAP-Wählerschaft empirisch zu überprüfen, und hebt die Bedeutung der methodischen Stringenz in der historischen Wahlforschung hervor.
4. Vorgehensweise und Probleme der Wahlforschung - Beispiel der Wählerschaft der NSDAP, die sich aus Arbeitern zusammensetzte: Dieser Abschnitt erläutert die Methodik der retroperspektiven Wahlanalyse am Beispiel der Arbeiterwählerschaft der NSDAP. Er stellt verschiedene Ansätze und Forschungsergebnisse vor, wobei der Fokus auf Jürgen Falters Arbeit mit ihrer breiten empirischen Basis liegt. Es werden verschiedene Faktoren diskutiert, die ein Wahlforscher berücksichtigen muss, wie die regionale politische und gesellschaftliche Situation, die Definition von sozialen Kategorien (z.B. "Arbeiter", "Landbewohner"), und die methodischen Herausforderungen bei der Analyse historischer Daten. Die Arbeit von Hans Günther wird kritisch in Relation zu diesen methodischen Ansprüchen gesetzt.
Schlüsselwörter
Hans Günther, Der Herren eigener Geist, Wahlforschung, NSDAP, Arbeiterwählerschaft, empirische Forschung, Propaganda, Zeitgenössische Interpretationen, Jürgen Falter, Hitlers Wähler, Quellenkritik, Methodologie, Historische Wahlanalyse.
Häufig gestellte Fragen zu "Der Herren eigener Geist" und der Arbeiterwählerschaft der NSDAP
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die empirische Belegbarkeit der Aussagen Hans Günthers in seinem Werk "Der Herren eigener Geist" und analysiert die Problematik zeitgenössischer Interpretationen von Wahlergebnissen der NS-Zeit. Im Mittelpunkt steht die Analyse der Arbeiterwählerschaft der NSDAP und die Methodik der Wahlforschung im historischen Kontext, wobei Jürgen Falters "Hitlers Wähler" als Referenz dient.
Wer ist Hans Günther und welche Rolle spielt sein Werk?
Hans Günther war ein Exilschriftsteller und KPD-Mitglied, der 1935 "Der Herren eigener Geist" veröffentlichte. Seine kritischen Analysen des Nationalsozialismus und seiner ideologischen Grundlagen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeiterklasse, stehen im Zentrum der Untersuchung. Die Arbeit analysiert kritisch die Quellenlage und die Methodik in Günthers Werk.
Welche Probleme der zeitgenössischen Wahlforschung werden thematisiert?
Die Arbeit kritisiert die unzureichende empirische Basis und die spekulativen Annahmen vieler zeitgenössischer Analysen zum Wählerverhalten der NSDAP. Sie betont die Notwendigkeit einer methodisch stringenten Überprüfung der unterstellten Wählerbewegungen und der sozialen Basis der NSDAP-Wählerschaft.
Wie wird die Arbeiterwählerschaft der NSDAP untersucht?
Die Arbeit erläutert die Methodik der retroperspektiven Wahlanalyse am Beispiel der Arbeiterwählerschaft der NSDAP. Es werden verschiedene Ansätze und Forschungsergebnisse vorgestellt, mit Fokus auf Jürgen Falters Arbeit. Diskutiert werden regionale politische und gesellschaftliche Situationen, die Definition sozialer Kategorien ("Arbeiter") und methodische Herausforderungen bei der Analyse historischer Daten.
Welche methodischen Herausforderungen werden in der Wahlforschung hervorgehoben?
Die Arbeit thematisiert die Probleme der Quellenlage (z.B. mangelnde Transparenz bei Günther), die Definition von sozialen Gruppen ("Arbeiter"), die Herausforderungen der Analyse von Propaganda und die kritische Auseinandersetzung mit der Objektivität von Zeitungsberichten im Kontext der Kriegspropaganda.
Welche Schlüsselthemen werden behandelt?
Schlüsselthemen sind die empirische Überprüfung von Günthers Aussagen, die Problematik zeitgenössischer Interpretationen, die Methodologie der Wahlforschung im historischen Kontext, die Analyse der Arbeiterwählerschaft der NSDAP, die Quellenkritik und die historische Wahlanalyse. Jürgen Falters "Hitlers Wähler" dient als wichtiger Vergleichspunkt.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit analysiert kritisch die Quellenlage von Hans Günthers "Der Herren eigener Geist", kritisiert die mangelnde Transparenz und die unzureichende Dokumentation von Quellen. Der Vergleich mit der umfassenderen empirischen Basis von Jürgen Falters "Hitlers Wähler" ist zentral.
Was ist das Fazit der Arbeit?
(Das Fazit ist nicht explizit im bereitgestellten Text enthalten, aber die Arbeit zielt darauf ab, die methodischen Herausforderungen der Wahlforschung im historischen Kontext aufzuzeigen und die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit bestehenden Interpretationen des Wählerverhaltens in der NS-Zeit zu betonen.)
- Quote paper
- Robin Kramme (Author), 2014, Die Aussagen zu Wählerbewegungen der NSDAP in zeitgenössischer Literatur. Hans Günthers "Der Herren eigener Geist. Ideologie des Nationalsozialismus", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294665